Die Geschwister waren früh aufgestanden, um den Gottesdiesnt nicht zu verpassen. Sie hatten gefühstückt und waren nun dabei sich die letzten Sachen anzuziehen. Feine Sonntagsgarderobe. Nathanniel half Serenity beim Kleid. Cassiel war ans Fenster gegangen und schaute hinaus auf die Straße, während er sich den eleganten Schnürer band. Sein Blick fiel auf die Veranda des Gästehauses und blieb dort haften. Eine Gestalt stand an einen Pfosten gelehnt und ließ den Blick schweifen. Stevie! Cassiel lächelte und betrachtete sie einen Augenblick. Dann ging er die Treppe hinunter. "Bin gleich wieder da." sagte er zu seinen Geschwistern und verschwand durch den Flur zur Haustür. Erst, als er im Türrahmen stand merkte er, dass er seine SChuhe noch nicht anhatte. Die Kälte umfasste ihn schlagartig.
Er sah hinüber zu Stevie, deren Kopf langsam in seine Richtung wanderte. Als sie in seine Richtung schaute, hob er die Hand und wikte sie heran. Die Rothaarige schaute einen Augenblick irritiert und setzte sich dann in Bewegung. Sie stapfte durch den Schnee und Cassiel Grinsen wurde breiter. Dummkopf, Du hast sie doch gerstern erst gesehen! Ihr habt fast die ganze Woche zusammen verbracht!
Dann fiel sein Blick auf den neuen Saloon und er entdeckte auf der Veranda Nevada, den Deputy und dessen Schwester. Cassiel runzelte kurz die Stirn. Das sah irgendwie nicht nach einem zufälligen Treffen aus. Was führte Nevada bloß im Schilde? Der der junge IRe hatte nicht lange Zeit darüber nachzudenken, denn schon stand Stevie bei ihm. Er strahlte sie an und widmete seine gesamte Aufmerksamkeit ihr. "Guten Morgen, schöne Frau. Schön, Dich zu sehen." begrüßte er sie fröhlich. Es wurde langsam zu seinem Standartsatz. "Magst Du reinkommen? Meine Geschwister und ich sind schon wach und sittsam angezogen." witzelte er und bot Stevie den Weg ins kuschellig warme Haus. Dabei ließ er die Schleife los, die er sich versucht hatte zu binden und sie rutschte wieder auseinander. "Oh menno." kommentierte er grinsend.
Stevies Laune wurde mit jedem Schritt besser. Erst recht, als sie ebenfalls das begeisterte Funkeln in Cassiels Augen entdeckte. Als sie ihn erreichte wechselte sein Blick vor der Ansammlung vor dem Bordell zu ihr. Auch er hatte Nevada bemerkt. Sein Strahlen jedoch ließ auch Stevie über das ganze Gesicht grinsen und ebenfalls die charmante Begrüßung brachte sie zum ersten Mal an diesem Morgen leise zum lachen. Wusste er eigentlich wie gut er ihr tat? Am liebsten wäre sie ihm einfach so um den Hals gefallen. „Ebenfalls einen wunderschönen guten Morgen, der Herr.“ grüßte sie zurück. Er lud sie ein hineinzukommen. Stevie versuchte das Zögern zu unterdrücken, das augenblicklich aufkam, als er seine Geschwister erwähnte. Was mochten diese von ihr denken, dass sie jeden Tag um Cassiel herumschwirrte? Doch die Verlockung auf die Wärme eines Hauses und die Herzlichkeit von Cassiels Familie waren größer als alle Ängste. Und nach den eiskalten Blicken, die sie heute bereits zur Genüge aufgefangen hatte, sehnte sie sich beinah danach. Sie trat nickend an ihm vorbei durch die Hautür und hauchte ein leises „Danke.“ dabei. Als sie ihn hinter sich enttäuscht murmeln hörte, drehte sie sich um und erkannte, dass Cassiel wohl gerade daran verzweifelte eine ordentliche Schleife zu binden. „Lass mich mal.“ bot sie ohne zu überlegen an und trat wieder zu ihm, um ihm mit Leichtigkeit und ohne Mühe diese zu binden. „Jetzt siehst du ordentlich aus.“ kommentierte sie ihr Ergebnis und traf auf seinen überraschten Blick. „Mein Vater hat auch immer Hilfe dabei gebraucht.“ erklärte sie sich und bemerkte abermals das wehmütige Ziehen in ihrem Innern, das diese Erinnerung auslöste. Sie ließ ihren Blick unbewusst an Cassiel auf- und abgleiten. Erst jetzt fiel ihr auf wie schick er sich gemacht hatte. Er sah wahrlich gut aus in seinem Sonntagsanzug. Und plötzlich fiel Stevie auch wieder ein, dass er in die Kirche wollte. Mit ihr! Und sie hatte sich wie immer angezogen. Wobei, wenn sie ehrlich war, sie hatte auch nicht viel Ausweichmöglichkeiten an Klamotten und generell nichts Schickes. „Du hast dich ja richtig rausgeputzt.“ versuchte sie wieder zu witzeln, wenn auch nun bereits wieder ein unsicherer Ausdruck auf ihrem Gesicht lag. Irgendwie musste sie Cassiel noch beibringen, dass sie auf keinen Fall mit in die Kirche konnte. Da hatte dieser dämliche Foster leider Recht!
Stevie ließ sich von Cassiels Laune anstecken und grinste fröhlich. Und gerade, als er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, drehte sich Stevie, die bereits an ihm vorbeigegangen war, nochmal um und kam zurück. Mit geschickten Fingern band sie ihm eine perfekte Schleife und Cassiel war froh, dass er noch gegen die Wand gelehnt stand. Himmel, wenn sie mir so nahe kommt ist das jedes Mal wie mein erster Frühling! Cassiel spürte, wie die Zeit wieder langsamer wurde. Und er konnte sie in Ruhe betrachten. Ihre wilden Locken, die gepflegt, aber scheinbar nicht zu bändigen unter ihrem Hut hervollquollen. Die vielen Sommersprossen in ihrem Gesicht, die jede einzelne wie ein kleiner Stern zu glitzern schienen. Diese zwei niedlichen kleinen Fältchen auf ihrer Nase, wenn sie entzückt lachte, der warme Duft ihrer Haut, ihre zarten finger an seinem hals, den sie nicht berührte. Und als die Zei wieder normal weiter lief, schien sie seine Gedanken gelesen zu haben. „Mein Vater hat auch immer Hilfe dabei gebraucht.“ erklärte sie und lächelte. Rausgeputzt? Ja, ein wenig. Dass Stevie ihre normalen Alltagssachen anhatte, störte den Iren kaum. Er wusste, dass sie keine echte Sonntagskleidung besaß.
Noch immer stand Stevie recht dicht vor ihm, war nur einen halb Schritt zurück gewichen, um ihn freundlich von oben bis unten zu mustern. Cassiel griff sanft nach ihren Händen und hauchte einen Handkuss auf Beide. in seinen Augen funkelte es wieder und erneut konnte er sich nicht erklären, was das für eine Gefühl war, das ihn beschlich, wenn er Stevie so nahe war. Cassiel hielt noch immer ihre Hände in den Seinen. und auch, wenn er den gehauchten Kuss bereits beendet hatte, sein Mund war noch dicht vor ihren Handrücken. Sein blick lag sanft auf ihr. Und dann wurde ihm schlagartig bewusst, dass er sich egrade mehr als unschicklich verhielt. Doch anstatt ihre Hände ruckartig loszulassen, ließ er sie einfach nur langsam sinken und wandte den Blick nicht ab. "Schön, dass Du da bist." sagte er leise. "Komm, meine ..."
"Cas? Bist Du auf der Schwelle eingefroren?" schallte es freundlich aus dem Obergeschoss. "Nein, Stevie hat mir die Schleife gebunden, Sen." lachte er vergnügt. "Komm, Stevie, Du wirst schon vermisst!" Wie selbstverständlich nahm er Stevies Hand und führte sie den kurzen Gang entlang die Treppe hinauf ins Obergeschoss. Doirt saß Serenity auf einem Stuhl und Nathanniel flocht ihr einen Bauernzopf. Als die Irin Stevie entdeckte, sprang sie erfreut auf und begrüßte die Rothaarige herzlich. "Stevie, guten Morgen, wie schön, Dich zu sehen!" Und es war ernst gemeint. Serenity hatte einen kleinen Narren an dieser Frau gefressen, die so selbstbewusst durchs Leben ging und sich nicht um das scherte, was Andere von ihr dachten. "Guten MOrgen, Stevie." nickte auch Nathanniel freundlich, der wie immer ein wenig zurückhaltender war.
"Soll er Dir auch die Haare machen für die Kirche?" Serenity hatte Stevies andere Hand genommen und ging rückwärts zurück zu ihrem Stuhl. "Cas, nun lass sie mal los, Du kriegst sie ja wieder." scherzte die Irin fröhlich, als sie merkte, dass Cassiel nicht loslassen wollte.
Der Anwalt hingegen registrierte erst jetzt, dass er Stevies Hand hielt und ließ sie prompt los.
Cassiel antwortete nichts auf ihre Erklärung, dass sie oftmals ihrem Vater die Schleife hatte binden müssen, sondern sah sie nur wie gebannt an. Und nach all der Ablehnung an diesem noch recht jungen Morgen tat es gut so nah bei einem Menschen sein zu können, der einen offensichtlich mochte. Sie lächelte ihn an, als er ihre Hände nahm und auf jede einen Kuss hauchte. Cassiel sorgte mit Leichtigkeit dafür, dass sich selbst Stevie ganz Frau fühlen konnte. Sie schüttelte belustigt und gleichzeitig trotz allem geehrt den Kopf. Als er dabei zu ihr aufsah lag in seinen Augen ein beinah magisches Funkeln und Stevie war sich sicher, dass er mit diesem Blick schon so manche Frau verzaubert hatte. Doch in diesem Moment galt es ganz allein ihr und Stevie genoss es ausnahmsweise. Hatte man sie doch bisher nie wirklich als Frau erkannt. Bis auf das eine Mal… Als sie seine Worte hörte, die nochmals betonten wie schön es wäre, dass sie da wäre, ging Stevie das Herz auf. Er hatte keine Ahnung, dass er wahrer Balsam für ihre geplagte Seele war. Man fühlte sich geborgen, gut aufgehoben und vor allem auf irgendeine Weise geliebt, wenn man sich in seiner Nähe aufhielt. Auch wenn Stevie dies in rein freundschaftlicher Weise sah, denn niemals käme sie auf den Gedanken, dass da mehr bei Cassiel sein könnte. Gerade als er wohl betonen wollte, dass sie hochgehen sollte, hörte Stevie Serenitys Stimme herunter hallen. Cassiel ergriff wieder wie selbstverständlich ihre Hand und geleitete sie nach oben. Stevie genoss auch diese Form der Zuneigung und Herzlichkeit und im Moment brauchte sie genau diese Art von Freundlichkeit. Cassiel verstand es sie wieder aufzubauen, vertrieb ihre Einsamkeit im Nu und behandelte sie wie eine Frau, die heute ihr schönstes Sonntagskleid trug. Als Stevie die Treppe hinauf kam und Nathanniel und Serenity entdeckte, sprang letztere sofort freudig auf und kam stürmig auf Stevie zu. Die Freude war der Irin wahrlich ins Gesicht geschrieben und brachte so auch Stevie zum Strahlen. Es war so rührend und herzlich hier, dass Stevie beinah Tränen in die Augen traten. Gerade fühlte sie sich noch Mutterseelen allein. Und plötzlich hatte sie das Gefühl beinah Familienersatz gefunden zu haben. Dabei kannte man sich noch gar nicht gut genug, aber irgendwie passte es von der ersten Sekunde an. Es war immer wieder eine ganz besondere Freude auf diese Menschen zu treffen. Stevie lachte vergnügt: „Vielen Dank. Ich freue mich auch hier zu sein. Morgen Nathanniel.“ rief sie ihm freundlich zu. Wie immer hielt sich Cassiels Bruder zurück, doch dadurch war er keineswegs unsympathisch. Einer musste ja die beiden Energiebündel mit Namen Serenity und Cassiel im Zaum halten. Denn Stevie neigte, wenn sie ehrlich war, dann auch mehr in deren Richtung, anstatt zu Vernunft und Ernsthaftigkeit. Als Stevie dann das Angebot von Serenity hörte lachte sie amüsiert bis sie feststellte, dass die Frage tatsächlich ernst gemeint war. „Entschuldigung.“ grinste Stevie verlegen, während sie vor Serenity stand, die Stevies Hand in ihrer hielt und Cassiel mit einem flapsigen Kommentar dazu brachte ihre andere Hand freizugeben. Stevie drückte Serenitys Hand anerkennend, denn die freundliche Frau sollte keineswegs denken, dass sie ausgelacht wurde, „aber mir hat noch nie jemand die Haare gemacht.“ gab Stevie ehrlich zu und meinte erstaunte Blicke zu ernten. „Das ist nicht so mein Ding…ich mag das nicht.“ gab sie zerknautscht zu und hatte irgendwie das Gefühl ins Fettnäpfchen getreten zu sein. „Das ist auch ein Grund warum ich hergekommen bin. Ich werde heute nicht mit in die Kirche gehen. Es ist besser so.“ gab sie hinzu und bemerkte den Widerwillen der Geschwister. Noch bevor jemand ein Wort erwidern konnte hob Stevie Einhalt gebietend die Hände. „Und es gibt nichts an meiner Entscheidung zu rütteln.“ Und als sie zu Cassiel sah lag ein „tut mir leid“ in ihrem Blick, da sie wusste, dass er sicherlich enttäuscht war. Doch der herzliche Empfang hatte ihre Entscheidung zusätzlich bestätigt. Sie wollte den Geschwistern keinen Schaden zufügen, denn genau das würde sie ungewollt tun, wenn sie diese in die Kirche begleitete.
Die Geschwister machten erstaunte Gesichter, als Stevie ihnen eröffnete, dass sie nicht mit in die Kirche kommen würde. Sie sahen sich fragend an, doch einen Reim wussten sie sicht nicht darauf zu machen. "Aber Stevie ... Du ... ich meine ... ich will Dich ja zu nichts zwingen." begann Cassiel erstaunt. "Aber wir hätten uns wirklich gefreut, wenn Du mitgekommen wärst." Seine Geschwister nickten bestätigend und es lag kein Vorwurf in ihren Blicken. "Du musst Dich ja nicht rausputzen, wie Sen es tut, Du bist auch so schön genug. Aber ... ich meine ... " Cassiel versuchte die Frage sanft zu formulieren. "Glaubst Du ... nicht an Gott?" Und so sehr er sich auch bemüht hatte, die Frage mißglückte doch ein wenig. Eine betretene Stille entstand. Schließlich schüttelte Serenity den Kopf und nahm Stevies Hände. Sie sah die Rothaarige freundlich und ruhig an. "Entschuldige, Stevie. Wir waren so selbstverständlich davon ausgegangen, dass Du mitkommst, dass wir Dir gar nicht richtig die Wahl gelassen haben. Wir haben Dich sicherlich überrumpelt. Das war nicht fair von uns." Sie sah ihre Brüder abwechselnd an. "Und es geht uns auch nichts an, warum Du nicht mitkommen willst." Dann sah sie der Rothaarigen wieder in die Augen. "Es ist nur einfach wirklich schade. So viel hat Cas uns schon von Dir erzählt und Du hast uns schon so oft im Café besucht, da waren wir wohl ein wenig voreingenommen. Es wäre einfach schön gewesen Dich dabei gehabt zu haben." Nathanniel nickte. "Sen hat recht. Es ist wirklich schade, aber wir respektieren Deine Entscheidung." Die Beiden hatten ruhig und ernst, aber ohne Vorwurf gesprochen. Nur Cassiel konnte sich den Schalk nicht verkneifen. "Ich bete für DIch ein Vater-Unser mit. Dann passt das wieder." versuchte er die Stimmung aufzulockern. Er stand seitlich zu Stevie und griff vorsichtig nach einer langen Locke. "Zu schade, Sen kennt so viele Frisuren, die würden Dir sicher umwerfend stehen. Aber bis zum Frühjahr bekomme ich Dich noch dazu. Denn da wirwst Du DIch nicht mehr vor unseren Feiertagen drücken können." grinste er verschmitzt. Serenity kicherte. "Cas! Stevie im KLEID!? Willst Du sie foltern?" Cassiel lachte. "Warte ab, Schwesternchen, sie wird es freiwillig tragen!" Die Geschwister begannen den Jüngsten auszulachen. Cassiel strahlte Stevie an. "Sie wird. Vertraut mir!"
Cassiel fand als erstes die Worte, jedoch recht zusammenhanglos. Die Enttäuschung ging bei ihm Hand in Hand mit dem Erstaunen, dass Stevie nicht in die Kirche mitkommen wollte. Offenbar war Cassiel und auch seinen Geschwistern nie etwas anderes in den Sinn gekommen, als das Stevie selbstverständlich mitkam. Das ehrte die drei in höchstem Maße, denn offenbar hatte keiner von ihnen Scheu sich mit Stevie in der Kirche zu zeigen. Oder ihnen war nicht bewusst welchen Sturm der Empörung Stevies blossige Erscheinung auslösen konnte. Es war bisher immer unterschiedlich gewesen. Mal reagierten die Leute recht gelassen auf ihre Anwesenheit, wobei man mit gelassen mehr ignorieren meinte. Doch das war immer noch besser wie die offene Feindseligkeit und Ablehnung, die Stevie ebenso entgegen gebracht werden konnte. Und Camden Village hatte ihr bereits gezeigt, dass eine Frau in Hosen hier nichts zu suchen hatte. Und dann gab es natürlich noch einen weiteren Grund wieso Stevie nicht gerne zur Kirche ging. Und diesen Gedanken sprach Cassiel gerade voller Unglauben aus. Stevie sah ihn betreten an und suchte im Stillen bereits nach Worten ihm das zu erklären. Die Stille, die auf seine Frage hin eingetreten war, machte es Stevie nicht leichter und so sah sie nur hilflos in alle Gesichter und wünschte sich in diesem Moment im Erdboden zu versinken. Doch Serenity war ein Engel und nahm abermals verständnisvoll ihre Hände. Ihre Worte waren liebevoll und brachten Stevie dazu dankbar zurückzulächeln. Sie nahm der Situation den Druck antworten zu müssen. Nathanniel bekräftigte Serenitys Worte und gab ebenfalls zu, dass sie sich nicht erklären musste. Und als Cassiel ihr wieder zuzwinkerte und anbot ein Vater-Unser mitzubeten war Stevie dann doch erleichtert. Er war bereits wieder zu Scherzen aufgelegt und griff nach einer Locke, an der er sanft zog und ihr vorsäuselte, dass Serenity viele hübsche Frisuren kannte. „Das mag ja sein…“ tat Stevie bereits sein festes Vorhaben wieder ab, als seine Schwester lachend dazwischen rief. Und sie hatte Recht. Ein Kleid würde für Stevie so schnell nicht in Frage kommen. Und so lachte sie vergnügt mit. Doch Cassiel war nicht bereit locker zu lassen. Er gab voller Überzeugung zu Stevie bis zum Frühjahr in ein Kleid gesteckt zu haben. Beinah kam ihr der Spruch über die Lippen, dass sein Versprechen wie ein Heiratsantrag klang. Augenblicklich verschlug es ihr die Sprache und ebenso das Lachen. Mit zweifelndem Blick sah sie zu Cassiel. „Das klingt irgendwie unheilvoll, wenn du das so sagst.“ witzelte sie dennoch, aber das merkwürdige Gefühl blieb. Sie konnte nur hoffen, dass sie gerade völlig auf der falschen Fährte war. Doch welch anderen Grund sollte es für eine Frau geben freiwillig ein Kleid zu tragen? Aber sie und Cassiel? Ein Paar? Lächelnd über ihre eigenen unsinnigen Gedanken schob sie diese wieder beiseite. Das war völliger Blödsinn. „Ich begleite euch noch ein Stück zur Kirche und würde dann mal im Miestall bei Whisky vorbei sehen. Nach dem Gottesdienst warte ich dann auf euch.“ Das war ihr Versöhnungsangebot für die Enttäuschung über ihre Absage. „Also sofern ihr nichts anderes vorhabt.“ schob sie noch schnell nach. Immerhin wollte sie sich nicht aufdrängen. Sie würde den Sonntag auch mal allein herumkriegen, auch wenn er dann etwas einsamer und langweiliger sein würde, wie wenn sie mit dem lustigen Geschwistertrio unterwegs war. Sie hatte alle drei bereits längst in ihr Herz geschlossen.
Cassiel lachte auf Stevies Worte und zwinkerte vergnügt. "Das war ein Verspreochen, keine Drohung." Serenity trat sanft nach seinem Fuß. "Lass das. Wenn Du so weiter machst kommt sie wirklich nicht wieder." grinste sie. Dann sah sie Stevie an und streckte übertieben die Brust heraus, legte ihrer Stimme ein gewaltige Portion Humor bei. "Ich werde Dich vor ihm beschützen!" Dann setzte sie sich lachend wieder auf den Stuhl und Nathanniel fuhr mit der Frisur fort.
"Wenn Dir bei Whiskey zu kalt wird geh doch eine Weile ins Café. ich habe den Ofen schon eingeheizt heute morgen. Es sollte also schon schön warm sein. An der Hintertür hängt eine kleine Holzfigur. Das ist ein irischer Glücksfigur. In der ist der SChlüssel für die Hintertür versteckt. Den kannst Du gerne benutzen. Aber lass die Vorhänge zu, sonst denken die Leute es ist schon geöffnet und Du musst sie bedienen." Cassiel dachte sich nichts bei seinem Angebot. Er wollte Stevie nur die Kälte des Stalls ersparen. "ICh freue mich drauf, wenn Du uns nachher abholst."
Nathanniel nickte. "Lass uns dann gemeinsam ins Café gehen und Hnefatafl spielen." Serenity klatschte leise in die Hände vor Vergnügen. "Au ja, wir sind dann zu viert, das passt prima." "Ja klar, weil Du immer gewinnst." maulte Cassiel schmunzelnd. "Aber ich finde die Idee auch schön. Dann müssen wir bei dem Wetter nicht aufpassen, dass uns die Zehen und Finger abfrieren.
Die Witzeleien unter den Geschwistern und die gute Stimmung, die dabei auch auf Stevie überging, waren einfach nur wundervoll mitanzusehen. Stevie lächelte erleichtert, dass ihre Absage ohne weiteren Ärger zu verursachen aufgenommen worden war. Fasziniert beobachtete sie Nathanniel, der mit geschickten Fingern das Haar seiner Schwester hochsteckte. Stevie beobachtete seine Hände, die flink durch das lange seidene Haar von Serenity glitten und dieses kunstvoll zu einer sehr schönen Frisur formten. Als Cassiel ihr wie nebenbei anbot einfach schon mal in das Cafe zu gehen und im warmen zu warten, sah ihn Stevie überrascht an. Er hatte ihr sogar das Versteck für den Schlüssel des Cafes verraten und bezeugte so das tiefe Vertrauen, das er bereits in sie hatte. Stevie wusste nicht was sie darauf sagen sollte. Es rührte sie bereits wieder. Gegen all die Liebe, dem Vertrauen und der Fürsorglichkeit, die einem diese drei normalerweise noch fremden Menschen entgegen brachte, war man beinah machtlos. Und mittlerweile ertappte sich Stevie dabei, dass sie sich geradezu gerne in das warme Nest aus angenehmen Gesten und Worten flüchtete. Cassiel beteuerte abermals, dass er sich darauf freuen würde, wenn sie sich nach der Kirche wieder sahen. Er sprach beinah wie ein verliebter Junge. Und noch ehe Stevie etwas erwidern konnte, verselbstständigte sich das Gespräch mal wieder und es wurden bereits Pläne geschmiedet wie man den restlichen Sonntag noch herum brachte. Irgendein Spiel mit merkwürdigen Namen wollten sie spielen und Stevie war wie immer fest eingeplant. Stevie war ratlos wie sie das alles je wieder gut machen konnte. Doch das würde sie tun. Koste es was es wolle, aber eines Tages würde sie sich dafür revanchieren. „Ok, wenn ich es nicht im Stall aushalte, dann nehme ich das Angebot an.“ lächelte sie Cassiel zu. Sie hatte es sich angewöhnt auch mal einen Vorschlag der Geschwister anzunehmen. Die Hilfe kam von Herzen und sie wollte nicht einen Vorschlag oder Idee nach der anderen ausschlagen. Doch Steve war sich sicher, dass sie es so lange im Stall aushalten würde bis die Geschwister wieder aus der Kirche zurück waren. Zumal sie dann auch nochmal den Stallburschen ausquetschen konnte wie sie denn nun an Arbeit im Mietstall kam. Es konnte doch nicht nur über diesen Warren irgendwas alles laufen. Wobei…. Wenn dieser auch heute zur Kirche kam müsste sie ihn nur noch abpassen. Doch es hatte sich nicht angehört als wäre der Mann ein frommer Kirchengänger. Ehr der Leibhaftige, der der Hölle entsprungen war. Sie grübelte und kam dabei vom Regen in die Traufe, als ihr Deputy Foster wieder einfiel. Auch über ihn wollte sie Erkundigungen einziehen. Warum nicht hier und jetzt? „Was gibt es eigentlich über Deputy Foster zu wissen?“ fragte sie geradeheraus und hatte mit einem Mal die komplette Aufmerksamkeit der drei Geschwister. „Ich hatte heute morgen eine unangenehme Begegnung mit ihm im Frühstückssaal.“ erklärte sie nur knapp.
Cassiel lächelte, als Stevie sich mit einplanen ließ. Gut so. Dann fragte sie nach Deputy Foster und sprach von einer unangenehmen Begegnung. Sofort war ihr Aller Aufmerksamkeit sicher und Cassiel legte den Schalter um. Plötzlich war er hellwach und der Anwalt in ihm hochkonzentriert. "Der Foster? Wieso, was war denn? Ist irgendetwas passiert?" wollte er besorgt wissen. "Viel weiß man nicht über ihn. Er ist auch ein Zugereister. Sogar noch kürzer als wir." sagte Cassiel und begann knapp zu erzählen, was er über den Mann wusste. Es war nicht viel. Nur das, was man sich so erzählte und der Sherrif und der Bürgermeister mal so nebenbei erwähnt hatten. Wirklich aussagekräftig war es nicht. Doch Cassiel war beunruhigt. "Was ist vorgefallen?" wollte er ruhig von Stevie wissen. Seine Frage war nicht aggressiv oder befehlend oder fordernd. Er war ernsthaft besorgt und für ihn war es selbstverständlich, dass er Stevie beistehen und sie beschützen wollte.
Nathanniel war fertig und sah Stevie ebeso fragend mit seinen dunklen Augen an. Doch anders als sein jüngerer Bruder, strahlte er deutlich mehr Ruhe aus. Serenity stand auf und nahm den Kessel vom Ofen, der sich mitlerweile zehn Löcher pfiff. SIe setzte vier Becher mit Tee auf und stellte sie auf den kleinen Tisch vor dem Sofa. "Setzen wir uns noch kurz?" bat sie sanft und hockte sich auf einen Stuhl. Nathanniel folgte ihr. Nur Cassiel wartete, ob Stevie hier so offen sprechen mochte oder lieber unter vier Augen. Was Blödsinn gewesen wäre, dnenn wenn sie ihm nicht ein Schweigeversprechen abnahm würde er es seinen Geschwistern sowieso erzählen.
Sie hatte tatsächlich eine Person angesprochen mit der nicht nur sie keine guten Erfahrungen gemacht hatte. Sie spürte wie die Spannung plötzlich in der Luft lag, als sie Foster erwähnte. Auch Cassiels Gesichtsausdruck hatte sich verändert und sie sah die wachen Augen des Anwalts funkeln, der er war. Sogleich wollte er wissen, was genau passiert war. Stevie winkte ab und tat so als wäre das ganze nicht so schlimm gewesen, auch wenn es sich genauso angefühlt hatte und sie beinah im Frühstückssaal zum Fenster hinaus gesprungen wäre. „Er hat sich wohl heute Morgen auf meine Kosten seine Späße erlaubt und mich mit nervigen Fragen und Kommentaren während des Frühstücks genervt. Nichts Ernstes. Dennoch war ich erschrocken, dass er ausgerechnet Deputy hier ist. Das war mir irgendwie entgangen.“ Sie zuckte schuldbewusst mit den Schultern. Cassiel hatte ihr diese Info sicherlich gegeben, aber bei all den vielen Neuigkeiten war ihr diese eine wohl entfallen. Und das hatte sie heute Morgen büßen müssen. Davon dass ihr der Deputy auch geraten hatte nicht in die Kirche zu gehen erwähnte sie nichts, denn sie wusste, dass sich Cassiel darüber sehr ärgern würde. Und er sollte nicht denken, dass sie auf Anweisung des Deputys der Kirche fernblieb. Nein, es war ihre freie Entscheidung gewesen. Die Kirche war kein guter Ort, auch wenn alle Welt so tat. Cassiel und seine Geschwister wussten auch nicht gerade viel über Foster zu erzählen, was Stevie aufhorchen ließ. Menschen über die man zu wenig wusste waren nicht ungefährlich. Das Foster möglicherweise die gleichen Beweggründe gehabt hatte, als er ihr auf den Zahn gefühlt hatte, war ihr dabei nicht bewusst. Sie sah wie Cassiel sie immer noch sorgenvoll musterte. Sie schenkte ihm ein Lächeln. „Cassiel hör auf mich so anzusehen. Es war wirklich nichts von Bedeutung. Er hat mich nur sehr verärgert und ich werde ihm in Zukunft versuchen aus dem Weg zu gehen. Du weißt doch, ich kann mich wehren.“ zwinkerte sie ihm zu. Serenity rettete wie so oft die Situation und bot allen an sich zu setzen, um noch eine Tasse Tee zu trinken. Stevie freute sich sichtlich darüber. Hatte sie doch ihren Kaffee heute morgen alles andere als genießen können. Also ging sie zum Sofa und suchte sich ein Plätzchen, um dann vorfreudig ihre noch kalten Finger um die heisse Tasse zu schließen. Irgendwie war jedoch die Stimmung angekratzt. Hätte sie bloss nichts gesagt. Sie sah in die Runde und bemerkte, dass jeder sie nachdenklich ansah. „Wann beginnt denn der Gottesdienst?“ fragte sie stattdessen und hoffte, dass man so etwas nicht von vornherein wissen musste. Gab es vielleicht generell eine feste Uhrzeit zu der man sonntags in die Kirche ging? Nun, sie wusste es nicht.
Der duftete herrlich und ließ die etwas angekratzte Stimmung wieder weicher werden. Nathanniel und Cassiel nahmen auf den Stühlen Platz, Serenity setzte sich neben Stevie. Cassiel sah die Rothaarige noch ein paar Augenblicke prüfend an. So ganz glaubte er ihr nicht, dass es nur eine harmlose Bebegnung gewesen war. Wäre sie sonst so sichtlich berührt? Der junge Anwalt hatte ein Gespür dafür, beließ es jedoch vorerst dabei. Denn Stevie wollte offensichtlich ersteinmal nicht mehr erzählen. Vielleicht kam er nachher noch dahinter.
Serenity nickte auf Stevies Frage. "Ja, das ist immer eine feste Uhrzeit. Neun Uhr. Dann muss man keine ANgst haben den Gottesdienst mal zu verpassen, wenn er früher anfängt." Nathanniel grinste breit und Cassiel rollte mit den Augen. Serenity stieß Stevie sanft mit dem Ellenbogen an und beugte sich ein wenig zu ihr hin. Fast ein wenig verschwörerisch, aber so, dass die Männer es hören konnten, flüsterte sie: "Es gibt da einen, der das gerne mal verpennt hat in den letzten Jahren." kicherte sie. Cassiel brummte irgendwas von " ... besseres zu tun ... " und vertiefte sich grinsend in seinen Becher. Nathanniel hakte nach. "Ja, Du hast dem einen oder anderen leichten Mädchen etwas vorgebetet." Sernity sah Nathanniel strafend an, doch sie konnte sich ein grinsen ebenfalls nicht verkneifen. "Nat! Was, wenn Stevie das noch gar nicht weiß!?" Nathanniel sah betreten zu Boden. "Oh, entschuldige."
Cassiel seufzte. Früher oder später hätte er Stevie das sowieso erzählt. Bisher waren sie auf das Thema einfach noch nicht zu sprechen gekommen. "Boah Nat, danke. Aber da der Sack nun schon mal auf ist, lass' ich die Katze auch raus." "Miau." kommentierte Serenity. Cassiel blickte Stevie entschuldigend an. "Gibt sicherlich schlimmeres, aber ich war eine ganze Zeit ein ziemlicher Weiberheld. Aber keine Angst, ich habe nie Ehebruch oder soetwas begangen. Ich habe dafür bezahlt." Cassiel hoffte, dass Stevie verstand, was er meinte. Und zum ersten Mal war ihm dieser Abschnitt seines Lebens peinlich. Die Wunde auf seinem Oberschenkel begann aufs Stichwort wieder etwas zu brennen und Cassiel legte wie zufällig die Hand darauf. Bisher hatte er es gut verbergen können, dass ihm oft jeder SChritt Schmerzen bereitete. Nur selten humpelte er und dann auch nur, wenn er alleine war. Kurz nachdem diese unschöne Sache in einem Bordell passiert war, hatte er das Trinken angefangen. Doch nur kurz, denn Alkohol erwies sich als kein guter Tröster. Die Wunde war gut verheilt auf den ersten Blick. Doch nur zu oft zog und zerrte sie an seinem Muskel darunter und erinnerte ihn daran, dass er für eine Hure fast sein Leben gelassen hatte.
Stevie spürte Cassiels prüfenden Blick. Der Blick eines Anwalts, dessen Ehrgeiz geweckt war mehr zu erfahren. Sie ignorierte dies aber und tat als würde sie es nicht bemerken. So beließ es Cassiel vorerst dabei und bohrte nicht weiter nach. Serenity antwortete derweil auf Stevies belanglose Frage, die einfach nur die unangenehme Stille hatte vertreiben und wieder zu einem gemütlichen Gespräch zurückführen sollte. Schon kam wieder Stimmung in die Runde und die Geschwister begannen sich gegenseitig zu necken. Serenity, die neben Stevie Platz genommen hatte, stieß ihr in die Seite und flüsterte, dass sie jemand kenne, der in den letzten Jahr des öfteren den Gottesdienst verschlafen hatte. Sofort richteten sich Stevies Augen amüsiert auf Cassiel, der Schwierigkeiten hatte seinen Kopf wieder aus dieser Schlinge zubekommen. Und obwohl Nathanniel sonst immer der ruhige Part der Geschwister war huschte ihm dieses Mal eine fast zu offene Wahrheit von den Lippen, die Cassiels Vorliebe für leichte Mädchen beschrieb. Unangenehm für Cassiel und Stevie sah ihn dabei prüfend an. Ihre Vorahnung war also doch nicht falsch gewesen. Cassiel war sichtlich geübt im Umgang mit Frauen. Serenity fand das ganze nicht lustig, was ihrem bösen Blick in Richtung ihres Bruders zu entnehmen war. Doch Stevie urteilte nicht darüber. Es gab einen Haufen Männer, die es regelmäßig in die Saloons zog und dennoch waren sie deshalb keine schlechten Menschen. Nur meist war bei diesen Herren trotz allem eine gewisse Vorsicht geboten. Denn manch einem war das Werben und Verführen einer Frau in Fleisch und Blut übergegangen, so dass dies auch Anwendung auf der Straße fand und schon wusste man als Frau nicht mehr woran man war. Stevie war jedoch froh, dass sie gegen solch männliches Verhalten so gut wie immun war. Ihr müsste man wahrscheinlich einen Zaunpfahl ist Gesicht schleudern, damit sie es erkannte, wenn man mit ihr flirtete. Und selbst dann, war sie meist unfähig dies zu erwidern. Wozu auch. Sie war dann mehr praktisch veranlagt. Immer geradeheraus mit der Sprache, auch wenn es gerade mal nicht passend war. Schmunzelnd nahm sie einen Schluck heißen Tee. Cassiel sah sich derweil in die Ecke gedrängt und offensichtlich in Erklärungsnot, was nicht nötig gewesen wäre. Doch er wollte nun die Katze aus dem Sacke lassen, was Serenity gleich mit einem frechen Miau betonte. Stevie fiel in das Lachen der Geschwister mit ein. Selbst brenzlige Themen wurden hier sympathisch verpackt. Cassiel nahm Blickkontakt mit Stevie auf und begann sich zu erklären. Stevie horchte auf, als er meinte bereits dafür bezahlt zu haben. Sie wusste nicht genau was er meinte, aber es stand ihr auch nicht zu weiter danach zu fragen. Also begann sie bereits abzuwinken. „Du brauchst mir hier gar nichts zu erklären Cassiel. Jeder lebt sein Leben so, wie er es für richtig hält.“ Und man musste wirklich nicht alles offen darlegen. Auch wenn sie diese Offenheit Cassiel hoch anrechnete, doch leider nicht erwidern konnte. Wieder trat Stille in der Runde ein und Stevie sah sich gezwungen abermals das Ruder herumzureißen. „Wie dem auch sei, ich schätze ihr müsst bald los oder?“ sie leerte ihre Tasse mit einem letzten Schluck. Der Besuch hier war wie immer sehr erheiternd gewesen, doch nun galt es auch für Stevie zu ihren Problemen zurückzukehren und dafür eine Lösung zu finden. Und es gab einen Ort an dem sie besonders gut nachdenken konnte und dorthin zog es sie nun mit aller Macht.
Cassiel warf Stevie einen dankbaren Blick zu, als diese nicht weiter auf die Weibergeschichte einging, sondern es freundlich abtat. Ob sie das nur tat, weil sie es wirklich nicht so tragisch nahm oder weil sie ihn nicht weiter in Verlegenheit bringen wollte, vermochte er nicht sagen. "Ja, so langsam sollten wir uns auf den Weg machen. Sonst kommen wir doch zu spät und das frühe A u f s t e h e n war vergebens." grinste er und warf Serenity einen gespielt angesäuerten Blick zu. "Außerdem wirst Du sicher noch nach Deinem Pferd schauen wollen. Der arme Gaul wird sich sicher langweilen. Oder Du störst ihn beim flirten mit einer hübschen blonden Stute." witzelte er und trank ebenfalls aus. Serenity wollte etwas sagen, verkniff sich die Bemerkung aber. Statt dessen nahm sie alle leeren Becher und brachte sie zurück in die Küche.
Nathanniel ergriff das Wort. "Komm bitte nachher mit zu uns in Café, Stevie. Es würde uns wirklich sehr freuen." Und das meinte der sonst so ruhige Ire ernst und ehrlich. Auch sein scheues Lächeln war ehrlich. Serenity sah ihren Burder erstaunt und erfreut zugleich an. Dass Nathanniel sich nach so kurzer Zeit so ehrlich freundlich und nicht nur distanziert höflich zeigte war eine Seltenheit. Und es zeugte davon, dass er Stevie wirklich mochte. Einfach so, ohne Hintergedanken. Er leidet immer noch daran, dass Georgina einfach so verschwunden ist, ohne sich von ihm zu verabschieden oder zu sagen, wo sie hingeht. Armer Kerl. Sie lächelte vergnügt. "Ich habe wieder Irish Stew gemacht, das kennt Stevie noch nicht." Cassiel kicherte. "Boah Sen, Du machst Stevie echt zu Deiner privaten Essenskritikerin und Versuchskaninchen!" Er schüttelte amüsiert den Kopf, doch der Blick, den er STevie dabei zuwarf, barg noch etwas anderes. Ja, er hoffte sehr, dass sie die EInladung annahm. Es lag eine leise Bitte darin; versteckt in einem fröhlichen Grinsen.
Serenity hatte Cassiels Mantel genommen und legte ihm diesen einfach über den Kopf. "Huh ist das dunkel! Zu Hülfä." witzelte Cassiel. "Steevieeee, rette mich! Oh mein Gott, ich bin blind!" Er saß noch immer auf dem Stuhl und tastete mit den Händen in der Luft herum. Nathanniel stand lächelnd und kopfschüttelnd auf und ging seinen eigenen Mantel holen. "Alberne Geschwister habe ich, herrje." "Würdest Du uns anders ertragen?" neckte Serenity. "Wäre es anders würde ich mir Sorgen machen. Aber wenn Stevie CAssiel nicht rettet, muss er wohl leider hier bleiben."
Die Geschwister kicherten leise. "Das habe ich gehört." brummte Cassiel unter dem Mantel vergnügt.
Die Geschwister gaben Stevie Recht, dass es Zeit wurde zur Kirche zu gehen. Sofort herrschte Aufbruchsstimmung. Cassiel witzelte, dass sie Whisky womöglich gerade bei einem heißen Flirt mit einer blonden Stute stören würde, wenn sie ihn jetzt besuchen würde. Stevie lachte auf und nickte. „Natürlich. Genau so wird es passieren. Aber da muss er durch.“ zwinkerte sie vergnügt. Als sich jedoch Nathanniel direkt an sie wandte und sie eindringlich bat ihre Einladung ins Cafe zu kommen anzunehmen wurde Stevie wieder ernster. Dennoch lag ein dankbares Lächeln auf ihren Lippen, als sie Nathanniels Worte hörte. Sie wusste, dass er kein Meister großer Worte war, deshalb rührte sie dessen gesonderte Einladung besonders. Sie nickte, selbst nun völlig still geworden und mit einem Kloß im Hals. „Wenn das so ist, komme ich natürlich sehr gerne.“ sagte sie zu. Die Verlockung war definitiv da. Es war besser im warmen zu sitzen und in Gesellschaft solch angenehmer Menschen zu sein, als Stevies halsbrecherisches Vorhaben in die Tat umzusetzen, von dem sie hier besser nichts verriet. Denn der Gedanke war immer noch da, selbst bei diesem Wetter auf die Ranch zu reiten von diesem Warren und um Arbeit zu betteln, denn die Not war groß. Sogleich hörte sie aus dem Hintergrund, dass Serenity auch wieder dieses leckere irische Gericht gemacht hatte. Stevie spürte wie sich ihr Magen zusammenzog, denn außer den drei Bissen von heute Morgen, hatte sie noch nichts gegessen. Sie grinste wieder als sie Cassiels Worte hörte und stimmte nun vorfreudig zu. „Das darf sie gerne machen. Wenn jedes Versuchskaninchen so toll bekocht werden würde, würden diese freiwillig deiner Schwester die Tür zum Cafe einrennen.“ Noch ehe Cassiel jedoch darauf etwas erwidern konnte, wurde ihm der Mantel über den Kopf gestülpt. Stevie kicherte und fand das beinah kindische Verhalten der erwachsenen Geschwister einfach nur herrlich. Sie ließ Cassiel noch eine Weile in der Dunkelheit schmoren, der keine Anstalten machte sich von dem Mantel zu befreien, sondern stattdessen um Hilfe rief. Um ihre Hilfe. Stevie musste sich noch an die Leichtigkeit und Fröhlichkeit der Geschwister gewöhnen, doch auch dieses Mal ließ sie sich nur zu gerne davon mitreissen, immerhin war sie vom Temperament her auch nicht viel anders. Es war nur schon so lange her. Und dennoch hatte sie sicherlich nichts verlernt was Spass und Unfug anging. Mit einem Ruck zog sie Cassiel den Mantel vom Kopf, nachdem sie leise an ihn heran getreten war. Dieser blinzelte in die Helligkeit und Stevie grinste ihn frech an: „Wenn du deinen Mantel willst, dann musst du ihn dir erstmal holen.“ fragend sah Cassiel sie an. „Oder eben ohne Mantel hinausgehen.“ Und schon spurtete sie los. Lachend rannte sie in Richtung Treppe und nahm im vorbei laufen ihre eigene Jacke entgegen, die ihr Serenity, selbst am kichern, hinhielt. Mit einer fließenden Bewegung nahm sie diese im vollen Lauf an sich und rannte die Treppe hinunter, während sie nicht aufhören konnte dabei fröhlich zu lachen. Wenn sie schnell genug war, dann war sie noch vor Cassiel an der Haustür, doch sie meinte ihn bereits dicht hinter sich zu hören. Möglicherweise war sie doch etwas aus der Übung. Zumindest was das rennen anging.