Einfacher, schlichter Großraum, der zwei Schreibtische beherbergt. Ein Ofen in der Ecke hält den Raum im Winter warm. Boden und Wände sind aus Holz, zwei große Fenster ermöglichen einen guten Überblick über das Stück Hauptstraße vor der Station. Ein Wandschrank beinhaltet Decken, Geschirr und Verbandsmaterial. Ein abgeschlossener Waffenschrank beinhaltet das gesamte Waffenarsenal von Camden Village, das dem Sheriff zur Verfügung steht. Den Schlüssel zum Schrank besitzt der Sheriff. Der Raum ist hell und ordentlich.
Leider tat Callahan ihnen und sich selbst nicht den Gefallen, stillschweigend sein Schicksal hin zu nehmen. Das hätte Graham an seiner Stelle auch nicht getan und gerade das ärgerte den jungen Deputy maßlos. Er hatte einem entspannten Spaziergang entgegengeblickt und nicht einem Gewaltmarsch, bei der er ständig vor Augen gehalten bekam, wie roh und unzivlisiert er sich selbst verhielt. Aber Callahans Gezappel zwang ihn auch dazu, gröber als nötig vor zu gehen. Dementsprechend grimmig wurde der Gang, den sie die Lake Street hinunter und dann Richtung Station einschlugen. Zwar hatte der Einstand des Reverends doch einige Menschen auf die Straße gelockt, doch diese schlugen sie die entgegengesetzte Richtung ein. Ab und an traf ein neugieriger Blick das merkwürdige Trio, vor allem da Graham sich, von Jake angestachelt, ab und zu doch zu einem obszönen und wüsten Fluchen hinreißen ließ, wenn er Callahan weiter antreiben musste. Der Gesichtsausdruck von Miss Rose war neutral, aber Graham konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie das Geschehen vor ihren Augen unterhaltsam fand. Die Art, wie sie die Schlägerei händelte, hatte ihm gezeigt, dass sie keineswegs ein zartes Pflänzchen war und für einen Augenblick war das damenhafte Verhalten wie fortgewischt gewesen. So als wäre sie hinter ihrer Maske nur ein einfaches Mädchen, welches auch rauhbeinig sein konnte, wenn es die Situation erforderte.
Sie erreichten die Sheriffstation und Graham schleifte sein bockendes Opfer ins Innere. Das war gar nicht so einfach, da er die Tür aufschließen musste. Der Hauptraum war eisig kalt, denn die Zellen waren unbelegt und niemand hatte am Morgen daran gedacht zu heizen. Wozu auch? Es war Sonntag und somit dienstfrei. Die Vorstellung, dass er allein für Jake würde Holz hacken dürfte, damit der nicht in der Zelle einfror, erfüllte ihn nur noch mit mehr Groll. Deswegen empfand er auch wenig Skrupel, mehr Druck auf Callahans Handgelenk aus zu üben. Für den Bengel würde es sich so anfühlen, als wollte Graham ihm den Arm auskugeln. Prompt erstarb der Widerstand, den Callahan leistete. Graham bedeutete der Mexikanerin mit einem kurzen Nicken, im Hauptraum zu warten, bis er zurückkam und schleifte dann Jakes mehr oder weniger willenlosen Körper in den hinteren Bereich. Mit der Hand riss er die vergitterte Tür auf, ließ Jake los und versetzte ihm ein weiteres Mal einen tückischen Stoß, der den Jungen vorwärts stolpern ließ, so dass Graham die Tür hinter ihm wieder zuschlagen und zu verriegeln. „Tu uns beiden 'nen Gefallen, Callahan. Halt dein Schandmaul und du kommst hier ganz schnell wieder raus.“ knurrte er dann und drehte sich um, ohne einen weiteren Blick über die Schulter zu werfen.
Zurück im Hauptraum lächelte er Nevada flüchtig zu, bevor er hinüber zum Ofen trat und dort rasch eine kleine Flamme entzündete. Es würde dauern, bis es wärmer wurde. Dann erst richtete er sich auf und wandte sich an die Mexikanerin. „Hatt' mir das alles irgendwie unkomplizierter vorgestellt.“ brummte er und fuhr sich unwirsch durch den Schopf, wobei er den unwissentlich noch mehr zerzauste. „Wie auch immer. Der Brown hat Ihre Sachen jedenfalls gleich 'rausgerückt.“ Ihm entging, dass er das zuvor schon erwähnt hatte, ebenso wie seine respektlose Rede über den anderen Iren, aber er war schlicht auf der Suche nach dem verloren gegangenen Faden, bevor sie auf Jake getroffen waren.
Jake war sichtlich am Ende seiner Kräfte, als sie die Sheriff Station erreicht hatten, aber das war ihm der ganze Widerstand wert gewesen. Immerhin hatte er Barclay gezeigt, dass er nicht einer war, den man einfach so herumschubsen konnte und der sich auch ganz sicher nicht vor dem Gesetz durckte. Nein ein Feigling war er nicht. Auch wenn ihn das erheblich viel Kraft gekostet hatte und sicherlich ein paar kräftige Knuffe und Stöße zu viel beschert hatte. Es war ihm auf jeden Fall eine Genugtuung gewesen Barclay fluchen und schimpfen zu hören. Das war der beste Lohn für seine ganze Mühe. Jake scherte sich weder um die neugierigen Blicke, noch um die Begleitung in Person dieser Hure. Zu was auch? Er wollte Barclay etwas demonstrieren und sich nicht durch hervorragendes Benehmen ein Goldsternchen verdienen. Erst als er die Station sah, und sie sich unweigerlich immer rascher dieser näherten, wurde Jake doch unruhig. Barclay meinte es wohl tatsächlich ernst mit dem Einsperren und in diesem Fall sah Jake keine Möglichkeit heute noch Elisa zu treffen. Das würde weder sie noch er sich selbst verzeihen. Er legte noch einmal seine ganze verbliebene Kraft in ein letztes Aufbegehren und musste leider erkennen, dass der ein oder zwei Jahre ältere Junge ihm einfach überlegen war. Verzweifelt versuchte sich Jake in einem letzten Aufbegehren am Türrahmen festzuhalten, aber Barclay zerrte ihn einfach in das Innere. Dass es hier eiskalt war, bekam Jake überhaupt nicht mit. Er war vom Widerstand leisten völlig verschwitzt und überhitzt. Auf dem Weg zur Zelle klammerte sich Jake an der Steinwand fest, doch ein unangenehmes, festere Zugreifen von Barclay ließ Jake unter Schmerz aufheulen und sofort das Klammer aufgeben. Wollte ihm der Idiot den Arm etwa auskugeln? Ein böser Blick traf Barclay über die Schulter zugeworfen, ehe Jake sich alles andere als freiwillig in der Zelle wieder fand. Alles tat ihm weh, jetzt wo Graham nicht mehr versuchte ihm sämtliche KÖrperteile zu verdrehen oder auszukugeln. Doch Jake versuchte Haltung zu wahren. Weder rieb er sich die schmerzende Schulter, noch stöhnte er auf, als er einen weiteren boshaften Stoß in den Rücken erhielt, mit dem er gänzlich in die Zelle taumelte. Ehe Jake herumfahren konnte, hörte er die Eisentür zufallen und den Schüssel im Schloss. "Ich halt's Maul wenn ich will," murrte er nicht mehr ganz so zornig, blitzte aber Graham böse durch die Gitterstäbe hindurch an. "Ich hab überhaupt nicht's gemacht. Du kannst mich hier nich' einfach so festhalten. Ich will den Sheriff sehen," maulte er schlecht gelaunt und in Gedanken bei Elisa weilend. Das hob nicht gerade seine Laune, denn Elisa würde ihn eigenhändig erdolchen und anschließen würde ihm seine Mutter den Hals umdrehen. Oder andersherum. Es blieb sich gleich... er war der Dumme in der Sache. Doch dieser miese Dorfdeputy kehrte ihm einfach den Rücken zu und ging nach vorne, wo diese Hure wohl auf ihn wartete! Wütend trat Jake mehrmals gegen die Gitter, bis ihm die Fußzehen schmerzten, rüttelte an der Tür und kochte vor Wut. "HEY? ARSCHGESICHT? ICH RED' MIT DIR. KOMM GEFÄLLIGST ZURÜCK! DIE SCHLAMPE KANNST' AUCH WO ANDERS FLACH LEGEN!"
Maureen mit Ian und Coleen (Nevada, Jake und Graham in der Nähe)
Maureen war nach der Kirche mit den Kindern ein wenig die Lake Street hinuntergelaufen, immer nach Jake Ausschau haltend. Nachdem er nur kurz auf die Toilette hatte gehen wollen und danach nicht wieder aufgetaucht war, hatte sie angenommen, er wollte sich vor dem Empfang drücken. Angekündigt hatte es der Junge ja lautstark auf dem Weg zur Kirche und wie Maureen ihren stoischen Dickkopf kannte, setzte er das Vorhaben gegen jede angedrohte Strafe auch durch. Trotzdem hoffte sie, er würde denselben Weg nehmen müssen und so an ihr vorbeikommen. Dann würde sie ihm das schon austreiben. Doch Ian beklagte sich alsbald über kalte Füße und Coleen hielt den wieder eingesetzten Schneefall für alles andere als lustig. Und Maureen wollte weder einen Streit mit Ian noch eine Erkältung bei Coleen riskieren. Doch noch weniger wollte sie Jake seine Frechheit durchgehen lassen. Also waren sie weitergelaufen, aber in einem sehr, sehr langsamen Tempo. Eine geraume Zeit hatte sie Ian und Coleen im Schnee toben lassen, während sie selbst immer wieder zwischen Mainstreet und Lake Street hin und her lief und immer wieder hoffte Jake tauchte zwischen den Menschen auf, die an ihnen vorbei zum Gästehaus strömten. Viele waren Maureen noch fremd, doch ein paar Gesichter kannte sie und einige grüßten freundlich. Vor allem seit die Stadt wusste, dass sie für den Major als Haushälterin arbeitete. Dass hatte ihren Stand im Ort doch sehr erleichtert und vor allem verbessert. MIt einem wehmütigen Lächeln hatte sie an Shepard denken müssen, der ihr vor fast einer Woche einen ziemlich deutlichen Antrag gemacht hatte. Alles was zwischen ihnen stand, war Nate. Und Shepards viel zu gute Manieren. Ab und an hatten sie vom Kirchenplatz aus laute Rufe vernehmen können, aber Maureen wollte Ian nicht dorthin schicken, um nachzusehen. FAlls sich dort Erwachsene prügelten, brauchte Ian davon nicht Zeuge zu werden und sie interessierte es herzlich wenig. Kurz bevor sie aufgeben wollte und Coleen und Ian zu sich rief, vernahm sie eine ihr sehr vertraute jugendliche Stimme, die laut, fluchend und schimpfend näher kam. Dazwischen war eine andere Stimme, etwas reifer, aber genauso Jung, die ordentlich zurückgab.
"Iss das nicht Jake, Ma," Ian zeigte aufgeregt in die Richtung, in die Maureen bereits blickte und die Augen verdrehte. Ja, das war Jake, in einem eisernen Griff des Deputys, die Straße vorausstolpernd Richtung Station. Sie sah das Blut an seinem Mundwinkel, sah den ganzen Schmutz auf seiner Jacke und die unordentlichen Kleider des Deputys. Die beiden hatten doch nicht etwa..... Die Erkenntnis traf Maureen so hart, dass sie im ersten Moment nicht in der Lage war zu reagieren. So gewannen Barclay und Jake einen kleinen Vorsprung und Maureen brauchte einen Moment ehe sie begriff, dass sich auch noch eine junge Frau in der Begleitung der beiden befand. Hoffentlich hatte sich Jake nicht ihretwegen mit dem Deputy geschlagen... sie wäre nun nicht gerade das, was sie sich zur Schwiegertochter wünschte.
"Ist Jake verhaftet, Ma," hörte Maureen Coleen fragen und sie seufzte erneut, schwerer. Was gab man in dieser Situation zur Antwort? "Ich weiß es nicht, Coleen. Wir gehen einfach mit zur Station und schauen was passiert ist?" Coleen nickte eifrig, darauf wohl erpicht ihrem Bruder zu helfen und Ian wirkte sofort aufgeregt, gespannt auf die Abwechslung. Maureen war alles andere als erpicht noch war sie aufgeregt. Sie war stinksauer und entsprechend wütend.
Und in dieser Verfassung öffnete sie schwungvoll die Tür zur Station, schob ihre beide Kinder vor sich in das Innere, wo es genauso kalt wie auf der Straße war und ließ mit fest zusammengepressten Lippen, leicht hängenden Mundwinkeln und einem freurigen Blick jeden im Raum wissen, dass sie im Moment brandgefährlich war. Der Sheriff war nicht da, wie sie rasch aufnahm, aber sein Deputy und die junge Frau. Sie hätte dem jungen Mann gerne ihre MEinung gegeigt, aber im Augenblick hielt sie es erst einmal für geschickter den Mund zu halten und den Deputy das Kommando führen zu lassen. Aber er sollte ruhig frage, wie er ihr helfen konnte.. dann, ja dann würde er aber etwas zu hören bekommen.
Graham, Jake und Nevada, dann Jake in der Zelle, Maureen kommt mit ihren Kindern herein
Die beißende Kälte ließ selbst die Sheriffstation mitsamt ihren Erinnerungen verlockend scheinen. Die Vorfreude währte jedoch nicht lange, denn im Innern war es Kalt und wenig einladend. Nevada war froh zumindest dem Wind zu entgehen und so zog sie die Tür rasch hinter sich ins Schloss. Sie selbst hatte hier in der Zelle auf ihre Verhandlung gewartet und als sie die Station das letzte Mal betraten hatte war sie panisch und vollkommen aufgelöst vor Vale Bozeman geflohen. Hierher zu Graham Barclay. Der Gringo hat mir damals schon den Arsch gerettet.
Mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Argwohn betrachtete die Mexikanerin den Hilfssheriff. In eben diesem Moment wurden seine Lippen schmal und mit einem Ruck riss er dem Jungen den er hierher geschleppt hatte den nach hinten verdrehten Arm hoch. In der Erwartung das Gelenk oder gar der Knochen des Burschen würde gleich nachgeben verzog die Mexikanerin leicht die Lippen. Sie behielt die Beiden jedoch weiter im Blick und so konnte sie eine interessante Beobachtung machen. Wider Erwarten schien der zähe Körper von Callahan keinen ernsten Schaden zu erleiden, doch dies war genau der Punkt. Die körperliche Einwirkung oder auch der Schmerz waren so groß, dass etwas in dem unflätigen Jungen nachgab. Nevada hatte diesen Moment oft selbst erlebt, einen Augenblick, in dem man aufhörte sich zu wehren und nicht mehr kämpfte. Es war als würde etwas tief im Innern nachgeben und auch wenn man nicht die Gnade erfuhr das Bewusstsein zu verlieren hörte man doch auf die Kontrolle zu haben. Der Anblick jagte der jungen Frau einen Schauder über den Rücken und erinnerte sie daran was Graham war. Ein Mann. So sind sie doch alle! Wichtig ist nur auf welcher Seite man steht und wie man einen Kerl benutzen kann. Er führte den Jüngeren zu den Zellen hinüber und Nevada war beinahe überrascht, dass der Knabe noch immer nicht die Klappe hielt. Sein Protest war inzwischen schwach, aber Callahan lehnte sich weiter auf. Unwillkürlich musste die Mexikanerin an ein wildes Tier denken. Es passierte selten, aber manchmal gab es Viecher die immer weiter und weiter kämpften, wenn sie in eine Falle geraten waren. Zumeist brachen sie sich selbst das Genick oder rissen sich das Fleisch von den Knochen. Mit dem Jungen mochte es vielleicht ein ähnliches Ende nehmen. Da nannte er sie wieder eine Schlampe und erneut sorgte sein Mundwerk dafür, dass der Funke von Mitgefühl in der Mexikanerin erstarb. Dem sollte man das Maul mit seinem eigenen Schwanz stopfen. Noch ein paar Jahre und der wird Frauen wie mir nicht mehr nur mit Worten zeigen was er von uns hält. Graham schlug die Zellentür zu hart ins Schloss, dass die junge Frau nicht daran zweifelte, wie er den Gefangenen hinein befördert hatte. Die Härte und Brutalität mit der er vorging machten den Iren in ihren Augen zu einen richtigen Mann und einem noch wertvolleren Verbündeten, trotzdem fühlte Nevada sich für einen Moment unsicher. Schweigend verharrte sie und merkte selbst, wie angespannt sie war, bis Graham das Wort an sie richtete. Die Mexikanerin hatte oft genug den Ärger abbekommen, den jemand mit sich herum schleppte, da hatte sie gelernt die Klappe zu halten. Er schien jedoch schon merklich gefasster machte sich gleich daran ein Feuer im Ofen zu entzünden. Mit einem Grinsen signalisierte er der jungen Frau, dass alles in Ordnung war und sie nichts zu befürchten hatte. Zögernd nickte Nevada, war jedoch zu vorsichtig selbst das Wort zu ergreifen und als wäre nichts gewesen wechselte der Sternträger das Thema. Seine Jugend hatte die Mexikanerin schon einige Male hinters Licht geführt, doch dass Graham so abgebrüht war hatte sie nicht erwartet. Was habe ich denn erwartet? Der Gringo hat schon jetzt mehr Männer erschossen und mehr Schlägereien hinter sich als so mancher den sie lang verscharrt haben. Nem Halbwüchsigen eine Tracht Prügel zu verpassen macht der so beiläufig wie andre sich nach dem Pissen den Schwanz abschütteln. Unwillkürlich strich der junge Mann sich durchs Haar und was der Blizzard nicht vermocht hatte schaffte er durch diese Geste. Diese Handbewegung hatte die Mexikanerin in der Vergangenheit für Unsicherheit gehalten und das jugendliche Gesicht unter dem zerzausten Haar unterstrich diesen Eindruck. „Schätze Brown hat befürchtet sie würden sich die Sachen sonst holen kommen.“ Obwohl die Mexikanerin in Grahams respektlose Rede einfiel sprach sie leiser als zuvor. Was sie zuvor beobachtet hatte schockierte die Mexikanerin nicht, aber es hatte sie daran erinnert, dass der Deputy sich im nächsten Moment auch gegen sie richten könnte. Eine Gefahr, die potentiell von jedem ausging, doch daran erinnert zu werden hinterließ eine beklommene Anspannung, die auch dafür sorgte, dass die Mexikanerin zusammen zuckte, als die Tür hinter ihr aufging. Zwei Kinder vor sich herschiebend kam eine Blondine in den Laden und es bedurfte keines weiteren Blickes, um zu erkennen, dass es sich bei der Dame um eine von den Bürgerinnen hier handelte. Fragend wanderte ihr Blick zu Graham hinüber, denn der würde die Leute hier besser kennen und sie selbst sollte sich unter den Frauen der Stadt nicht noch mehr Feinde machen als sie ohnehin durch ihre Arbeit im Bordell hatte.
Nevada, Coleen, Ian, Maureen und Graham im Hauptraum der Station
Graham kam zu der Erkenntnis, dass es das beste war, sich taub zu stellen. Immerhin verschaffte ihm der Gedanke, dass Callahan später keine Stimme mehr haben würde, eine nicht geringe Befriedigung und in ein paar Minuten wären er und Miss Rose wieder hier raus. Jake hingegen würde noch ein paar Stunden hier festsitzen und frieren dürfen. Vielleicht lernte er ja dann ein wenig Demut. Oder wenigstens, einfach den Mund zu halten. So oder so, gegen Abend würde er Callahan schon wieder laufen lassen. Wenn auch wahrscheinlich völlig unverdient und bei dem hasserfüllten Blick, den er eben aufgefangen und düster erwidert hatte, war es sicher nicht das letzte, was er von dem Bengel gesehen hatte. Dabei hatte der Tag so gut angefangen. Aber auch Miss Rose schien von der gedrückten Stimmung angesteckt, denn sie stand mit hochgezogenen Schultern im Hauptraum der Station, wo er sie zurückgelassen hatte und wartete ungewöhnlich still darauf, dass er ihr seine Aufmerksamkeit zuwandte. Es hatte den Anschein als friere sie, was hier drin auch keine Überraschung wäre, aber in ihren Augen lag jetzt ein aufmerksamker Blick, als hätte sie plötzlich eine Seite an ihm bemerkt, die ihr vorher nicht aufgefallen war. Graham war in zu viele Schlägereien geraten – und hatte mehr als eine aus Trotz angefangen – um sich dafür zu schämen. Es war ein einfacher, schneller Weg, seinem Ärger Luft zu machen und danach war alles wieder in Ordnung. Wenn er gewann, konnte er das Gefühl der Macht genießen, sich vor Gleichaltrigen bewiesen zu haben. Kein Grund eine große Sache daraus zu machen. Aber dieser blinde Augenblick der Wut hatte ihn wie rasend auf Callahan eintreten lassen, obwohl der schon am Boden lag. Das fühlte sich irgendwie schäbig an, denn eigentlich war es unter seiner Würde ein wehrloses Opfer zu treten. Es erinnerte ihn zu sehr an Michael und den Mann, der Graham nie hatte sein wollen. War das der Grund, warum sie auf einmal so still war, während sie vorhin auf dem Kirchenplat noch unbeschwert miteinander gescherzt hatten und sich mit Bonnie alberne Wortgefechte geliefert hatten? Sie wusste, wozu er fähig war?
Ja, natürlich war dem so und Callahan hatte auch nichts besseres zu tun, als ihn mit lautstarker Stimme daran zu erinnern. Missmutig verzog Graham einen Mundwinkel erinnerte sich aber an seinen Schweigeschwur und warf Miss Rose nur einen vielsagenden Blick zu. Wie gerne wäre er zurückmarschiert und hätte Callahan eigenhändig den Hals umgedreht. Darum war er mehr als froh, als das drückende Schweigen zwischen beendet war, und sie wieder auf ungefährliches Terrain zurückfanden. Der Grund, warum sie eigentlich hier waren. Darum nickte er zustimmend zu ihren Worten und wollte gerade zum Schrank hinübertreten, um die kleine Holzkiste hervor zu holen, indem er ihr Hab und Gut untergebracht hatte. Aber soweit kam es nicht mehr. Jemand trat mit einem Schwall kalter Luft herein und Graham drehte sich um, um nach zu sehen. Er kannte die magere Frau mit dem knochigen Gesicht, die es scheinbar nicht für nötig befand an zu klopfen, irgendwoher, aber so recht wollte er sie im ersten Augenblick nicht zuordnen. Zwei Kinder begleiteten sie und sahen ihn aus großen Augen an. Graham unterdrückte ein Seufzen. Er hasste es, ständig bei seiner Arbeit unterbrochen zu werden. Wenn sie nur fünf Minuten länger gewartet hätte, hätte er wenigstens der Mexikanerin schonmal vor schicken können. Wenn es jetzt wieder eine Lappalie war, mit der man ihn belästigte … nein, da fiel ihm ein, mit wem er es zu tun hatte. „Mrs. Callahan.“ grüßte er mit einiger Verzögerung, zwar nicht besonders herzlich, aber dafür höflich und man sah ihm deutlich an, dass ihm die Namen ihrer beiden Kinder genauso entfallen war, wie der ihrige. Sie konnte genauso schauen, wie ihr Bengel, stellte er fest. Bei dem feurigen Temperament mit dem die Callahans gesegnet zu sein schienen, brauchten Jake vielleicht gar kein Feuer, um es warm und gemütlich zu haben. „Sie sind hier wegen Jake.“ stellte er fest, denn das machte als einziges Szenario in seinem Kopf Sinn und er hatte es schon immer gehasst, seine Zeit mit rhetorischen Fragen zu vertrödeln. Ihm blieb wohl nichts anderes übrig, als Miss Rose auf später zu vertrösten, was er mit einem kurzen Blick und einem Achselzucken auch tat.
Graham, Nevada mit Maureen und ihren Kindern, Jake in der Zelle
Kurz davon irritiert das der junge Deputy tatsächlich ihren Namen kannte, blinzelte Maureen in dem trüben Licht des kleinen Raumes ein paar Mal und runzelte missbilligend die Stirn, als aus dem hinteren Bereich der Station fluchend und nicht unbedingt ungewohnt ordinär die Stimme ihres Ältesten im Protest gegen seine Festnahme zu vernehmen war. Es war kaum verwunderlich, dass der Deputy ein wenig verhaltend auf sie reagierte und nicht unbedingt glücklich über ihr Erscheinen zu sein schien. Für eine winzige Sekunde war Maureen versucht sich für Jakes Verhalten zu entschuldigen, beschloss dann aber doch erst einmal herauszufinden wieso Jake in einer Zelle saß. Für sie gab es keinen erklärbaren Grund, hatte sich der Junge doch seit dem letzten Montag überraschend ruhig und folgsam gezeigt, sogar belehren lassen und hin und wieder ihr sogar das Gefühl gegeben, dass sie oder Shepard so etwas wie Einfluss auf ihn besaßen.
Auf Deputy Barclays, ihrem Geschmack nach etwas dümmliche, Frage hin, verzog sie die Lippen nach unten und ließ dann recht bissig verlauten: "Nein, natürlich nicht. Ich wollte schon immer mal gerne die Station von innen betrachten!" Ian, der daraufhin leise kicherte, erhielt unverzüglich einen unsanften Schlag auf den Hinterkopf, der dafür sorgte, dass er jede Lust auf Amüsement verlor und dafür Coleens Gesicht Heiterkeit ausdrückte. Doch mit der Raffinesse eines Mädchens geschlagen unterdrückte sie jede laute Regung, die ihre Mutter nur unnötig aufgeregt hätte. Ian rieb sich den Hinterkopf und trat demonstrativ und beleidigt ein paar Schritte hinter seine Mutter und verfluchte Jake. Ständig sorgte er dafür, dass sie alle nicht vergessen konnten, woher sie kamen. Dabei hatten sie es draußen auf der Ranch so gemütlich und ruhig, wie es ihnen in Träumen als erstrebenswert erschienen war. Ian wollte weder zurück, noch eines Tages seinem eigenen Vater begegnen müssen, nur weil Jake dafür sorgte, dass man auf sie aufmerksam wurde. Maureen hatte inzwischen ihre Arme vor der Brust verschränkt und trat näher an den Schreibtisch heran. "Was hat er angestellt," kam sie dann doch ohne weitere Umschweife zum Thema und hoffte es handle sich doch nur um ein Missverständnis, das sie regeln könnte. Denn nur zu ungerne wollte sie Major Shepard deswegen bemühen müssen, aber wenn sie Jake nicht anders zurückbekam würde es wohl sein müssen....
Graham, Nevada mit Maureen und ihren Kindern, Jake in der Zelle
Ein Lachen kitzelte Grahams Kehle und war hinaus, ehe er sich zurückhalten konnte. Ihre Retourkutsche war gar nicht so schlecht gewesen und er fand die Vorstellung, sie wäre hier nur zu Besichtigung sogar ausgesprochen amüsant. Also konnte er den Kleinen, der sich gerade eine Kopfnuss eingefangen hatte, durchaus verstehen und zwinkerte ihm beiläufig zu. „Wir sollten wohl Eintritt verlangen.“ bemerkte er dann grinsend und nahm nahtlos ihre Steilvorlage auf. Wenn sie meinte mit ihm nicht ernsthaft reden zu müssen, konnte er das Spiel problemlos mitspielen. Immerhin wollte sie etwas von ihm und nicht umgekehrt. Gekonnt ignorierte er ihre sauertöpfische Miene und drehte sich um, um sie stehen zu lassen. Stattdessen setzte er da an, wo er eben bei Nevada aufgehört hatte, kramte auf dem Schreibtisch umständlich nach den richtigen Papieren. Er sah erst wieder auf, als Mrs. Callahan näher trat, weil sie sich scheinbar doch entschlossen hatte, eine sinnvolle Unterhaltung mit ihm zu versuchen. Kurz spielte er mit dem Gedanken, sie einfach zu ignorieren. Sie hatte ihn schließlich herausgefordert und ein kleinlicher Teil von ihm wollte ihr das heimzahlen.
Doch er verbannte die verlockende Aussicht darauf und sah mit bewusst ausdrucksloser Miene zu der Frau hoch. „Ihr Junge hielt es für eine gute Idee, mich vor der Kirche an zu greifen.“ erwiderte er dann trocken. Hätte Jake sich einen anderen Tag und einen anderen Ort ausgesucht, dann hätte Graham ignorieren können, dass Callahan sich damit mit dem Arm des Gesetzes anlegte. Aber auf einem proppevollen Kirchenplatz hätte er sofort das Gesicht und den mühsam erkämpften Respekt verloren, wenn er Jake hätte gehen lassen. Trotzdem empfand er jetzt beinahe so etwas wie Mitgefühl für die Frau und brummte ein demonstrativ missmutiges: „Kommen Sie morgen um die Zeit wieder, dann kriegen Sie ihn auch unversehrt wieder.“
Graham, Nevada mit Maureen und ihren Kindern, Jake in der Zelle
Maureen schnaubte ein wenig, aber kaum vernehmlich, als dem Deputy ebenfalls ein Lachen entwich und damit ihre Erziehung an Ian ein klein wenig in Frage stellte. Sie sah sich kurz nach Ian um, aber der Bengel hatte sich wohlwissend mit Coleen in den Hintergrund gedrängt und entzog sich damit ihrem mahnenden Blick. Im Grunde rechnete sie sowieso fest damit, dass er erst einmal genug hatte und sich kein falsches Vorbild an Deputy Barclay nahm. Nun gut, zumindest gewann sie nicht den Eindruck, dass sie ausgelacht wurde, sondern dass Barclay ihren rauen Humor zu würdigen schien. Ire blieb eben Ire und das Barclay einer war, zumindest von einem abstammte, war unschwer zu überhören. Maureen fiel bei dieser Begebenheit nicht zum ersten Mal auf, dass sie viel zu wenig über die Leute aus der Stadt wusste, aber sie hatte gewollt ein Leben im Schatten gewählt, um so wenige Spuren wie möglich zu hinterlassen. Das brachte es mit sich, dass man nicht genug von den Menschen hier eben wusste und eine Fremde blieb.
Bei Barclays Retourkutsche musste sie ungewollt schmunzeln, sagte aber gefasster und ernster: "Wir sollten es nicht gleich übertreiben, Deputy." Und dabei zwang sie sich zur Ruhe, als sie näher trat, obwohl sie innerlich kochte. Dieser Jüngling schien beschlossen zu haben sie erst einmal zu ignorieren. Die Anwesenheit der Fremden, auch wenn sie sichtlich keine Amerikanerin war, sondern eine Mexikanerin, die man unten in Texas nicht mal mit einem Blick gewürdigt hätte, half dabei, die Beherrschung nicht zu verlieren. Schließlich gab ihr Barclay doch noch Auskunft, wenn auch auf ungewohnt arrogante Weise, die nach Maureens Verständnis einem jungen Mann nicht zustand, auch nicht in seiner Position. Schließlich war nicht sie die Verbrecherin. Entsprechend kühl wurde ihr Augenausdruck, als sie Barclay ruhig entgegenblickte. Doch rasch war die Verstimmung über den Deputy angesichts Jakes Verfehlung vergessen und ebenso die Ruhe. Sie sah gezwungenermaßen Richtung Zellentrakt hinter der Verbindungstür und vergaß sich für einen Moment: "Was in Dreiteufelsnamen... ohh, dieser Flegel, diese Schande für jede Mutter... ich dreh' ihm den Hals um... hörst du das Jake? Wenn du hier rauskommst, wirst du dich noch nach der Zelle sehnen," sie war aufgebracht Richtung Zellen gelaufen um sicher zu gehen, dass Jake sie auch ja vernahm. Kein Ton kam von der anderen Seite. Kurz spielte sie sogar mit dem Gedanken Major Shepard zu rate zu ziehen. Vielleicht lernte Jake mehr, wenn ihm der Major eine Abreibung verpasst. Doch da wollte sie im Augenblick keine voreilige Entscheidung treffen.
Sie wandte sich wieder an Barclay und kehrte zurück in den Raum. "Ich weiß nicht was mit diesem Nichtsnutz los ist, aber sein Vater hat ihn bestimmt nicht dazu erzogen, sich auf'n Ordnungshüter zu stürzen. Aber vergessen sie das mal mit morgen. Ich nehm' Jake jetzt sofort mit und sie können sich d'rauf verlassen, dass er seine Lektion lernt."
Graham, Nevada und Maureen in der Station, draußen Bonnie und Elisa
Mrs. Callahan folgte seinem Beispiel darin, gegen die unerwünschte Heiterkeit nicht an zu kommen und ihre zuvor deutlich nach unten gebogenen Mundwinkel hoben sich etwas. Wenigstens war er jetzt nicht mehr der einzige, stelle Graham zufrieden fest. Schade, dass sie so verbissen war, sonst hätten sie bestimmt noch ein paar Stunden hier sitzen können und sich gegenseitig bissige Bemerkungen an den Kopf werfen können. Eigentlich hatte er eher mit Zorn oder Tadel für sein wenig ernsthaftes Vorgehen gerechnet, doch dass ihm keins entgegenschlug machte die hagere Frau mit den beiden Kindern fast wieder sympathisch. Hätte ihn der Name Callahan nicht schon daraufgestoßen, dann wäre ihm spätestens aufgegangen, dass die Callahans Iren waren, als er sie sprechen hörte. Eigentlich hielt er auch nichts von einer Verbrüderung und empfand selten das Bedürfnis, sich mit anderen Iren zu verbrüdern, nur weil der ehemalige Reverend sie verteufelt hatte. Aber so ganz kam er gegen das Gefühl einer Gemeinsamkeit dann doch nicht an. Es passierte ihm schließlich selten genug.
Durch die Fensterscheibe erhaschte er Elisa, zu der sich gleich darauf der bekannte Rotschopf gesellte. Er schenkte beiden Mädchen einen flüchtigen Gruß,indem er die Hand hob. Er hatte nicht sehr viel mit den Freemans zu tun, doch Bonnie hatten sie immer anständig behandelt und nie dumme Fragen gestellt, wenn seine Schwester mit unerklärlichen blauen Flecken zur Arbeit erschienen war. Dafür allein hatte das farbige Mädchen einen Stein im Brett bei ihm. Warum sie allerdings hier waren, wusste er nicht. Wären sie wegen irgendeiner Angelegenheit für den Sheriff hier aufgetaucht, wären sie sicher hereingekommen, denn er schätzte keins von den beiden Mädchen als zu schüchtern ein, damit heraus zu rücken, was ihnen auf der Seele lastete. Vielleicht hatte Bonnie einfach nur vor, ihren Bruder zu besuchen.
Wie auch immer. Graham richtete sein Augenmerk wieder auf die Callahan, die ihm gerade nicht sonderlich zugetan zu sein schien, wie ihr missmutiger Gesichtsausdruck vermittelte. Doch ganz unerwartet, wandelte sich ihr Gebaren und auf ihren Wangen bildeten sich rote Wutflecken, die allerdings nicht ihm galten. Ein leicht schadenfreudiges Grinsen ließ sich nicht aufhalten, als ihr Fluchen in Richtung Zellentrakt tatsächlich Wirkung zeigte. Jake hielt zum ersten Mal seit sie sich begegnet waren, sein Schandmaul. Die Frau musste ihn echt an der kurzen Leine haben, stellte er fest und zog anerkennend eine Augenbraue nach oben, als sie sich wieder an ihn wandte. Eine gewisse Skepsis konnte er sich allerdings angesichts ihres Vorschlages nicht verkneifen und so zögerte er. Klar, wirklichen Schaden hatte Jake nicht angerichtet, außer sich vor der versammelten Kirchengemeinde wie eine Horde Brüllaffen zu benehmen. Und es hatte auch jeder gesehen, was passierte, wenn man sich mit einem Sternträger anlegte. Also, ja, warum eigentlich nicht? Hatte er nicht selber vorhin mit dem Gedanken gespielt, Jake einfach laufen zu lassen? „Wenn ich Sie so hör', krieg' ich glatt den Eindruck, er is' bei Ihnen schlimmer dran.“ meinte er barbeißig und gab sich keine Mühe zu verbergen, wie ausgesprochen zufrieden er mit der Aussicht war. Jake hätte die Prügel echt verdient. Graham erhob sich wieder, um sich auf die kurze Suche nach dem Zellenschlüssel in einer seiner Taschen zu begeben. Dann begab er sich in den hinteren Teil der Station und sperrte Jake die Tür auf. „Hast Glück, Callahan. Deine Ma is' scheinbar 'ne Heilige, die nich' will, dass du hier verrottest.“ brummte er und bedeutete dem Jungen mit einem Wink sich zurück in die liebenden Arme seiner Familie zu begeben.
Graham, Nevada und Maureen in der Station, draußen Bonnie und Elisa
Maureen, in Erwartung einer Antwort, verzog rasch wieder die Lippen nach unten, als der Deputy an ihr vorbei zum Fenster sah, anstatt ihr gleich zu antworten. Und als er dort jemand grüßte, wandte sie kurz mürrisch den Kopf. Durch die schmutzigen Scheiben, an denen Eisblumen klebten und sich davor der Schnee auf der Fensterbank türmte, erkannte sie dieses dunkelhäutige Mädchen, das in Camden Village tatsächlich frei herumlaufen durfte und sogar die Schule besuchte. Die Mutter hatte sogar eine Näherei, in der sich die Camdener tatsächlich herabließen, um sich Kleider zu kaufen und nähen zu lassen. Die andere junge Frau kannte sie nicht. Sie sah gleich wieder zurück und hob fragend die Braue, ein deutliches Zeichen ihrer wachsender Ungeduld und musste doch innerlich grinsen, als ihr bewusst wurde, dass Deputy Barclay sich beeindruckt gezeigt hatte. Schien ihm wohl zu gefallen, wie sie mit Jake umsprang oder wohl eher für Ruhe gesorgt hatte. Dass ihm ihr Vorschlag nicht gefiel, dazu brauchte sie nicht erst eins und eins zusammenzuzählen. So kam sie nicht umhin breits zu Grinsen, als Barclay ihr entgegenkam und den Nagel noch auf den Kopf traf. "Sie können d'rauf einen lassen," sagte sie zur Bekräftigung und nickte grimmig. Jake würde noch drum betteln, zurück in die Zelle zu dürfen. Aber erst einmal musste sie ihn in die Finger bekommen und so lange in Geduld üben. Barclay schien den Schlüssel gefunden zu haben und begab sich nach hinten. Ihr blieb nur zu warten und das auch noch in höchst unangenehmer Gesellschaft.
Jake hatte unermüdlich gewettert, geflucht und gegen die Zellenstäbe getreten.. bis er die Stimme seiner Mutter vernommen hatte. Ihre Gegenwart war so überraschend gekommen, dass Jake mehr oder weniger erstarrt war. Die Mischung aus Erleichterung und größte Sorge war eine unangenehme Erfahrung. Zum einen hoffte er inständig, seine Ma würde ihn hier rausholen, zum anderen konnte er sich in bunten Farben ausmalen, was ihm blühte. Das er die Klappe hielt, verdankten alle Anwesenden nur der stillen Hoffnung noch zu retten was zu retten war. Viel aufschnappen konnte er in seiner Zelle eh nicht. Dafür unterhielt sich Barclay und Ma zu leise und als er die Schritte hörte, trat er sicherheitshalber etwas von den Zellenstäben weg. Doch es war nur Barclay, der auftauchte und die Zellentür öffnete. Ungläubig starrte er den Deputy an und blieb unschlüssig in der Zelle stehen. Ein, zwei Sekunden vielleicht, dann machte er ein verächtliches Gesicht und eine wegwerfende Handbewegung. "Ne Heilige?", fragte er dabei und lachte. "Ja, sicher... in nem'anderen Leben vielleicht." Mit diesen Worten trat er aus der Zelle. Denn Lust darauf, dass ihn Barclay da rauß zerrte hatte Jake nicht gerade. Der sollte bloß nicht merken, dass er weiche Knie hatte. Nee, den Sieg gönnte er dem Barclay nicht. Stolzen Haupes schritt Jake voran. Doch kaum war er in den Bürobereich getreten, empfingen ihn zwei schallende Ohrfeigen und eine Schimpftriade darüber, was er doch für ein saudummer Mistkerl sei, der alles nur ständig ruinieren konnte und heute dafür sein blaues Wunder erleben könnte, ganz gleich was der Major dazu sagte und blablaba... Jake war zu beschäftigt schützend die Hände über den Kopf zusammenzuschlagen, als zu zuhören welch hohe Meinung seine Mutter doch hatte...
Graham, Nevada und Maureen in der Station, draußen Bonnie und Elisa
Graham gab ein undefiniertes Grunzen von sich, als Mrs. Callahan noch einmal bekräftigte, dass sie ihrem Sohn keineswegs einen Gefallen tat, indem sie in aus der Lage befreite. Wollte er auch schwer hoffen, nach dem ganzen Ärger. Vielleicht hatte er der Frau ja vorhin mit seiner unbedachten Bemerkung Unrecht getan. Wobei es ihm im Endeffekt völlig egal gewesen war, ob sie wie ein reiner unbedarfter Engel durch Shephards Haushalt schwebte oder jede Nacht für ihn die Beine breit machte. Er hatte bloß Jake treffen wollen. Dass ihm das so spektakulär gelingen würde, hatte er natürlich nicht ahnen können. Interessanterweise schienen sich ihrer beider Ansichtspunkte nun nämlich genau um zu drehen. Während seine Meinung von Mrs. Callahan besser wurde, wurde die, die Jake über seine Mutter hatte anscheinend rapide schlechter. Graham verzichtete darauf, ihn auf diese Ironie hin zu weisen. Er wollte die Sache schnell geklärt wissen und sich in Ruhe Miss Rose widmen. Selbst 'nem verdammten Sternträger musste doch mal ein freier Sonntag gegönnt werden. Vor allem wo es noch nicht einmal eine Woche her war, dass er seinen Arsch riskiert hatte, als sie die Waltongang hochgenommen hatten. Jake stolzierte an ihm vorbei und Graham war fast geneigt, ihn an zu brummen, er solle sich beeilen. Ein bisschen Demut hätte dem Bengel sicher nicht geschadet, aber man konnte nicht alles im Leben haben. Der wehmütige Gedanke verflüchtigte sich allerdings sofort wieder, als er die flache Hand von Mrs. Callahan wiederholt ins Gesicht ihres ältesten Sohnes klatschen sah. Geistesgegenwärtig trat er einen Schritt beiseite, um bei dem einsetzenden Familienkonflikt nicht im Weg zu sein und dabei zufällig Querschläger ab zu bekommen. Mrs. Callahan hatte ein ziemlich beeindruckendes Organ und es würde ihn wirklich wundern, wenn die beiden Mädchen, die draußen standen auch nur ein Wort überhört hatten. Es war zumindest ein netter Anblick zu zu sehen, wie der aufgeblasene Bengel zusammengestutzt wurde und mit einem angedeuteten schadenfrohen Grinsen ließ Graham das Spektakel von Mutter und Sohn ein paar Augenblicke auf sich wirken, bevor er sich vernehmlich räusperte. „Mrs. Callahan, ich bin sicher, Sie wollen ihre Familienangelegenheiten nicht hier in der Station klären. Nehmen Sie Jake einfach mit.“ Er warf Jake einen letzten warnenden Blick zu, auf dass der in Zukunft nicht wieder auf die Idee kam, sich mit dem Deputy an zu legen und dirigierte die Callahans dann mehr oder weniger freundlich aus der Station.
Graham, Nevada und Maureen in der Station, draußen Bonnie und Elisa
Jake hätte schlicht Barclay um Hilfe anrufen können, aber diese Schmach wollte er sich nicht geben. Da ertrug er doch lieber die Schläge seiner Mutter, auch wenn diese genauso peinlich vor dem Deputy und dieser Mex-Schlampe waren wie ein Hilfegesuch. Die stumme Hoffnung, der Deputy könnte sich ein solches Spektakel in seinem Office verbieten, erstarb schnell, denn weder Schritt er ein, noch verbat er sich mit Worten den Aufstand. Seine Mutter konnte ungehindert wüten und auf ihn eindreschen, sichtlich ohne Barclays menschliches Empfinden zu irritieren. Wahrscheinlich genoss dieser aufgeblasene Sack die Vorstellung auch noch und hielt es für ausgleichende Gerechtigkeit. Die Zeit nach Barclay zu schauen, hatte Jake jedoch nicht. Dafür hätte er seinen Schutz in Form der zusammengeschlagenen Hände fallen lassen müssen. Und Lebensmüde war er nun einmal nicht. Es störte ihn allerdings sehr, dass am Ende doch Barclays Eingreifen dafür sorgte, dass seine Mutter von ihm abließ und etwas außer Atem geraden sowohl Sohn als auch Deptuy aufgebracht und wütend anfunkelte. So wie Jake seine Mutter kannte, war sie hin und hergerissen zwischen ihnen beiden und wog ab, an wem sie mehr Frust und Wut mit Erfolg ablassen konnte. Wenn auch Maureen eine einfache ungebildete Frau war, so war sie lebenstechnisch nicht auf den Kopf gefallen und konnte sich im Gegensatz zu Jake sehr wohl vorstellen, wo es Sinn machte zurückzutreten und leiser aufzutreten. Auch wenn sie das Eingreifen des Deputys für höchst ärgerlich hielt, wusste sie, dass sie besser daran war, wenn sie folgte und die Unterhaltung mit Jake auf später verschob. Immerhin war sie es, die vom Deputy mit Jakes Freilassung einen Gefallen erbat.
„Oh, das werde ich," erwiderte sie nach zwei, drei Sekunden des Nachdenkens und verstand den ganzen Wink mit dem Zaun. Sie gab Ian und Coleen zu verstehen, dass sie gehen würden und schob auch Jake nicht gerade sanft, seinen Geschwistern hinter her. "Vielen Dank noch einmal Deputy Barclay, für ihr Großzügigkeit. Ich nehme sie ganz gewiss nicht für selbstverständlich. Sie können sich darauf verlassen, dass so etwas nicht noch einmal passiert," zur Unterstreichung ihrer Wörter traf Jake ein erneuter Schlag in den Nacken, der ihn zu seinem Leidwesen empfindlich hart traf und er sich ein leises 'Ouch' vor Barclay nicht verkneifen konnte. Da er seiner Mutter gegenüber machtlos war, warf er Barclay einen Blick über die Schulter zu, der für sich sprach. Ihm sollte der Deputy lieber bei Gelegenheit nicht ohne Stern über den Weg laufen.... "Noch einen schönen Sonntag, falls sie zum Empfang möchten," warf Maureen so höflich es angesichts der etwas angespannten Lage noch möglich war in die Runde und schob ihre Kinder bestimmend ins Freie. Die beiden Mädchen, die sich in unmittelbarer Nähe befanden, bedachte sie nur flüchtig mit einem Blick. Sie hatte sie ja bereits durch das Fenster gesehen und dem keine weitere Beachtung geschenkt. Ganz anders Jake, der so urplötzlich vor ihr stehen geblieben war, dass Maureen ungebremst in ihren Sohn lief und gleich wieder eine unangenehme Schimpftriade auslöste, die Jake, angesichts Elisas Anwesenheit mehr als peinlich war, genauso wie die erneuten Hiebe, die er einstecken musste. Er versuchte zwar Elisa schräg zu zu grinsen, damit sie sich keine Sorgen machen musste, aber angesichts seiner in Rage geratenen Mutter war das schwerer als gedacht, denn diese prügelte ihn ungehindert aller Zeugen unter der Überdachung der Station hervor Richtung Mainstreet. Jeder Plan, den er noch vor wenigen Augenblicken in der Zelle geschmiedet hatte, um seine Verabredung mit Elisa einhalten zu können, war ihm sichtlich entfleucht, denn hilflos stolperte er vorwärts, völlig außer Stande etwas dagegen zu tun, dass es Richtung Heimat gehen würde.