Marthas Zimmer liegt der Küche gegenüber. Es besitzt ein schmales Doppelbett, einen Ofen für die kalten Tage, einen Stuhl für Näharbeiten und eine kleine Komode mit ihren Kleidern und Habseligkeiten. Darauf befindet sich eine Waschschüssel und ein Krug, nebst Seife und Handtuch.
Müde und seltsam erschöpft hatte Martha sich endlich auf ihr Zimmer begeben und dort zurückgezogen. Hier in ihren eigenen vier Wänden erfuhr sie endlich ein wenig Ruhe. Hier musste sie niemanden vorspielen, dass alles Bestens war und es ihr gut ging. Hier konnte sie all ihren Kummer in einem lauten Seufzen aus sich herauslassen und die Hände zu Fäusten ballen. Ja sie war wütend. Wütend auf den unseligen Montag, der ihr keinen guten Wochenstart beschert hatte. Wütend auf ihre Eltern, die an diesem Tag in ihren Augen furchtbar ungerecht gewesen waren und wütend auf Matt, weil sie für ihn hatte einspringen müssen. Wütend auf diesen schwarzen Mann, der sie beschmutzt hatte. Sie war aber auch verwirrt und wusste nicht so recht wohin mit all diesen Gedanken und Gefühlen, die sie verrückt zu machen schienen. Sie wusste einfach zu wenig darüber, was mit ihr am Montag geschehen war, um zu wissen wie weit es Sünde gewesen war, oder ihre Mitschuld. Sie scheute sich heute davor in die Kirche zu gehen, denn sie befürchtete dort würde sie schlicht ein Blitz treffen. Der Zorn Gottes, weil sie unrein war. Oder was würde erst sein, wenn der Reverend es ihr ansah? Dieses Schande... Doch noch war Zeit und sie konnte sich ein wenig ausruhen. Der Wunsch sich gründlich noch einmal zu waschen, war noch immer da und sie hielt es auch für eine gute Idee. So rein waschen, um in die Kirche ohne vom Blitz getroffen zu werden reinzukommen, konnte sie sich gar nicht! Und danach die Schokolade! Ihr Vorrat war diese Woche beträchtlich geschrumpft und es hatte keine Möglichkeit gegeben sie wieder aufzufüllen. Pa war zu sehr mit Matt beschäftigt gewesen, um ihr wie üblich das eine oder andere zu zustecken und es sich einfach zu nehmen war ihr nach der schreckhaften Erfahrung mit den stibitzten Bonbons nicht in den Sinn gekommen. Denn so leicht wie am Montag würde sie garantiert nicht noch einmal bei Ma damit durchkommen. Auch hatte es keine frischen Kekse gegeben. Sparsam war Martha dennoch nicht mit ihrem Schatz umgegangen. Dafür hatte sie viel zu viel Trost nötig gehabt.
Doch für beides galt es die Tür verbotenerweise zu schließen. Martha war in großer Not. Sie konnte sich kaum gründlich waschen, wenn jeder der über den Flur lief sie dabei beobachten konnte. Das würde genauso viel Strafe mit sich bringen wie eine unerlaubt geschlossene Tür. Aber sie konnte genauso wenig ihre Eltern darum bitten, denn diese würden den Gründ dafür wissen wollen und wenn sie ehrlich antworten würde, würden sie sich zu recht ihre Gedanken machen oder es ihr schlicht verbieten. Diese Gefahr konnte sie nicht eingehen. Doch ungewaschen und ohne tröstende Süssigkeit konnte sich Martha den späteren Kirchengang nicht vorstellen. Hin und her gerissen sah Martha immer wieder zum Flur hinaus, lauschte auf Schritte, die sie daran hindern würden die Tür zu schließen. Doch sie hörte nur ihre Eltern mit Matt reden und nahm an es würde länger gehen. Da Vaters Stimme sich nicht erhob und auch niemand nach ihr rief, schien man mit den gekürzten Haaren eher zufrieden als erbost zu sein. Das entlockte Martha doch ein kleines Lächeln, das ihre Augen jedoch nicht erreichte. Mit einem tiefen Seufzen gab sie auf das Richtige tun zu wollen oder die gehorsame Tochter zu sein. Ehe sie es sich versah hatte sie die Tür geschlossen. Nicht nur angelehnt, um zur Not doch Schritte zu vernehmen, sondern fest ins Schloss gedrückt, um ja nicht gestört zu werden. Sie war sich sicher, dass bei einer Entdeckung gewiss kein Eintrag in dieses neue Buch von Pa erfolgen würde. Dafür war das Vergehen viel zu groß, aber es war ihr das Risiko wert. Selbst wenn Pa eigenhändig wie am Montagabend angedroht Hand anlegen sollte, weil Ma sich unwohl fühlte. Kurz verspürte sie ein mulmiges Gefühl im Magen, das ihre mutige Gedanken Lügen strafte. Aber jetzt gab es kein Weg mehr zurück.
Rasch schritt sie zu ihrer Kommode und tauchte das Tuch in das Wasser ein. Es war längst nicht mehr so eisig kalt wie am frühen Morgen, wo sie erst noch die Eisschicht hatte zerschlagen müssen. Aber dennoch war es kalt und ungemüdlich und sie zuckte zusammen, als sie damit ihre Schenkel berührte, kaum hatte sie ihre Unterröcke nach oben gerollt. Die Vorstellung sich damit ihre Scham zu reinigen wollte ihr nicht wirklich gefallen, doch schon wie am Morgen hatte sie keine andere Wahl. Es war ein Zwang. Als sie ein Ende fand, als sie sich rein genug fühlte, war sie wie jedes Mal völlig wund gerieben. Doch das Brennen erschien er wie eine Erleichterung, wusste sie doch, dass sie nun alles getan hatte, was in ihrer Macht stand. Achtloser als sonst, ließ Martha das nasse Tuch zu Boden gleiten und sank auf ihrem Bett nieder, rollte sich dort auf die Seite und zog die Beine an. So konnte sie rasch ihre Röcke richten und einen Moment ruhen. Das Brennen ließ rasch nach und sie konnte wieder ruhig durchatmen. Dennoch ließ sie die Beine angewinkelt, als Schutz, aber auch weil so das Brennen nicht mehr so stark zu spüren war. Auch behielt sie ihre Position, weil sie so einfach mit einem Griff hinter das Bett ihre kleine Schatulle hervorziehen konnte. Erleichtert seufzte sie auf, voller Vorfreude auf die Nascherei. Auch wenn sie beim Öffnen der Büchse feststellen musste, dass kaum noch etwas da war, griff sie hinein und steckte sich mit einem wohligen Seufzer das Karamellbonbons in den Mund. Obwohl ihr Appetit auffällig unter dem Montag gelitten hatte... Süsses passte stets in sie hinein...Dem "Zuckerrausch" verfallen leerte Martha rasch ihren Vorrat an Bonbons und vergaß darüber in den Flur zu lauschen, noch hatte sie Ambitionen ihre Tür wieder zu öffnen. Sie wollte einfach nur ihrer RUhe, das Alleinsein genießen, die Stille... und zuckte heftig zusammen, als sie dumpf über sich etwas Klirren hörte. Normalerweise wäre sie besorgt sofort aufgestanden, eher aufgespritzt, und hätte nach dem Rechten gesehen. Oder aber sie hätte zumindest ihre Eltern nach der Ursache gefragt. Doch ihre Neugier war sehr gedämpft und die Angst, dass erneut jemand versuchte einzubrechen oder im Laden gar zu plündern anfing, weil die Lebensmittel knapp wurden, war größer, als im Haus nach Normalität zu streben. Nein, sie würde nicht nachsehen. Am Ende passierte wieder nur so etwas wie am Montag. Das musste nicht sein.. unbemerkt zog Martha ihre Knie näher an sich heran und stopfte zum Selbsttrost auch noch den letzten Keks in den Mund....
Martha spürte die Müdigkeit, die langsam über sie hinwegkroch. Sie würde jetzt nur ihre Augen schließen müssen, um sofort einzuschlafen. Sie fühlte, dass es ein erholsamer Schlaf werden könnte, doch natürlich konnte sie dem Drang die Augen zu schließen, nicht nachgeben. Vor dem Gottesdienst Zeit für sich verbringen zu dürfen, war nicht dafür da um einfach Zeit zu vertrödeln. Es wurde gern gesehen, wenn man diese Stunde nutzte um in der Bibel zu studieren oder in Bens Fall auch mal die Nase in das Schulbuch gesteckt wurde. Wirklichen Müssiggang konnten sie sich nicht einmal in der angeblichen Freizeit erlauben. Um nicht doch noch einzuschlafen und Ärger zu provozieren, schob sich Martha gerade ein neues Bonbon in den Mund, das sie wach halten sollte, als hinter ihr die Tür je aufgerissen wurde. Völlig überrumpelt fuhr Martha erschrocken zusammen und konnte sich dann erst einmal Starr vor Angst nicht bewegen, obwohl die ärgerliche Stimme ihrer Mutter streng nach Grund und Anlass der neusten Ungeheuerlichkeit fragte. Oh Gott, oh Gott, oh Gott.... jammerte Martha in Gedanken und sah sich bereits schon im nächsten Augenblick in die Küche gezerrt. Denn egal was sie zu sagen versuchen würde, würde es doch nichts daran ändern, dass sie gegen elterliche Gebote verstossen hatte. Aber wenn sie schwieg und eine Erklärung schuldig blieb, verstieß sie ebenfalls gegen elterliche Anweisungen und auch das bedeutete wiederum Strafe. Wie dumm von ihr vor wenigen Minuten noch zu denken, ihr wäre die Schokolade eine Züchtigung wert, sollte dies passieren, anstatt mit einem Eintrag ins Strafbuch davon zu kommen. Niemals hatte sie ernsthaft daran gedacht, erwischt zu werden. Und schon gar nicht in dieser gefährlichen Situation... all die Bonbonpapiere auf dem Bett, die offene Schachtel in der noch immer ein paar Drops lagen.... Oh das ging nicht gut für sie aus. Mutter würde sich schrecklich verraten fühlen, wenn sie das hier sah. Die ganze Diät und Plagerei würden Ma wie eine Lüge erscheinen. Und das alleine, wusste Martha, würde Konsequenzen haben. Denn man betrog seine Eltern nicht. Wenn sie schon Lügen hart bestraften wie würden sie auf diesen Betrug reagieren? Alleine schon der Gedanke an die Küche, die Möglichkeit dafür in ihrem Zimmer bestraft zu werden, alleine die Anwesenheit ihrer Mutter, die Drohung mit Vater, ließ Martha erzittern. Sie konnte dagegen nichts tun. Sie zog automatisch die Beine noch ein wenig näher an sich und schluckte, während sie das Zittern zu beherrschen versuchte. Die Schritte hinter ihr, die rasch an ihr Bett eilten, halfen ihr nicht. Sie konnte nicht einmal das Beweisstück vor sich verschwinden lassen. Mutters Blick musste unweigerlich auf die Schachtel fallen un die ganze Ungeheuerlichkeit verdeutlichen. Martha spürte wie ihr Gesicht rot anlief. Sie schämte sich so sehr für diesen Verrat und es tat ihr schrecklich leid, dass sie ihre Mutter in diesem Augenblick sehr enttäuschen musste. Aber sie kam einfach nicht gegen den Drang Süsses zu naschen an. Selbst wenn Mutter sie dafür so züchtigen würde wie noch nie, oder gar Pa. Nicht einmal wenn Ma ihr zur Strafe das Essen entzog. Sie konnte einfach nicht. Doch im Moment hatte sie ganz andere Sorgen und die hatten sehr viel damit zu tun, was mit ihr nun geschehen würde. Als Mutter ihre Forderung nach einer Erklärung wiederholte, gab MArtha aus Irrationalität der Schachtel einen Stoss, die sie hinter das Bett beförderte, wo sie polternd zu liegen kam. Selbst wenn Mutter nichts gesehen hatte, hatte sie dies gehört und würde auch so sich einen Reim darauf machen. Dann kam wohl der Versuch zu lügen und zu verheimlichen noch auf ihre Liste. Das war jetzt sowieso egal. Denn Mutter schien die Sache ernst zu nehmen, wie befürchtet und die ständige Erwähnung von Vater machte Martha schrecklich nervös. Denn ihr kam wieder in den Sinn, dass Pa am Montag deutlich angekündigt hatte, dass sie nun alt genug war, um wie Matt härtere Strafe zu erfahren. Sie wusste nicht was das in ihrem Fall bedeutete, aber der Gedanke machte sie nervös. Zumal sie immer noch nicht ganz den Sinn des Strafbuches vertsanden hatte oder besser gesagt wann das Maß darin voll war und wie dann ihre Strafe a ussah. Wobei das im Augenblick völlig egal war. Ihr Vergehen war sicherlich viel zu groß, um im Strafbuch Platz zu finden.
Mit der puren Angst im Blick schob sich Martha nach dem plumpen, hektischen Versuch Beweismittel verschwinden zu lassen im Bett nach oben und versuchte auch die so sichtbar gewordenen Bonbonpapiere rasch mit der Hand verschwinden zu lassen. Sie vergaß darüber völlig, dass sie eigentlich sofort vom Bett aufzustehen gehabt hätte, um Mutter Rede und Antwort zu stehen. Stattdessen setzte sie zu einer gestammelten Erklärung an, völlig auße Acht lassend, dass es als respektlos galt vom Bette aus zu sprechen. Es war schlicht nicht geduldet. Doch für so etwas war gerade kein RAum in Marthas Gedanken. "I-ich... i-ich... also...," sie bewegte sich unruhig und das Bonbonpapier raschelte verräterisch unter ihren Händen und als sie auch noch Vaters Stimme an der Tür auf einmal vernahm, zuckte sie wie unter einem Hieb zusammen. Ob alles in Ordnung war... wie furchtbar ironisch... Martha hätte am liebsten los geheult so elend fühlte sie sich. Stattdessen bekam sie das Kunststück fertig, dass nur ihre Unterlippe heftig zu zittern anfing, aber die Tränen sich zurückdrängen ließen. Ein feuchter Glanz in ihrem angsterfüllten Blick war alles, was verriet, dass Martha sich furchtbar fühlte. Zum Glück schien der Lärm aus dem Treppenhaus Vaters Aufmerksamkeit zu fordern, denn er hakte nicht nach und ließ sie erst einmal mit Mutter alleine, doch das war nicht unbedingt besser. "Nichts," kam schließlich den Satz vollendend jämmerlich die Lüge über ihre Lippen ... wieso wusste sich Martha selbst nicht zu erklären. Es war einfach so passiert. So wie sie am Montag Ben in Schutz hatte nehmen müssen oder sich Mutters Anweisungen zu widersetzen versucht hatte. Sie hatte es nicht lenken können...
Und ob das Bonbonpapier ist.. Ungläubig starrte Molly das Bonbonpapier an und den hilflosen Versuch Marthas eine Schachtel oder Schatulle vor ihr zu verstecken. Ihre Tochter aß also heimlich Süßigkeiten. Wie lange schon hinterging Martha sie? Kein Wunder, dass ich sie auf Diät setzen musste - und davon doch nicht abnimmt. Die Erkenntnis, dass alle ihre Mühe, für Martha immer Fleisch mit nur wenig Fett, die Fettaugen von der Suppe für Martha abzuschöpfen und für sie bei süßem Nachtisch oder dem seltenen Kuchen am Sonntag zusehen zu lassen, umsonst gewesen war, griffen nach ihr wie kalte Hände. Nicht nur war das vergebliche Mühe sondern ihre Tochter ließ sie sogar in dem Glauben, eine Diät sei nötig, in dem sie hinter ihrem Rücken Süßigkeiten aß. Die sonst so beherrschte Molly war kurz davor ihre Tochter zu fassen und in die Küche zu zerren, um ihr dies mit dem Riemen auszutreiben. Allein der Umstand, dass das Ungeborene in ihrem Leib durch das Gefühl von Übelkeit und Schwindel auf sich aufmerksam machte, hielt Molly davon ab. Aus dem Flur heraus hörte sie die Frage ihres Mannes, konnte aber nicht angemessen antworten, so ärgerlich und gereizt war sie. Natürlich war nicht Alles in Ordnung! Francis war schon ohne das Wissen von Marthas Ungeheuerlichkeit wütend und so gereizt, dass er Ben erbost zur Ordnung rief. Er konnte sehr wohl auf weitere Schwierigkeiten verzichten und dennoch würde sie ihm das hier natürlich nicht verheimlichen dürfen, zumal sie kaum in der Lage war, die Tochter mit aller notwendigen Härte zu bestrafen. "Steh' auf - wenn ich mit Dir rede und lüge mich nicht an. Das hier sieht nicht nach einem Nichts aus." Mit einer umfassenden Geste deutete Molly auf Martha, die sich auf ihrem Bett in die Höhe schob. Es raschelte verdächtig, als sie versuchte, das um sie herum liegenden Bonbonpapier vor ihrer Mutter zu verstecken. Das wird ja immer besser.. Nicht nur ungehorsam, verlogen und respektlos - nein, sie hält mich offenbar auch noch für dämlich. . "Wie lange geht das schon so?" In dem Versuch, sich zu beherrschen und sich nicht von ihrer Wut und Enttäuschung lenken zu lassen, sprach Molly mit sehr kalter Stimme. Im Flur hörte sie ihren Mann, der Ben aufforderte, mit der Rute ins Wohnzimmer zu gehen und nahm an, dass er nun tatsächlich erneut ein Exempel statuieren würde - und diesmal traf es eben den Kleinen. Hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihrer Wut nachzugeben und Martha gründlich die Leviten zu lesen und Ben vor einem Erleben, wie es Matt im August erst erleben musste, zu schützen, war sie fast unfähig sich zu rühren. "Wir werden sehen, was Dein Vater dazu sagt." Molly wälzte die Angelegenheit damit auf ihren Mann ab. Das schien ihr im Augenblick das Richtige zu sein, denn sie selbst war mit dieser Situation völlig überfordert. Noch niemals hatte sie sich von einem ihrer Kinder so hintergangen geführt - nicht einmal von Matt, der sich sehr oft mit charmanten Schwindeleien aus einer für ihn brenzligen Situation hatte herauswinden können.
Sich Matthews Gehorsam sicher, sichtlich zufrieden über Jeremiahs Folgsamkeit blieb letztendlich noch Ben übrig, der doch sehr erschrocken wirkte. Gut so, dachte Francis noch immer verstimmt und sah nicht einen Moment ein, dass er von seiner strengen Linie, die ihm die Wut und Enttäuschung auf diktierten, abwich. Zu was auch? Ben hatte eben im Garten bewiesen, dass auf ihn kein Verlass war. Er hatte ihm am Morgen bei Tisch die Erlaubnis erteilt, zu Jeremiah zu dürfen, weil er ihm eine Chance hatte einräumen wollen, so wie er es vorhin mit Matthew getan hatte. Und Ben hatte deutlich gezeigt, dass er solche Nachsichtigkeit vom Vater gleich auszunutzen verstand. Spielen im Garten, Schneebälle werfen, welch sündhafter Zeitvertreib. Francis konnte nur leicht mit dem Kopf schütteln, um Ben zu zeigen, dass er keinen Pardon kannte. Die Anweisung war klar formuliert gewesen und daran würde er nichts mehr ändern. Und endlich kam auch die für Francis fast schon erleichternde Zustimmung des Jungen, zu tun, was aufgetragen war. Francis blieb noch einen Moment an der offenen Tür stehen, während er erst Matt und Jerry hinter her sah und dann Ben, der sich ebenfalls artig der nassen Sachen entledigte, um das Elternschlafzimmer aufzusuchen. Francis wartete noch bis Ben die Schlafzimmertür geöffnet hatte, eher selbst die Wohnungstür schloss, um sich dann noch einmal nach Molly und Martha zu erkundigen. Er hatte ein dumpfes Geräusch nebenan gehört und dann erst einmal nichts mehr. Ein Grund zur Sorge. Gerade als er an die offene Tür trat, hörte er Mollys scharfe Worte, die nun in aller Deutlichkeit verrieten, dass etwas nicht stimmte. Nur was hatte sich ihre sonst so artige Martha zu Schulden kommen gelassen? Molly war doch nicht doch über Matts kurze Haare erzürnt oder war Martha schlicht eingeschlafen und das am Tag des Herrn? Einen anderen Grund konnte es schlicht nicht geben. Er sah Martha in Schamesröte vor dem Bett stehen, halb von Molly verdeckt, die ihm den Rücken zukehrte. Marthas Röte verlor sofort an Intensität, als ihr Blick auf Francis fiel und erbleichte regelrecht...
Martha war noch immer starr vor Angst, folgte aber augenblicklich den Anweisungen der Mutter, als diese sie anherrschte vom Bett aufzustehen. Sie ließ die Bonbonpapiere auf dem Bett zurück, denn es hätte wohl keinen Sinn gemacht sie rasch noch mit den Händen zusammen zu klauben. Es war nicht schwer zu erkennen, dass ihre Mutter begriffen hatte, was sich hier abgespielt hatte. Mit Unbehagen sah Martha daher an Mutter vorbei zur Kommode, wo das achtlos liegengelassene Handtuch noch immer am Boden lag. Das war ebenso wenig gut, wie das verräterische Papier auf dem Bett und ihrer eben hervorgebrachten Lüge. Bei dem Gedanken an diese lief Martha bis unter die Haarwurzeln rot an. Sie war es einfach nicht gewohnt zu lügen. Sie war auch nicht so charmant wie Matthew, der damit gepaart gerne aus Notlagen entkam. Nein, sie war plump und untalentiert. Und nun eiskalt erwischt worden. Es kostete Martha Mühe ihre Mutter anzusehen. Sie wusste ja, dass dies verlangt und gefordert war, aber wenn man ganz genau wusste, dass man gelogen hatte und sich bei betrügerischen Dingen erwischen hatte lassen, half alles Wissen um die Hausregeln nichts mehr. Dann hatte man nur noch Angst vor der Strafe. Sie schluckte und hoffte ein Anzeichen davon im Gesicht der Mutter erkennen zu können, wie sie dran war. Es war so schwer wie üblich, und doch glaubte Martha Enttäuschung und Wut in den Augen blitzen zu sehen. Die Züge der Mutter waren ansonsten wie gewohnt steif und ausdruckslos. Aber die Stimme hatte zur Abwechslung die Mutter verraten und Martha glaubte nicht mehr wirklich daran, dass sie der Bestrafung entkam. Als sie die Bewegung an der Tür wahrnahm und ihren Vater dort erkennen musste, verlor sie prompt alle Farbe im Gesicht und bekam weiche Knie. Auch das Gefühl nicht mehr atmen zu können stellte sich in ihrer Panik ein und dabei raste ihr Herz so heftig, dass es gegen ihre Rippen zu schlagen drohte. Sie konnte ihrer Mutter nicht antworten. So gerne wie sie es getan hätte. Aber Pa wirkte so wütend und gereizt, als das sie jetzt noch hätte klar denken können. Was aber sicherlich an Ben als an ihr lag. Irgendetwas hatte ihr Bruder wieder angestellt und war lauter als üblich an der Tür angefahren worden. Worum es gegangen war hatte Martha nicht mitbekommen, zu sehr war sie vom eigenen Problem und den eigenen Sorgen um ihr Wohlergehen abgelenkt gewesen. Innerlich erzitterte Martha unter der kalten Stimme ihrer Mutter und kam sich wie das in die Enge getriebene Kaninchen vor. Egal wohin sie sah, es gab keine Möglichkeit zu entkommen.
"Zu was, soll ich etwas sagen," mischte sich Francis dazwischen ein, als er Mollys abschließende Worte vernahm, die sogar nicht zu seiner Frau passen wollten. Gewöhnlich wusste sie ganz genau mit ihren Kindern zu verfahren und wenn es mit Martha ein Problem gab, war es auch eher an ihr zu strafen, als an ihm. Er wollte natürlich informiert bleiben und unter Umständen ein Mitspracherecht haben, doch üblicherweise hatte Molly dies in Bezug auf Martha bisher stets wunderbar gelöst. Es sei denn natürlich sie würde sich heute angesichts ihrer Schwangerschaft damit überfordert fühlen. Innerlich musste Francis über diese Möglichkeit stöhnen. Zwei strafen, und das noch vor dem Gottesdienst, war auch für ihn keine mehr leichte Aufgabe. Er wollte nur hoffen, dass Martha mit Molly ein völlig anderes Problem hatte, als das der nötigen Disziplinierung. "Ist denn etwas passiert?", tatsächlich verwundert und argloser, als er es bei Matt oder Ben gewesen wäre, trat er neben Molly in Marthas Zimmer ein. Sein Blick fiel zweifelnd auf das Tuch am Boden, das seiner Tochter nicht ähnlich sah und wanderte dann unverwandt zu den bunten Papieren auf dem Bett. Gott sei Dank... ein wenig Unordnung und heimliche Nascherei... damit sollte doch Molly alleine zurecht kommen?
"Hiermit.." Molly trat ein Stück zur Seite und gab so den Blick auf ihre immer noch auf dem Bett sitzende Tochter frei. "Unsere Tochter scheint mich zu hintergehen und so ist all meine Mühe, ihr eine Diät angedeihen zu lassen völlig unnütz. Außerdem erhebt Sie sich, nicht wenn ich mit ihr Rede und.. ach mir fehlen die Worte!" In ihrem Bemühen, sich zu beherrschen rang Molly die Hände und versuchte gleichzeitig den in ihre aufsteigenen Schwindel zu beherrschen. Übelkeit erfasste sie noch immer, so dass sie ganz blass wurde und sich an den Bettrahmen lehnend, kurz die Augen schloss. Herrjeh! Ich kann doch jetzt nicht umkippen. Tief holte Molly Luft, bevor sie ihre Augen wieder öffnete und mit starre Miene Martha ansah. "Außerdem ist es ganz schön dumm, anzunehmen ich könne die Bonbonpapiere nicht sehen." Molly wusste sehr wohl, dass sich Martha mit ihrem obstinaten Verhalten eine ordentlichte Tracht Prügel eingehandelt hatte, nur ihr diese verabreichen - das konnte sie nicht. Noch immer war sie zu geschockt, um angemessen reagieren zu können, und ihr Körper reagierte mit Übelkeit, Schwindel und Schüttelfrost. Diesmal würde sie das wohl Francis überlassen müssen, auch wenn dieser mit Ben und Jeremiah wohl mehr als genug im die Ohren hatte. "Tut mir Leid, Martha - aber ich muss Deinen Vater wohl beim Wort nehmen. Du weißt sehr wohl, dass Du bestraft werden musst, oder?" Ärgerlich sah Molly auf ihre Tochter hinab und warf einen eher Hilfe suchenden Blick auf ihren Mann, denn ihr war so übel, dass sie fürchtete, zu schwanken. Mit einem Mal stieg in ihr Angst auf und die berechtigte Sorge, sie könne ihr Baby verlieren, so sich so aufregte. "Francis? Ich glaube, ich sollte mich einen Augenblick hinlegen.. ich habe große Angst, dass es wie.." Weiter sprach Molly nicht über ihre Sorgen, denn genau wie Francis sprach sie nicht gerne über den Verlust eines ihrer Söhne, der tot geboren worden war.
Marthas weiche Knie begann ihr unter dem Körper nachgeben zu drohen, kaum das Vater völlig ahnungslos und nichts böses ahnend neben ihre Mutter trat und wissen wollte, was passiert war. Es tat ihr so unglaublich leid ihren Vater schon wieder enttäuschen zu müssen, vor allem nachdem er sich solcherlei Ungehorsam und Ärger erst am Montag verboten hatte. Es war nicht schwer sich auszumalen wohin das führen würde, angesichts des Unfriedens den es eben schon draußen im Flur gegeben hatte und der Ankündigungen vom Montagabend . Wie sehr hatte sie sich vorgenommen nicht noch einmal aufzufallen und wie sehr war ihr das auch die Woche über gelungen. Die Nachwirkungen der Züchtigungen aber auch der überraschenden Nachsicht der Mutter über Missgeschick und Diebstahl hatten doch bleibenden Eindruck gemacht. Doch was nutzten einem die Vorsätze etwas, wenn man sich so kalt erwischen ließ und anstatt die Notbremse zu ziehen, sich selbst immer weiter auf den Abgrund zustieß? Jetzt konnte sich nichts mehr daran ändern, denn der Schaden war schon angerichtet. Es war so, wie es ihre Mutter gerade dem Vater erklärte. Sie hatte betrogen, sie hatte gelogen und hatte sich obendrein auch noch respektlos ihrer Mutter gegenüber verhalten. Alles getrennt betrachtet waren schwere Verstöße und würden normalerweise jedes für sich zu einer harten Züchtigung führen. Und Martha glaubte nicht eine Sekunde lang mehr daran, dass ihr genau dies erspart bleiben würde. Zwar hatte sie sich noch nie derer Dinge schuldig gemacht, zumindest nicht in dieser Form und in Ausmaß, aber sie wusste sehr wohl wie Vater und Mutter mit ihren Brüdern in diesen Angelegenheiten verfuhren. Wieso sollte es ihr da besser ergehen, nur weil sie sonst ein vorbildliches Kind war? Hatten die Eltern nicht schon oft bewiesen, dass sie solches nie in Betracht zogen, sondern Vergehen gleichermaßen hart abstraften? Gemessen an den Züchtigungen, die sie für Kleinigkeiten bislang in ihrem Leben erhalten hatte, konnte es kaum anders sein, als das Mutter oder Vater sie tüchtig verprügeln würden. War es ein Wunder, dass es Martha ganz schwindlig wurde, als sie die Anschuldigungen vernahm, die Mutter, gänzlich zu recht, vorbrachte und ihr dabei ein leises Wimmern über die Lippen kam? Martha bekam das Kunststück, ihren Vater noch länger anzusehen, nicht mehr fertig und befürchtete auch gleich hierfür noch ein paar Hiebe mehr. Aber sie fühlte sich überführt, mit recht beschuldigt und daher beschämt. Es war besser zu Boden zu blicken, als zu beobachten, wie der arglose Blick ihres Vaters sich in einen ärgerlichen und strafenden verwandelte. Dabei zuckte sie unter den abschließenden Worten ihrer Mutter zusammen, als hätte sie bereits den ersten Hieb erhalten. Die Worte machten überdeutlich, dass nicht Mutter strafen würde. Besorgt, panisch und von Angst erfüllt, brachte sie nur ein heißeres "Ja, Ma, das weiß ich natürlich," hervor.
In der Tat verlor Francis ein wenig die Farbe, die ihn der Zorn über Ben ins Gesicht getrieben hatte. Doch weniger angesichts der Ungeheuerlichkeiten, die sich Martha geleistet hatte, als viel mehr über die Tatsache, dass seine Tochter die heimlich zugesteckte Schokolade und Bonbons in ihrem Zimmer für schlechte Zeiten hortete. Das war unabwendbar seine eigene Schuld. Aber war das ein Wunder, wenn Molly Martha immer weniger zu essen gab, damit die ausladenden Hüften schmäler wurden? Ginge es nach ihm, würde es in seinem Haus dieses ganze neumodische Zeugs überhaupt nicht geben. Von wegen Diät! Es hatte mal Zeiten gegeben, da waren Molly und er froh gewesen, dass täglich eine Mahlzeit auf den Tisch gekommen war. An Diäten war damals nicht zu denken gewesen. Natürlich ging es ihnen heute besser und sie aßen mehr und viel und hatten viele Feste, aber dennoch galt es auch im Winter zu haushalten. Da hatte man doch wirklich andere Sorgen, als dem Kind auch noch den Gürtel enger zu schnallen. Er verstand durchaus, dass Molly nur das Beste für das Kind wollte, aber noch vor wenigen Jahren hatten solche Hüften als modisch gegolten und ein Mann hätte sich alle Finger nach einer fülligen Frau geleckt. Innerlich verdrehte Francis die Augen über jegliche Veränderung, die ihm in den letzten Jahren immer wieder vor Augen geführt hatte, wie gut sie es doch in den Jahren davor gehabt hatten. Und was tat er nun? Natürlich hatte Martha Strafe für all die Dinge verdient, die sie sich zu Schulden hatte kommen gelassen. Und natürlich würde er sich selbst beim Wort nehmen müssen und ohne Pardon die Sache behandeln müssen. Nichts anderes hatte er am Montag den Kindern mitgeteilt. Doch er sah auch einen Teil Mitschuld an Marthas Miesere. Nur würde es Molly sicherlich schmerzen, sollte er ihr über seine Mittäterschaft ein Geständnis liefern. Doch das Schuldgefühl war schnell verflogen, als er unter all dem bunten Papier auch Schokoladenreste und Karamelpapier entdeckte, von Dingen, die er Martha ganz gewiss nicht zugesteckt hatte. So, eine kleine diebische Elster war sie obendrein? Mitgefühl und Anteilnahme waren vergessen, als sich eine steile Falte auf seine Stirn bildet und er ohne nachzudenken neben Martha trat, die heftig zusammenfuhr, aus Angst Vater würde sie gleich hier und auf der Stelle züchtigen wollen. Doch statt nach Martha zu greifen, bückte sich Francis und klaubte das verräterische Papier zusammen. Oh, seine Wut wuchs von Minute um Minute. Erst Ben, jetzt Martha und darüber stand der eigene Entschluss die neuen Regeln noch einmal zu verschärfen, wenn auch an diesem Sonntag nicht mit der nötigen Strenge Unfug und Ungehorsam ein Riegel vorgeschoben werden konnte. Wie es aussah nahm der Sonntag eine unschöne Wende und diese gefiel Francis überhaupt nicht. Auch wenn Francis tief in sich Martha durchaus verstand und Verständnis aufbrachte, sah er ein, dass sie in ihrer Naschsucht zu weit gegangen war. nicht gehen durfte. Dass er ihr etwas zusteckte und ein Auge zudrückte, wenn sie heimlich hinter Mollys Rücken einen Nachschlag stibitze, war in seinem Ermessen keine Nachsicht, sondern ein Zeichen seiner Zuneigung. Aber es hörte bei den Waren aus dem Laden eindeutig auf. Leider zeigte ihm dies auch, dass er Martha nicht trauen konnte. Nicht in dem Maße, in dem er bisher davon ausgegangen war. Auch das stimmte ihn wütend, aber auch traurig. "Ich sehe schon," murmelte Francis auf Mollys Worte hin und richtete sich wieder auf, wobei er wütend mit zitternder Hand die Bonbonpapiere unter Marthas Nase hielt, wobei er nicht sonderlich darauf aufpasste, ob er ihr dabei zu nah kam oder ihr gar wehtat. Martha dagegen wagte nicht einen Millimeter zu weichen, auch wenn das Bonbonpapier bereits unter ihrer Nase unangenehm kitzelte. "Sie scheint nicht nur dich zu hintergehen," sagte er lauter und schärfer und zog eine Braue vielsagend in die Höhe, als Martha einen vorsichtigen Blick auf Vaters Hand und deren Inhalt warf. Ihr wurde augenblicklich ihr weiterer Fehler bewusst, als sie die Reste der hin und wieder zur Seite geschobenen Süßigkeit erblickte. Eine Diebin war sie jetzt auch noch und Pa war es aufgefallen. Sie war eine schlechte Tochter, ja eine ganz furchtbare. Ma hätte ihr am Montag statt Nachsicht mit dem Stock begegnen sollen, als sie sie ebenfalls beim Stehlen erwischt hatte. Da sah man doch, dass sie eine ganz durchtriebene Sünderin war. Das wurde ihr in diesem Augenblick schmerzhaft bewusst und ohne ihr Zutun lief ihr eine Träne über die Wange. Was war sie doch für eine Enttäuschung. Eine viel größere als Ben und Matt es je sein könnten.
"Oh hör bitte auf, Martha. Mit Tränen kommst du heute überhaupt nicht weiter," missdeutete Francis die schmerzhafte Erkenntnis seiner Tochter falsch und drückte ihr das Bonbonpapier gegen die Nase. Jedes Mitgefühl war nun bis auf den kleinsten Rest geschrumpft. Martha wimmerte leise, konnte aber ein Schluchzen nicht unterdrücken, erst recht nicht, als Francis die grobe Behandlung wiederholte, wie bei einer Katze oder einem Hund, den man in den angerichteten Schaden mit der Schnauze stieß. "Kannst du das erklären. Vernünftig erklären," verlangte Francis dabei mit hartem Ton und Martha versuchte zu Francis Erleichterung nicht mit einer Lüge ihren Hals zu retten, denn sie schüttelte nur mit dem Kopf. Allerdings war das nicht ganz die Antwort die Francis hören wollte, auch wenn er sicherlich ihr Nein als Zeichen von Aufgabe bereits zu verstehen wusste. "Ich habe dich um eine Erklärung gebeten," wiederholte er daher noch strenger und wieder bekam Martha das Papier unter die Nase gerieben, und wieder schluchzte und wimmerte sie. Inzwischen war es mehr aus Selbstmitleid, denn sie ahnte keinen guten Ausgang mehr. Zu wütend und zornig war Vater und das bei weitem mehr, als er am Montag gewesen war. Er hielt sich dabei sicherlich noch im Zaum, dachte Martha mit Schamesröte und einem flauen Gefühl im Magen. Die Angst lähmte erneut ihre Zunge, aber wenn sie nicht gleich schon einen Vorgeschmack auf die über sie noch unausgesprochene Züchtigung bekommen wollte, sollte sie diese wohl schnellstens lösen. Es dauerte jedoch noch einen weiteren Moment, ehe Martha begriff, was ihr Vater von ihr hören wollte. Keine Lüge, das war ihr schon einmal klar gewesen, aber scheinbar wollte er das hässliche, unvermeidbare aus ihrem Mund hören. Er wollte eine Erklärung und zwar die einzige, die es gab. Noch röter liefen Marthas Wangen an und ihre Mutter konnte sie dabei schon gar nicht mehr anblicken. "Ich hab gestohlen," sagte sie ganz leise und sehr geknickt und hoffte damit die Erklärung gegeben zu haben. "Ich kann dich nicht verstehen," wurde sie jedoch prompt angeherrscht. "Und schau uns gefälligst an, wenn wir mit dir reden, Martha. Ansonsten zweifel ich gänzlich an dein gutes Wesen." Worte die Martha stumm die Tränen über das Gesicht laufen ließen und sie spürte die Enttäuschung, die sie für ihre Eltern war, um so härter. Sie schluchzte auf, als sie ihren Blick hob und verschüchtert zwischen den beiden hin und her blickte. Dass ihre Mutter sich auffallend unwohl fühlte, bekam Martha gefangen in Panik und Angst nicht mit und schob deren Gesichtsausdruck und Blässe auf das Unfassbare in diesem Zimmer. "Ich, ich... ich hab das alles gestohlen. Ich bin eine Diebin," würgte Martha hervor und fühlte dabei schon jeden einzelnen Hieb, den sie für das Stehlen bekommen würde. Es war eine schlimme Sünde, dass wusste Martha aus dem Gottesdienst und der Sonntagsschule. Es war sogar ein Gebot, dass man nicht stehlen durfte. Und so etwas würde Vater abstrafen. Hart und unnachgiebig. Kein Büchlein, keine Nachsicht, keine Zusatzaufgaben der Welt konnten sie jetzt noch retten. Die Tracht Prügel rückte bedrohlich näher. Und ads war nur eines ihrer Vergehen.
"Und weiter," drängte Francis auch schon voller Ungeduld und nahm seine Hand vor Marthas Gesicht und ließ das Papier drinnen zurück auf das Bett fallen. Aufräumen würde Martha selbst müssen. Diese sah ihren Vater mit glühend roten Wangen ungläubig an und verstand nicht ganz was er damit meinte. Und weiter? Was weiter? Reichte es nicht, dass sie gestohlen hatte? Sie ahnte allerdings gegen ihren Willen worauf er hinaus wollte. Aber es war so unfassbar, dass er sie zwang all ihre Sünden noch einmal selbst wiederholen zu müssen, dass sie ein wenig ins Stottern geriet. "I-ich, ich... bin eine Diebin, eine L-lügnerin, und, und Be-Betrügerin?" Sie kam nicht umhin die Tatsachen wie eine Frage klingen zu lassen und schon als sie den Blick ihres Vaters auf sich spürte, war ihr bewusst, dass sie ihn erneut verstimmt hatte.
"Und ob du das bist, Martha. Und wie es scheint hast du darüber hinaus auch noch den nötigen Respekt deiner Mutter gegenüber vergessen." Francis kam in Fahrt und obwohl er wusste, dass ein Teil seiner Wut Ben zu tragen hatte, nutzte er den ungeahnten Ärger der ihn hier erwartet hatte, als Ventil.
"Ja, Sir," kläglich und mit hängenden Schultern wäre Martha jetzt am liebsten in ein Mauseloch gekrochen oder wie früher einfach unter ihr Bett. Nichts davon war wirklich möglich und sie musste mit viel Mühe darum kämpfen, nicht in Tränen auszubrechen, nicht wilde Versprechen zu stammeln und Vater anzubetteln sie zu verschonen. Das würde wohl gemessen an seiner Rede vom Montagabend erst recht zu einer Züchtigung für sie führen. Aber so ganz kampflos konnte sie nicht untergehen. Es war doch nicht mit Absicht geschehen? "Ich, ich wollte ja nicht, aber Ma hat mir...," Angst gemacht? Konnte man seinen Eltern gegenüber eingestehen, dass man Angst vor ihnen hatte? Das würden sie einem doch entweder überhaupt nicht glauben oder es abtun, gar darüber lachen oder sogar vielleicht wütend reagieren? Und so finster wie Pa auf einmal dreinsah, war es besser die Kurve zu bekommen.... "Und, und ich habe die Tür hinter mir verschlossen," flüsterte sie mit der Hoffnung, das ihr gezeigter Wille all ihre Vergehen zu gestehen, ein wenig Nachsicht mit sich brachte und Vater den Widerspruch von eben verzieh.
Francis hatte Mühe sich ruhig und gelassen zu geben und atmete mehrmals tief durch und sah dann zu seiner Frau. Es war gut, dass Martha von alleine einsah, dass sie ungehorsam gewesen war und das gleich in so vielen Punkten, dass Francis nicht wirklich wusste, wie das Mädchen am besten zu bestrafen war. Gemessen an ihrer Wehleidigkeit konnte er sie kaum für jedes vergehen gesondert mit einer ordentlichen Tracht Prügel an Ort und Stelle abstrafen. Es auf mehrere Tage oder zumindest Portionen zu verteilen erschien ihm hart, aber wohl die einzige Lösung, die blieb. Es war ja nicht so, dass Martha nicht vorgewarnt gewesen wäre, noch dass sie nicht die Regeln in diesem Haus kannte. Sie hätte nur auf die Süßigkeiten verzichten müssen, oder die Tür nicht verschließen dürfen. Sie hätte Molly gegenüber anständig reagieren müssen und nicht auch noch mit Lügen die Situation zu retten versuchen dürfen. Dass sie es dennoch getan hatte, zeigte Francis mit welchem Vorsatz Martha ans Werk gegangen war und das war bei weitem schlimmer als Bens Schusseligkeit, für die er nichts konnte, oder für die Vergesslichkeit des großen Bruders. Nicht das er da ein Unterschied gemacht hätte, auch dafür gab es Abstrafung aber bei weitem hatte sich Martha nach so vielen Jahren des guten Benehmens die härtere Bestrafung eingehandelt, als Ben mit den harmlosen Schneebällen oder dessen Freund mit der kaputten Scheibe. Er musste leise seufzen, denn gefallen tat ihm der Umstand nicht. Wer strafte schon gerne die eigene Tochter mit harten Hieben, die ansonsten vorbildlich ihre Aufgaben erfüllte, gründlich und reinlich an ihr Werk ging, im Gottesdienst Reverend Hawkins bereits wegen ihrer leisen Art angenehm aufgefallen war und im Sonntagsunterricht glänzte? Wenn die Kinder nur wüssten wie sehr ihm das missfiel, würden sie sich dann besser benehmen? Mit diesem Gedanken behaftet zog Francis besorgt die Stirn kraus, als er Mollys fahles Gesicht erblickte. Hatte sie sich so sehr über Martha aufregen müssen? Zurecht wohl, aber in ihrem Zustand unmöglich. Noch etwas das er Martha ankreiden musste. Sie wusste um die Schwangerschaft und das hohe Alter der Mutter, sie wusste wie sehr jetzt besonders Mithilfe in allen Dingen gefordert war. Und doch... ach nein, es war zum Verrückt werden.
Ehe er Molly fragen konnte, was mit ihr sei, sprach sie seine größte Befürchtung aus. Er wurde selbst ein wenig blas um die Nase und nickte. Natürlich brauchte Molly Ruhe und besonders nach der ganzen Aufregung. Er selbst fühlte wie der Zorn bebend von ihm Besitz ergriff, weil er seine arme Frau in einer Situation wiedersah, die er ihr nicht wirklich wünschte. Die Sorge um das Neugeborene, die Angst es erneut zu verlieren...Und alles nur, weil Martha heute beschlossen hatte, zur Abwechslung einmal alle Vorsicht missen zu lassen und Ungehorsam der schlimmsten Art zu liefern. Unbeherrscht griff er nach Marthas Arm und zog das laut vor Überraschung quickende Mädchen an sich und Molly heran. "Sieh nur was du angerichtet hast! Mutter hat sich aufregen müssen und fühlt sich deinetwegen nun nicht wohl. Was glaubst du was ich mit dir anstellen werde? Glaub mir, so schnell wirst du keine Lust mehr verspüren ungehorsam zu sein. Das verspreche ich dir," bei seinen Worten hatte er Martha am Arm hin und her geschüttelt und kam ein wenig außer Puste. Der Zug in der Brust kam überraschend und das Engegefühl im Hals stellte sich rasch ein. Er musste den obersten Hemdknopf lösen und ließ dafür Marthas Arm frei, die inzwischen Hemmungslos vor Angst und Verwirrung weinte. So hatte sie ihren Vater das letzte Mal erlebt, als er im letzten Sommer über Matthew hergefallen war. Noch nie hatte sie ihn davor oder danach wieder so in Rage erlebt.
"Du legst dich natürlich hin, Molly, bis wir in die Kirche müssen. Ich kümmere mich schon darum das jedes der Kinder seine gerechte Strafe bekommt. Außer du möchtest dich später nach der Kirche selbst mit Martha befassen? Andernfalls werde ich wie am Montag angekündigt streng durchgreifen müssen. Auch in Bens Fall," wieder ein wenig beruhigt seufzte Francis leise. Es gefiel ihm nicht wirklich, dass Molly gezwungen war ihre Aufgabe auf ihn abzuwälzen. Aber wenn er wirklich Martha für jedes Vergehen abstrafen sollte, konnte Molly vielleicht heute Abend oder Morgen die eine oder andere Züchtigung übernehmen, sofern sie sich wieder bei Kräften fühlte. Das würde auch Francis helfen mit der Situation besser umzugehen. Aber darüber konnte er mit Molly später noch reden. Vielleicht blieb noch etwas Zeit vor der Kirche, sobald er mit Martha und Ben gesprochen und dann gehandelt hatte.
Noch zu geschockt, um Etwas dazu sagen zu können, mustete Molly nun Francis, der sehr ägerlich, ja geradezu wütend, reagierte. In das Gespräch der Beiden mischte sie sich nicht ein und sie wunderte sich auch nicht, darüber dass Francis von Martha erwartete, dass diese ihre Verfehlungen selbst in Worte fasste. Das Mädchen war ja kein Kleinkind mehr und auch nicht so ein Schussel wie Ben. Von Martha konnte man also durchaus erwarten, dass sie ihre Verfehlungen selbst benennen konnte. Molly war gerade im Begriff, ihrer Verwunderung über die Menge an Süßwaren zu äußern, als Francis eine Erklärung dafür einforderte. Die Augenbrauen in die Höhe ziehend musterte Molly ihre Tochter, denn diese Erklärung würde sie auch gerne hören. Von ihr hatte diese nämlich mit Sicherheit keine Süßwaren erhalten. Hatten etwa Ben oder Matt diese etwa heimlich mit Süßwaren versorgt? "Ich will lieber nicht annehmen müssen, dass Ben oder Matt Dich damit versorgt haben.." Molly äußerte ihre Bedenken zwar nur leise, mehr wie ein Murmeln, aber diese waren trotzdem recht groß und bereiteten ihr Bauchschmerzen. In dem Fall nämlich, hätte sicherlich einer der beiden Jungs Süßigkeiten in ihrem Laden gestohlen und für den Fall drohte Ben wohl eine empfindlich Strafe und wie Francis einen Diebstahl Matts abstrafen würde wollte sie sich gar nicht erst überlegen. Mit Erleichterung vernahm sie das Geständnis Marthas gestohlen zu haben, obwohl sie wusste, dass Francis allein deswegen nun schon keine Gnade würde walten lassen. "Nun, in dem Fall - werde ich wohl öfter im Laden stehen - und Du wirst mir hier den Rücken freihalten müssen. Offenbar kann ich Dir den Laden nicht anvertrauen." Diese waren harte Worte und Molly wusste das, denn Martha rechnete korrekt ab und hatte bisher weder Geld unterschlagen noch verloren. Dennoch war sie von der Richtigkeit dieser Entscheidung überzeugt, denn wer begann, Süßwaren zu stehlen, würde bald auch nicht mehr vor der Kasse Halt machen. Ein ganz kurzes dünnes Lächeln für Francis und Martha sollte eigentlich zu deren Beruhigung beitragen, geriet aber so schief, dass eher deutlich wurde, dass es ihr gerade ganz und gar nicht gut ging. Immer noch war ihr schwindelig, so dass sie nach ihren Worten tief durchatmete und einen Schritt zurück trat, um sich an die Wand lehnen zu können. "Über den Mißbrach meines Vertrauens und der fehlenden Wertschätzung meiner Mühen werden wir in der Tat noch miteinander sprechen, Martha. " Molly sprach mit ernster Miene und versuchte, die Enttäuschung, die sie empfand, sich nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. Immerhin hatte sie der Tochter vertraut und ihr vor Allen anderen anvertraut, dass sie schwanger war. "Ja, Francis - ich sollte mich jetzt wirklich einen Augenblick ausruhen. Du wirst das Richtige tun." Molly nickte ihrem Mann noch einmal zu, bevor sie sich anschickte, den Raum zu verlassen. "Sag mir Bescheid, wenn wir los müssen, ja?" Eine Mahnung, nicht zu hart mit Ben und Martha ins Gericht zu gehen, ersparte sie sich. Sie war sicher, dass Francis auch wusste, dass Ben mit Sicherheit nicht absichtlich das Fenster kaputt gemacht hatte und auch nicht mit Vorsatz so spät gekommen war, während man bei Martha wohl schon aufgrund der Schachtel, der geschlossenen Tür und des Diebstahls wohl von Vorsatz ausgehen musste - leider. Auf eine Auseinandersetzung darüber, konnte und wollte sie sich jetzt jedoch nicht einlassen. Sie war nur froh, dass es dieses mal nicht Matt war, der den Unmut des Vaters auf sich zog, denn diesen beurteilte Francis wohl weit aus strenger, als Ben oder Martha. Das war durchaus gerechtfertigt, denn auch die Erwartungen an Matt waren größer, aber dennoch wollte sie eine harte körperliche Züchtigung Matts nicht unbedingt erleben müssen.
Martha wusste nicht mehr ein noch aus. Dass es kein Entkommen mehr gab, war in dem Moment klar gewesen, als Mutter ins Zimmer gekommen war. Jegliche Hoffnung auf ein mildes Urteil war verloren. Aber die ungewohnte Härte und Strenge ihres Vaters, die unkontrolliert seinen Lauf nahm, gepaart mit Mutters Gleichgültigkeit dieser gegenüber, ließ Martha völlig verzweifeln. Spätestens als Vater sie grob angefasst hatte und unerwartet hin und hergeschüttelt hatte, hatte Martha auf ein Eingreifen ihrer Mutter gehofft. Das kein Wort darüber viel schmerzte, aber noch viel mehr tat es weh zu erkennen, dass es wohl ganz alleine daran lag, dass ihre Eltern zu tiefst enttäuscht von ihr wahren. Oder das eben mit zweierlei Maß gerechnet wurde. Vater nahm ständig Ben vor Mutter in Schutz und Mutter Matt vor Vater. Sie dagegen hatte niemand, der sie jemals in Schutz genommen hatte. Sie sollte funktionieren und wehe sie tat es ein einziges Mal nicht, dann geriet alles, was sie je an Vorbildlichkeit an den Tag gelegt hatte in Vergessenheit. Ja, sicher sie hatte sich heute mehrer schlimmer Vergehen schuldig gemacht und sie wusste auch, dass sie dafür bestraft werden musste, aber sprachen die Umstände nicht für sie? Das meiste von den Süßigkeiten hatte sie von ihrem Vater und dieser sagte nicht ein Wort dazu! Sie hatte eben hunger, weil Mutter ihr das Essen kürzte und kontrollierte. Sie war fast eingeschlafen und hatte einen Rückzug von der FAmilie nötig gehabt, weil sie müde und überarbeitet war, weil ihr immer mehr zu tun gegeben wurde, weil sie verlässlich und fleißig war, und weil sie nie murrte und bummelte. Sie war am Ende und verwirrt, weil der Montag in ihrem Kopf herumspuckte und sie niemanden hatte, dem sie sich anzuvertrauen wagte. All das führte nun zu einer Züchtigung, die Martha in ihren Augen nicht in aller Härte, die sie erwartete, verdient hatte und die sie nicht einmal selbst in allen Anklagepunkten verursacht hatte. Und hinzu kam die Angst davor, dass nach einer Züchtigung die Sache nicht wie üblich gesühnt war und in Vergessenheit geriet. Dafür waren ihre Eltern viel zu aufgebracht.
Durch ihre Tränen, sah Martha mit Mühe, dass es ihrer Mutter tatsächlich nicht gut ging und es schmerzte, dass Vater ihr alleine die Schuld dafür gab und noch viel mehr, dass Mutter nicht widersprach. Über diesen Gedanken vergaß Martha für einen Augenblick die Drohung des Vaters, die ihr eben noch den Atem für ein, zwei Sekunden verschlagen hatte. Ziemlich am Boden und wehrlos trafen Mutters Worte entsprechend hart und Martha musste laut schluchzen, als ihr gänzlich das Vertrauen als Strafmaßnahme entzogen wurde. Tief in ihrem Inneren verspürte sie trotz all dem Kummer Erleichterung. Nicht mehr in den Laden zu müssen bedeutete auch, von Angriffen verschont zu bleiben. Hier oben im Haushalt stattdessen Mutters Arbeiten zu machen erschien ihr wie die Errettung. Doch diesem Gedanken konnte Martha nur kurz Freude abgewinnen, denn die Tatsache, dass man ihr von nun an nur noch so wenig vertrauen würde, machte sie ganz schwindelig. Sie hatte doch nur ab und an ein oder zwei Bonbons eingesteckt. Wieso konnte Vater Mutter nicht einfach sagen, dass das meiste von ihm stammte? Wieso ließ er sie so offensichtlich ins Messer laufen? Verzweifelt sah sie ihren Vater an, als Mutter ankündigte, von nun an Martha im Laden nicht mehr haben zu wollen.
Francis sah in der Tat ein wenig erstaunt seine Frau an, als diese ankündigte Marthas Zeiten im Laden übernehmen zu wollen. Das lange Stehen im Laden in ihrem Zustand hielt Francis für keine wirklich gute Idee. Er würde mit Molly später darüber in Ruhe reden müssen. NAtürlich verstand er die Beweggründe die dazu führten, aber im Augenblick hielt Francis Mollys Gesundheit für viel wichtiger, als Martha eine eindringliche Lektion zu erteilen. Vielleicht ließ sich Molly ja darauf ein, dass sie für ein paar Tage ihren Plan durchzog, um Martha zu demonstrieren, wie ernst es ihr mit ihren Worten war. Martha war nun nicht gerade ein unbelehbares, störisches Kind, wie Matt es war. Man musste sie ja nur ansehen, um zu erkennen, wie sehr sie bereits jetzt schon nach einer Wiedergutmachung lechzte. Völlig aufgelöst und verängstigt. Nein, er durfte jetzt nicht schwach werden. Verdient war verdient. Er war zumindest in Bezug auf Molly erleichtert, als diese seiner Aufforderung nachkommen wollte. Hatte sie sich doch schon gegen die Wand lehnen müssen, um mit der Situation und ihrem Zustand zurecht zu kommen. Seine Miene wurde wieder ernster, als er zu Martha blickte und er Mollys weiteren Worten lauschte, die Martha sich ducken ließen, als hätte Molly schon zu einer Züchtigung angesetzt. Nicht anders fühlte sich Martha in der Tat, als neben den unheilvollen Drohungen des Vaters, auch noch eine von Mutter folgte. Sie schluckte schwer und versuchte nicht mehr zu schluchzen, auch wenn die Tränen noch liefen und nickte, mit hängenden Schultern und gesenktem Blick. Es brachte sicher nicht viel ein, wenn sie jetzt versuchen würde sich zu verteidigen. Die Eltern waren enttäuscht und wütend und sie waren sich vor allem einig, was Marthas Vergehen betraf. Dagegen kam das Mädchen nicht an. Sie hasste es nur, dass keiner der beiden sagen wollte, was mit ihr geschehen würde und wann. Mutter wollte mit ihr 'reden', aber wann sagte sie nicht genau. Das würde leider bedeuten, dass sie nachher die ganze Zeit in Angst und Sorge in der Kirche sitzen würde und sich mit Gedanken darüber plagte, was Mutter mit ihr anstellen würde. Ganz gleich was Vater vorhatte, Martha betete im stillen darum, dass er es gleich tun würde. Ein weiteres 'später' würde sie wahnsinnig machen.
"Natürlich sage ich dir Bescheid," versicherte Francis Molly, als diese nun endlich bereit war sich zurückzuziehen und sah ihr noch kurz hinter her. Die plötzlich aus dem Wohnzimmer durch den Flur dringende, aufgebrachte, laute Stimme, die weder Ben noch Matt gehörte, ließ Francis zusammenfahren. Und mahnte ihn auch daran, dass er noch zwei weitere Sünder im Wohnzimmer auf sich warten hatte, die gleichwohl wie Martha erst noch ein Urteil zu hören bekommen sollten. Missgelaunt über den Verlauf des so ruhig angefangenen Sonntagmorgen wandte sich Francis wieder Martha zu, die wie ein Häufchen Elend vor ihm stand und vor Angst zu zittern schien. Es fiel ihm wirklich nicht leicht ohne Mollys Anwesenheit die gewünschte Strenge seiner Frau noch aufrecht zu erhalten. Er konnte nicht einmal das Mitgefühl mehr unterdrücken, dass seinen strengen Blick aufweichte. Doch Martha bekam davon nichts mit, denn sie hielt ihren Blick starr auf ihre Füße gerichtet, gleichgültig das ihre Eltern einen geraden Blick bevorzugten. Francis ermahnte sie nicht. Es war genug, was er Martha an Scham bereitet hatte. "Du wirst verstehen, dass ich dir unter diesen Umständen keine Schokolade mehr schenken kann, Martha. Ich dachte dieses kleine Zeichen meiner Zuneigung würde deiner Naschsucht reichen," er seufzte leise. "Ich bin im MOment viel zu wütend und viel zu enttäuscht, um dich für alles jetzt noch vor der Kirche abzustrafen. Ich brauche einen Moment um zur Ruhe zu kommen. Aber dir ist sicherlich bewusst, dass du damit nicht so leicht wie üblich davon kommen wirst?", Marthas schluchzendes Nicken ließ Francis gleich wieder unsicher werden, aber die wütende Stimmme von Jerry, die nun lauter wurde, machte Francis sofort deutlich, dass Strenge nun einmal erforderlich war, wenn man kein solch renitendes Kind sein eigen nennen wollte. "Ich schätze das muss alles bis nach der Kirche warten. Wenn ich dich belehre, möchte ich Mutter dabei haben. Sie fühlt sich genau wie ich von dir aufs schlimmste hintergangen und ich denke es ist nur fair, wenn sie dabei ist," in Gedanken daran, was er gegen Bens Verschulden vorzunehmen gedachte, kam ihm ein Gedanke, der im Fall von Martha in Bezug auf ihre Stehlerei Strafe genug wäre und noch vor der Kirche vorzunehmen war. Bei allen Vergehen, die Martha begangen hatte, würde irgendwo ansetzen müssen, um alles auch wirklich abgestraft zu bekommen. Vielleicht nicht einmal alles mit einer Züchtigung, aber an einer solchen kam Martha dennoch nicht vorbei. "Vielleicht ziehe ich sogar in Betracht wegen des Diebstahls für Ben gleich noch ein abschreckendes Exemple zu statuieren. Nicht das sich an dir auch noch ein schlechtes Beispiel nimmt, wie an Matt. Ich gestatte dir jetzt keinen Rückzug Martha," Francis öffnete die Tür ganz und hielt dabei den Türknauf in der Hand, während er mit der anderen eine einladende Geste in den Flur machte. "Du wirst mit mir ins Wohnzimmer kommen, räumst aber gefälligst das Chaos hier auf," er deutete zu den Papieren und dem benutzten Handtuch. Martha kam seiner Aufforderung flink nach, was Francis durchaus als Zeichen der Wiedergutmachung auffasste, aber Martha nicht einen einzigen Hieb weniger einbringen würde. Nein, Nachsicht wäre heute der falsche Weg.
Nachdem Martha das Handtuch ordentlich an seinen Platz zureückgelegt hatte, mit zitternden Händen und unterdrückten schluchzen, sammelte sie das bunte Papier auf dem Bett ein und ließ es in ihre Schürzentaschen verschwinden. Mit hängendem Kopf ging sie an Vater vorbei in den Flur und erschauderte innerlich bei dem Gedanken was Vater nur mit seinen Worten gemeint hatte. Sie wollte nicht daran denken, dass er sie unter Umständen vor Ben züchtigen wollte. Das wäre mehr als nur peinlich. Es wäre schlicht erniedrigend und das auf die schlimmste Art und Weise. Aber was konnte es schon anderes bedeuten? Sie fühlte Vaters Hand in ihrem RÜcken mit der er sie ungeduldig über den Flur eilig auf das Wohnzimmer zuschob. Martha hatte es nun wirklich nicht eilig, aber sie kam nicht darum herum, die Tür zu öffnen, damit sie mit Vater eintreten konnte.