Vor dem Eingang angekommen setzte der riesige Stellmacher seine kleine Angebetete wieder ab, stellte sie behutsam auf die Füße und trat dann verlegen grinsend einen Schritt zurück. Abigail lächelte zu ihm hoch. Sie musste sich eingestehen, das sie den Weg hierher durchaus genossen hatte, die vereinzelten, überraschten und verschmitzten Blicke der Einwohner, die generelle Aufmerksamkeit die sie durch Ben erfuhr und auch einfach, hier wieder mit einem Menschen zusammen zu sein, den sie Jahre nicht gesehen hatte, von dem sie eigentlich geglaubt hatte ihn niemals wiederzusehen. Es war fast wie ein leiser Wink des Schicksals, wen man genauer darüber nachdachte. Geduldig und freundlich dreinschauend sah sie Ben dabei zu wie er die Tür versuchte zu entriegeln. Er war ganz offensichtlich nervös, so wie er da herum hantierte und schmunzelnd betrachtete Abigail, eher unbeteiligt die Umgebung einfach auch, damit sie Ben nicht anstarrte und noch nervöser machte. An das Haus konnte sie sich noch gut erinnern, so lange war es ja dann doch nicht her und da Bens Haus im Grunde sein altes Elternhaus war, fiel es nicht schwer sich zu erinnern. Im Gegenteil. Schon die Haustür, die Ben so eben öffnete, brachte Kindheitserinnerungen in Abigail hoch.
Sie trat an Ben vorbei, der ihr stolz die Tür aufhielt und ihr sein Heim offenbarte. Die Räume waren recht kühl, nur geheizt durch, wie Abigail annahm, passives Feuer im Ofen in der Küche. Davon abgesehen, und im Vergleich zu draussen war es hier ein gutes Stück angenehmer, weil eben der Wind fehlte, musste sie schon eingestehen, das Ben für Häuser durchaus ein Händchen hatte, sofern sowas bei einem Mann überhaupt ging. Die Nester herrichten, wenn man das so übertragen wollte, war nunmal die Gottgegebene Gabe und Pflicht der Frauen.Der halbdunkle Raum liess die Eindrücke ein wenig verschwimmen, aber sie kannte die Räumlichkeiten ja ohnehin. Vor ihrem geistigen Auge erschienen Bilder der Vergangenheit, Erinnerungen an die alte Einrichtung schoben sich über und unter die realen Bilder der neuen Einrichtung, Menschen tauchten in den Bildern auf, Bens Familie, das gemeinsame Erntedankfest als sie beide noch klein gewesen waren. Er zehn, sie acht, dort am Fenster, an dem reich gedeckten Tisch. Ein warmes Gefühl schlich sich in Abigail, als sie sich, im Raum umsehend, weiter in das Haus hineinging. Lächeln, ja fast strahlend sah sie sich um, drehte sich, mal links, mal rechts. Jede Ecke, jede Diehle schien ihr neue und doch zugleich alte Erinnerungen zu schenken. Sie sah zu Ben, en fröhliches Funkeln um die Augen. "Weisst du noch, unser erstes Erntedankfest, da.." sie deutete auf die Stelle wo der Tisch gestanden hatte. "Wir haben uns beide mit Preiselbeersosse bekleckert und unsere Mütter waren nicht sehr fröhlich drüber. " scherzte sie, lachte bei der schönen Erinnerung. Dann schaute sie zu dem grossen Mann herüber, deutete in den Bereich, in dem die alte Werkstadt von Bens Vater gewesen war und wo sie die neue von Ben erwartete.
"Die Werkstadt? Ich weiss du brennst darauf mir dein neues Reich zu zeigen." lud sie ihn mit einer Bewegung des Kopfes ein.
Schweigend sah er der kleinen Frau zu, nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte. Es war offensichtlich, wie sie in Erinnerungen schwelgte, während sie sich umblickte und langsam weiterging. Ihr Strahlen erwiderte der riesige Mann mit einem vergnügten Lächeln. Oh ja, auch er konnte sich noch an viele Begebenheiten genau erinnern, ganz besonders an jene, die mit Abigail zu tun hatten. Für sie war er zu jener Zeit wohl nicht mehr gewesen als ein Spielkamerad, wenn auch ein recht ungewöhnlicher. Ben dagegen hatte sie schon immer als etwas Einzigartiges angesehen, das einen ganz zentralen Teil in seinem Leben einnahm. Und das tat sie auch heute noch. In den Augen des Hünen hatte sich seit den Tagen ihrer Kindheit nichts Wesentliches verändert. Für gewöhnlich wanderten seine Gedanken daher nicht ohne einen besonderen Grund zu vergangenen Ereignissen. Er war stets im Hier und Jetzt und verfügte auch gar nicht über die Gabe, von sich aus weit über seine momentane Situation hinaus zu sehen, nicht in die Vergangenheit und schon gar nicht in die Zukunft. Als sein Mädchen aber so munter vor sich hin plapperte, von gemeinsamen Erlebnissen sprach, fiel es ihm nicht schwer, sich ebenfalls zurückzuversetzen. Ben verfügte über ein ausgezeichnetes Gedächtnis, auch wenn er es selten bewußt nutzte. Die Geschichte mit der Soße war ihm noch gut in Erinnerung. Er bekam wieder rote Flecken im Gesicht, lachte und nickte. "Ja, d-du hast dir dein hübsches Kleid ganz vollgekleckert. Deine Ma war be-bestimmt ganz sauer!" Er selbst hatte damals eine Gardinenpredigt von der Mutter erhalten, glücklicherweise aber keine Prügel vom Vater. Mrs. Dowry hatte immer gewußt, daß ihr Ben es nicht böse meinte. Er war eben einfach ungeschickt und noch dazu zurückgeblieben. Sie hatte ihm nie ernstlich böse sein können und ihm daher so manche Lektion durch den Vater erspart, die – dank eines sehr widerstandsfähigen Körpers und eines um so weniger lernfähigen Geistes – wahrscheinlich ohnehin keine Wirkung gezeigt hätte.
Der große Mann starrte noch einige Zeit grinsend und glucksend vor sich hin, während er sich an jenen Tag zurück erinnerte. Vermutlich hätte es Abby überrascht, doch er wäre sogar noch in der Lage gewesen, ihr die Farbe der Schleife zu nennen, die sie damals im Haar getragen hatte. Doch schließlich wies sie in Richtung der Werkstatt, und er kehrte gedanklich in die Gegenwart zurück. Eifrig nickte er. "W-wart, Miss Abby! Ich hol n-nur schnell Licht!" Damit stürzte er in die Küche und rumorte dort eine Weile herum, worauf er mit einer kleinen offenen Flamme zurückkehrte, in die Werkstatt voranging und dort die Lampen unter der Decke entzündete. Sofort wurde es merklich heller, obwohl die Läden vor den Fenstern geschlossen waren, um die Kälte draußen zu halten. Mit einem kräftigen Wedeln löschte er die Flamme an dem kleinen Span, den er zum Entzünden der Lampen benutzt hatte. Dann stockte er. Natürlich war er sehr stolz darauf, seinem Mädchen zu zeigen, was er alles zustande gebracht hatte. Aber nun, da es endlich soweit war, fiel ihm ein, daß dies hier ja eigentlich etwas war, wovon Frauen keine Ahnung und wofür sie normalerweise auch kein Interesse hatten. Handwerk. Männerarbeit. Seine kleine Miss Abby sagte, sie interessierte sich dafür – vielleicht ja einfach, weil es seine Arbeit war und sie ihn mochte. Aber trotzdem... wie sprach man zu einem Mädchen von seiner Arbeit, von der sie wahrscheinlich kaum etwas verstand? "Ähm... hm... ja, also, das is meine Werkstatt." Das klang sogar in seinen Ohren recht lahm. Er nahm rasch ein Zugmesser und wies auf die Zugbank. "D-das isn Zugmesser. Damit zieh ich die Speichen ab, wo dann ins Rad reinkommen. Siehste? Mußte aber vorsichtich sein, is nix für Mädchen, da kannste dir bös wehtun mit." Dann zeigte er mit der Klinge auf ein halbfertiges Rad ohne Felge, das an einer weiteren Bank lehnte. Aus der Nabe ragten die fertig eingeschlagenen Speichen wie ein Gerippe heraus. "Und wenn’s fertich is, kommt’s an’n Wagen. Da könn’ dann so feine Ladies mit spaziern gefahrn wern." Er zwinkerte ihr zu und errötete heftig. Das war einer seiner Lieblingsträume – er hoch auf dem Kutschbock, sein Mädchen neben ihm, im Sonntagsstaat, und so fuhren sie durch den Ort, stolz und angesehen...
Auch Ben erinnerte sich noch gut an den Zwischenfall mit der Sosse, was Abigail verlegen schmunzeln liess. Mehr und mehr gruben sich Details von damals in ihr Bewusstsein, kleine Dinge wie die Farbe des Kleides das sie angehabt hatte und welche die Schleife gehabt hatte. Kleider der anderen Anwesenden und Düfte die im Raum gewesen war. Im Geiste hörte sie sogar kurz die Stimme ihrer Mutter, so wie sie damals geklungen hatte. Sanft schüttelte sie den Kopf als Ben meinte, ihre Ma wäre bestimmt sehr sauer gewesen. "Nein eigentlich nicht. Pa war immer der strenge. " stellte sie mit ruhiger Stimme richtig, fragte sich innerlich an wieviel sich wohl Ben noch erinnern konnte. Sein Gedächtnis war ja nie das Beste gewesen, zumindest nicht wenn es um die Schule gegangen war. Aber war das noch immer so? Immerhin hatte Ben es geschaft einen Beruf zu lernen, also irgendwo musste er sich ja an Dinge Erinnern können. Was war es dann, was in Ben dafür sorgte das er sich Dinge merken konnte und wann nicht? So viele Fragen die ihren Ben betrafen, fragen die einem Bauchgefühl entgegen standen, Abigail daran hinderten sich selbst etwas einzugestehen, von dem sie bereits wusste das es da war, es nur nicht wahrhaben konnte oder besser wollte. Zumindest gab er den Anschein das er sich an einiges erinnerte, was Abigail aus seinem Blick und dem leichten Glucksen schloss. Ihre Stimme schliesslich, holte ihn zu ihr zurück in die Gegenwart. Geduldig wartete due Töpferin, bis Ben das angesprochene Licht geholt hatte, was nichtmal lange dauerte. Ben war ja schon immer geschickt mit den Händen gewesen.
Ihr voran ging er zu seiner Werkstatt und entzündete die Lampen unter der Decke, wobei Abi ihm zusah. Mit jeder Lampe wurde der Raum heller und die Arbeit die Ben hier schon verrichtet hatte deutlicher. "Ähm... hm... ja, also, das is meine Werkstatt." Hörte sie ihn sagen und schaute den grossen Mann mit einem Blick an der Überraschung und Unglauben ausdrückte. Ein stummes 'was du nicht sagst, ist ja toll' . Das allerdings mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen, einfach um zu zeigen das sie es scherzhaft meinte und nicht beleidigend. Ben nutzte auch gleich die Gelegenheit ihr Werkzeuge zu erläutern und wie man ein Rad baute. Nicht unbedingt das faszinierenste Thema für die Töpferin, besonders als Ben meinte, das wäre nix für Mädchen. Als sie allerdings das Zugmesser sah, musste ihm stumm zustimmen. Das Ding sah in der tat scharf aus, und mit den beiden Griffen sah es so aus als würde man damit zum Körper hin arbeiten. Sie stellte sich vor wie es war, wenn man damit abrutschte und die Klinge im Bauch landete. Den Gedanken weg wischend lächelte sie Ben zu, als er von feinen Ladies sprach, die in den fertigen Kutschen spazieren fahren konnten. "Und keine weiss wirklich zu schätzen wieviel Arbeit in so einem Rad steckt, hmm?" kicherte sie leise, sah sich nochmal in der Werkstatt um. Ja, im grossen und ganzen eine solide Werkstadt, die den Eindruck eines Profis erweckt, der darin arbeitete. Blieb, vom geschäftlichen Gesichtspunkt halt nur die Frage wieviele Kutschen es hier gab und wie oft diese Räder brauchen würden. Wenn Ben auch anderes Holz bearbeiten, andere Holzarbeiten verrichten konnte, wäre das mit Sicherheit etwas das er ins Auge fassen sollte.
"Sehr schön Ben, wirklich." Stellte sie mit einem bewundernden Blick um Gesicht fest und sah zu dem grossen Mann. Die Kunst einen Mann das machen zu lassen was man will, ist ihm das Gefühl zu geben es wäre seine Idee gewesen. Das war bei Ben noch eine Spur intensiver, entsprechend formulierte Abigail ihren nächsten Satz. "Willst du nur Räder machen, oder auch andere Dinge aus Holz? Spielzeuge, oder Kolben für Gewehre, Werkzeuge und gar einfache Möbel? " eine unschuldige Mädchenfrage, mit einem weichen, neugierigen Unterton darin.
Zwischen Verlegenheit und Stolz schwankend rieb der riesige Mann seine Handflächen aneinander. Dabei lächelte er breit. Die Ironie in Abigails Worten überhörte er völlig. Oder vielmehr, er verstand sie schlicht und ergreifend nicht. Sie fand seine Werkstatt toll, das war... schön! Sehr schön! So groß er war, er schien noch ein Stück zu wachsen, während sein Gesicht zu glühen begann. Als sie sein kleines Reich gar als sehr schön bezeichnete, drohte ihm der Stolz die Brust zu sprengen. Das war in seinen Augen so gut wie ihr Jawort. Sie hatte sich überzeugt, wie geschickt und fleißig er war, wie gut er in der Lage wäre, eine Familie zu ernähren. Wie es Mädchen halt tun mußten, bevor sie einen Mann heirateten. So wie er ja auch Mutters Rat befolgt und sich genau überlegt hatte, ob seine zukünftige Braut alles das konnte, was eine Frau können mußte. Einen Haushalt führen, Kinder erziehen. Und Miss Abby hatte alle seine gedanklichen Prüfungen mit Bravour bestanden – sogar schon, als sie noch nicht ihren ersten Rock getragen, sondern noch im Mädchenkleid herumgesprungen war. Er hatte sich wirklich alles gut überlegt, wie er meinte. Zwar nicht unbedingt scharfsinnig, aber gründlich, wie er Dinge anzugehen gewohnt war.
Ein wenig nachsichtig grinste er auf Abbys Frage nach seinen Plänen für die Arbeit. "Nee, ich kann auch’n Pflug machen oder’n Karren oder so, weißte? Alles was’n Farmer so braucht." Er amüsierte sich über ihre Unwissenheit sein Handwerk betreffend. Typisch Mädchen eben. Von der gewissen Absicht, die hinter ihrer Frage steckte, ahnte er nicht das geringste. Er ging davon aus, sie habe mit weiblicher Naivität einfach eine Möglichkeit ausgesprochen, ohne sich darüber recht im klaren zu sein. Daher wiegte er auch in aufrichtiger Nachdenklichkeit den Kopf. "Meinste, so’n andres Zeuch braucht auch jemand? Könnt’s mal probier’n, denkich..." Er arbeitete gern mit Holz. Es war warm, und man konnte es wunderbar in die schönsten Formen bringen, mit sanften Rundungen genauso wie mit präzisen Kanten, es war stabil und federnd zugleich, wenn es gutes Holz war. Es war einfach ein Werkstoff mit Charakter. Der große Mann liebte es, mit seinen hornhautbedeckten Daumen die Linien der Maserung nachzufahren. Holz war etwas lebendiges, denn es stammte von den Bäumen, und die wuchsen und gediehen, wie die Menschen. Jedes Stück Holz konnte einem etwas erzählen. Er hatte nie so genau darüber nachgedacht, aber wenn er es jetzt recht bedachte, traute er sich zu, aus Holz so gut wie alles herzustellen, was nur denkbar war. Er hatte ein Händchen dafür. Nun, eine riesige Hand, aber dennoch eine mit dem notwendigen Feingefühl, wenn es sich um seine Arbeit drehte. Er kratzte sich am Kopf und starrte sinnierend vor sich hin.
Ben bestätigte, das er auch andere Sachen aus Holz machen konnte. Eben alles was ein Farmer so brauchte und brauchen konnte. Pflüge, Stiele für Werkzeuge und anders, zumindest geisterten solche Dinge durch Abigails Kopf als er sprach. Handkarren auch, so fasste sie das auf und sicher noch vieles mehr. Holz wirkte allmählich wie stabiler aber dennoch formbarer Ton auf Abigail. "Ja, solltest du Ben. Meine Werkstücke gehen hier und da mal kaputt, so ist das bei Geschirr. So besteht oft genug Bedarf an neuen Gefässen. Wenn du so gut und ordentlich arbeitest das nichts kaputt geht wird es schwierig auf Dauer. Eine Kutsche zum Beispiel ist doch sehr teuer. Ich denke mal sowas kann sich der Bürgermeister leisten, die Ratsmitglieder wie Mr Simones oder auch der Sheriff. Die Besitzer der Lokale eventuel auch. Aber Camden Village ist nun nicht sehr gross. Da braucht man keine Kutsche zum spazieren fahren. Wagen werden gebraucht für Transport. Es gibt also nicht soviele Kunden, verstehst du? Also noch anderes aus Holz zu fertigen und im Angebot zu haben ist sicherlich nicht verkehrt." Aufmunternd lächelte sie ihm zu. Ben hatte sicher das Handwerkliche Geschick um die Sachen herzustellen, da hatte Abigail gar keine Zweifel. Er war schon immer geschickt gewesen mit den Händen, seiner Grösse und allgemeinen Tollpatschigkeit sehr zum wiederspruch. Aber das Geschäft führen, das würde ihm garantiert Probleme machen, da war sie sich sicher.
"Holzspielzeug für Kinder ist auch immer eine gute Sache denke ich mal. Auf jeden Fall etwas bei dem man beruhigt schlafen gehen kann, mit dem Wissen ein Kind glücklich gemacht zu haben." Ihr lächeln wurde etwas breiter. Ja Kinder. Sie selber wollte irgendwann einen ganzen Stall voll. Sinnierend schritt sie durch die Werkstadt, liess die Finger über Werkzeug, Werkbank oder Werkstücke gleiten, während sie sich umsah. Ja, da hatte Ben sehr gute Arbeit geleistet und das sogar sehr schnell. Er war bedeutend weiter als sie mit ihrer Werkstätte, wobei die grössten Probleme der Lagerraum für den Ton war und die Töpferstube war auch undicht, brauchte Reparaturen. Ein Stützbalken sah sehr angeschlagen aus und konnte Ersatz brauchen, der Tresen konnte einen neuen Schliff vertragen und so viele kleine Dinge, die aber alle Zeit brauchen würden. Gut, im Moment hatte sie davon genug, denn ohne Tonlieferungen konnte sie nicht mit der Arbeit beginnen, selbst wenn sie schon alles fertig gehabt hätte.
"Wirklich sehr schön Ben." Nickte sie erneut zustimmend und es war ganz deutlich das sie das auch wirklich meinte. Hier hatte sich Ben ein ehrliches Lob verdient und das bekam er somit auch. "Ich muss dir ja noch deinen versprochenen Kuchen backen." Stiess sie plötzlich hervor, schaute den grossen Mann teils entschuldigend und teils überrascht an. Das war ihr bei der Führung, der Kirche und dem Empfang doch glatt entfleucht. Auch Caden würde sicherlich ganz gerne aus dem Haus heraus, bevor er platzte.
"Können wir zu mir? Dann fang ich an mit dem Backen und Caden müsste ich auch rauslassen." Abigail schaute zu dem Hünen hoch.
Dem riesigen Mann war nicht ganz klar, wovon Abby sprach. Er hatte sein Handwerk gelernt, und was dazugehörte, das beherrschte er auch gut. Seine Lehrmeister waren jedenfalls immer zufrieden mit dem gewesen, was er tat. Und es wollte ihm partout nicht in den Kopf, es könne vielleicht nicht gut sein, wenn man etwas baute, das möglichst lange seinen Zweck erfüllte. Bislang war er nicht selbständig gewesen, hatte stets für andere gearbeitet. Seine einzige Sorge war gewesen, die Dinge zu bauen, die von ihm verlangt wurden. Es war für ihn nicht einzusehen, warum nicht Menschen kommen und nach seinen Diensten verlangen würden, wenn sie wußten, wie genau und wie solide er arbeitete. Warum es da nicht genug Kunden geben sollte, das ging über seinen Verstand. Anderswo hatte es auch immer ausreichend viele Leute gegeben, für die er etwas hatte bauen können – warum sollte das hier anders sein? Dennoch, er schätzte die kleine Frau sehr und tat ihre Worte nicht einfach so ab. Sie war nicht nur wunderschön, sondern auch sehr klug. Vielleicht gab es da irgend etwas, das er mit seinem langsamen Kopf noch nicht bedacht hatte? Angestrengt nachdenkend runzelte er die Stirn. Doch soviel er auch überlegte, es wollte ihm einfach nicht einleuchten, wo sie ein Problem sah. Wahrscheinlich war es einfach, weil Mädchen nichts vom Geschäftemachen verstanden. Das hatte man ihm oft gesagt, wenn er von seiner Abby geschwärmt hatte. Sie mochte ein kluges Mädchen sein, aber eben ein Mädchen. Es gab wohl Dinge, die nur Männer verstehen konnten. Sie konnte also gar nichts dafür, wenn sie sich unnötige Gedanken machte. Wenn er aber auch schließlich zu dem Schluß kam, daß sie sich wie alle Mädchen auch da Sorgen machte, wo kein Grund dazu bestand, wollte er sie doch keinesfalls verletzen.
Er lächelte also breit und nickte dann. "Ja, wennde meinst, dasses gut is, machich das!" Ein klein wenig fühlte er sich ihr dabei überlegen, und das war ein gutes Gefühl. Denn ein Mann sollte doch der sein, auf den sich die Frau verlassen konnte. Und er wollte ihr der beste Mann sein, den man sich vorstellen konnte. Sein Blick folgte ihr, wie sie durch die Werkstatt schritt und versonnen lächelte. Von ihren Kinderwünschen ahnte er in diesem Moment nicht das Geringste. In aller Unschuld dachte er, sie sei erfreut über das, was sie sah, und der Stolz auf ihren zukünftigen Mann ließe sie so strahlen. Denn auch ein Mädchen wollte natürlich einen klugen und tüchtigen Mann. Und richtig, sie lobte ihn gleich darauf auch wieder. Aus diesem Grund begann er seinerseits mit einer Mischung aus Verlegenheit und Stolz zu grinsen und lief rot an. Sie war wirklich wunderschön, und er mochte sie so sehr, er konnte gar nicht sagen, wie sehr..! Schon setzte er zu einer unschuldigen Schmeichelei an, da wurde er, wie so oft, unterbrochen, bevor der Satz seine Sprachwerkzeuge erreicht hatte. Der Kuchen, richtig! Bens Grinsen vertiefte sich, er gluckste und nickte eifrig. "Stimmt, das haste versprochen!" Wie ein kleiner Junge klatschte er erfreut in die Hände. "Ja, gern! Wird be-bestimmt ganz große Klasse, der Kuchen!" Sein Gesicht glänzte bei dem Gedanken an diese Mahlzeit. Weder kam er auf den Gedanken, es sei vielleicht ungalant, Abby damit quasi an den heißen Ofen zu drängen, noch machte er den Eindruck, als sei es regelrechte Gier, die ihn bewegte. Er freute sich vielmehr einfach auf die versprochene Leckerei und dachte nicht weiter als bis zu dem fertigen, duftenden Kuchen. Was zu tun war, bis es so weit wäre, das wußte er nicht. Er hatte kaum mehr als eine vage Vorstellung von Zutaten, die in einer großen Schüssel gerührt und dann erhitzt werden mußten. Die Küche war Mädchensache. Ein gutes Mädchen kannte sich dort bestens aus und tat seine Arbeit auch gern. Also sah er nichts Falsches daran, Abby beim Wort zu nehmen. Denn sie war gewiß das beste Mädchen, das es gab.
Ben und Abigail Menschen auf der Mainstreet werden erwähnt
Ihr Lob rief in Ben wieder mal jenes verlegene Rot auf den runden Wangen aus und eine seltsame Aura von Stolz umgab den Hünen. Er klatschte erfreut, als sie ihn an den Kuchen erinnerte, fast wie ein kleiner Junge dem man die versprochene Süssigkeit ins Gedächtnis rief. Sehr euphorisch lobte er schon jetzt ihre Backkünste, was Abigail nun ihrerseits verlegen schmunzeln liess. Ein gewisses in Talent mit allem, was in einem Ofen bereitet wurde, konnte sie nunmal ihr eigenen nennen. Seien es nun Gerichte, Kuchen, Kekse oder eben Töpferwaren. So wie Ben reagierte war es also mehr oder weniger beschlossen. Heim zu ihr und dann hiess es backen. Die Zeit des Kuchens vorbereiten würde den beiden dann wohl den Rest des Nachmittags vertreiben. Mit Kuchen, frisch und so spät gegessen würde dann wohl auch das Abendbrot entweder nach hinten verschieben oder ganz ersetzen. Aber versprochen war nunmal versprochen. Noch einmal sah sie sich in der Werkstadt um und schaute dann wieder zu Ben. „Wirklich schön. Ok lass uns zu meiner Wohnung. Wenn du fertig bist natürlich.“ Ben sollte ja noch die Gelegenheit haben wieder die Lichter zu löschen und was er sonst noch erledigen wollte, bevor sie den Ortswechsel angingen. Nachdem er fertig war hielt er ihr, in seiner leicht hektischen, unsicherern aber bestrebten Art wieder die Tür auf und trat mit ihr ins Freie. Hinter ihnen schloss er die Stellmacherei und Abigail zog den Mantel wieder enger um sich um sich vor dem Wind zu schützen. Auf der Mainstreet war mittlerweile wieder richtig betrieb wie sie feststellte. Vor dem Saloon parkte eine Kutsche, an der dieser Major mit der Frau auf dem Kutschbock sprach. Daneben ein Mann auf einem Pferd, den Abigail nicht kannte. Eine kleine Gruppe aus drei Frauen, darunter die Tochter des alten Tucker stand mit einem ihr unbekannten Mann ebenfalls in der Nähe des Saloons. Vor der Sheriffsstation stand eine weitere, geschlossene Kutsche, von der Soldaten abstiegen und Leute in die Sheriffsstation brachten.
„Gut was los für einen Sonntag.“ Stellte sie eher nebensächlich fest und hakte sich wieder bei Ben unter, der ihr den Arm anbot. Das getragen werden vorhin war zwar angenehm gewesen aber mit sovielen Menschen drum herum nahm Abigail doch lieber den Arm. Das musste reichen. Aufmunternd sah sie zu Ben hoch.