Kaum das Cassiel aus der Schneewehe heraus war und sich den Schnee von den Sachen klopfte, landete der nächste Treffer zielsicher auf seiner Brust. Stevie hielt sich den Bauch vor lachen. Cassiel prustete. "Dein Vater ist der Schuldige? Den verklage ich!" Dann nickte er dem Araber zu, der hinter Stevie lächelnd in Richtung des Saloons ging. Stevies dritter Ball verfehlte nur knapp sein Ziel. „Komm und hol dir deine Jacke, wenn du dich traust, Cassiel!“
Der junge Anwalt grinste breit. Einseifen wollte sie ihn also!? Mit einem fröhlichen "Aiaiaiaiaiai!" lief er Stevie entgegen, einen ganzen Arm voller Schnee. Dass ihm schon jetzt ziemlich kalt war, versuchte er zu ignorieren. Doch das Glück schien erneut nicht auf seiner Seite, denn kurz bevor er die Rothaarige erreichte, schlidderte er über ein Stück Eis, dass nicht von Schnee bedeckt war. Dabei begann er mit den Armen zu rudern, verlor den Schnee und übergoss sich selbst damit. "Neeeeiiiiin!" rief er fast schon verzweifelt und landete auf dem Hosenboden; direkt vor Stevies Füßen. Cassiel knirschte kurz mit den Zähnen. Der Sturz hatte weh getan. Doch er wollte sich vor Stevie keine Blöße geben und ihr nicht den Spaß verderben. Also änderte er seine Taktik. Von unten herauf sah er sie bittend an und machte ein flehendes Gesicht. Seine Stimme ließ er alt und brüchig werden.
"Gute Frau, ich bitt' euch sehr. Habt erbarmen mit einem alten Mann. Es ist so kalt und ich hab' kein'n Mantel. Mich friert so sehr." Dabei hob er leicht die Hände in Stevies Richtung und zog die Mundwinkel ein wenig nach unten. Nur das schalkhafte Glitzern in seinen Augen verriet, dass er gerade einen Scherz machte.
Man, was sieht sie atemberaubend von hier unten aus. Das ist ja der Hammer! ... ... Ach DU Depp! Hör auf! SIe hat niemals Interesse an Dir! Also lass den Unfug! SIeh lieber zu, dass Du vom kalten Boden hoch kommst und dann schleunigst in die Kirche!
Cassiel ließ sich tatsächlich herausfordern und nahm einen ganzen Arm voll Schnee, um mit lautem Gebrüll auf sie zuzustürmen. Doch abermals wollten ihm seine Füße auf dem glatten Untergrund nicht gehorchen und er kam ins schlingern, so dass er sich kurzerhand selbst einseifte. Stevies fröhliches Lachen begleitete die Szene. „So geht es natürlich auch.“ grinste sie über Cassiels betrottelten Gesichtsausddruck. Und zu guter letzt verlor er doch noch den Halt und landete auf seinem Hosenboden direkt vor Stevies Füßen. Doch Cassiel war keine Situation peinlich. Kurzerhand passte er sich der neuen Situation an und er sah bittend zu ihr auf, um mit gespielt zittriger Stimme um Erbarmen zu bitten. Nun gut, sie sollte ihm wirklich möglichst bald seinen Mantel zurückgeben. Er war mittlerweile ordentlich nass vom Schnee geworden und sie wollten natürlich nicht, dass er sich unterkühlte. Ein Reiter passierte derweil auf der Mainstreet die Szenerie, beachtete Cassiel und Stevie jedoch nicht. Er saß ernst auf seinem Pferd und man sah auch ihm an, dass er mit der Kälte zu kämpfen hatte. Stevie schenkte ihm nur einen kurzen Blick. Sie meinte ihn noch nicht hier in Camden Village gesehen zu haben, aber um das mit Sicherheit beurteilen zu können, was sie selbst erst zu kurz in dieser Stadt. Er hielt jedoch am Gästehaus an, was Stevies Vermutung bestätigte. Demnach würde sie wohl früher oder später im Speisesaal auf ihn treffen. Hoffentlich kein Kopfgeldjäger oder Gesetzeshüter. Nicht noch einer, dem sie aus dem Weg gehen müsste. Das würde ansonsten anstrengend werden. Doch den trübseligen Gedanken schob sie erstmal beiseite und lächelte Cassiel wieder an. „Also gut, ich will mal nicht so sein. Kapitualation angenommen.“ Sie streckte ihm grinsend ihre Hand entgegen und hielt mit der anderen noch seinen Mantel fest, den sie ihm ebenfalls gleich geben würde, damit ihm wieder warm wurde. Cassiel jedoch griff so unerwartete fest nach ihrer Hand und schien sich mit seinem gesamten Körpergewicht an sie zu hängen, so dass nun auch Stevies Füße ins rutschen kam. Reflexartig griff auch sie fester zu und versuchte auf den Beiden zu bleiben, doch Cassiels Gewicht zog sie augenblicklich vornüber und so schlitterteten ihre Füße nun selbst über den gefrorenen Boden. Mit einem Laut der Überraschung fiel sie direkt auf Cassiel und begrub ihn unter sich. Im ersten Moment blieb sie völlig verblüfft auf dem warmen Körper unter ihr liegen bis sie ruckartig den Kopf hob und Cassiel anschaute. Der sah so entsetzt aus, dass Stevie schon wieder zum lachen war. Und schon begannen ihre Schultern zu zucken und ihr Lachen stahl sich allmählich zwischen den Lippen hervor. Sie mussten beide aber auch ein komisches Bild abgeben und nachdem dies Cassiel offensichtlich vollkommen unangenehm war, gab es für Stevie einfach kein halten mehr vor Lachen. „War das jetzt die Rache für die Schneeballschlacht?“ lachte sie und rang nach Atem, während sie sich prustend auf alle Viere aufrichtete und Cassiel von ihrem Gewicht befreitete. Sie setzte sich auf ihre Fersen, so dass sie vor dem immer noch völlig verblüfften Cassiel kniete. „Ach es ist so herrlich mit dir Cassiel. Du könntest mich beinah an Tollpatschigkeit überbieten.“ grinste sie und streckte ihm seinen Mantel hin. „Den solltest du nun wirklich wieder anziehen, sonst holst du dir noch was hier in der Kälte.“ Das Lächeln lag immer noch auf ihren Lippen. Cassiel schaffte es immer wieder ihren Kummer und Sorgen für einen Augenblick zu vertreiben und sie zum Lachen zu bringen. Und das tat Stevie unheimlich gut.
Die Rothaarige hatte tatsächlich ein Einsehen und reichte ihm die Hand, um ihm hoch zu helfen. Und anstatt dem Anstand genüge zu tun und sich selbst hochzurappeln, zog Cassiel einfach ein wenig an Stevies Hand ... und bevor er sich versah, verlor sie ebenfalls den Halt. Csssiel breitete die Arme aus und fing Stevie auf. Sie landete mit vollem Gewicht auf seiner Brust und streifte dabei mit ihrem Knie seinen Oberschenkel. Die Narbe protestierte lautstark. Doch der junge Anwalt kam gar nicht dazu über den SChmerz nachzudenken, denn Stevie war ihm mit ihrem Sturz so nahe gekommen, wie noch nie zuvor. Und ihre Nähe lähmte den sonst so schlagfertigen jungen Iren. Er starrte sie verblüfft an und versuchte etwas zu sagen. Doch es gelang ihm nicht. Oh Gott, was riecht sie gut. Und ihr warmer Körper ist so ... und ihre Augen! Dieses Lachen! Cassiel rang nach Fassung. Und glücklicherweise übersah Stevie, dass er von so viel Nähe vollkommen gelähmt war. Kichernd setzte sie sich auf und hockte sich auf ihre Fersen. Was dazu führte, dass sie halb über ihm halb auf seinem Becken saß und nun auf ihn herab blickte. „Ach es ist so herrlich mit dir Cassiel. Du könntest mich beinah an Tollpatschigkeit überbieten.“ grinste sie und streckte ihm seinen Mantel hin. „Den solltest du nun wirklich wieder anziehen, sonst holst du dir noch was hier in der Kälte.“ Endlich löste sich Cassiel aus seiner Starre und begann zu lächeln. Nur, dass es nicht mehr so in seinen Augen blitzte. "Ja ... ehm, danke. Das woll wohl ein Kompliment sein, hm?" grinste er. "Ich würde mich ja gerne erheben, aber so beritten ... ehm, ich meine, so .. .. also ich kann nur aufstehen, wenn ... " stotterte er. Stevie stand auf und grinste noch immer. Nun rappelte sich auch der junge Anwalt auf und griff schließlich nach dem Mantel, den Stevie ihm hinhielt. Er zog ihn sich eilig über und schlug den Kragen hoch. Und plötzlich hatte er es sehr eilig zur Kirche zu kommen.
"Tja, ehm ... ich ... also ich muss echt los. Wär' peinlich, wenn ich zu spät komme." sagte er und wischte sich nervös eine Strähne aus der Stirn. "Also ... wenn Du nachher im Café vorbei kommst, wäre das sehr schön. Würd' mich echt freuen." Cassiel verstummte und sah Stevie nervös an. Verdammt, was ist denn auf einmal los mit Dir? Die Nähe von Frauen macht Dich doch sonst nicht so nervös! Reiß DIch zusammen! Cassiel schüttelte sich etwas Schnee aus den Haaren und sah Stevie schließlich wieder an. Er lächelte, aber die echte Fröhlichkeit von eben war verschwunden. Vorsichtig griff er nach ihrer Hand und gab ihr einen sanften Kuss darauf. "Bis nachher, Stevie." sagte er, wartete eine Antwort ab und beeilte sich dann die Mainstreet hinunter zu eilen und zur Kirche abzubiegen.
Cassiels Befangenheit war wirklich herzallerliebst. Jeder andere Mann hätte sich einen dämlichen Spruch oder anzügliches Grinsen erlaubt und weitaus schlimmeres, doch nicht Cassiel. Ihm war die ganze Sache unangenehm und offensichtlich peinlich, so dass er unwissentlich weitere Pluspunkte bei Stevie sammelte. Betreten rappelte er sich ebenfalls in eine sitzende Position auf und wies sie verlegen daraufhin, dass sie noch auf ihm saß. Stevie grinste und stand auf, um ihn von ihr zu befreien. Cassiel stand hastig auf und hatte es wahrlich eilig in den warmen Mantel zu kommen, was Stevie nur zu gut verstehen konnte. Er meinte, dass er dann auch zu Kirche müsste und wiederholte nochmals seine Einladung ins Cafe. Stevie nickte lächelnd und stimmte zu. „Ja, das mache ich sehr gern.“ Sie sah ihn prüfend ins Gesicht, denn plötzlich hatte sich etwas an seiner guten Laune verändert. Sie konnte sich nur nicht erklären was geschehen war und schob es abermals darauf, dass ihm die Situation unangenehm gewesen war. Trotzdem vergass er seinen guten Anstand nicht und verabschiedete sich mit einem Handkuss, schlug den Kragen seiner Jacke hoch und stapfte von dannen. „Ja, bis dann.“ antwortete Stevie leise und sah ihm nach bis er verschwunden war. Was auch immer geschehen war, irgendwie war plötzlich die Stimmung umgeschlagen. Man kannte sich dann wohl doch zu wenig um zu erahnen was in dem anderen vorging. Stevie hoffte, dass Cassiel nach der Kirche wieder der Alte war.
Da stand sie nun. In der Kälte und gewohnt allein. Nachdem es so herzlich bei den irischen Geschwistern zugegangen war und Cassiel sich zu einer Schneeballschlacht hatte hinreissen lassen, war es für Stevie beinah unerträglich nun wieder in den grauen Alltag und zu ihren Problemen zurückzukehren, die sich allesamt um ihre Existenz drehten. Nun war ihre Laune ebenfalls dabei umzuschlagen, denn mit einem Schlag waren alle Sorgen, Ängste und Nöte wieder da und wenn sie ehrlich war waren sie doch nie wirklich weggewesen. Cassiel verstand es einfach nur zu gut sie davon abzulenken, doch eine Lösung war dies leider nicht. Missmutig stopfte sie ihre Hände in die Jackentasche und machte sich zum Mietstall auf.