Timothy Drake mit Arthur Waltham und Oanez Kerfadec am Waldrand/Ortseingang
Timothys Herz machte einen Sprung in seiner Brust, als diese merkwürdige Frau ihn direkt ansah und dann ihr Wort an ihn richtete... Dann pochte es wild weiter und Timmy musste schon sehr viel Anstrengung aufbringen, um sich nicht vor Schreck in die Hose zu machen. Sein Blick haftete dabei von ganz alleine auf den dunklen Zeichnungen unterhalb des Mundes und er fragte sich erneut, was sie wohl bedeuteten mochten. Doch dann schluckte er schwer und nickte etwas abwesend. Einfach weil er dachte das würde von ihm erwartet werden. Erst als ihm langsam bewusst wurde, was die Frau gesagt hatte, grinste er verlegen. So, er und mutig... na ja... aber immerhin war er nicht einfach weggelaufen. Dann war er wohl schon ganz schön mutig... Er kicherte sogar ein bisschen, aber eher wegen dem Verhalten der fremden Frau, als denn über ihre Worte.
Waltham hatte derweil alles für einen Aufbruch vorbereitet und wollte der Fremden den Ort zeigen. Das hieß wohl Camden Village und damit hatten sie zwei neue Begleiter bekommen. Timothy wollte das nicht so wirklich gefallen, aber er wusste gut genug, dass er kein Mitspracherecht hatte und verkniff sich daher auch jeden weiteren Kommentar. Man hätte ihm weder zugehört, noch seine Bedenken verstanden. Als die beiden zu ihm herüber kamen, fing Timothy wieder an nervös von einem Bein auf das andere zu treten, nickte aber zu Walthams Anweisungen. Was sollte er auch sonst tun? Ohne den Mann war er hier im Wald ziemlich aufgeschmissen. Einen neugierigen Blick warf er dann aber doch auf die Trage, um die Kopfverletzung zu sehen. Von so einem Pferdehuf getroffen zu werden, tat schon weh und war eine aufregende Sache... aber er sah nichts auffälliges. "Ist sie denn eine Indianerin?", fragte er völlig überrascht, als er Waltham die Frau nach ihrem Stamm fragen hörte. "Indianer sind doch rot? Also Rothäute?", verlegen, weniger wegen den Läusen, kratzte sich Timothy den Kopf und begaffte die Frau erneut. Die war weiß, eindeutig. Vielleicht von der Sonne schön gebräunt, aber doch nicht rot? Und das die Eingeborenen Rothäute waren, wusste doch jedes Kind in diesem Land. Und sie trugen auch keine Kleider selbst im Winter nicht. Weil es eben Wilde waren und die kannten keine Kleidung. Zumindest hatte das Mrs. Castro immer gesagt.
Timothys Augen weideten sich, als die Frau, die sich Onaez... Onaze... ach wie auch immer genannt hatte, tatsächlich sagte, sie käme von einem Stamm namens Mohave. Tim hatte davon noch nie etwas gehört. Ihm waren Apachen ein Begriff und Cheyennen, Irokesen... Doch seine Überraschung wehrte nur kurz, denn wieder hielt sie ihn für Walthams Sohn und er musste lachen. Nur das mit dem Essen.. das ließ ihn gleich wieder ernster werden und er verstummte. "Oh du darfst mir Essen geben. Ich bin nicht sein Sohn... Er hat mich gefunden.", erklärte er grob, aber vorlaut und strahlte die Frau an. Wer ihm freiwillig Essen eben wollte, war automatisch sein bester Freund...
Anovaoo'os Stimme drang zu ihr durch. Sanuye merkte auf. Müde. Sie wusste nicht, wie lange ihre Schwester schon zu ihr gesprochen hatte. Sie hatte es nicht mitbekommen.
"Ich mag es hier..." murmelte sie. "Die Gegend ist schön. Oder wäre es, wenn hier nur Menschen leben würden. Keine... Vé'hó'e. Ja." Sie dachte an den kleinen See. Wie gern hatte sie dort gebadet. Geschwommen. Schöner aber war noch der größere See. Dort, wo sich die Vé'hó'e niedergelassen hatten und eine ganze Siedlung aus Holzhäusern errichtet hatten. Natürlich nahmen sie sich auch das schönste Stück Land. Oder besser, alles Land. Und die Menschen konnten dann sehen wo sie blieben.
Die Bitterkeit, die Sanuye schon den ganzen Tag in sich fühlte, wuchs. Sie dachte an Elisa. Ihre Freundin. Die war kein Mensch des Volkes aber auch keine Vé'hó'a. Sie war ein Büffelmädchen. Von den Vé'hó'e mindestens ebenso verachtet wie sie selber auch. Sie hatten dort im See zusammen geschwommen. Und miteinander gespielt. Das würde es wohl nicht mehr geben. Wer weiß, ob dieser See so überhaupt noch existierte. Die Vé'hó'e machten ja alles kaputt. Sie rissen die Mutter Erde planlos auf, vernichteten ganze Wälder um ihre Holzhäuser zu bauen und pflanzten sogar ihre seltsamen Gräser überall. Bei solchen Gedanken konnte einem schon richtig übel werden. Aber das schlimmste waren die Goldsucher. Sie drangen überall hin vor, kannten keine Heiligtümer und keine Tabus und mordeten wie sie konnten, solange sie nur diese Goldstückchen in ihre Hände bekamen. Sanuye hatte zwar selber noch keinen zu Gesicht bekommen, hatte aber davon schon gehört. Und was sie gehört hatte war genug, um diese Gestalten mehr zu hassen als alle anderen.
"Ich würde gern mit Dir reiten. Goldschürfer zu jagen." sagte sie und lächelte leicht. Natürlich waren das reine Wunschgedanken. Sie würden nirgendwo mehr hingehen. Und sie selber schon gar nicht. Ihr Fuß... er tat so weh. Sanuye biss die Zähne zusammen. "Ich glaube Dir, dass es ein gutes Gefühl sein wird, diese Spinnen von der heiligen Mutter Erde zu tilgen. Es ist... wie bei den Shoshonee, nicht wahr? Als wir Coups gezählt hatten. So viele Coups. Sie saßen alle ums Feuer und hatten keine Ahnung dass wir da waren. So müssen wir es auch bei den Goldschürfern machen. Wir tarnen uns. Als harmlose Frauen. Die weißen Spinnen werden uns willkommen heißen und dann werden wir sie töten und ihre Skalps nehmen. Das wird ganz einfach sein." Sie lehnte sich leicht gegen ihre Schwester. Konnte es sein, dass der Raubzug gegen die Shoshonee noch in diesem Sommer gewesen war? Ihr kam es vor, als ob es schon Jahre her war. Da war sie noch ein kleines Mädchen gewesen. Und jetzt? Sie kam sich alt vor. Uralt. Und müde. Aber es war schön, jemanden bei sich zu haben. Jemanden wie die eigene Frau. Die sie immer noch Pohkeso nannte. Kätzchen. Das tat so wohl...
In der milchigen Schneekugel schien die Zeit still zu stehen,. Nur das Rumpeln, Schaukeln und Stoßen des hölzernen Wagens zeigte, dass sie sich bewegten. Wohin es aber ging war nicht zu erahnen. Doch dann änderte sich das Verhalten. Aus dem Rumpeln wurde ein Rattern und der Boden war nicht länger grob uneben sondern vielmehr von vielen kleinen Löchern und Rillen durchzogen die der Frost hatte gefrieren lassen. Hier waren viele Menschen... oder besser viele der weißen Spinnen umhergekrabbelt und hatten ihre Spuren ebenso wie die ihrer Wagen hinterlassen. Und dann sahen sie die ersten Gebäude!
Das unterschwellige Grauen und die dahinterliegende Verzweiflung wichen höchst akuter Furcht. Sanuye spürte, wie ihr kalt wurde... noch kälter. Und dass sich ein eisiger Schauder ihren Rücken herunterbewegte. Sie kauerte sich eng an Anovaoo'o, wagte aber nicht, die Augen zu schließen. Sicher würden bald die ersten Weißen zum Wagen kommen, sie anstarren und nach ihrem Blut verlangen. So, wie an dem Tag, an dem sie ein weißer Mann hier in der Stadt einfach niedergeschlagen und zum Sterben in einen Schneehaufen geworfen hatte. Nur dass es diesmal kein einzelner Mann sein würde, sondern eine ganze Horde blutrünstiger Männer.
Und wenn sie sie nicht einfach nur töten würden? Was, wenn sie sie zuvor noch schänden würden? Das war schon einmal geschehen. Sicher würde es wieder geschehen. Die Weißen waren zu allem fähig! Das wusste sie. Es gab nur wenige unter ihnen, die bei so etwas nicht mitmachen würden. Und noch weniger, die es zu verhindern suchen würden. Wo war denn nur Chief golden Leaf?
Dann hielt der Wagen an. Die Stimmen der Weißen brabbelten durcheinander und sie stiegen ab. "Anovaoo'o! Schwester. Ich will nicht von Dir getrennt werden!" In Sanuyes Stimme schwang eine gewisse Panik mit. Aber natürlich gab es keine Chance, das zu verhindern. Die eisernen Ketten waren zu eng.
"Los Runter, ihr Hübschen!" Miller, dessen Laune während der Fahrt durch die eisige Wildnis nicht unbedingt besser geworden war, klappte die hintere ladekante herunter. "Ein schönes warmes Zimmer erwartet euch. Hopp-hopp!" Hier war erst einmal Endstation. Wie genau Endstation, das würde sich noch zeigen. Wenn es nach Miller gehen würde, dann endgültig!
Timothy Drake mit Arthur Waltham und Oanez Kerfadec am Waldrand/Ortseingang
Wenn die Geschichte von Oanez stimmte und der Mann auf der Trage einen Pferdehuf an den Kopf bekommen hatte, hatte er verfluchtes Glück das er überhaupt noch lebte. Sie reagierte dankbar auf die in Aussicht gestellte Hilfe und auch darauf, das sie die Messer behalten durfte. Die Frage nach dem Stamm beantwortete sie auch sehr freizügig und ohne zögern. Mohave. Südwesten von Colorado. Selber war Arthur in der Gegend noch nicht gewesen, nur weiter nördlich in dem Bundesstaat und der Grossteil der Mohave lebte ja ohnehin in Arizona. Sie war eindeutig weiss, wenn auch sichtbar viel an der Luft, mit der leicht gebräunten Haut, aber nichts destotrotz weiss. Die Zeichnungen am Kinn zerstörten den Eindruck hingegen völlig, ebenso die Art wie sie sprach und die Frau schien sehr überzeugt zu sein das sie eine Mohave war. Die Frage von Hanson ignorierte er in dem Moment erstmal. Der Kleine hatte den Umstand mit der Hautfarbe auch bemerkt, auch wenn er ihn kindlich naiv und eindeutig aus der Sicht eines Menschen betrachtete, der noch nie einen echten Injun gesehen hatte. Für Jung Hanson war Rothaut ganz offensichtlich wörtlich zu sehen. Durch die Frage wandte Arthur seinen Kopf zu dem Jungen. Oanez redete weiter und fragte ob sie seinem Sohn etwas zu essen geben durfte und auch hierrauf konnte der Gesetzeshüter nicht direkt antworten, wurde er dieses Mal doch von Hansons Lachen unterbrochen. Auch nahm ihm der Junge die Antwort ab, ebenso wie die Entscheidung, als er das Missverständnis aufklärte und der Frau die Erlaubnis gab ihm was zu essen zu geben.
Keineswegs überraschend. Im Moment hätte er auch gut einen Happen vertragen können. Das kleine Stück Brot vorhin im Gasthaus hatte ja nur den gröbsten Hunger gestillt, das bohrende Gefühl im Magen beruhigt. "Ja, gefunden, so kann man das sagen." Lachte er leise. Es war schon interessant zu beobachten wie jedliche Furcht und Unsicherheit von dem Jungen abfiel und er direkt zutraulich wurde. Wie ein junger Hund, der artig bellte, bis man ihm den Wurstzipfel hinhielt und Puppies bester Freund wurde.
"Ein langer Weg von Colorado, Mohave Fluss, hierher." Eine eher nebenbei eingeworfene Anmerkung und Feststellung, die Arthur da hervorbrachte. Er kannte die Strecke ja aus eigener Erfahrung. "Hanson, sei doch so gut und heb das Gewehr der Lady auf, dann können wir zu meinem Pferd und dann in den Ort. Der Mann hier braucht nen Arzt. Bald. Ansonsten können wir ihn direkt zum Digger bringen. " Arthur schnalzte auffordernd mit der Zunge und lief schonmal voraus. Sein Pferd alleine im Wald, wenn es hier offenbar irgendwo Wölfe gab, behagte ihm gar nicht. Auch wenn die normal ja nicht so dicht an Siedlungen herankamen, musste man ja nichts provozieren.
Timothy Drake mit Arthur Waltham und Oanez Kerfadec am Waldrand/Ortseingang
Das der Junge sich freute war ihr wichtiger, als das er sie begaffte. Oanez mochte es nicht so angeschaut zu werden, sie wusste seit dem Fort sehr gut, für was man sie hielt und Wilde war noch einer der harmloseren Ausdrücke gewesen, die man ihr entgegnet hatte. Freundlich nickte sie dem Kleinen zu, der sich so darüber freute, dass sie ihn mutig genannt hatte.
Die junge Frau horchte auf, als der Junge seine Weisheit über Indianer bekannt gab. Ihm sah sie es nach, aber leider hatten auch viele Weiße nur den Wissensstand eines kleinen Kindes. Kam einer hatte sich mit der Lebensart der Indianer einmal auseinandergesetzt, sah man von den wenigen Coreur des bois, die es getan hatten, ab. Ihr zeigte es, wie empfindlich sie geworden war. Es löste Ängste in ihr aus. Verlegen blickte sie zu Boden. "Rot‘äute sie Du sie nennst, sind nicht rot’äutig. Einige von die Stämme benutzen rote Erde und färben damit die ‘aut für ein Zeremonie, deshalb Indianer wohl genannt, Rot‘aut." Ihr Blick ruhte auf Hanson. "Das Volk lachen und weinen wie Du. Wenn Du unter sie gelebt ‘ättest, würdest Du sie bestimmt besser verstehen." Trotz allem Kummer über das Bild das Weiße vom Volk hatten, huschte doch ein Lächeln über ihr Gesicht, bei allem was die beiden über Indianer wussten, so halfen sie ihr und das war was zählte, ihr Hoffnung gab.
Ihre Gedanken trugen sie für einen Moment fort. ‘Was wollte sie hier? Nichts, sie war hier, weil sie hatte nicht bleiben dürfen, weil sie das Volk, den Stamm den Clan nur in Schwierigkeiten gebracht hätte und auch schon gebracht hatte. Der Grund lag in ihr und auch nicht in ihr.‘ Wenn jemand sie gefragt hätte, sie würde geantwortet haben, dass sie eine Mohave wäre, das sagte ihr Herz ihr. Was immer die Weißen versucht hatten, sie hatten es halbherzig getan. Festus war keine Ausnahme gewesen. Mit den beiden hier hatte sie mehr gesprochen als auf der ganzen Reise mit Festus. Etwas das ihr gezeigt hatte, dass man sie nicht gewollte hatte, nur einer vermeintlichen Pflicht folgte.
Es brauchte einen Moment, als sie ins hier und jetzt zurckkehrte. Erst dann war ihr klar, dass sie sich geirrt hatte. Erstaunt blickte sie den kleinen Kerl an. "Waltham Dich gefunden und Du nicht sein Sohn..." Den Kopf hatte sie leicht schief gelegt und lächelte fürsorglich, milde in die Richtung des Jungen. "… oder ‘ast Du Waltham gefunden ‘anson? Wenn Du sprechen schon für Dich allein, dann bitte…" Wie schon zurvor öfters zu bemerken war, nahm sie nun die Zügel in die rechte Hand und holte, etwas umständlich einen Lederbeutel hervor. Nun bot sie dem Jungen das Essen dar, so das er durchaus die Tätowierung auf der Unterseite des linken Handgelenkes, eine Art Kreuz auf dessen Spitzen auf den Kopf gestellt Pfeilspitzen waren (>+< und ebenfalls nach oben und unten), zu sehen bekam. Ebenfalls war sichtbar, dass das Handgelenk kreisrund wundgescheuert war, nichts was bedrohlich oder eine schwere Verletzung war. "Du Dir nehmen was Du möchtest, ja?" Der Beutel war noch gut gefüllt und es waren Nüsse, getrocknete Beeren, Bucheckern, Wurzeln und in Blättern eingeschlagen Dörrfleisch drin. Für die Jahreszeit war es ein Festessen, nicht nur was den Geschmack angeht, nein, vor allen Dingen wie nahrhaft es war. Man teilte, was man hatte, so hatte man es sie gelehrt, war freigiebig, mehr noch wenn man unter Freunden war.
Sie bot auch Waltham etwas an, es wäre mehr als unhöflich gewesen, ihm nichts anzubieten. Auf seinen Einwurf, dass dies eine lange Strecke gewesen wäre, nickte sie. "Das war es Waltham, wir reisten mehrere Monde. Kein leichter Weg, zu viel Schnee." Mehr sagte sie dazu nicht, nicht weil sie es blocken will, sondern weil sie sich nicht vorstellen kann das Waltham es gefallen würde, wenn sie von jedem Tag etwas erzählen würde, wo die meisten doch ereignislos gewesen waren.
Als Waltham Hanson auffordert das Gewehr aufzuheben, schaut sie Waltham sorgenvoll an. "Oanez geschossen, ja, aber Waffe gehört Festus. Oanez keine Kriegerin, weiß nicht ob sie gemacht alles richtig, hat Angst das ‘anson sich vielleicht verletzt." In ihren Augen war keine Lüge, sie machte sich wirklich Sorgen um den Jungen. Bei aller Eile die geboten war, um Festus zu einem Arzt zu bringen, sie wollte nicht das Hanson etwas geschah, weil sie vielleicht einen Fehler gemacht hatte.
Timothy Drake mit Arthur Waltham und Oanez Kerfadec am Waldrand/Ortseingang
Timothy grinste jungenhaft charmant, als Waltham seine Worte nicht böse auffasste, sondern sie mit einem leisen Lachen sogar bestätigte. Die Indianerfrau dagegen schien es nicht zu gefallen welches Bild Timmy von ihrem Volk hatte. Sie wies ihn nicht wirklich zurecht, noch klang sie verärgert, aber sie holte doch recht weit aus, wenn auch auf verlegene Art und Weise, um ihm sein Bild von einer Rothaut gründlich zu zerstören. Da Timothy nie wirklich große Berührungen mit Indianern gehabt hatte, und sie nur aus Erzählungen kannte, sich daher nie ein eigenes Bild hatte machen können, empfand er ein wenig Scham über seine falsche Annahme und blickte zu Boden. Da sie aber im selben Atemzug seine Ausführung über die Zusammenkunft Waltham / Timothy mit einem eigenen Scherz abrundete und ihm dann einen Beutel mit Nahrung reichte, versöhnte den Jungen rasch mit der sonderbaren Indianerin, die doch keine zu sein schien. Oder aber es war alles nur erfunden und erlogen gewesen, was er bisher über die Eingeborenen gehört hatte. Von wegen andere Hautfarbe, blutrünstig und mordlüsternd...
Er lachte kurz auf und legte in einer ähnlichen Geste den Kopf etwas schief: "Na ja, er hat mich wirklich gefunden. Ich bin mit dem Kopf im Schnee gesteckt," erzählte er wahrheitsgetreu und ließ damit den kleinen Scherz etwas verpuffen. Und.. danke," sagte er mit etwas Verzögerung, denn nach dem Beutel hatte er bereits gegriffen, während sein Magen laut vernehmlich wieder zu knurren begann. Er hatte keine Ahnung was es alles im Beutel gab, aber die Vorstellung etwas zwischen die Zähne zu bekommen, ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Für einen kurzen Moment zauderte er jedoch und starrte auf eine weitere, entdeckte Tätowierung der Frau, die diese am Handgelenkt hatte. Diese ergab für den Jungen genauso wenig Sinn wie die dunklen Striche am Kinn von Oanez. Sein Blick ruhte jedoch gleich darauf auf den roten und wundgescheuerten Abdrücken von Fesseln. Anders als bei den Tätowierungen wusste Timothy sofort was diese zu bedeuten hatten. "Mister" hatte ihn oft genug mit Stricken vertäut im Hühnerstahl nachts eingesperrt. Meist gerne dann, wenn er versucht hatte von der alten, heruntergekommenen Farm zu fliehen. Das wäre dabei nicht einmal das schlimmste gewesen, aber "Mister" hatte ihn oftmals danach für ein oder zwei Tage im Stall schlicht vergessen. Ob absichtlich oder im Suff, wusste Timothy bis heute nicht. Doch der quälende Hunger und Durst wie die Angst davor zwischen all den stinkenden Hühnern sterben zu müssen, hatten ihn oft dazu verleitet wie wild und irre an den Stricken zu ziehen und zu reißen. Erreicht hatte er nie etwas, abgesehen von wundgescheuerten Mahlen. Jemand hatte die junge Frau ganz offensichtlich als Gefangene gehalten. Entweder sehr lange oder diese hatte sich gegen die Stricke gewehrt. Ob dieser Festus tatsächlich vom Pferd niedergestreckt worden war? Gab es die Wölfe wirklich? Timothy warf der Frau über den Beutel hinweg einen sehr misstrauischen Blick zu. Wer weiß, vielleicht war das nur erlogen und erstunken? Sie hatte den Mann niedergeschlagen... Man wusste ja landläufig, dass Rothäute verlogen und hinterhältig waren... ganz gleich ob das mit der roten Haut jetzt nicht stimmte... Angst keimte in Timothy auf. Was wenn ihnen diese verlogene Indianerin eine Falle gestellt hatte? Irgendwo hier im Wald sollte es ja Indianer geben, hatte Waltham gesagt. Die konnten jeden Moment hervorspringen und sie brutal ermorden. Und skalpieren!!! 'Hör auf Timothy... reiß dich zusammen, die darf nichts davon merken' Mit diesem mahnenden Gedanken zwang er sich zu einem unschuldigen Lächeln, griff in den Beutel und warf einen Blick hinein. Da gab es sehr merkwürdige Dinge... Wurzeln, Blätter... So nahm er nur das, was er kannte... die Nüsse und die getrockneten Beeren. Gierig stopfte er sich das Essen in den Mund und alles andere in die Manteltasche, denn Waltham schickte ihn nach dem Gewehr im Schnee. Während Oanez auch Waltham etwas zu essen anbot, kaute Timothy gierig, schluckte und lief zurück zu der Waffe, ohne mitzubekommen, wie besorgt die Rothaut um sein Wohl war.
Ihm selbst kam erst jetzt der Gedanke, dass Essen könnte vergiftet sein, immerhin lauerte ja ein Hinterhalt auf sie... Er würgte ein wenig, aber das Essen lag im Mage... Wenn er jetzt nur nicht mal tot umfiele... Ängstlich blickte der Junge um sich, glaubte es in der Nähe knacken und rascheln zu hören, und rannte die wenigen Meter mit der Waffe in der Hand rasch, fast ein wenig in Panik, zurück zu Waltham, der sich längst wieder mit der Frau unterhielt. Mit klopfendem Herzen reichte er dem Mann die Waffe und warf ihm dabei einen verschwörerischen Blick zu. Den musste Waltham doch verstehen? Er wollte unbedingt etwas loswerden, wegen dem Hinterhalt, aber das durfte die Rothaut natürlich nicht hören...
Timothy Drake mit Arthur Waltham und Oanez Kerfadec am Waldrand/Ortseingang
Die weisse Mohave bot Hanson dann von ihrem Essen an. Typisches Indianeressen wie er schnell feststellte und entsprechend, selbst mit dem bohrenden Hunger, dankend ablehnte. Es überraschte den reisenden Gesetzeshüter wenig, das Oanez die Reise als beschwerlich und mehrere Monate dauernd bestätigte. Auch das die Winchester diesem Festus gehörte, war wenig überraschend für den Blonden. Die Art wie sie mit der Verwunderung Hansons umging das sie nicht rot war, war irgendwie niedlich. Sie nahm es ihm nicht übel, im Gegenteil, gab dem Jungen sogar eine nachvollziehbare Erklärung auch wenn Arthur diese für unsinnig hielt. Das spielte aber ja keine Rolle. Solange es den Jungen beruhigte und ablenkte war es in Ordnung.
Grinsend lauschte er, als Hanson von ihrer Begegnung sprach und sich artig für das Essen bedankte. Wenigstens Manieren hatte er sich behalten. Das war bei einem Kind ohne Eltern, selbst wenn es erst seid kurzem war, nicht immer der Fall. Die Striemen an den Handgelenken der Frau liessen Arthur sie kurz prüfend anblicken. Die waren noch relativ frisch, was das Verhältnis zwischen der Frau und dem Mann auf der Trage in ein ganz neues Licht rückte. Für Waltham gestaltete sich das urplötzlich so, das Oanez die Gefangene des Mannes gewesen war. Das wiederrum warf die interessante Frage auf, warum Oanez nicht stiften gegangen war, sondern sich um den ehemaligen Soldaten kümmerte. Die Reste der Uniform waren ja deutlich, auch wenn jedliche Rangabzeichen fehlten oder sonstige Zeichen der Army. Nur halt die Grundlegende Kleidung. Das eine Gefangene Person ein Gewissen entwickelt und dem Fänger hilft, statt abzuhauen, war ein Charakterzug der tief verwurzelt sass. Die Wunde an dem Mann war, wenn er das richtig gesehen hatte, zu gross um von einem Kolben oder einem Knüppel zu stammen und auch gelinde gesagt zu kräftig. Soviel Kraft steckte gewiss nicht in der Frau. Darüber hinaus war die Verletzung nicht mehr frisch, das Blut geronnen. Wenn sie hätte flüchten wollen, hätte sie Festus einfach liegen lassen können. Pferd , Ausrüstung und Waffen nehmen und in der Wildnis abtauchen können. Hanson schien sich auch so seine Gedanken zu machen, aber für Waltham waren genau diese Fesselspuren der Beweis das es stimmte was Oanez erzählt hatte.
"Danke für das Essen, aber ich kann warten bis zum Ort." Lehnte er dankend die Nahrung ab, während Hanson das Gewehr holte. Die Sorge um den Jungen hielt er für unbegründet. Der Bursche würde sich schon nicht selber umlegen, oder einen von ihnen. Wie erwartet kam er zu Waltham und reichte diesem die Waffe. Da Oanez gefeuert hatte, musste man die Waffe erstmal durchladen, bevor sie wieder Schussbereit war. Das die Frau sich um den Jungen sorgte, das dieser sich verletzen konnte an der Waffe, zeigte das sie von den Dingern gar keine Ahnung hatte. Hanson sah ihn verschwörerisch an, was Arthur mit leichtem Seitenblick bedachte, bevor er die Waffe durchlud und dann mit dem Kolben voran an Oanez zurück gab.
"Die Fesselspuren an deinen Handgelenken...du warst Festus Gefangene? Warum und...warum hilfst du ihm statt die Chance zu nutzen?" fragte er die Frau recht unverblümt. Die Antwort war sicher auch für Hanson hilfreich, dem das Misstrauen quasi ins Gesicht geschrieben stand. Arthur hatte genug schräge Vögel getroffen um zu erkennen wenn jemand definitiv keiner war und bei der Frau war er sich sicher das sie nicht log.
Timothy Drake mit Arthur Waltham und Oanez Kerfadec am Waldrand/Ortseingang
Irgendetwas sagte ihr, das da etwas war. Hanson schien wie ein Büffel der schlechtes Wasser getrunken hatte Waltham anzustieren, so als wolle er ihn auf etwas aufmerksam machen. Glaubte der Junge etwa sie wolle jemanden vergiften? Die Indianerin seufze. 'Waren denn all so... so voreingenommen? Waltham hatte das Essen abgelehnt, mit dem Hinweis er könne noch warten, hatte er die Geste nicht verstanden oder hatte er sie absichtlich nicht gewürdigt? Das Essen war gut'. Mit wachen Augen verfolgte sie, wie Hanson das Gewehr, den Feuerstock aufnahm. 'Wie konnte es nur sein, das Waltham ihm diese Aufgabe gegeben hatte? Hanson war doch ein Kind und Waffen gehörten nicht in die Hand eines Kindes, sie könnten sich daran verletzen.' Für einen Moment schloss sie die Augen. Als sie ihre Augen wieder öffnete reichte Waltham ihr die Waffe.
'War das ein Zeichen des Vertrauens?' Sie wusste nichts mehr, perplex nahm sie das Gewehr entgegen, auch noch mit der Rechten. Den Aufschrei schluckte sie gerade noch runter, presste stattdessen Luft aus ihren Lungen. Schluckte hart und hielt das Gewehr krampfhaft fest. Trotz allem nahm sie wahr, dass nun auch Waltham, bemerkt hatte, dass ihr linkes Handgelenk aufgescheuert und Wund war. Ja, er sprach sie auch so gleich an.
"Oanez keine Gefangene, Schein falsch. Festus Oanez festgemacht, damit sie nicht läuft Nachhause. Festus nicht verstanden das Oanez nicht nach andere Hause gehen wollen." Ihre Gesichtszüge spiegeln eine tief in ihrem Herzen sitzende Trauer wider. "Festus zu wenig reden. Er handelt wie glaubt richtig, deshalb er hat Oanez am Sattel festgemacht für Nacht. Oanez soll Familie in Camden Village treffen." Den letzten Satz hatte sie leidenschaftslos gesprochen, fast resignierend. "Waltham wundert sich das Oanez nicht weggelaufen? Wohin soll Oanez gehen? Zurück zu ihrer Familie Weg ist verwehrt..." Sie blickte Waltham direkt in die Augen. "...außerdem Oanez lassen niemanden zurück. Festus Hilfe brauchte und Oanez helfen konnte. Kein Mensch verdient, das bleibt alleine zurück um zu sterben." Traurig blickte sie zwischen Waltham und Hanson hin und her. "Ihr Oanez nicht glauben? …" Ihre Körperhaltung sprach in dem Moment Bände, ihre Schultern hingen herunter. "Warum? Nur weil ist anders?" Schmerz und Bitterkeit, ließen Tränen in ihre Augen steigen. Nicht hatte sie getan als jemandem helfen zu wollen und doch schien jeder ihr zu Misstrauen. "Wenn so nicht glauben wollen, Festus hat Schreiben von Regierung wo steht drin, was mit Oanez soll geschehen. Du können lesen das Onkel Leberecht wollte kümmern sich um… um kleine Wilde."
Timothy Drake mit Arthur Waltham und Oanez Kerfadec am Waldrand/Ortseingang
Timothy unterdrückt einen Seufzer, als ihm Waltham die Waffe abnahm und überhaupt nicht auf seinen Blick zu reagieren schien. Eigentlich hätte es den Jungen wohl beruhigen sollen. Immerhin war Waltham der Erwachsene, ein starker Mann noch dazu und wenn der schon keinen Anlass zur Sorge hatte, brauchte er sich auch keine machen. Aber leider hatte das Leben Timothy gelehrt, dass Erwachsene meist zu Fehleinschätzungen neigten und gar nicht so klug nachdachten und handelten wie ein Kind von ihnen erwartete. Daher entwich Timothy auch letztendlich der Seufzer laut, als er sah wie Waltham die Waffe bediente und sie dann (ja war er den wahnsinnig) an die Indianerfrau zurückgab. Diese nahm sie auch sofort an, schien aber Schmerzen zu haben. Sie ließ keinen Laut vernehmen, aber Timothy konnte sehen, wie sie das Gesicht verzog und ein wenig verkrampft wirkte. Ehe er seine Überraschung hätte überwinden können, um etwas dazu zu sagen, fing Waltham an die Rothaut auszufragen. Das war schon eher nach seinem Geschmack und entsprach doch zumindest etwas seinem Bild von einem vernünftigen Mann.
Timothys Hunger, der nur kurz gestillt worden war, die Kälte noch dazu und die Müdigkeit, machten es ihm jedoch sehr schwer zu zuhören, zu folgen und dabei auch noch mit den beiden Erwachsenen Schritt zu halten. Ein wenig neidete er dem Verletzten sein warmes und bequemes Lager auf der Liege und verfluchte seine Flöhe und Läuse, die Waltham offenbar von seinem Pferd fernhalten wollte. Wie bequem hätte er doch reisen können. Anstatt dessen fiel ihm bei jedem Schritt erneut Schnee in die Stiefel hinein, zerrte der Wind an seinem zerrissenen Mantel und der Schneefall bedeckte Haupt und Schultern, was die ganze Situation recht ungemütlich für ihn machte.
Es beruhigte ihn jedoch, dass Waltham dieselben Gedanken in Bezug auf die Indianerin hatte, denn er fragte sie über die Fesselspuren aus. Wiederum weniger beruhigte ihn die Antwort der Wilden, die abstritt eine Gefangene zu sein. Unbeeindruckt davon, dass Erwachsene sich unterhielten, zupfte er Waltham am Mantel und schob sich mit der anderen Hand einen Mantelärmel zurück, drehte den Arm und zeigte dem Mann die gebliebenen Narben, der eigenen Erfahrungen mit Hanfseilen. Dabei schüttelte er den Kopf mit Nachdruck und raunte: "Von wegen keine Gefangene. Ich weiß von was ich rede und...," ohoh.. jetzt hatte er sich aber gehörig verhaspelt. Waltham würde bestimmt wissen wollen woher das kam und woher so etwas wusste... Panik stieg in Timothy auf und er suchte fieberhaft nach einer glaubhaften Geschichte, ließ dabei rasch die Narben wieder verschwinden und war heilfroh, dass die Rothaut noch sehr viel zu sagen hatte und Waltham erst einmal von ihm abgelenkt wurde. Aber da die Frau wieder sehr abgehackt sprach, fiel es Timothy ungemein schwer der Frau zu folgen. Sie wollte jemand in Camden Village besuchen, eine Familie? Ihre Familie? War das überhaupt wichtig, wenn sie von dem verletzten Mann jetzt doch wie eine Gefangene behandelt worden war? Sie hatte doch eben zugegeben, dass sie hinter seinem Pferd hatte herlaufen müssen. Oder hatte er das wieder falsch verstanden? In seine Gedanken hinein fielen Oanez traurige Worte, mit denen sie ganz zu Recht vermutete, dass ihr nicht geglaubt wurde. Zumindest Timothy blieb misstrauisch. Auf ihre Frage sah er zu Waltham auf. Er war zwar sonst nie auf den Mund gefallen und sah sich durch seine Erlebnisse durchaus reifer und befähigt mitzureden, aber es gab Dinge, die auch für Timothy in einer anderen Liga spielten. Dumm war der Junge nicht. Entsprechend hielt er sich zurück und überließ es einem Erwachsenen mit den Tränen umzugehen. So was machte ihn eh meist nur befangen und bescherte ihn gleich ein schlechtes Gewissen. Auch wenn er gar nichts getan hatte....
Timothy Drake mit Arthur Waltham und Oanez Kerfadec am Waldrand/Ortseingang
So wie Oanez das Gewehr engegennahm wurde nur sehr deutlich das selber auch angeschlagen war und das nicht zu knapp. Sie rang ganz offensichtlich mit Tränen und nicht welche der rührenden Sorte. Die kamen erst später als sie ihre Geschichte vertieft hatte. Glaubte er ihr nicht weil sie diese Zeichen trug, weil sie ganz offenkundig viel zu lange bei den Injuns gelebt hatte? Das laute seufzen von Hanson überging er grosszügig. Die Geschichte von Oanez ergab sogar Sinn, wenn sie aus offizieler Sicht als Injun hierher gebracht wurde, würde ein Soldat, oder ehemaliger Soldat mit guter Wahrscheinlichkeit in alte Muster verfallen. Er selber tat es ja uch mit seinem Misstrauen und hinterfragen. Berufskrankheiten legte man nunmal nur schwer ab. Hanson zupfte an seiner Jacke herum und ein wenig genervt sah Arthur zu dem Jungen, der ihm ganz ähnliche Male zeigte wie Oanez sie hatte. Artis Blick wechselte zwischen dem Handgelenk und den Augen des kleinen Burschen hin und her, der mitten im Satz innehielt und die Stellen wieder verdeckte. Warum der Knabe diese Male hatte würde er nach dem Gespräch mit der Injun ergründen. Eines nach dem anderen.
"Hat nichts mit nicht glauben zu tun Miss. " beruhigte er die Frau mit den Zeichnungen im Gesicht, die so eben die Schleusen geöffnet hatte und zu weinen began. Zumindest machte sie den Eindruck als würde da noch mehr kommen als nur die leichte Steigung im Wasserpegel ihrer Augen. "Schreiben, gute Idee. Das macht es deutlicher." Auffordernd sah er Hanson an. Wenn der Junge beschäftigt war fühlte er sich nützlich und ging ihm nicht mit Fragen auf den Sack. Klarer Doppelsieg.
"Miss. Die Geschichte ergibt Sinn. Keine Bange." Setzte er zu einem weiteren Versuch an sie zu beruhigen. Im Geiste konstruierte Arthur die Geschehnisse. Soldat bringt Frau durch den halben Kontinent hierher, bindet sie das Abends an, damit sie keinen Scheiss baut. Daher die Striemen. Soweit so gut. Vor nicht allzu langer Zeit ein Wolfsangriff, Pferd scheut und tritt Soldat. Injun hilft Soldat und versucht Stadt alleine zu finden. In sich alles schlüssig und durchaus denkbar. Es waren schon viel seltsamere Dinge passiert als sowas. Blieb nur noch die Frage warum sie den rechten Arm nicht sauber bewegen konnte. "Was ist mit ihrem Arm? Hat das Pferd sie auch erwischt, oder der Wolf?" fragte er sie entsprechend und in seiner Stimme lag weder Anklage noch Misstrauen. "Ihr Essen sollten sie allerdings ein wenig zusammenhalten. Im Ort gibt es nur Nahrung die sie wohl nichtmehr gewöhnt sind und es ist wirklich nicht mehr weit. Die Haltbare Nahrung sollten sie nicht verschwenden." Fügte er schliesslich noch hinzu, denn irgendwie hatte sie etwas enttäuscht geschaut als Arthur die Vorräte aus ihrem Säckel abgelehnt hatte.
Timothy Drake mit Arthur Waltham und Oanez Kerfadec am Waldrand/Ortseingang
Aufmerksam hatte sie das Nichtgespräch zwischen Hanson und Waltham verfolgt. Die Augen des Knaben hatten etwas das sie nicht gut heißen konnte. Immer noch schien er Angst vor ihr zu haben. Das tat weh, sehr weh, wo sie doch nur versucht hatte nett zu sein, ihm etwas zu essen zu geben. Ein wenig Hoffnung lag für sie in dem was, was Waltham sprach. Er schien ihr zu glauben, sie verstehen zu können, er nannte sie sogar Miss! Das hatte keiner mehr seit mehr als einem Jahrzehnt getan. Balsam für ihr wundes Herz. Nicht das sie sich selbst so sah, aber sie kannte den Begriff, das Wort und seine tiefere Bedeutung. Ihre Wangen röteten sich leicht.
Ihre Rehaugen schauten zu Waltham. "Nein, Oanez, nur sich Handgelenk verletzt als Wolf angriff, weil sie wollte Scheit von Feuer. Vergessen das Festus sie schon festgemacht für Nacht." Beinahe hätte sie mit der Schulter gezuckt, hatte dies aber noch im letzten Moment verhindert. "Wolf Angst vor Feuer, so vertrieben..." In ihren Augen lag Trauer. "... Oanez anderes Pferd getötet, nachdem Festus versorgt, Wolf hatte Bein angenagt." Ein Tier zu töten viel ihr nicht leicht, einen Menschen zu töten war für sie ein Sakrileg, den Menschen waren heilig.
"Schulter..." Die Indianerin senkte ihr Haupt in Verlegenheit. "Feuerstock schuld an Schulter... man auch kann sagen Oanez schuld, weil dumm. Vergessen das man hält anders an Schulter, so gebremst den Schaft..." Vorsichtig öffnete sie mit der Hand einen Knopf des Mantels und schob die darunter befindliche Kleidung ein wenig fort, so dass man ein Stück der Schulter sehen konnte. Die Farbe der Haut war bläulich, mit etwas Fantasie konnte man den einen Teilandruck des Kolbens ausmachen. Dann schob sie die Kleidung wieder zu recht, verschloss den Mantel. "Oanez ehrlich, nicht lügen, ja?" Diesmal kamen die Tränen vor Schmerz. Vorsichtig gab sie dem Pferd mit einem Schnalzlauf das Zeichen weiter zu gehen.
"Ruhig nehmen von Essen, Oanez weiß wo sie schauen muss um etwas zu finden. Eichhörnchen haben viele Horte. Oder ist Essen in Stadt nicht gut oder nicht genug vorhanden? Dann Oanez helfen und suchen nach Nüssen und anderen leckeren Sachen." Die Mohave hielt inne. "Oh, tut leid, nicht aufgepasst…weil Oanez nicht gewohnt. Versteht, ja, richtig lange nicht gegessen Dinge wie gibt in Stadt. Bauch schon kommen mit damit zurecht wenn Oanez vorsichtig, Du nicht müssen Rücksicht nehmen.“ Das Gewehr hielt sie immer noch fest.
Sie wandte sich zu Hanson. "Bitte Verzeihung, nicht wollten machen Dir Angst. Oanez niemals würden tun Kind etwas... niemals Du haben mein Wort."
Andy Fleischer mit Brown und O'Brian kurz vor Camden Village
"Ich fasses nich..." murmelte Andy, den Blick auf die Zügel in seinen Händen gerichtet. Neben ihm saß Brown auf dem Kutschbock des Planwagens.
"Ich mein', wir ha'm schließlich dafür gesorgt, dasse diese Injuns da greif'n und aus'm Verkehr zieh'n konnt'n. Und ausserdem sind wir ja schließlich die Opfer, oder?"
"Nich wir! ICH!", knurrte es von hinten von der Ladefläche. Das war O'Brian.
Andy drehte sich um. O'Brian lag dick bandagiert und in zwei Wolldecken gewickelt auf dem Bauch, eingezwengt zwischen der rechten Bretterwand der Wagenwanne und einem Wall aus Ausrüstung und Klamotten, der den Innenraum des Wagens längs in der Mitte zerteilte. O'Brian konnte froh sein, dass mehrere Schlafsäcke seine Sicht zu seiner Linken verdeckten. Denn hinter diesem provisorischen Wall waren drei Leichen, steinhart gefroren in grotesken Verrenkungen, wie Brennholz übereinander gestapelt.
"ICH hab'n Scheiß Injun-Messer zwischen die Schulterblätter gerammt gekricht, voll auf'n Rückenwirbel! Ihr hab't doch nur danehm gestand'n und der Rothautfurie dabei zugeguckt, wie se mich praktisch abgestoch'n hat! Scheiße, das tut weh als würde ihr Messer da immer noch drinsteck'n! Bis zum Heft, kein Scheiß!"
"Ja, mein' ich doch, du bist natürlich das Opfer. Aber mein Biseness is auch im Arsch. Meine Skinner sind entweder tiefgefror'n oder schwerverletzt. Das hatte ich mir auch anners vorgestellt...", murmelte Andy.
"Sei froh, dass das Miststück sauber den Wirbel getroffen hat und nicht abgerutscht ist, sonst hätte die dir sofort akkurat die Herzkammer aufgeschlitzt. Jeder Tag, den du noch hast, is'n geschenkter Tag, O'Brian...", murmelte Brown während er sich seine Pfeife stopfte.
"Sind die Zigaretten von Roth alle?", fragte Andy.
"Jup. Raucht sich schnell weg, das neumodische Zeugs. Kann mit ner ordentlichen Pfeife irgendwie doch nicht mithalten."
Andy schaute wieder über die Schulter in den Laderaum. "Und, O'Brian? Wie isses?"
"Es tut höllisch WEEEH! Sachte ich doch schon", knirschte der Ire, die Lippen auf der Wolldecke, die die Bodenplanken abdeckte.
"Lass mal seh'n...", murmelte Brown und schlug vorsichtig die beiden Wolldecken zurück. Vorsichtig betastete er den Verband.
"AUUUU!", fauchte O'Brian.
"Und? Suppt noch durch..?", murmelte Andy leise.
"Nein. Is jetzt ordentlich verschorft. Wenn er keinen Wundbrand bekommt, sollte das klargehen...", murmelte Brown. "Den Verband wechseln wir erst morgen wieder. Hat der Sani im Fort gut gemacht."
"Mal seh'n was für'n Quacksalber wir in dem Kaff auftreibm könn'...", murmelte Andy. "So gut wie der Typ im Fort krich ich dich jehnfalls nich wieder eingewickelt. Sieht echt gut aus, O'Brian! Du hast jetz irg'ntwie was vonner Mumie oder so. Ich mein', diese ägyptisch'n tot'n Ritter oder Könige oder was das war'n."
"Pharaonen..." Brown zündete sich die Pfeife an und paffte genüßlich blaue Wolken, die nach hinten in den Wagen zogen. O'Brian hustete trocken in die Wolldecke.
"Ja Faronen, weiß ich auch! Sei ma froh, dass du noch so quietschlebendich bist, O'Brian! Wenn du Glück hast, biste nich gelähmt. Ansonsten is auch nich so schlimm. Dann treibm wir ne Schubkarre auf und da setz'n wir dich dann rein..."
Andy kicherte über seinen Witz, den er für ziemlich gelungen hielt.
"Ha ha ha...", krächzte es aus dem Innenraum, gefolgt von einem trockene Husten.
"Na jehnfalls, der Mäidschör war ja echtn harter Hund, was?", meinte Andy. "Total unfreundlich und misstrauisch. Hat irntwie kaum zugehört!"
"Der hat ganz genau zugehört...", murmelte Brown zwischen zwei blauen Wölkchen.
"Ja, irntwie schon, ich bekam richtich Muffnsaus'n als O'Brian so seine dreckign Bemerkungen über die roten Bitches machte. Ich dachte jetzt isses soweit und der verrückte Ire quasselt uns alle um Kopf und Kragen... Das is jetzt die Strafe, hörst du, O'Brian! Kleine Sünd'n bestraft der liebe Gott sofort!"
"Dann will ich aber nich wissn, was der erstmal bei großn Sünden macht...", grummelte es von hinten.
"Wir bekommen Besuch...!", rief Brown halblaut.
Andy verdrehte sofort erschrocken den Kopf.
"Oh Mann, ich dachte schon jetzt komm' die Injuns wieder! Das isn Weisser!"
Andy zog die Zügel an und machte laut "Brrrrr!".
Brown entsicherte hörbar den Revolver in seinem Holster. "Man kann nie wissen...", murmelte er entschuldigend. Ein einzelner Reiter trabte von hinten heran. Andy taxierte ihn blitzschnell mit einem Seitenblick über die Schulter. Gefährlich sah der Mann nicht aus. Er trug einen dunklen Feine-Leute-Anzug und einen dunkelblauen Mantel darüber. Auf dem Kopf trug er einen schwarzen Bowler. Hinter dem Sattel hüpfte eine unfachmännisch vertäute Arzttasche bei jedem Schritt des Pferdes umher. Ein Stadt-Fuzzi, kein Zweifel.
Timothy Drake mit Arthur am Waldrand, dann Ortseingang
Mehr als nur froh, dass Waltham an der Frau interessiert war, zumindest im Augenblick, atmete der Junge tief durch und zog die Hände noch tiefer in die viel zu langen Mantelärmel zurück. So, als könnte dies die Male für alle Zeiten verschwinden lassen oder aus Walthams Gedächtnis streichen. Aber mit viel Glück war Waltham wie die meisten Erwachsenen auch - wenig interessiert an einem Kind und mit eigenen Problemen so beschäftigt, dass er schon wieder vergessen hatte, dass Timothy unbedacht einen tiefen Einblick in etwas gegeben hatte, was der Junge gerne selbst vergessen hätte. Aber eines war ziemlich sicher: Waltham war ganz schön begriffsstutzig. Da hatte er schon den stummen Hinweis auf einen möglichen Hinterhalt ignoriert und nun verstand er nicht mal die Andeutung die Timothy auch noch bildlich untermalt hatte. Im Gegenteil, Waltham wirkte genervt. Das war auch nichts Neues für Timothy. Diese Wirkung schienen Kinder allgemein auf Erwachsene zu haben. Statt auf Timothy zu achten, plauderte der Mann also lieber weiter mit dieser Indianerin. Und das in einem Ton, als vermute er tatsächlich keine Gefahr. Timothy seufzte leise auf. Vielleicht wurde es Zeit, sich zu verkrümeln. Immerhin war es gut möglich, dass er recht in Bezug auf die Rothaut hatte und dann wollte er doch lieber weit weg sein, wenn deren Freunde hinter den Bäumen mit ihren Äxten oder wie diese Dinge auch immer hießen, auftauchten und Waltham und ihn niederschlugen. Aus seinem Fluchtplan wurde jedoch erst einmal nichts, denn die Indianerin berichtete von einem Brief, der ihre Geschichte bekräftigen sollte. Und da ER ja nicht begriffsstutzig war, deutete er den Blick, der ihn von Waltham traf ganz deutlich als Aufforderung. Skeptisch warf Timothy auch gleich einen Blick auf den verletzten Mann, der hinter dem Pferd hergezogen wurde. Hoffentlich war der nicht inzwischen gestorben. Denn einen Toten wollte er nicht anfassen müssen. Na gut, eine andere Wahl hatte er wohl gerade nicht. Vielleicht hatte der Mann ja sogar nützliches in den Taschen. Ein Messer, oder etwas Bargeld. Lohnen würde sich das also auf jeden Fall für Timothy. Allerdings stieß es ihm schon bitter auf, dass Waltham der Rothaut eben bestätigte, dass er ihr glaubte und sie sich keine Gedanken zu machen brauchte. Er sorgte sich sogar um deren Wohlbefinden. Wenn das nur mal nicht schief ging... Timothy blieb misstrauisch und während er etwas zurückfiel, um mit der Trage auf gleiche Höhe zu geraden, warf er einen erneuten Blick in die Gegend. Doch durch den Schneefall hindurch konnte er nichts wirklich verdächtiges erkennen. Sie schienen tatsächlich die einzigen Menschen auf Erden zu sein, die sich bei diesem Wetter hier draußen herumtrieben.
Da die Erwachsenen erst einmal mit sich selbst beschäftigt waren, widmete Timothy seine Aufmerksamkeit auf den Verletzten. Dieser war gut in Decken gepackt und machte es daher Timmy etwas schwierig an die Taschen zu kommen. Da der Mann aber sich nicht regte und auch dann nicht, als Timothy die Decken etwas zur Seite klappte, schöpfte er Zuversicht in sein Vorhaben. Es wäre sicher einfacher gewesen, wenn das Pferd gestanden hätte, aber da es auch nicht wirklich schnell und gut vorankam, kam der Junge zurecht. Gerade hatte er eine Hand in der Manteltasche des Mannes, als die Stimme der Indianerin etwas lauter wurde und ihn aufblicken ließ. Das lag daran, dass die Frau ihren Kopf zu ihm gewandt hatte und ihn ansprach. Timothy versuchte nicht zu sehr deswegen zu erschrecken und wirkte dann sogar ein wenig bedröppelt, weil die Frau sichtlich sein Misstrauen und seine Befürchtungen gespürt zu haben schien. Anders konnte sich Timmy deren Versicherung über ihre Harmlosigkeit nicht erklären. Er nickte etwas beschämt und wandte sich rasch wieder der Suche zu. Der Brief war sogar gleich gefunden. Zumindest nahm Timothy an, er habe das richtige Dokument gefunden. Das dem wohl nicht so war, stellte sich kurz darauf heraus, als Timmy noch ein weiteres Schreiben fand. Da die Erwachsenen weiterhin eine Unterhaltung pflegten, ließ es sich Timothy nicht nehmen auch den Rest ein wenig genauer zu untersuchen. Er zögerte nicht einmal, als er eine Taschenuhr, ein einfaches Taschenmesser und eine gut gefüllte Börse fand. Beide Gegenstände verschwanden flink in den Tiefen seiner unzähligen Taschen an Mantel, Jacken, Hemden und Hosen. Bei der Börse zögerte er etwas, obwohl sie die größte Versuchung für ihn war. Deren Verlust würde aber sicher bemerkt werden und dann ließ sich rasch erklären wo diese abgeblieben war. Er war schon für viel weniger von Ladenbesitzern und einigen Sheriffs verprügelt worden, da wollte er sich nicht erst ausmalen, was ihm drohte, sollte man ihn für diesen Diebstahl belangen. Er konnte nicht einmal etwas aus der Börse nehmen, weil dies sicherlich aufgefallen wäre. Alles andere schien für Timothy ohne Wert zu sein und verblieb seinem Besitzer. Er wollte ja nicht auf sich aufmerksam machen.
"Ich hab ihn.. oder sie," verkündete er schließlich laut, damit die beiden nicht doch noch einen Verdacht bekamen und sprang zurück an Walthams Seite, um ihn die beiden Schreiben zu reichen. "Es sind aber zwei."
Timothy Drake mit Arthur am Waldrand, dann Ortseingang
Timothy machte ganz den Eindruck als wäre er irgendwie erleichtert das Arthur nicht weiter auf seinen Erfahrungen mit Fesseln herumritt. Fast schon Dankbar für die Bitte, die Briefe zu holen wirkte der Kleine. Die Möglichkeit, das seine Mutter gar nicht so nett war, vermutlich nichtmal krank und Hanson nur weggelaufen war zu seinem Vater, machte sich in Arthur breit, aber das hatte Zeit. Auf jeden Fall würde er ein gutes Auge auf den Knirps haben, im Moment allerdings beanspruchte Oanez seine Aufmerksamkeit. Was diese so berichtete, liess die Frau nicht gerade als Geschickt erscheinen. Vergessen das sie angebunden war und auch mit dem 'Feuerstock' konnte sie ganz offensichtlich nicht besonders gut umgehen. Schulterprellungen bis hin zu Brüchen waren nichts ungewöhnliches. Ein Gewehr kannte da keine Gnade, weder für den vor dem Lauf, noch für den Schützen, wenn man das Schulterstück nicht gut festdrückte. Sie zeigte auch sehr undamenhaft die blaue Schulter auf die Arthur allerdings nicht schaute. Das gehörte sich nicht. Er glaubte der Frau ohnehin das sie verletzt war, das sah man an der Art wie sie ihren Arm bewegte, oder eben nicht bewegte. Erneut bot sie von ihrem Essen an und Arti lehnte erneut mit einem milden Lächeln ab. Zwar hatte er Hunger, aber auf Nüsse und Zeugs hatte er nun keine wirkliche Lust. Lieber etwas gute, deftige Hausmannskost im Hotel. Solange konnte er auf jeden Fall noch durchhalten, so weit war es ja nicht.
Hanson kam dann mit dem Brief, oder besser den Briefen und hielt sie Arthur hin. "Danke." Nickte er dem Kleinen zu und nahm die Briefe zur Hand. Da einer der Briefe nicht in einem Umschlag war, nahm Arthur diesen zuerst zur Hand und überflog diesen. Unterschrieben von ihrem Onkel, einem Leberecht. Seltsamer Name wie Arthur fand, musste einer dieser verflixten Imigranten sein die das Land mehr und mehr überschwemmten. Der Brief sprach von einer verlorenen Familie und einer langen, offensichtlich bis vor kurzem sehr erfolglosen Suche. Ein Telegram fiel aus dem Brief, das Arthur auffing und an einen Major Kellermann ging in dem die Anweisung an dden Major ging, Oanez hierher zu bringen. Das warf doch die unschöne Frage auf, wo man mit der weissen Mohave hinsollte, bis dieser Leberecht auftauchte. Stadt oder Reservat? Arthur faltete das Telegram wieder in den Brief ein und nahm den zweiten aus dem Umschlag. Der war schon ein halbes Jahr alt. Auch eine sehr amtliche Anweisung und ein gefährlicher Brief. Trügerische Sicherheit für den Träger des Schreibens, wie Festus bewies. Naja, wenigstens handelte Arthur hier gemäss dem Schreiben. Auch dieses faltete er wieder zusammen und steckte beide Briefe und das Telegram in den Umschlag. "Eine bewegte Zeit gehabt wie ich sehe." Stellte er eher sachlich fest und sah zu seinem Pferd, bei dem die kleine Gruppe angekommen war.
"Haben sie diesen Onkel schonmal gesehen? Wie ist sein Familienname? Das würde es sehr erleichtern ihn zu finden." Fragte Arthur und grinste etwas schräg zu Hanson. Das Leben konnte einem schon sehr interessante Streiche spielen. Kaum im neuen Ort schon hatte er zwei Menschen an der Backe, die beide ein Familienmitglied suchten. Das beste war wohl wirklich direkt beim Sheriff vorbei zu schauen und mal zu fragen. Arthur war ja noch neu in der Stadt und kannte keinen einzigen Menschen, ausser denen aus dem Gästehaus. Miss Hunter, Miss Spencer und eben den Sheriff und den Reverend zumindest vom sehen. "Hanson, setzt dich auf die Schlepptrage, dann kommen wir schneller voran." Wies er den Kleinen an. Ob Oanez auf dem Zugpferd reiten wollte, oder lieber weiter zu Fuss ging, überliess er mal ihr. Solange würde er warten, bevor er sich auf sein eigenes Pferd schwingen würde. Mit dem kaputten Arm brauchte sie ja eventuel Hilfe beim aufsitzen.
Mathew Codswallop mit Andy Fleischer, Brown und O'Brian kurz vor Camden Village, dann an der Sheriff-Station
Langsam kroch die Kälte empfindlich in Mathew Codswallops Knochen und so versuchte es der Hilfsstaatsanwalt mit ein wenig Bewegung im Sattel und ging in einen leichten Trab über. Ein paar mal klatschte sein Hintern unsanft auf den Sattel, bis er endlich den Rhythmus heraus hatte.
Na geht, doch, Mathew!
Rasch holte er mit dem Planwagen vor ihm auf, dessen Fahrer jetzt anhielt und ihn vom Kutschbock aus mit verrenktem Hals an der Plane vorbei musterte. Mathew streckte sich, um möglichste eine gute Figur im Sattel zu machen und ging erst wenige Yards vor dem Wagen in den Schritt über und hielt dann neben dem Fahrer an.
„G’Day, Sir!“, erwiderte er die Begrüßung und tippte sich an den Bowler. „Codswallop, mein Name…“
„Codswallop?! Ernsthaft?!“ , krächzte es glucksend aus dem Wageninneren, was allerdings sofort in ein trockenes Husten überging.
„… Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Wyoming!“, überging er die Respektlosigkeit, wobei er seine Stimme allerdings Erfurcht heischend erhob. „Mit wem habe ich die Ehre, wenn ich fragen darf?“
„Oh… Entschuldigen Sie bitte. Der Mann ist Ire und außerdem nicht so ganz auf dem Damm. Ich bin Andy Fleischer, und das ist… Der Mann zeigte auf den etwas älteren Herrn mit einem imposanten Schnauzer neben ihm und zögerte kurz. Der Mann mit dem Schnauzer schaute ihm nicht unfreundlich aber sehr direkt in die Augen. “… mein … Kollege Mr. Brown. Wir sind Büffeljäger, ham einige Jahre in Texas und Oklahoma gejagt und jetzt woll’n wir hier oben ma unser Glück versuch’n…"
Mathew hatte den Eindruck, dass die Hackordnung zwischen den Männern auf dem Kutschbock nicht ganz klar war und vielleicht gerade neu verhandelt wurde. Hatte sich der Jüngere vielleicht gerade zum Partner hochgearbeitet? Oder war es anders herum, und der Ältere zeigte dem Mann an den Zügeln jetzt wo es lang ging?
“Und Sie? Was macht’n `n Staatsanwalt hier so mitt’n inner Landschaft bei dem Wetter? Sie woll’n wohl auch nach Camd’n Villitsch, oder?“
„Ganz recht, Mister“, entgegnete Mathew. „Ich reite den Circuit ab, den Gerichtskreis. Eigentlich war ich mit dem Zug unterwegs, aber das Wetter hat mir da einen Strich durch die Rechnung gemacht. Genau genommen ist dieser Gaul bereits mein drittes Verkehrsmittel, um endlich in diesen Ort zu kommen. Unweit von hier hatte unsere Postkutsche einen Unfall.“
“Na, das nenne ich mal widrige Umstände, Mister.“, meldete sich der Schnauzbärtige zu Wort. „Aber wie ich sehe, ist die Staatsanwaltschaft nicht so leicht zu stoppen und sattelt notfalls die Pferde. Die Kavallerie der Justiz, was?“
„Sie sagen es! Guter Mann!“, entgegnete Codswallop. Der Schnauzbärtige gefiel ihm sofort, solider Bursche mit Lebenserfahrung und dem Herz auf dem rechten Fleck, das erkannte er sofort.
“Das is ja’n Zufall jetz…,“ murmelte Fleischer, der Mann mit den Zügeln in der Hand. “Ich schätz mal wir ham Arbeit für Sie… Kuckn Sie mal in’ Wagn, aber nich erschreckn…“
Codswallop hob die rechte Augenbraue, beugte sich im Sattel vor und lugte an Fleischer vorbei ins Wageninnere. Zuerst mochte er seinem ersten Eindruck kaum glauben. Zu unglaublich war der Anblick der grotesk verrenkten Leichen, die übereinander gestapelt im Wagen lagen.
„Oh mein Gott…! Das sind ja… wie viele sind denn… oh Mann, eins, Zwei, DREI, VIER LEICHEN!!!“
“Drei Leichn! Ich leg gesteigertn Wert darauf, dass mich die dreckige Rothaut trotz aller Versuche nicht geschafft hat…!“, krächzte es aus dem Wagen. Das war offenbar der Ire, der sich den Innenraum mit den drei Verblichenen teilen musste.
Codswallop schluckte und benötigte einen Augenblick, um sich zu sammeln. Den Ritt nach Camden Village hatte er nicht umsonst angetreten, das war jetzt schon klar. Das Verbrechen hatte in dieser beschaulichen Gegend zugeschlagen. Kapitalverbrechen! Und nicht nur einmal, sondern dreimal! Viermal, genau genommen, der vorlaute Ire war anscheinend ein versuchter Mord!
„Meine Herren, was ist hier passiert? Ihr Kollege erwähnte Rothäute, hab’ ich das richtig verstanden?“, fragte er um Autorität bemüht.
“Die Cheyennes sind in Wyoming angekommen, Sir. Das ist passiert. `S war `n höllischer Kampf, Sir. Wir haben drei gute Männer verloren, sehen Sie ja…“, sagte der Schnauzbärtige.
Codswallop seufzte. Das klang jetzt eher nach Krieg als nach Strafverfolgung. Vor seinem inneren Auge sah er Horden wild schreiender Wilder, die auf ihren flinken Ponies in der schneebedeckten Ebene verschwanden. Da konnte er schlecht eine Sheriff und seinen Deputy los schicken, um eine Festnahme vorzunehmen.
„Verdammt. Ich wünschte ich wär’ noch mal in Ihrem Alter, Mr. Fleischer. Damals haben wir’s den Cheyennes richtig gegeben…“
“Ham wir auch schon, so is das nich, Mister…“ entgegnete Fleischer. “Hier, unser Kollege O’Brian und sein Freund Kowalski, die ham früher schon mal Cheyennes umgenietet, die ihnen auf die Pelle rückten, nich wahr, O’Brian?
"Hastu schön gesacht, Boss…", krächzte es aus dem Wageninneren.
“Und mein Kollege Brown und ich, wir waren `75 in Adobe Walls“ schaltete Fleischer sich ein. “Da ham die Wildn versucht uns zu überrennen. Komantschen, Kiowa, Cheyennes, alles was Federn aufm Kopf undn Pony unterm Arsch hatte. Aba da hattn die sich die Falschn ausgesucht. Ich sach das nur mal damit Sie nich denkn wir könn uns nich verteidigen. Und Sie, hatten Sie auch schon mal mit den zu tun…?“
„Ich war Leutnant der Dritten Colorado Freiwilligen unter Chivington. Ich war am Sand Creek dabei“, sagte Codswallop so beiläufig wie möglich, was aber nicht hundertprozentig klappte, weil ihn die Vorfreude auf die eigene Bewundernswürdigkeit kurz übermannte und ihm die Mundwinkel nach oben trieb. Schnell setzte er wieder ein möglichst ausdrucksloses Gesicht auf.
“Oh, wow… Da ham Sie richtich…“ Fleischer brachte den Satz nicht zu Ende. Er war offensichtlich beeindruckt.
„Wir haben die Hostiles aufgespürt, die Glaceehandschuhe ausgezogen und keine Gefangenen gemacht. Danach hatten wir westlich der Rockies in Colorado kein größeres Indianerproblem mehr“, sagte Codswallop so cool wie möglich. „Tja… wie man sieht, ist das Indianerproblem weiter gezogen… da wünscht man sich glatt, man wäre noch mal bei der Kavallerie. Bei der blauen Kavallerie. Und nicht bei der Kavallerie der Justiz… Ich nehme an, die Skins sind über alle Berge?“
“Nee, da ham Sie Glück. Die Army hat die Vier, die wir wieder erkannt ham, heute Vormittach im Fort hopps genomm. Die wern grade nach Camdm Villitsch gekarrt. Da brauchn Sie keine Injuns mehr kreuz und quer über die Prärie jagn. Ich nehm mal an wenn Sie jetz zum Scherriff reitn, dasse die jetz schon bei ihm im Jail ankuckn könn. Ganz bequem wie die Affn im Zoo. “, sagte Fleischer zu Codswallops Überraschung.
Der Hilfsstaatsanwalt spürte, wie sein Puls zu rasen begann.
„Ernsthaft…?“
“Echt jetz. Kein Scheiß, Mister. Wir warn ja dabei, als die Soldaten die hopps genomm habn. Dabei is O’Brian noch mitm Messer angegriffn worden. Die sind jetz allesamt schön in Rasselkettn. Die laufn Ihn nich wech, hehe…“
„Donnerwetter! Das nenne ich mal effektive Amtshilfe…!“, entfuhr es Codswallop.
“Ich nehm mal an Sie wolln dann ersma zum Scherriff, was? Ich sach Ihn aber jetz schon, die sind bockich. Zwei von den könn Englisch, aber würde mich nich wunnern wenn die trotzdem die Zähne nich ausnanner kriegn…“
„Gentlemen…“, räusperte sich Codswallop bedeutungsschwer. „Ich darf Ihnen jetzt schon im Namen des Volkes von Wyoming für Ihre wertvolle Hilfe in dieser Sache danken. Ich darf Ihnen versichern, dass alles getan werden wird, um die Täter so schnell wie möglich ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Aber lassen Sie uns jetzt erstmal in die Stadt reiten!“
Codswallop gab seinem Mietgaul die Sporen, worauf dieser einen unerwartet kraftvollen Satz machte und sofort in einen lebhaften Trab verfiel. Der Hilsstaatsanwalt klammerte sich reflexhaft am Sattelknauf fest und benötigte einige Schritte, bis er wieder das Gefühl hatte, Herr im Sattel zu sein. Hinter ihm hörte er, wie sich der Wagen quietschend in Bewegung setzte.
„Die Kavallerie der Justiz, hehe…“, murmelte jemand in seinem Rücken. Codswallop reckte sich im Sattel und überhörte das. Vor ihm lag eine große Aufgabe. Er würde sich schon Respekt vor jedermann verschaffen…