Nur schwer war sie aus einem Schlaf gewacht, der tiefer gewesen war als sie geplant hatte. Die Gefahr, entdeckt zu werden immer noch allgegenwärtig. Die Gefahr, dass ihr Schlaf durch einen Eindringling oder Gesetzeshüter gestört würde. Aber solche Dinge ließen sich nicht kalkulieren, Schlaf schon gar nicht. Und ihr Körper hatte ihren Tribut gefordert. Sie war erschöpft gewesen und müde, so müde. Wie lange sie geschlafen hatte konnte sie nicht sagen. Zeit war eigentlich egal, sie konnte sowieso nicht einschätzen wie viel Uhr es war und wo die Sonne stand. Sie blinzelte müde gegen das Dämmerlicht in der Hütte. Langsam drangen die Erlebnisse der letzten Stunden in ihr Bewusstsein und zurück blieb ein leicht flaues Gefühl und Durst. Ihr Körper schmerzte von den Strapazen und auch obwohl sie sich sauber fühlte jagte es ihr ein Schauer über den Rücken wenn sie an Horatio dachte. Gähnend streckte sie sich, dehnte die steif gewordenen Glieder. Ein leichter Schmerz begann sich anzukündigen. Vorsichtig tastete sie nach ihrer Wange, die immer noch leicht geschwollen war. Au! Sie stöhnte leise und richtete sich träge auf. Ein wenig schwindlig war ihr, als Lucy zu schnell aufstand und nach dem Wasser griff. Zu hastig trank sie und verschluckte sich, verschüttete zu viel Wasser. Verdammt! Sie wollte nicht allzu schnell wieder hinaus in die Kälte und Nachschub besorgen.
Wie ein Tier im Käfig begann sie in der Hütte auf-und abzulaufen, um Ruhe bemüht. Lange hielt sie es dann doch nicht in dem Holzverschlag aus. Eine innere Unruhe trieb sie nach draußen, obwohl sie geglaubt hatte, die Sicherheit für einen Augenblick genießen zu können. Aber es war nicht Lucys Art still zu sitzen, die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten. Einen wirklichen Plan wie es weitergehen sollte wusste sie nicht. Das wollte sie im Moment auch gar nicht wissen. Erst einmal leben und überleben. Sie verschloss die Tür, während sie kritisch einen Schritt zurück trat und ihr Ergebnis zu beobachten. Nein, niemand würde sehen, dass jemand hier Quartier bezogen hatte.
Fröstelnd schlang sie die Arme um den Körper und stapfte durch den Schnee, Waffen unter den Hosenbund und Wasserkanne unter den Arm geklemmt. Mit gespitzten Ohren und so leise wie möglich versuchte sie sich zu bewegen. Sie hörte aber nichts außer den eigenen, viel zu lauten Atem und Waldgeräusche. Ihre Müdigkeit verfolg, das leichte Ziehen in den Knochen aber blieb. Egal, sie wollte sich erst einmal auf die Suche nach Wasser machen und danach wieder zurück in die sichere Hütte, die Zeit totsitzen und auf ein Ereignis warten. Das Essen, das sie hatte mitgehen lassen würde sie noch eine Weile über Wasser halten. Hunger verspürte sie keinen mehr. Schnee schmelzen, dafür hatte sie keinen Nerv und aus einem unerklärlichen Grund wollte sie sich auch nicht feige verstecken. Zumindest nicht sofort. So lange sie Augen und Ohren offen hielt würde ihr nichts passieren, da war sie zuversichtlich. Horatio war verletzt, sie nicht. Und Fremde verirrten sich nicht in den Wald-so hoffte sie zumindest. Der Bach war, trotz Lucys eher schlechtem Orientierungssinn, schnell erreicht. Während sie einen letzten Blick über die Schulter warf, beugte sie sich hinunter und begann die Flasche aufzuschrauben, um sie in den Bachlauf zu halten.
Der Bach war, trotz Lucys eher schlechtem Orientierungssinn, schnell erreicht. Während sie einen letzten Blick über die Schulter warf, beugte sie sich hinunter und begann die Flasche aufzuschrauben, um sie in den Bachlauf zu halten.
Das Gespräch mit dem Sheriff war angenehm verlaufen und Arthur hatte die kleine Veranstaltung nach einem schnellen Happen vom Buffet verlassen. Es wäre sicher nett die ganze Gemeinde zu sehen und mitzuerleben was so ablief in der Stadt, die Leute zu beobachten, zu sehen wer wen wie ansah aber das hatte alles noch Zeit. So ganz wohl war ihm nicht, sich als Fremder in diese Gesellschaft zu drängeln und dem kleinen Ritus beizuwohnen, den der Reverend für seine Gemeinde angedacht hatte. Entsprechend hatte er nur schnell etwas gegessen von dem köstlichen Buffet und war dann nach oben gegangen auf sein Zimmer. Da ihm da aber schon nach einigen Minuten langweilig geworden war, entschied sich Arthur zu einem kleinen Ausritt. Nicht die schlauste Idee bei Minusgraden, kniehohem Schnee und Wind und Schneefall, aber zumindest bedeutete das, das er dort draussen wohl kaum jemandem begegnen würde. Ein wenig Ruhe und die Einsamkeit der Wildnis um den Kopf klar zu bekommen würden ihm gewiss gut tun. So hatte Arthur seine Quigley im Sattelholster und seinen Colt am Gürtel, den warmen Reisemantel wieder angelegt, seinen Schal um den Hals gewickelt. Die Handschuhe und auch den Rest der Winterklamotte wieder angetüdelt und sass nun hoch zu Ross, mollig eingemummelt, soweit es eben ging und durchritt die Gegend um Camden Village. Sicherlich verfrüht denn noch hatte er den Job als Deputy ja nicht, aber wenn er ihn bekommen sollte, wollte er sich doch schonmal mit der Gegend vertraut machen. Die umliegenden Farmen abzureiten würde zwar etwas den Zeitrahmen sprengen aber einen groben Überblick würde er sich ja schonmal verschaffen können.
Sein Pferd war von der Idee zwar nicht sonderlich begeistert aber das kümmerte den Südstaatler nicht wirklich. Das Tier hatte eine Decke übergelegt, was zumindest ein wenig gegen die Kälte half und ohne Pferd wollte Arthur hier oben ganz sicher nicht durch den Schnee streifen. Wenn er sich hier verlief sass er ohne Gaul ziemlich in der Patsche. Die Gegend gefiel dem Blonden recht gut. Die Ausläufer der Rockies im Westen, deren Bergspitzen man im grauen Himmel dank des Schnees nur schlecht ausmachen konnte, aber die Fantasy füllte die fehlenden Teile auf. Die Wälder waren dicht und üppig und irgendwie schienen überall kleine Bäche zu sein die den Landstrich durchzogen. Im Sommer musste diese Gegend von einer einzigartigen, urwüchsigen Schönheit sein. So ganz anders als das eher sandige und trockene Texas. Wild und unerforscht wirkte die Gegend auf Arthur und umso überraschter war er, als er am Ufer eines Bachlaufs eine Gestalt erblickte. Recht klein und zierlich von seiner Position aus gesehen und sehr kurzes Haar. Recht jung wohl auch noch wie es aussah. Die Gestalt war gerade dabei Wasser in eine Feldflasche zu füllen. Anderes Gepäck sah Arthur nicht, woraus er schlussfolgerte das es sich nucht um einen Reisenden handelte. Demnach musste es hier in der Nähe irgendwo eine Hütte geben. Vielleicht eine kleine Jagdhütte oder ein Schlachthaus. Waffen entdeckte Arthur an der Gestalt jetzt nicht direkt aber dennoch lenkte er sein Pferd langsam und vorsichtig in den Bach um die Gestalt nicht zu erschrecken.
Das Pferd fand, mit kleinen Schritten, seinen Weg durch den Bach auf die andere Seite.
Ihre Finger wurden schnell eiskalt. Wie kleine Nadelstiche fühlte sich das Wasser an, das über ihre Hand rann. Ein beißender Schmerz gesellte sich so zu Lucys übrigen Wunden. Zusammengepresst hielt sie den Blick auf die Feldflasche gesenkt, die sich viel zu langsam mit dem Wasser des kleinen Bachlaufes füllte. Verdammt ist das kalt. Die Kälte begann in ihren mittlerweile rot gefärbten Fingern in ihren Arm zu wandern um von dort in ihren gesamten Körper zu strahlen. Sie war empfindlich geworden gegen diese Schweinekälte. Vor noch nicht allzu langer Zeit hatten ihr beißender Wind und Schneefall noch kaum etwas ausgemacht. Ein halbwegs warmer Mantel hatte genügt und Lucy hatte sich geschützt gefühlt. Und nun? Sie merkte viel zu deutlich, dass sie in den letzten Tagen einiges an Gewicht und somit an wärmender Fettmasse verloren hatte. Obwohl von wirklichem Fett bei Lucy wahrlich keine Rede sein konnte. Doch nun war sie einmal mehr dürr und hager und die Kälte drang ihr durch die Haut bis tief in die Knochen. Sie bibberte leicht und ihre Hand war vor Kälte ganz steif geworden, sodass sich das Zuschrauben der Flasche als schwierig gestaltete. Sie schüttelte ihre Hand in der kalten Luft um das Wasser abperlen zu lassen. Vielleicht war eine schnelle Rückkehr in die Hütte doch nicht so schlecht? Dort war es wenigstens warm.
Sie richtete sich langsam auf und wollte die Flasche unter ihren Arm klemmen, um wenigstens ihre Hand unter den Mantel schieben zu können. Doch plötzlich spürte sie ein unangenehmes Kribbeln. Das Gefühl, nicht länger allein zu sein beschlich sie mit einer Heftigkeit, die ihre Nackenhärchen aufstellen ließ. Für eine kurze Sekunde verharrte sie, ohne jegliche Bewegung, während sie sich fragte, ob sie sich wirklich umdrehen wollte um in das hässliche Gesicht von Horatio zu sehen. Obwohl ihr Kopf ganz kühl blieb begann ihr Herz in ihrer Brust zu wummern. Ihre Hand zitterte leicht, das konnte aber auch an der Kälte liegen.
Noch während sie mit der Entscheidung rang, ob sie erst die Waffe ziehen und gleich feuern oder sich einfach nur mit drohender Waffe umdrehen sollte vernahm sie ein Geräusch, dass sie einmal mehr in Panik versetzte. Pferdehufe. Nein! Das konnte doch nicht sein-hatte Horatio sich tatsächlich auf das Pferd schwingen und ihre Spur ausmachen können? Bevor sie sich noch länger Panik und Ungewissheit hingeben konnte drehte sie sich abrupt um. Ihr Herz hatte mittlerweile zum Galopp angesetzt und tat einen heftigen Hüpfer als sie die Gestalt auf dem Pferd erblickte, die das Tier langsam in den Bach lenkte. Kein Horatio, sondern ein ihr unbekannter Mann. Wie viele Fremde waren denn in diesem Wald unterwegs? Das war bereits der zweite für heute und immer schienen sie Lucy über den Weg zu laufen. Bei diesem Gedanken hätte sie beinah hysterisch aufgelacht. Vielleicht war es aber auch die Anspannung, die sich in ihr angestaut hatte und nun langsam verebbte.
"Hey du!" rief sie zu dem Fremden hinüber. Weglaufen war zwecklos: Er hatte sie gesehen und mit dem Pferd sicher schnell eingeholt-wenn er sie denn einholen wollte. Wer war er und ging eine Gefahr von ihm aus? Während Lucy die Flasche unter ihren Mantel schob und dabei nach der Waffe tastete, ohne sie jedoch zu ziehen, musterte sie ihn leicht misstrauisch. Kein Grund unhöflich zu werden oder ihm das Gefühl geben, er müsste seine Aufmerksamkeit auf dich lenken! "So allein hier draußen? Bei der Kälte gibt´s doch schöneres." Sie war nicht unbedingt auf einen Plausch aus, aber ihn schweigend anstarren und dann weglaufen war auch nicht die feine englische Art. Obwohl Lucy dieses Art durchaus gestohlen bleiben konnte.
Das der kleine Fremde hier eine Art Haltestation für Reisende war, hier draussen im Nichts entgegen aller Logik war Arthur natürlich nicht bewusst. Während er sein Pferd durch den Bach lenkte kümmerte er sich auch weniger um den jungen Burschen als vielmehr um das was vor seinem Pferd lag. Das Tier war nämlich alles andere als glücklich durch das kalte Wasser treten zu müssen, was es mit leichtem Schnauben auch kundtat. Auf den Bachlauf achtend konnte er wenigstens verhindern das das Pferd einen Fehltritt tat. Der Bursche rief ihm ein deutliches "Hey Du" herüber und Arthur blickte, während sein Pferd das andere Ufer erreichte, zu dem jungen Mann herüber. Der stand da, schob die Feldflasche unter den Mantel und tastete nach der Waffe. Sicher nichts ungewöhnliches hier draussen, konnte doch jeder Reisende ein Strauchdieb sein. Arthur liess sein Pferd ein wenig seitwärts laufen, so das seine Waffenhand verborgen war und er, ohne hektik zu erzeugen, die Hand ruhig auf den Revolvergriff legen konnte, so wie der Junge es auch getan hatte.
"So allein hier draußen? Bei der Kälte gibt´s doch schöneres." hörte er den Burschen sagen und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Da hatte der Bursche zweifelsfrei Recht, es gab sicherlich angenehmeres als bei diesem Wetter und der Schweinekälte hier draussen herumzureiten. "Das gleiche könnte ich auch sagen." erwiderte er, schlemisch grinsend und schaute auf Pete runter. "Ich schau mir die Gegend an, bin neu hier. " liess er kurz verlauten und betrachtete das Gesicht des Burschen. Im Geiste ging er seine Steckbriefe durch, konnte aber keine ähnlichkeit zu den Gesichtern darauf feststellen. Wenigstens kein gesuchter Verbrecher, zumindest keiner der auf den Steckbriefen verewigt war. Das war ja schonmal ein Anfang.
"Waltham." Stellte er sich dem Burschen vor. Die Gestalt wirkte mitgenommen und schmutzig, so als wäre er schon einige Zeit hier draussen und fern eins anständigen Bades. Arthur liess seine Gedanken kreisen, wen oder was er hier wohl vor sich hatte. Einen Fallensteller vielleicht? Einen Jäger? Nein, letzterer hätte ein Gewehr statt einem Revolver aber vielleicht lag sein Gewehr in einer nahegelegenen Jagdhütte und er war nur hier um sich Wasser zu holen. "Sie jagen hier draussen?" fragte er, ohne wirklich Neugierde sondern eher als gefragte Feststellung einer Annahme.
"So, neu hier?!" wiederholte Lucy langsam und beinah mehr zu sich selbst als zu dem Fremden. Sie trat einen Schritt von ihm zurück und musterte ihn eingehender. Es war ihr unangenehm zu ihm hochblicken zu müssen. In der Nähe eines Pferdes fühlte sie sich um einiges kleiner als sie es in Wirklichkeit war. Der Fremde war groß und lange Haare und ein Bart rahmten sein Gesicht ein. Allerdings sah er nicht aus wie einer dieser bärtigen Unholde, die manchmal ihr Unwesen trieben. Im Gegenteil, er wirkte sogar recht gepflegt. Während sie die Flasche unter ihrem Mantel unter den Arm klemmte und die eine Hand immer noch auf der Waffe ruhte, fuhr sie mit der anderen über ihr Gesicht, weil sie sich trotz ihres vorigen Waschversuches immer noch dreckig fühlte. Und der Blick mit dem der Fremde sie musterte gab ihr das Gefühl alles andere als sauber zu sein. Neu hier, das bedeutete wohl, dass der Mann in der Stadt lebte. Ein unbescholtener Bürger also? Verrückter Kerl, wenn er bei diesem Wetter freiwillig Kälte gegen ein sicheres Haus tauscht. Oder war man schon oder immer noch auf der Suche nach ihr? Aber wenn er gerade erst hergezogen war, dann wusste er wohl wenig von den hiesigen Gepflogenheiten oder Geschehnissen. Wie gut, dass sich nur Fremde in diesen Wald verirren. "Ah, schön", bemerkte sie, allerdings ohne sonderlichen Enthusiasmus. Und sie nickte kurz als er ihr seinen Namen nannte. Natürlich sagte ihr der Name nichts, woher auch? Aber es war sicher nicht schlecht ihn sich zu merken.
Ihren Namen nannte Lucy nicht, sondern presste nur die Lippen aufeinander. So lange er sie nicht aufforderte konnte sie sich immerhin davor drücken, die Überlegung anstellen zu müssen, ob sie ihm ihren Decknamen nannte oder einen neuen auftischte. Womöglich stieß er irgendwann in der Stadt oder Umgebung auf ein Verhandungsplakat von ihr. Sie schniefte ein wenig. Nein, die Kälte tat ihr eindeutig nicht gut.
Dass er Lucy siezte fiel ihr sehr wohl auf. Allerdings kümmerte sie diese Tatsache herzlich wenig-sie blieb bei dem einem Fremden gegenüber unhöflichen Du. Der Aufenthalt unter den Männern der Walton-Gang hatte sie ein wenig mehr verrohen lassen und nur wenn sie sich zusammenriss, dann konnte sie durchaus freundlich sein. Aber ihr war nicht danach. "Nee, im Moment bin ich nur auf der Suche nach Wasser. Hab´s wohl gefunden." gab sie zurück und wies mit der freien Hand auf den Bach vor ihr. Sie wollte nur so wenig wie möglich von sich preis geben. Je wenig jemand anderes von ihr wusste, desto weniger konnte man es gegen sie verwenden. "Und du? Man trifft nicht häufig jemanden, der bei Schnee durch die Kälte irrt. Warum denn ausgerechnet dieses Dorf, hm?" Sie wedelte mit der Hand in Richtung Camden. Ein verschlafenes Nest, dass nur dann einem Hühnerstall glich, wenn man ein bisschen herum ballerte. Sie verzog die Lippen zu einem beinah-Lächeln. "Beruf da? Oder doch die liebe Verwandtschaft?"
"Brandneu sozusagen." erwiderte Arthur mit einem seichten Lächeln in den Mundwinkeln. Der Bursche wirkte ein wenig unzufrieden mit der Tatsache das er nach oben schauen musste, da Arthur auf dem Pferd sass, aber der Südstaatler hegte keine Anstalten von dem Sattel zu steigen, nur damit der Fremde sich besser fühlen konnte. Arthur fühlte sich kurz gemustert, was ihn nicht störte, da er das selbe mit dem jungen Mann tat. Er musste noch sehr jung sein, vielleicht 16 oder 17 so wie er aussah und auch im Gesicht noch keine Spuren eines Bartes trug. Auch nannte er nicht seinen Namen wie Arthur auffiel, was den Gesetzeshüter in ihm wieder wachrief. Gut, hier draussen brauchte er sicherlich nicht mit ausgesuchten Manieren zu rechnen, aber die höfliche Erwiderung des Namens, nachdem sich das Gegenüber vorgestellt hatte, wäre schon nicht zuviel verlangt. Normalerweise versäumten nur Leute, die ihren Namen nicht publik machen wollten, sich vorzustellen wenn ihr Gegenüber es tat. Die Kategorie Mensch die ihren Namen nicht nennen wollten war recht eng umrissen. Vielleicht interpretierte Arthur aber auch einfach nur zuviel in die Sache hinein und der junge Bursche war ein schlecht erzogener Bauerntrampel und ein Landei.
Wenigstens hatte er den Anstand auf seine andere Frage zu reagieren, was er hier draussen machte. Zumindest auf die Annahme die Arthur geäussert hatte, erwiderte der Bursche etwas. Altklug gab er sich. Wassersuche, hier draussen, bei dem Wetter, wo man nur Schnee sammeln müsste um ein Wasserproblem zu lösen, versuchte der Kurze ihm wirklich weiss zu machen, das er hier Wasser suchte? Arthur kam nun langsam auf den Trichter, das der Junge wirklich was zu verbergen hatte. Vielleicht von Zuhause weggelaufen auch wenn der Revolver an seiner Seite entschieden gegen einen einfachen Streuner sprach.
"Und du? Man trifft nicht häufig jemanden, der bei Schnee durch die Kälte irrt. Warum denn ausgerechnet dieses Dorf, hm?" er wedelte mit der Hand in Richtung Camden. Arthur musste rneut lächeln, diesmal etwas breiter. "Ich sagte doch, ich guck mir die Gegend an. Das Dorf hat ein Gasthaus, das bietet sich bei dem Wetter an. Besser als hier draussen zu schlafen allemal. " Arthur liess kurz den Blick schweifen. In der näheren Umgebung war nichts zu sehen wo der Bursche nächtigen könnte, aber eine Hütte oder sowas musste es hier geben, denn bei dem Wetter würde er wohl kaum hier draussen schlafen wenn er nicht musste und musste wäre, auf der Durchreise oder ein Jäger. Aber jagen tat er nicht, das hatte er ja bereits gesagt. Eine letzte Option wäre, das er hier draussen lebte, was seine mangelnden Manieren erklären würde. "Ja, viele Leute begegnen einem bei dem Wetter nicht. Nur Verrückte." lachte Arthur und schaute auf den Jungen runter.
War das eine Anspielung? Besser als hier draussen zu schlafen allemal? Sie kniff die Augen zusammen. Es war nur logisch, dass er annahm sie würde den Wald ihr zuhause oder zumindest ihren Schlafplatz nennen. Man traf nicht häufig auf verwilderte Rohlinge wie sie, dabei hatte sie doch gerade erst Quartier bezogen. Aber Recht hatte Waltham, die Wärme eines Hauses war der Kälte eindeutig vorzuziehen. Und so lange niemand die Hütte fand würde sie sich auch nicht beißendem Wind und Schnee aussetzen müssen. Und genau aus diesem Grund musste sie ihn möglichst davon abhalten, sich weiter umzusehen-oder zumindest in die Richtung weiter zu reiten, in der die Holzbaracke stand. Doch wie? Lucy ließ kurz den Blick schweifen. Sie konnte ihn schlecht bewusstlos schlagen und eigentlich war das auch gar nicht nötig. Nicht, so lange er keine Anstalten machte und wenn, dann würde sie ihn schlecht aufhalten können, außer sie würde schießen. Aber eine Leiche riskieren, das wollte sie nicht. Nicht jetzt, der Zeitpunkt war unpassend. Warum immer gleich so brutal? Besteht doch wirklich kein Anlass ging es ihr durch den Kopf, während sie versuchte sich zu entspannen und beschloss, seine Worte nicht zu kommentieren.
"Verrückte?" Lucy lachte leicht heiser auf. Ja, vielleicht war sie ein wenig verrückt oder würde es im Lauf der Zeit werden. Wem bekam es schon, ewig auf der falschen Seite des Gesetztes zu stehen? Aber im Moment nahm Lucy das gerne in Kauf. Sie fuhr gut mit dieser Lebensstrategie, bis jetzt war sie noch zugirden damit. Jung und verdorben, ach egal. "Ja, scheint wohl so", gab sie zurück und musterte ihn eindringlich. So lange sie mit ihm sprach senkte sie die Gefahr, dass er weiter ritt. War eine Hütte überhaupt interessant für ihn? Nicht wichtig, nur kein Risiko eingehen.
"Und jetzt willst du weiter oder wie? Wo soll es denn hingehen?" fragte sie unverfroren weiter, während sie das Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte. Ob er wohl der Typ Mensch war, der sich lange aufhalten ließ? "Hier gibt´s nicht sonderlich viel zu sehen. Nur Schnee und Bäume." Lucy ließ den Blick wieder über die Bäume gleiten, um dann wieder zu Waltham zurück. "Und ein paar üble Gerüchte von n´paar Gesetzlosen. Ich würd´ hier draußen vorsichtig sein", sie zuckte belanglos die Schultern. Vielleicht half es ja, dass er umkehrte-so lange er nicht klug genug war und auf sie schloss. Aber woher sollte er auch etwas ahnen? Sie bemühte sich um ein Lächeln, das mehr zu einer Grimasse gefror. "Was gibt´s so aus der Stadt zu hören? Auch wenn du neu bist, ein bisschen was von dem verschlafenen Kaff hast du sicher gesehen."
Ja, man musste schon ein wenig einen an der Waffel haben um bei diesem Wetter draussen rumzustreunern, statt im Warmen zu sitzen, sich ein Buffet zu Gemüte zu führen und es sich gut gehen zu lassen. Aber Pflicht war Pflicht und Arthur war nunmal gerne vorbereitet und kannte gerne die Gegend. Wenn er den Deputyposten bekommen sollte, was sich ja voraussichtlich morgen entscheiden sollte, dann war dieses Wissen um die Gegend wichtig. Der Fremde nahm den kleinen Scherz auch als solchen auf und stimmte kurz in das Lachen ein, auch wenn es heiser klang. Die Gewaltfantasien die dem vermeindlichen Burschen durch den Kopf gingen, waren für Arthur nicht zu erahnen, er war von Natur aus vorsichtig. Leuten in der Wildnis zu begegnen bedurfte in Arthurs Erfahrung immer einer gewissen Vorsicht, besonders wenn es Fremde waren die nur schwer einzuschätzen waren. Erneut musterte der Kleine ihn eindringlich und Arthur blickte auf ihn hinab, mit einem leicht süffisanten Gesichtsausdruck.
"Und jetzt willst du weiter oder wie? Wo soll es denn hingehen?" fragte sie unverfroren weiter. "Nun, auf keinen Fall wollte ich hier den ganzen Tag rumstehen und am Sattel festfrieren. " erwiderte der Südstaatler trocken. Die Warnungen die er aussprach nahm Arthur mit einem ernsten Gesichtsausdruck und einem Nicken zur Kenntnis. Die Gerüchte hatte er ja auch gehört obwohl der Sheriff ja versichert hatte, das sich das Problem erstmal erledigt hatte. Vielleicht wusste der Junge nichts davon, dann wäre er, gemessen an den Dellen am Sheriff, schon mindestens eine Woche nicht mehr im Ort gewesen. Unweigerlich fragte sich Arthur warum das wohl so war, wenn er doch nicht jagte. Viel mehr als Schnee und Bäume schien es hier ja in der Tat nicht zu geben. Warum also war der Bursche hier? Die Hand ruhte immer noch auf dem Revolver. Sowohl die des Jungen als auch die von Arthur. Er blickte dem Burschen in die Augen, in den Augen konnte man rechtzeitig erkennen wenn jemand ziehen wollte. Arthur war schnell, wenn er den Kleinen auf die Entfernung auch vermutlich nicht treffen würde, denn seine Talente am Colt waren nicht die besten. Schnelles ziehen reichte aber im allgemeinen. Wenn ein Mensch erstmal in den Lauf einer Waffe schaute wurden sie im allgemeinen sehr schnell sehr ruhig und handzahm. Mit der Quigley sah das wieder anders aus. Da konnte er auf hunderte von Yards einem Mann die Kippe aus dem Mund schiessen wenn er es wirklich darauf anlegte aberdie Waffe war langsam, brauchte viel Vorbereitung.
Sie bemühte sich um ein Lächeln, das mehr zu einer Grimasse gefror. "Was gibt´s so aus der Stadt zu hören? Auch wenn du neu bist, ein bisschen was von dem verschlafenen Kaff hast du sicher gesehen." "Ja, das stimmt wohl. Ein brodelner Kessel von Kultur ist das gewiss nicht. Aber viel hab ich noch nicht mitbekommen. An der Sheriffstation hängt ein Steckbrief von Sasquatsch, mit Augenklappe. Hat wohl wem das Pferd geklaut. Der Pfaffe gibt einen Empfang heute, als Einstand. Das wars eigentlich. " erklärte Arthur gelassen und wertfrei. Ihn selber interessierte ohnehin nur wirklich der Steckbrief, denn der Typ der das Pferd geklaut hatte war eventuel noch in der Gegend. Wenn dem so war, dann konnte man ihm hier draussen eventuel ja begegnen. Das würde den Ritt gewiss ein wenig auflockern. "Wohl schon länger nichtmehr dagewesen hmm?" hakte der Südstaatler nach und liess den Burschen dabei nicht aus den Augen.
Lucy nickte betont ernst, während sich in ihrem inneren ein süffisantes Lächeln seine Bahn brach. Ja, das konnte sie sich gut vorstellen. Was Waltham da erzählte klang ganz eindeutig nach Camden Village wie sie es kennen gelernt hatte und wohl auch in Erinnerungen behalten würde. Langweilig fast, verschlafen. Der Pfarrer interessierte sie nicht sonderlich, sie hatte nichts davon mitbekommen. Ein neuer Geistlicher also? Nun, das konnte ihr in der Tat egal sein. Ein Gebet vor dem Essen, manchmal vergaß sie selbst das, aber damit hielt sich ihre Religiosität in Grenzen. Sie gab nicht sonderlich viel auf dieses sonntägliche Kirchengerenne, zumal sie selten dazu die Chance hatte. Seit wann stand einem gesuchten Outlaw den die Kirchentür offen? Das einzig gute daran war, dass sich die ganze Kirchengemeinde versammelte und man (wenn man denn neu in einer Stadt war) so einen wunderbaren Überblick über die Stadtbewohner bekam. Wer reich war und etwas auf sich hielt oder von wem man sich besser fern halten sollte, das erfuhr man meist sofort. Aber Camden Village bot ihr da nicht mehr viel und so richtig traute sie sich auch nicht in die Stadt. Noch nicht. Bald würde sie sich wohl oder übel wieder durch die Schneemassen und Wind und Kälte kämpfen müssen. Denn mit dem Nahrungsangebot sah es hier wahrlich nicht gut aus, auch wenn sie jagen ging. Aber darum würde sie sich kümmern, wenn es so weit war. Im Augenblick hatte sie eindeutig ein anderes vor Augen und das im wahrsten Sinne des Wortes.
"Stimmt auch wieder", knurrte Lucy fast ein wenig unwillig, als er erwähnte in Bälde weiter reiten zu wollen. Ein Blick auf ihre Hände ließ sie erschaudern. Ja, es war verdammt kalt und langsam kam in ihr ebenfalls die Frage auf, wie lange ein Mensch brauchte, um auf der Stelle festzufrieren. Wer hatte wem sein Pferd geklaut? Sie runzelte leicht die Stirn. Na super, so etwas fehlte ihr. Suchmannschaftten, die möglicherweise in den Wald ausströmten. Aber wenn er nur wegen eines solch kleinen Deliktes gesucht wurde-nein, da würde sich niemand den Aufwand machen. Sie zuckte die Schultern. "Ja, schon ne Weile nicht mehr", gab sie gedehnt Antwort, obwohl es noch gar nicht allzu lange her war, dass sie die verschneiten Dächer Camden Villages hinter sich gelassen hatte. Aber das musste er ja nicht wissen.Dass er sie so anstarrte verwirrte sie ein wenig und das er nachfragte ebenfalls. War das reine Höflichkeit oder Kalkül? Sie schlang den Mantel enger um sich und zog die Schultern gegen die Kälte nach oben. Sie war kurz davor in ein wenig unangenehm anzufahren, warum er sie denn so musterte. Aber sie ahnte, was Walthams Antwort sein würde: Dass sie ihn ebenso wenig aus den Augen ließ. Verdammtes Misstrauen.
Sie blinzelte und scharrte mit den Füßen, presste die Lippen zusammen, weil sie nicht so recht wusste, was sie noch sagen sollte. Und ich sollte reden, verdammt. Weiß nicht, was der Kerl sonst anstellt oder wohin er will. Auch wenn er ein harmloser Bürger ist-oder nur so tut.
"Ja, schon ne Weile nicht mehr", gab sie gedehnt Antwort. Sie schlang den Mantel enger um sich und zog die Schultern gegen die Kälte nach oben. Waltham liess den Blick wieder ein wenig durch die Landschaft wandern und legte den Blick dann wieder auf den Burschen, der sich immer noch nicht vorgestellt hatte. Das konnte sich ziehen hier. Einem Mann, egal wie jung, mit der Hand an der Waffe, der in der Wildnis sein Dasein fristete, bei diesem Wetter und sich weder vorstellte noch nach Arthurs Einschätzung die Wahrheit sagte, bezüglich seiner Gründe hier zu sein, würde Arti gewiss nicht den Rücken zuwenden. Das Problem war, das der Krümel auch keine Anstalten machte sich zurück zu ziehen. Vermutlich hatte er ganz ähnliche Gedankengänge. Schon tragisch das dieses Misstrauen überhaupt notwendig war.
"Naja, wenn du hier irgendwo nen Kerl siehst, zugewuchertes Gesicht, ergraut, Augenklappe, geh ihm aus dem Weg. Ist wohl ein Pferdedieb und wer Pferde klaut ist sicher zu allem fähig. " warnte Arti ihn. Auch wenn er unhöflich war und nach Arthurs dafürhalten ganz sicher was zu verbergen hatte, so wie er sich aufführte, so war eine kleine Warnung sicherlich nicht fehl am Platze. Der Südstaatler ruckte sich ein wenig im Sattel zurecht und lächelte Pete an. "Gibt es hier überhaupt was in der Gegend? Farmen oder Gehöfte? Jagdhütten oder sonstiges?" grob deutete er mit der freien Hand über die Landschaft. "In welcher Richtung wäre zum Beispiel das Fort? Die Richtung kann ich mir gewiss sparen beim Rundritt."
Waltham beäugte Pete, der im Schnee scharte und ein wenig auf der Stelle tippelte. Wurde wohl langsam kalt da unten rumzustehen. Womit sich Arthur wieder die Frage aufdrängte. Wo der Bursche hier unterkam. So aussehen als würde er im freien schlafen tat er nicht, zum Zelten war es definitiv zu kalt und ohne gute Ausrüstung würde der Junge sehr schnell festfrieren und wäre Geschichte. "Naja, lass dich von mir nicht aufhalten, siehst so aus als hättest noch gut zu tun heute." Lächelte er gewinnend nach unten. Eine kleine Aufforderung an Pete, das er schon von sich aus diese Zusammenkunft auflösen musste. Arthur würde dem seltsamen Burschen nicht den Rücken darbieten.
"Klingt ja nach nem richtig freundlichen Burschen", bemerkte Lucy und konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme vor Ironie troff. "Pferdedieb, ach ja?" Sie blickte sich kurz misstrauisch um, als könnte Horatio plötzlich grinsend hinter einem Baum auftauchen. Pferdedieb, pff. Nicht nur das, wenn du wüsstest! Ekliges Stück Dreck, dieser verdammte Horatio. Sie schauderte bei dem Gedanken an ihn und fühlte, wie sich ihre Nackenhärchen aufstellten. Das konnte natürlich auch an der Kälte liegen. Sie hoffte, dass es Waltham genauso sah und ihren verzogenen Gesichtsausdruck als eine Reaktion des Abscheus. Was auf Horatio bezogen tatsächlich zutraf. "Ich werd mich hüten. Mit alten Männern soll ja nicht zu scherzen sein, nicht wahr?!" spottete Lucy. Nein, mit Horatio war wirklich nicht zu scherzen. Sie hoffte, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Aber so, wie die Dinge zwischen ihnen gelaufen waren, dann war sie sich sicher, dass er Vergeltung üben würde. Denn genau so ein Kerl war Horatio. Er ließ nichts auf sich sitzen und er würde nicht ruhen und das war eine Tatsache, die Lucy als Sorge in ihrem Hinterkopf vermerkte. Sie hatte nur die Hoffnung, dass es ihn forttreiben würde, weil er vielleicht dumm genug war zu glauben, dass Lucy nichts mehr in den Wäldern um Camden Village hielt. Sie beide wussten, dass sie keine wirkliche Alternative hatte.
"Jep, da hinten gibt´s ein paar Farmen", deutete sie vage an und wies grob in Richtung der Bäume. "Jagdhütten? Sicher, aber bevor du da eine erreichst ist es Nacht." Sie zuckte die Schultern, immer noch gewillt ihn möglichst auf Abstand zu halten und ihr eigenes kleines Refugium nicht Preis zu geben. "Das Fort? Was willst´n da?" gab sie zurück und die Antwort darauf interessierte sie nun wirklich. Einmal mehr musterte sie ihn. Er sah kräftig aus, nicht unintelligent. Konnte es sein, dass er Soldat war oder auf den Spuren des Sheriffs wandelte? Wäre dies der Fall würde sie sich einmal mehr in Acht nehmen müssen. Aber so wie er bis jetzt Antwort gegeben hatte glaubte sie nicht, dass er ihr etwas darüber erzählen würde. "Liegt in der Richtung", meinte sie und hoffte, belanglos genug zu klingen. Das Risiko eingehend, dass er doch umschwenken würde wies sie hinter sich in Richtung Hütte. Vielleicht meinte er es ja ehrlich und würde diese Route aussparen. Lucy hoffte es.
Klingt als will er mich ebenso loswerden, wie ich ihn. Vielleicht hätte er mir ja von Nutzen sein können, wenn ich ihn zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort getroffen hätte. Sie legte leicht den Kopf schräg und sah ihn stirnrunzelnd an. "Hm? Sicher..." Lucy blinzelte und verstand das eindeutig als Aufforderung zu gehen. Nichtwissend, dass er dasselbe dachte sann sie darüber nach, wie sie von ihm fortkommen konnte, ohne ihm den Rücken zu kehren. Er sah auf den ersten Blick harmlos aus, aber wer wusste schon, was sich in den Wäldern herumtrieb. "Nun gut." Sie zuckte die Schultern und stolperte ein paar Schritt rückwärts, ihn dabei nicht aus den Augen lassend. Wen er seinerseits gehen wollte, warum drehte er sich dann nicht um, sondern starrte ihr ebenfalls hinterher? Lucy spürte einen leichten Knoten in der Magengegend. Mist, verdammter!
Die Erwiderungen des Burschen, auf seine Warnung vor diesem Jones, nahm er mit fast schon ironischen Kommentaren auf. Anzeichen das er den Kerl eventuel kannte konnte Arthur keine an dem Jungen entdecken. Arthur lachte sogar leicht auf, als Pete meinte, das mit alten Männern nicht zu spassen wäre. "Joa...wenn der nur halb so scheisse drauf ist wie er aussieht dann definitv." Fügte der Südstaatler nun selber scherzhaft hinzu. Wenigstens gab der Junge ein wenig Auskunft auf die Frage ob es hier überhaupt etwas gab in der Gegend. Er wies in eine Richtung, in der wohl einige Farmen lagen und auch die Richtung in die das Fort lag. Niemand der klaren Verstandes war, versteckte sich nahe eines Forts, die Gegend konnte Arthur also definitv erstmal auslassen. Den ganzen Tag wollte er auch nicht hier draussen verbringen wenn es sich vermeiden liess. "Das Fort? Was willst´n da?" kam von weiter unten und Arthur schaute ein wenig überrascht. "Nichts, sagte ich doch gerade." Er schaute in die Richtung die Pete zeigte und nickte. Die Richtung konnte er sich damit sparen. Seine kleine, indirekte Aufforderung , nahm Pete hin, zuckte die Schultern. Es war ja nichtmal eine direkte Aufforderung gewesen, mehr der versteckte Hinweis das Arthur hier sitzen würde bis Pete weg war, oder zumindest genug Distanz zwischen ihnen war, oder Bäume, so das ein Schuss in den Rücken nicht mehr möglich oder wahrscheinlich war.
Amüsiert schaute Arthur Pete hinterher, als dieser ein paar Schritte rückwärts machte um Distanz zwischen sich und das Pferd zu bringen. "Gesundes Misstrauen wie ich sehe. Gut, so wirste hier draussen deutlich älter mein Junge." nickte Arthur Pete zu und tippte sich an den Hut. Allerdings machte er noch keine Anstalten sich umzuwenden um fort zu reiten. Noch war ihm Pete viel zu dicht und es waren auch keine Bäume zwischen ihnen. "Fort die Richtung, Farmen dort.... Jagdhütten zuweit weg. " wiederholte er und schaute fragend. Als der Bursche bestätigte nickte Arthur verständig. Der Kleine war immer noch seltsam. Er hatte alle Verhaltensmuster eines Flüchtigen. Die überaus ausgeprägte Vorsicht, das Misstrauen, das ausweichende Antworten auf Fragen. Alles war typsich für einen Mann der gesucht wurde. Auch das er hier draussen rumrannte, statt wie wohl die gesammte Gemeinde in der Kirche zu sein und beim Empfang heftete dem Knirps ein paar Etiketten an Revert, die er sicher lieber nicht hätte.
"Bleib sauber und lass dich hier draussen nicht von den falschen Menschen erwischen hmm? Also wenn du den Kerl mit der Augenklappe siehst, leg ihn einfach um. Der is ne Stange Geld wert und es sieht so aus als könntest das gut gebrauchen." schmunzelte Waltham. Wenn sich jemand der bereits hier lebte um diesen Jones kümmerte, konnte man den Fall angenehm schnell aus den Akten streichen. Schukre Tod, Einwohner einiges an Dollar reicher und ein Pferd gabs auch. Sowas lockte über kurz oder lang Kopfgeldjäger an und sowas war nie gut. Die erschwerten die Arbeit der Sheriffs und Deputies mehr als ihnen bewusst war. Draussen, ausserhalb der Counties und Ortsgrenzen, da waren sie wirklich wertvoll aber innerorts nur eine Plage.
Lucy konnte nicht sagen, was sie davon abhielt, die Beine in die Hand zu nehmen und in die Sicherheit der Bäume und des Dickicht zu flüchten. Es wäre ganz einfach-sie musste nur los sprinten und dann auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Aber da war gleichzeitig diese Stimme die ihr mahnend davon abriet und ein wenig jammerte und drohte, sie würde es bitter bereuen, wenn sie dem Fremden den Rücken zukehrte. Die alte Gewohnheit, das stete Misstrauen, ließ sie nicht los. Und so schaffte sie nur ein paar Schritte rückwärts, während sie ihn nicht aus den Augen ließ. Wie lächerlich du dich aufführst! Und welch Dummheiten er von dir denken muss. Aber bitte, du willst es nicht anders! schalt sie sich selbst. Lucy konnte nicht umhin, trotzdem zu hören, was er sagte und das ärgerte sie einmal mehr. Natürlich war es klar ersichtlich, dass sie ihm alles andere als wohl gesinnt war. Aber Lucy gehörte zu der Gattung Mensch, die es nicht leiden konnte, wenn man das allzu Offensichtliche direkt aussprach und damit in der Wunde herum bohrte. Besonders wenn es zu ihrem eigenen Nachteil war. Zumal der Fremde nicht wirklich verschwinden zu wollen schien. War ihr Rückzug etwa nicht deutlich genug? Da stolperte sie schon beinah kleinlaut rückwärts und dann besaß Waltham auch noch die Frechheit ihr nachzurufen, als wollte er sie festhalten und zur Antwort zwingen. Zumindest bildete sich das Lucy in ihrer leichten Paranoia ein und zog die Augenbrauen fast ärgerlich zusammen.Bleib sauber, ach ja? Wenn du wüsstest, wie viel Schmutz an meinen Händen klebt und wie viel Dreck ich schon gesehen habe, dann würdest du sofort den Mund zuklappen!
Ihre Stirn glättete sich allerdings sofort wieder als sie das Wort "Geld" fallen hörte. Für einen kurzen Augenblick konnte sie die Münzen tatsächlich rollen sehen. Sie stellte sich Horatios gefallenen Körper vor, der von Geld bedeckt war. War das vielleicht eine Möglichkeit? Ihre Sorge, die schon an Angst grenzte, in den Wind schießend, sann sie über die Möglichkeit nach es doch auf ein Treffen mit Horatio ankommen zu lassen. Da war es ihr egal, dass sie eben noch en Gedanken gehegt hatte, ihn nie wieder zu sehen und ihm für immer aus dem Weg zu gehen. Es wäre die Chance, ihn sich für immer vom Leib zu halten, ihr Geheimnis zu wahren und obendrein noch ein wenig Geld aus der Sache zu schlagen. Ihre Loyalität gegenüber Horatio als ehemaligem Mitglied der Waltongang war dahin. Jetzt galt: Jeder für sich. Sie hatte kein Problem mit dem Gedanken, die Waffe auf Horatios massigen Körper zu richten und abzudrücken. Vielleicht wäre es ganz gut so, wenn er sich denn erwischen ließe. Und vielleicht war das die Möglichkeit, sich selbst von jeder Sünde, die sie in Camden Village begangen hatte, rein zu waschen. Wenn, dann musste es aber schnell geschehen, bevor er wieder zu Kräften kommen konnte. Denn dann hatte sie den Hauch einer Chance.
"Fest?" wiederholte Lucy ungläubig und blieb abrupt stehen, den Gedanken kurz aufgebend, sich zurückziehen zu wollen. Dass er annahm, sie schwänzte die Festaktivitäten konnte nur heißen, dass er glaubte sie wäre ebenfalls einer dieser verschlafenen Bürger. Aber warum dann die Aussage mit dem Misstrauen? Lucy wurde nicht wirklich schlau aus Waltham. "Naja, Feiern liegen mir nich so, weißt du?!" Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wippte kurz hin und her. "Alles ein bisschen zu langweilig und zu viel Heuchelei, ne?" Sie presste wieder die Lippen zusammen. Immerhin entsprach dies der Wahrheit. "Dir wohl auch nicht, was? Wer sonst kommt auf die Idee, sich die Umgebung ansehen zu wollen, wenn man auch neue Menschen kennenlernen und essen und trinken und feiern kann?" fügte sie noch spitz hinzu, darauf anspielend, dass er laut eigener Aussage neu in der Stadt war.
Ja, bei dem Wort Geld vergassen viele ihre Sorgen und Gedanken, machten sich üblicherweise ganz neue. Je mehr in der Gegend, also von den Bürgern, auf den Kerl mit der Augenklappe achteten, umso besser. Gesehen hatte der Bursche den Mann wohl schonmal, zumindest so wie er guckte und innerlich schon die Dollar zu zählen schien, war ihm der Rüpel keineswegs fremd. Arthur konnte den Blick und die Haltung allerdings auch fehl interpretieren. Die Erwähnung des Festes liess Pete dann endgültig nochmal inne halten und zu Arthur schauen. Dieser nickte als der Bursche fragend das Wort Fest wiederholte. Er verschränkte die Arme vor der Brust und wippte leicht hin und her. Zu langweilig warem ihm also solche Veranstaltungen und zufiel Heuchelei im Spiel. Das wiederum konnte Arthur nachvollziehen. In vielen Städten hatte er das schon beobachten können und dürfen, oder besser müssen. Die gehobenere Gesellschaft umtanzte sich verbal wie ein Rudel Wölfe das um ein verletztes Reh herumschlich, bereit zuzuschlagen beim kleinsten Zeichen von Schwäche und darüber wurde dann Wochenlang getratscht und wenn man pech hatte für den Rest seines Lebens.
Bei Petes nachsatz musste Arthur nun wirklich lachen. Voll erwischt. Auf den Kopf gefallen war der Junge auf jeden Fall nicht, das stand fest. "Das stimmt wohl." Ja, bekloppt musst er sein, statt sich das warme, leckere Essen in den Bauch zu stopfen, kostelos obendrein, und sich die Menschen der Gemeinde anzusehen, einen Überblich zu verschaffen, ritt er hier durch die scheiss Kälte, fror sich die Eier ab und plagte sich mit vorlauten Halbstarken herum. "Keine Ahnung was mich da geritten hat." fügte er, noch immer lachend hinzu und wusste es wirklich nichtmal so genau. "Soll ich dich mitnehmen? Irgendwie hast du mir gerade die Lust verdorben durch den Wald zu stromern. " fragte Arthur in Richtung Pete, leider war nicht zu erkennen ob er das nun ernst meinte, denn in seinen Augen lag immer noch der Rest von dem Lachen eben.
Ja, er würde diesen Rundritt sicher so kurz wie möglich halten . Es war viel zu kalt für diesen Mist und wirklich viel schien es hier draussen auch nicht zu geben. Die Richtung in die Pete wegging konnte er erstmal ignorieren, da lag das Fort, dort würde sich kein gesunder Mensch verstecken unsofern gab es dort wohl auch kaum ausgiebig Versteckte. Die Farmen, nun, die waren zumindest gut zu wissen wo sie sich befanden, aber das liess sich auch auf einer Gebietskarte ersehen. "Nur ein Angebot." fügte er schliesslich hinzu, als Pete scheinbar nicht so ganz fest machen konnte ob das Angebot ernst gemeint gewesen war.