Sofort war es gefühlt wärmer, da der Wind nicht mehr ungehindert um Jason herum pfeifen konnte. Immer tiefer geriet der Kopfgeldjäger in die dichten Wälder der Rocky Mountains. Erst als er nach einer gefühlten Stunde das Rauschen des Flusses nicht mehr wahrnehmen konnte, ahnte Jason, dass er sich verritten hatte. Er hatte keine Ahnung, wo er war! Irgendwann würde die nächste Siedlung, das nächste Haus oder im günstigsten Falle eine Ranch auftauchen, aber in welcher Richtung? Jason ahnte, dass er dafür wohl nicht bergan sondern im Gegenteil wieder in das Tal hinunter reiten musste. Kurz entschlossen wendete er und bog in den nächsten Waldweg ein, der vor ihm auftauchend und bergabwärts führte. Hier folgte er einem Flussbett, dass nur von Geröll, wenig Wasser und viel Eis und Schnee bedeckt war. Bevor Jason bemerkte, dass das vermutlich gefährlich war, glitt Blackjase unter ihm aus und stürzte. Das Pferd rappelte sich mühsam wieder auf, während Jason aus dem Sattel gerutscht war und nun auf dem Geröll liegen blieb. Vergeblich versuchte er sein Bein unter einem umgestürzten Baumstamm wegzuziehen, unter den es bei dem unglücklichen Sturz geraten war. Jason biss die Zähne zusammen, denn sein Knie hatte sich bei dem Sturz und dem nachfolgenden Versuch, es unter dem Stamm hervor zu bekommen verdreht und nun hing er sowohl mit dem Knie, als auch mit dem Knöchel unter dem Stamm fest. Vergeblich versuchte Jason, sich aus dieser mißlichen Lage zu befreien, hatte aber den Eindruck, dass sein Bein sich noch weiter mit dem Baumstamm verkeilte. "Verdammte Scheiße! Mist vedammter!" Jason fluchte und aufgrund der Anstrengung dem Baumstamm wenigstens ein Stück weit zu bewegen, schüttelte ihn erneut starker Husten. Nach Atem ringend, mit stechenden Schmerzen in der Brust, gab Jason schließlich auf. Alleine hatte er keine Möglichkeit, sich zu befreien und konnte nur hoffen, dass Blackjase sich verscheuchen lassen würde, und so die Aufmerksamkeit irgendeines Waldläufers oder Jägers auf sich lenken konnte. Wo ein gesatteltes Pferd war, musste der Reiter in der Nähe sein! Noch einmal sammelte Jason seine Kraft und richtete sich auf. Es gelang ihm, Blackjase zunächst rückwärts zu schicken, bevor er ihn dann mit Hilfe eines Astes mit Nachdruck verscheuchte. Es war ein Risiko, denn mit dem Pferd verlor Jason auch seine Ausrüstung und sein Gewehr. Nunmehr besaß er nur noch seinen Colt und Alles, was er in der Kleidung mit sich trug.
Ihre Lunge brannte mittlerweile. Keuchend hastete sie durch den Wald, immer noch blindlings, ohne sich die Zeit zu nehmen, sich zu orientieren. Der Schreck hatte sich in ihren Knochen festgefressen und wollte sie nach wie vor nicht verlassen. Lucy hörte den eigenen Puls hämmern, sie schwitze und gleichzeitig war ihr eiskalt. Wie lange sie sich schon durch den Wald kämpfte konnte sie nicht sagen. Hauptsache, sie brachte so viele Meilen zwischen sich und die Höhle und diesen verfluchten Horatio, wie sie nur konnte. Mittlerweile verfluchte sie ihre kopflose Flucht. Einfach loszurennen, das Pferd aber zurück zu lassen. Verfolgte Horatio sie? Und wenn ja, wie dicht war er ihr auf den Fersen? Aber so langsam, wie ihn seine Verletzung machte, konnte er nicht gesehen haben, in welche Richtung sie lief. Aber Spuren lesen kann er wohl, egal wie beschränkt und verrückt er sonst ist. Verdammt! Von ihrem anfänglichen Sprint war nicht mehr viel übrig. Im Laufschritt und mit glühenden Wangen stapfte sie durch die Kälte, die sich trotz ihrer Erschöpfung immer bemerkbarer machte. Da half selbst ihr Mantel und die Decke nicht viel, die sie sich um die Schultern geschlungen hatte. Ihr Atem klang mittlerweile ein wenig röchelnd und sie wusste, dass sie über kurz oder lang eine Pause würde einlegen müssen. Allein schon, um sich zu orientieren. Ein Blick über ihr direktes Umfeld half ihr nicht wirklich. Nur grün und weiß und Bäume, Bäume, Bäume! "Scheiße!" fluchte sie leise und atemlos. Wie sollte sie sich hier zurecht finden? Ihr Orientierungssinn war nicht der Beste, sie kannte nur ein paar grobe Punkte, die sie aber allesamt nicht erblicken konnte. "Wo ist dieser verdammte Fluss?! Wo-" Lucy keuchte und schimpfte. Sie wusste nicht wirklich wohin, nur in Sicherheit wollte sie. Konnte sie es wagen nach Camden Village zu flüchten? War sie dort vor Horatio sicher? Vor dem Mistkerl vielleicht, nicht aber vor dem Sheriff und Gefängnis. Verdammt! Suchte man sie immer noch in der Stadt? Würde man sie erkennen? Wie sie die Lage auch wendete, im Augenblick sah es ziemlich düster für sie aus.
Lucy stolperte vorwärts, sämtliche Schmerzen so gut wie möglich ausblendend und das waren eine ganze Menge. Ihre Wangen brannten nicht nur von der Kälte, sondern auch von Horatios Schlägen, ihr Kopf schmerzte und ihre Lippe fühlte sich leicht geschwollen an. Sie schmeckte Blut, dass ihr langsam und als dünnes Rinnsal aus dem Mund sickerte. Hatte er ihr einen Zahn ausgeschlagen? Ihr Mund fühlte sich seltsam an, taub. Während ihrer Flucht hatte sie durchweg nach ihren Waffen getastet, wie um sich immer wieder zu versichern, dass sie sie tatsächlich nicht verloren hatte. Ein weiteres Mal würde sie sich nicht in die Rolle des Opfers drängen lassen. Messer, Colt, gut. Ein plötzliches Geräusch ließ sie aufschrecken. "Was-" schnappte sie und blieb wie angewurzelt stehen, obwohl sie es sich eigentlich nicht erlauben konnte. In ihren Seiten stach es und sie fühlte sich wie ein löchriger Blasebalg, presste eine Hand auf die linke Seite. Das Geräusch hatte sie recht schnell zugeordnet, dumpfes Schnauben und Hufe auf dem Waldboden, ganz in ihrer Nähe. Bevor sie auch nur in Deckung gehen konnte, denn ihre erste Befürchtung war Horatio, tauchte vor ihr die dunklen Umrisse eines Pferdes auf. Flucht war sinnlos, selbst ein einäugiger hätte sie von ihrer Position aus ausmachen können. Ihre Hand schloss sich fest um den Colt, doch bevor sie ihn ziehen und auf den Reiter richten konnte sah sie, dass das Pferd zwar gesattelt, aber ohne Reiter war. Ihr Herz machte einen Sprung, vor allen Dingen da sie erkannte, dass es sich um ein ihr unbekanntes Pferd handelte. Es bewegte sich scheinbar ziellos vorwärts und als es auf Lucy zusteuerte packte sie die herabhängende Zügel. Das war ihre Chance! Sie konnte sich um einiges schneller vorwärts bewegen und-moment. Lucy entdeckte nahm Pferd und Sattel näher in Augenschein. Ein Gewehr? Sie kniff die Augen zusammen, während sie das Pferd zunächst nur neben sich herführte, ohne aufzusteigen. Wem gehörte es und warum war es alleine unterwegs? Sofort misstrauisch geworden dachte sie an eine Falle, bevor sie sich der eigenen Paranoia wegen schalt.
Kann mir doch egal sein, wo das Vieh herkommt und der Reiter abgeblieben ist! dachte sie, bevor sie sich keuchend auf das Pferd schwang, was ihr erst nach drei missglückten Versuchen gelang. Für Lucy war es riesig, aber besser als weiter zu Fuß zu gehen. Ihre Beine ließ sie lose vom baumeln, der Sattel war ihr viel zu groß. Bevor sie es sich aber tatsächlich halbwegs bequem machen konnte trabte das Pferd los. "Hey!" protestierte Lucy und packte die Zügel fester. Doch auf keinen ihrer Versuche das fremde Tier zu bezwingen reagierte das Pferd. Plötzlich gar nicht mehr orientierungslos bahnte es sich seinen Weg, während Lucy völlig verausgabt gewähren ließ. Halbwegs sammeln konnte sie sich, als das Pferd nach viel zu kurzer Zeit verlangsamte und Lucy erkennen konnte, wohin es sie geführt hatte bzw. zu wem. Unter einem Baumstamm verkeilt lag eine fremde Gestalt, die Lucy als Reiter des Pferdes identifizierte. Wer auch sonst? Das Pferd war in der Nähe gewesen und die unglückliche Person zu ihren Füßen ließ keinen Zweifel darüber, dass das Pferd infolge eines Unfalls fortgelaufen war. Der Mann war bei Bewusstsein und obwohl es ihr erster Impuls war, sofort weiter zu reiten, das Pferd gegen alle Widerstände zum Trab anzuregen, bewegte sie sich nicht. Was wohl in erster Linie daran lag, dass sich das Tier trotz Lucys energischer Tritte nicht vorwärts bewegen wollte und weil ihr die Idee kam, dass sie die Hilfe des Fremden durchaus gebrauchen konnte. Zu zweit war Horatio schon viel eher zu bezwingen und vielleicht wusste der Mann, wo sie sich befanden.
Von diesem eigennützigen Gedanken beseelt sprang Lucy ein wenig wiederstrebend aus dem Sattel. Es war ihr egal, ob sie ein vertrauenserweckendes Bild bot oder nicht. Wie es aussah benötigten sie beide Hilfe und der Fremde kam Lucy gerade recht. "Hey! Hey, du!" sprach sie den Mann mit nach wie vor atemloser Stimme an. Für Höflichkeit hatte sie weder Lust noch Zeit. Ihre Beine fühlten sich nach dem Gewaltmarsch wacklig an, als sie zu dem Mann hinüber schlenderte und ihn mit zusammengekniffenen Augen maß. Konnte er eine Gefahr für sie darstellen? Ach was, der kann sich ja kaum bewegen! "Was wird das hier?!" fragte sie spöttisch, während sie den Stamm anpackte unter dem sein Bein begraben lag und sich daran machte, ihn mit all ihrer Kraft herunter zu ziehen. Denn wenn er ihr helfen sollte, musste sie ihn zuerst einmal befreien.
Lange konnte Jason sich nicht mehr aufrecht haltend. Nicht nur sein Knie schmerzte nach dem erfolglosen Versuch, dieses unter dem Stamm, unter den es geraten war, hervorzuziehen, sondern auch sein immer wieder kehrender Husten lösten stechende Schmerzen aus. Wahrscheinlich hatte er eine Lungenenthündung oder etwas in der Art, so dass es wohl kaum noch darauf ankam, ob er sich nun auf den kalten Boden gleiten ließ oder nicht. Jason war nicht dumm und wusste, dass er schlicht erfrieren würde, so er hier noch lange liegen würde. Noch einmal versuchte er vergeblich, sich aus seiner mißlichen Lage zu befreien. Auch dieser Versuch blieb nicht nur erfolglos, sondern raubte ihm die letzten Kräfte, so dass er sich einfach wieder zu Boden gleiten ließ. Schon nach wenigen Augenblicken klapperte Jason vor Kälte mit den Zähnen. Es war bitterkalt und Jason wurde immer müder. "Verdammt, Jase. Reiß Dich zusammen!" Jason schimpfte vor sich hin, denn er wusste, dass ein Einschlafen sein sicherer Tod wäre. Mühsam wandte er seinen Kopf zur Seite und streckte seine Hand nach einem großen Ast aus, der unweit seines Kopfes am Boden lag. Wenn er diesen erreichen und mit einem Ende unter den Baumstamm schieben konnte, würde er sich wohl der Hebekraft bedienen können - vorausgesetzt der Ast brach nicht. Ein neuerlicher Hustenanfall ließ Jason innehalten. Röchelnd holte er Luft und fuhr herum, als er die Schritte eines Pferdes hörte. Vor seinen Augen blitzten Sterne auf, die einen Migräneanfall ankündigten, so dass er versuchte, diese wegzuschütteln. Das Pferd kam näher und als es stehen blieb, sah Jason einen Reiter aus dem Sattel gleiten. Enttäuschung überfiel ihn, denn das konnte kaum Blackjase sein. Dieser ließe sich nicht von einem Fremden reiten - jedenfalls nicht unter normalen Umständen. Ruckartig und wegen seiner Kopfschmerzen stöhnend richtete Jason sich halb auf und zog seinen Revolver. Wahrscheinlich war das nur wenig sinnvoll - eine Reflexbewegung -, denn ob er hier überfallen und danach erschossen wurde oder erfror, spielte wohl kaum mehr eine Rolle. Sein Versuch bedrohlich zu wirken oder mit seiner Waffe nach dem Reiter zu zielen, der nun auf ihn zu kam, scheiterte kläglich, denn Jasons Hand zitterte vor Kälte. Der junge Mann erinnerte ihn an Irgendwen und Jason runzelte die Stirn. Wo hatte er bloss dieses Gesicht schon einmal gesehen? "Wonach sieht es denn aus?!" Murrend fauchte Jason zurück, denn der Spott in der Frage des noch jungen Fremden war ihm nicht entgangen. Dieser war unhöflich, wirkte arrogant, aber nicht gefährlich, so dass Jason seinen Colt wieder ins Holster zurückschob. In seinem Zustand würde er wohl nicht einmal ein Scheunentor trefffen! Guter Plan..Jason keuchte und bekam kaum Luft, als er erneut versuchte, sein Bein zu bewegen. Mit aller Kraft schien der junge Mann nun zu versuchen, den Baumstamm zu heben und tatsächlich sah Jason, dass dieser sich hob. Mühsam und mit den Zähnen knirschend bewegte er vorsichtig sein Bein. Mit einem wütenden Aufschrei der Schmerzen wegen zog er es mit einem Ruck unter dem Stamm hervor. Ein scharfer Schmerz durchzuckte sein Knie und ließ ihn Sterne sehen, so dass er fast bewusstlos liegen blieb. "Verdammt noch mal - tut das weh! Aih.." Jason fluchte und rang erneut nach Luft. Er würde doch vor diesem ungezogenen Jüngling jetzt nicht noch in Ohnmacht fallen! Tief holte er Luft, bevor er versuchte, sich aufzurichten. Er musste einfach aufstehen und versuchen, an sein Pferd zu gelangen - bevor der junge Mann es wagte, ihm dieses zu stehlen! Unter großer Kraftanstrengung schaffte Jason es, sich auf seine Beine zu stellen, aber noch während er ein "Danke" hervorbrachte, gab sein verletztes Knie nach. Fluchend stürzte Jason erneut in den Schnee.
Ihre Arme wurden schnell schwer. Der kleine Kampf mit Horatio hatte sie viel von ihrer Kraft einbüßen lassen. Wie Blei fühlten sie sich an und sie wusste, lange konnte sie nicht mehr zerren und heben und am nächsten Morgen würde sie den heutigen Tag mit aller Macht spüren. Sie schniefte und schmeckte ein weiteres Mal Blut. Sie keuchte und in ihren eigenen scheren Atem mischte sich der Aufschrei des Fremden, als er sein Bein unter dem Stamm hervorzog. Eine kleine Bewegung, die Lucy eine große Kraftanstrengung ersparte. Sie konnte den Stamm loslassen und das tat sie mit einem erleichterten Seufzen. Lucy schnappte nach Luft und sprang einen Schritt zurück. Sie beobachtete, wie der Fremde einen Fluch ausstieß und kurz auf dem Boden verharrte, die Augen zusammen gekniffen. Während sie auf die Gestalt am Boden blickte, die sich langsam aufzurappeln begann, rieb sie sich die Arme und hob die Decke vom Boden auf, die ihr heruntergefallen war. Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mundwinkel, aus dem immer noch Blut sickerte. Bevor sie irgendetwas sagen oder handeln konnte fand sie den Fremden wieder in den Schnee niedergestürzt. Sein kurz hervor gewürgtes "Danke" nahm sie nur mit halbem Ohr wahr. Sie achtete auch nicht wirklich darauf, auf Höflichkeiten gab sie mittlerweile nicht mehr allzu viel.
"Hey!" protestierte sie. Offenbar war der Fremde ernsthaft verletzt. Zumindest konnte er nicht sofort stehen. Und Lucy blinzelte und starrte kurz auf das Bein des Mannes, das unter dem Baumstamm gelegen hatte. Es waren eindeutig zu viele Verletze in zu kurzer Zeit für Lucy. Dennoch zog sie sich nicht zurück, sondern beugte sich hinunter und packte den Fremden ohne mit der Wimper zu zucken am Arm. Zwar protestieren ihre eigenen Muskeln dabei schmerzhaft, aber immerhin wollte sie auch seine Hilfe. "Na los, hoch mit dir!" Sie zog ihn in die Höhe und unter dem plötzlichen Gewicht schwankte sie selbst ein wenig und musste sich mit der geringen Kraft, die sie noch übrig hatte, dagegen stemmen.
"Geht´s?!" fragte sie, während sie sich um seinen Unterarm klammerte, um ihn nicht sofort wieder zu Fall zu bringen. Ihre andere Hand lag mittlerweile wieder nahe ihres eigenen Colts, der unter ihren Hosenbund geschoben und von Kleidung und Decke verdeckt lag. Sie glaubte nicht wirklich daran, dass der Mann gefährlich wahr, dafür hatte er wohl zu starke Schmerzen. Und so lange Lucy sich nicht bedrohlich zeigte, glaubte sie nichts zu befürchten zu haben. Der nimmt mich vermutlich sowieso nicht ernst, wenn ich plötzlich mit dem Colt vor ihm rumfuchtel, verdammt, das würd ich auch nicht! ging es ihr durch den Kopf, während sie ihn kurz musterte. Er wirkte trotz seiner Verletzung kräftig, durchaus in der Lage seine Kraft einzusetzen und Lucy wusste einmal mehr, dass sie in ihrer gegenwärtigen Verfassung bei einem Handgemenge nicht gegen ihn ankommen würde. Seine Augen wirkten kalt und Lucy konzentrierte sich lieber auf etwas anderes. "Okay, ich hoffe, du kannst stehen?!" wiederholte sie, ihre Eigennützigkeit weiter im Kopf. Nur kurz überlegte sie, wie sie weiter verfahren sollte. Horatio blieb ihr ebenfalls stets im Kopf. Was, wenn er gar nicht mehr weit hinter ihr her war? Sie warf einen raschen Blick hinter sich, wie um sich zu vergewissern, dass er nicht hinter ihr stand. Eine leichte Panik in den Augen konnte sie nicht verhindern.
Ihr war es egal, was er von ihrem direkten Ton halten mochte. Sie wollte und brauchte seine Hilfe. "Wohin des Weges, Fremder? Bevor dir das hier-" sie wies kurz auf den Stamm, unter dem er noch vor kurzem begraben gelegen hatte. "-dazwischen gekommen ist? Auf dem Weg nach Camden Village?" Sie selbst hatte nicht vor direkt nach Camden zu gelangen, nicht sofort. Lucy wollte es von dem Fremden abhängig machen. Vielleicht konnte sie ihn begleiten und er so unbewusst und unfreiwillig zu ihrem Geleitschutz werden. Sie ließ seinen Arm zögerlich los und trat einen Schritt zurück, bereit jederzeit wieder zuzupacken.
"Hey!" Obwohl Jason wusste, dass er gar keine Alternative hatte, als sich von diesem Lümmel helfen zu lassen, fauchte er sie an, als er sich plötzlich von diesem in die Höhe gezerrt hatte. Sein Knie protestierte mit Nachdruck, als er sich aufrappelte und versuchte, sein Körpergewicht auf beide Beine zu verteilen. Ohne lange Überlegung glitt seine Hand an den Griff seines Colts, denn sicher fühlte er sich in der Nähe dieses Burschen nicht gerade. "Muss wohl." Gereizt raunzte der den Jungen an und musterte ihn von oben herab. Wirklich interessant fand er ihn nicht und eigentlich gab es nichts, was ihn gefährlich machte, wenn da nicht das irritierende Gefühl wäre ihn schon einmal gesehen zu haben. Nur wo.. Fahndungsplakat? Wahrscheinlich.. Jasons Blick glitt von dem Jungen nur für den Bruchteil von Sekunden ab, um zu sehen, um zu sehen, ob Black Jase in Ordnung war. Der Rappe stand völlig ruhig unweit der Unglücksstelle und Jason konnte sehen, dass er das Gewicht auf allen Vieren verteilt hatte. Das Pferd hatte sich also bei dem Sturz nicht wesentlich verletzt und das Gewehr ragte auch noch auch aus dem Futteral. Das wollte ich Dir aber auch geraten, Bürschchen! Immer noch war Jason misstrauisch, ließ aber von seinem Colt ab. Den zu ziehen war wohl nicht nötig, abgesehen davon, dass er sich momentan wohl kaum auf seine Schießkünste verlassen konnte. Wahrscheinlich würde er doch zunächst nach Camden Village müssen - sich ein Zimmer in einem Saloon oder sonstwo suchen- und ein paar Stunden Schlaf nachholen. "Von da bin ich gekommen - und selbst?" Obwohl er immer noch gereizt, erschöpft und nur seine Ruhe haben wollte, lag eine Spur von Verachtung und Spott in seiner Stimme. Dieser Bursche vor ihm sah aus, als ob - nun, ja, als ob er auf der Flucht sei. Ob er Ärger mit dem Gesetz hat? Langsam dämmerte es Jason. Natürlich - das Gesicht hatte er unlängst auf einem Fahndungsplakat gesehen, aber warum das Bürschchen gesucht wurde, war ihm entfallen. Die Belohnung für dessen Ergreifung war wohl nicht lohnenswert gewesen - jedenfalls war sie nicht wert, jetzt sein Leben zu riskieren, nur um diesen auszuliefern. Jason konnte sich auch nicht vorstellen, was der Junge getan haben könnte, um auf die Fahndungliste zu geraten, denn zumindest augenblicklich würde jeder Versuch des Jungen, ein Verbrechen zu begehen, schlicht lächerlich wirken. "Wohl Ärger mit dem Gesetz, wie?" Jase wartete keine Antwort ab, sondern bückte sich und zog seine Hose trotz der bitteren Kälte ein Stück weit in die Höhe. Blut sah er nicht, aber sein Knie war geschwollen und begann sich zu verfärben. Damit würde ihn vermutlich kein Rancher einstellen und selbst, so es ihm gelänge dieses zu vertuschen - sein Husten würde wohl auch nicht gerade dazu beitragen.
Mit einem lauten Ausruf des Triumphes hatte Horatio beim Verlassen der Höhle das Pferd vorgefunden. War wohl doch grüner hinter den Ohren, als Pete, Lucy, bisher alle hat glauben lassen. Dummerweise konnte Horatio jedoch nicht reiten. Die Verletzung an seinem Bein war so ungünstig, dass jeder Versuch das Pferd zu lenken unerträgliche Schmerzen erzeugte. Er hätte Lucy wirklich gebraucht. Sie hatte das Pferd in der Nacht hier her gebracht und hätte ihn so auch schnell in die Stadt bringen können. Jetzt blieb ihm nur der Fußmarsch und der würde nicht weniger anstrengend werden. Er brauchte nicht lange bis er Lucys Fußspur fand und sich auf ihre Fährte setzte. Humpelnd und mit zusammengebissenen Zähnen versuchte er der Spur so schnell wie möglich zu folgen. Rein in den Wald führte sie, wo er ihr nur schwer folgen konnte. Äste unter der Schneedecke, Felsen, Talmulden... all das waren Gefahren für sein Bein. Er stolperte oft genug, brach ein und heulte unter Schmerzen auf. Er kam immer langsamer voran und stützte sich bald mehr auf dem Gewehr ab, als es im Anschlag zu halten.
Er wusste, dass er den Abstand zu Lucy nicht verringerte, sondern dieser von Minute zu Minute größer wurde. Da nutzte auch die Spur nicht viel, die vor ihm lag. Er war ihr blind gefolgt, ohne sich mit Nahrung, Decke, Feuerhölzer und Wasser eingedeckt zu haben. Nur mit solch einer Ausrüstund würde er ihr sicher folgen können, so lange wie nötig, außer es setzte Schneefall ein und machte die Fährte unbrauchbar.
Erschöpft blieb er an einem Baum gelehnt stehen und holte tief Luft, wischte sich den Schweiß von der Stirn und verfluchte den Tag, an dem dieser verdammte Sheriff die Gang hochgenommen hatte. Es wäre alles gut gegangen, wären sie noch immer gemeinsam unterwegs, würden sich decken und stützen. Verletzt auf sich alleine gestellt war die Situation ein klein wenig komplizierter, als Horatio es gebrauchen konnte. So vieles schien ihm gerade durch die Finger zu gleiten und das war gefährlich. Er wollte auf seine alten Tage nicht noch einmal in den Bau. Dort war es alles andere als gemütlich, auch wenn er nicht bezweifelte dort wie damals allen klar zu machen wer der Platzhirsch sein würde. Nein, er liebte seine Freiheit. Und um diese zu behalten musste er dafür sorgen, dass Lucy ihre Klappe hielt, das Versteck nicht verriet und all die Menschen, die ihn am Montag im Wald gesehen hatten ebenfalls die Füsse still hielten. Dass Jesse nicht nach ihm suchen würde, war für Horatio keine Frage. Der Kerl hatte Schieß für die ganze Stadt. Und er wusste auch was ihm blühte, wenn er versuchen sollte ihn aufs Kreuz zu legen. Nein von dort kam keine Gefahr. Aber dieser Deputy.. und dieser Junge... die Frau...
Unschlüssig raffte sich Horatio wieder auf und folgte der SPur weiter.... Er war von seinem Erfolg nicht überzeugt, wusste aber im Moment keine andere Lösung...
"Nur keine Panik, ich tu dir schon nichts", entgegnete Lucy ein wenig spöttisch, als sie die Hand des Fremden in Richtung Gürtel gleiten sah. Sie kannte diese Bewegung nur zu genau und im Augenblick stand ihr nicht der Sinn danach, in die Mündung einer Schusswaffe zu blicken. Verdammt, warum so misstrauisch? Da hilft man und so wird es gedankt. Scheiße! Dennoch trat sie einen weiteren Schritt zurück. Einerseits, um tatsächlich zu zeigen, dass von ihr keine wirkliche Gefahr ausging. Andererseits um sich zu vergewissern, dass der Fremde auch ohne Hilfe stehen konnte. Und offensichtlich konnte er, wenn auch alles andere als sehr sicher. Sie zog die eigene Hand zurück unter die Decke, es war immer noch verdammt kalt. Und wenn sie sich nicht allzu bald in die Wärme eines Raumes oder zumindest Nähe eines Feuers flüchten konnte, dann war ihr eine ordentliche Erkältung sicher. Der Schweiß begann langsam auf ihrer Haut zu trocknen und ließ sie einmal mehr frieren. Sie biss die Zähne zusammen, um sich nichts anmerken zu lassen.
"Aus dem Nirgendwo komm ich", gab sie gedehnt Antwort. Das entsprach sogar der Wahrheit. Sie hatte nicht den leisesten Schimmer, wo sie sich gerade aufhielt oder wo sie hergekommen war. Das war das Einzige, wozu Horatio gut gewesen war: Er kannte den Weg, irgendwie zumindest und Lucy fühlte sich orientierungslos. Eigentlich war sie nicht zum Plaudern aufgelegt, aber Stille hätte den Fremden vermutlich noch ein wenig misstrauischer werden lassen, als er es ohnehin war. Lucy war sein Blick aufgefallen und dieser behagte ihr überhaupt nicht. Aber auch davon wollte sie sich nichts anmerken lassen, es einfach nicht gesehen haben.
"Du bist wohl sehr clever, hm?" konnte sie einen beißenden Unterton nicht vermeiden, aber seine direkte Schlussfolgerung bereitete ihr Unbehagen. "Nein, eher Opfer als Täter", fügte sie schnell hinzu, um ein wenig abzulenken. Auch hier handelte es sich um die Wahrheit, oder zumindest um eine geringe Verdrehung davon. Für sie zählten im Augenblick nur die vergangenen Stunden, nicht die übrigen Schandtaten, die sie in ihrem jungen Leben bereits begangen hatte. Wer war der Fremde, dass er sich solche Gedanken machte? So ein Mist und das ausgerechnet jetzt! Kann ich nicht auch mal Glück haben?! Ich brauch doch nur ein kleines bisschen Hilfe, verdammt, ist das zu viel verlangt? "Ich bin überfallen worden, ja?! Was denkst du warum ich so ausseh?" Ihr Ton klang ein wenig ruppiger als sie eigentlich klingen wollte, aber in ihr keime langsam die Ungeduld. Sie musste fort von hier und ein bisschen stimmte ja auch was sie sagte. Und eigentlich ging es den Fremden ja gar nichts an, beschloss Lucy fast ein wenig trotzig.
"Was dagegen, wenn ich dich begleite, wohin auch immer du unterwegs bist? Mir wurde so ziemlich alles gestohlen und zu Fuß macht es sich schlecht und ich hab keine Ahnung wo ich bin." gab sie unverfroren zu. Irgendwie musste sie ja mit der Sprache heraus rücken und warum lange um den heißen Brei reden? Während die letzten Worte noch von ihren Lippen sprangen starrte sie auf sein nacktes Knie, das alles andere als gut aussah. Sie unterdrückte den Drang Verletzung zu kommentieren, sondern sprach direkt weiter. Tatsächlich der Information wegen und weniger um das Eis zu brechen fragte sie: "Wer bist du überhaupt, dass du so einsam mit Gewehr unterwegs bist und dich von Baumstämmen begraben lässt?" Wieder warf sie einen Blick hinter sich. Nein, keine massige Gestalt, die plötzlich zwischen den Bäumen auftauchte. Doch was wenn doch? Was dann? Bibbernd wandte sich Lucy ab.
"Aus dem Nirgendwo. Alles Klar." Jason liess seine Hose wieder fallen und sich aufrichtend musterte er den Burschen noch einmal genauer. Der konnte ihm ja viel erzählen - von wegen aus dem Nirdendwo. Eher Opfer statt Täter - zum Verbrechen getrieben - sagen sie alle. Dennoch, so wie der Bursche aussah, mit der verletzten Lippe, mochte die Geschichte von einem Überfall sogar der Wahrheit entsprechen. Auf die Bemerkung, er sei wohl ziemlich clever, ging Jason gar nicht erst ein. Er war durchschnittlich intelligent, aber wahrscheinlich nicht dass, was man besonders clever oder schlau nannte. "Glauben tue ich gar nichts mehr - besser ist." Jason verzog das Gesicht, als er vorsichtig sein Knie krümmte. Weit laufen konnte er damit nicht, aber da es sein rechtes Knie war, würde er sich wohl in den Sattel schwingen können. "Von mir aus." Jason zuckte die Achseln, denn es war ihm im Augenblick ziemlich egal, ob er alleine oder in Begleitung dieses Fremden nach Camden Village zurück ritt. Er brauchte ein Dach über dem Kopf und ein paar Stunden Schlaf. Das war im Augenblick wichtiger, als diesen Burschen doch noch auszuliefern. Außerdem konnte er das in Camden Village wohl immer noch. "Alles geklaut, ja?" Jason nahm an, dass das wohl nicht viel gewesen sein konnte, denn für ihn stand immer noch fest, dass der Bursche auf der Flucht war. Das hieß allerdings noch nicht, dass er in allen Punkten die Unwahrheit gesagt hatte, denn zum Einen wurden Verbrecher sehr oft zum Opfer eines Überfalles aus eigenen Reihen und zum Zweiten wäre er gegebenenfalls auch nicht der Einzige, der nur durch Zufall unschuldig auf die Fahndungsliste geraten war. Viel bei sich hatte der Bursche jedenfalls nicht. Für Höflichkeit hatte der Junge wohl genau so wenig übrig, wie er im Augenblick, so dass Jason überrascht war, als sie nach seiner Person fragte. "Jase Burnett - und selber?" Sein herausfordernder Blick überspielte seine Verlegenheit darüber, dass er ihr nicht antworten konnte, wer er eigentlich war. Gut - er hieß nach seinen Papieren Jason Burnett, stammte aus der Nähe von Camden Village und verdiente sein Geld als Kopfgeldjäger. Ersteres sagte nicht viel über ihn aus und Letzteres würde er ihr bestimmt nicht auf die Nase binden. Auf zwei Fingern stieß er einen Pfiff aus, auf den hin Blackjase angetrabt kam. "Rauf mit Dir - der trägt uns beide." Ohne eine Entgegnung abzuwarten stieg er in den Bügel und schwang sein verletztes Bein über die Kruppe des Tieres. Schmerzen durchzogen sein Knie, als er es leicht krümmte. Schließlich ließ er die Beine ohne Steigbügel lang hängen und streckte dem Burschen seine Hand entgegen, um ihm gegebenenfalls in den Sattel ziehen zu können.
Sie ignorierte seinen Sarkasmus geflissentlich. Mir doch egal, ob er mir glaubt oder nicht. Wer fragt, bekommt Antworten. Ob die wahr und schön zu hören sind, ist was anderes! Wenigstens waren seine weiteren Worte zufriedenstellend. Na also! Kurz hatte sie die Befürchtung gehabt, dass er ablehnen würde. Welcher Mensch kümmerte sich denn schon gern um Fremde und duldete diese in seiner Anwesenheit? Zumal es sicher Menschen gab, die um einiges vertrauenserweckender aussahen, als sie in ihrem gegenwärtigen Zustand. Zu einem kurz angebundenen "Danke" konnte sie sich dann doch zwingen, so viel Zeit musste dann doch sein, auch wenn sie auf sonstige Floskeln und Höflichkeitsbekundungen piff. Es war ja nicht so, dass sie keinen Respekt vor dem Fremden hatte, der offenbar eher zu den schweigsameren Gattung Mensch gehörten, die auf diesem Fleckchen Erde wandelten. Es war Lucy ganz recht. Es gab genug langatmige Redner auf dieser Welt, die ihre eigene Stimme nur zu gerne hörten. Ruhe war gut und wenigstens stellte er keine allzu lästigen Fragen, egal wie misstrauisch er sein mochte. "Richtig, hab nichts mehr viel außer das hier." bestätigte sie und zuckte kurz mit den Schultern. Auch wenn seine Frage rhetorischer Natur sein mochte, Lucy konnte nicht umhin, das letzte Wort haben zu wollen um zu zeigen, dass sie weder dumm noch auf den Mund gefallen war. Ach ja, und Angst hatte sie ebenfalls nicht.
Jason Burnett, soso. Der Name sagte Lucy nichts. Woher auch? Sie war schon länger nicht mehr in Camden Village gewesen und die Namen der Bürger versuchte sie sich sowieso nicht zu merken, war ohnehin sinnlos, da es nur geringen Nutzen für sie beitrug. Kurz überlegte sie, ihren falschen Namen ein weiteres Mal zu ändern, der Sicherheit wegen. Aber was bedeutete ein Name schon? Jason sah aus wie ein Fremder, kein ortsansässiger, oder warum war er allein im Nirgendwo des Waldes zugange? Sie zuckte die Schultern, zögerte noch kurz und scharte mit der Fußspitze im Schnee. Sein durchdringender Blick störte sie ein wenig. Als könne er durch sie hindurch sehen und als kenne er all ihre schmutzigen Lügen und Geheimnisse. "Pete Dale." murmelte sie und erwiderte seinen Blick trotzig. Was starrt er mich so an? Was soll das? Doch Lucy hütete sich, ihn darauf anzusprechen und ihm Vorwürfe zu machen. Sie war auf ihn angewiesen, zumindest im Moment und deswegen hieß es, dass sie es sich nicht mit ihm verscherzen durfte.
Ihr gefiel, dass er schnell handelte und sich kurz darauf wieder auf sein Pferd schwang. Sehr gut, umso schneller wir hier weg sind, umso besser. Selbst wenn Horatio das Pferd hat, der Alte braucht eine Weile, bis er sich durch den Wald gekämpft hat. Davon konnte Lucy nämlich ein Lied singen. Ihre Lippe war mittlerweile verkrustet und ihre Kälte tat ihrer leicht geschwollenen Wange gut. Sie zögerte kurz, bevor sie seine Hand ergriff und sich zu ihm auf den Sattel ziehen ließ. Lucy hasste es fremden Menschen und Menschen generell zu nahe zu kommen. Aber im Augenblick gab es keine andere Möglichkeit und weiter laufen wollte sie sicher nicht. "Kann losgehen", verkündete sie. "Zurück nach Camden, nehm ich an?" Das war Lucy eigentlich gar nicht so recht, aber bis nach Camden Village war es immerhin noch ein Stück und sie konnte im Notfall immer noch vorher abspringen oder ihn zumindest bitten, ihn ein wenig außerhalb anzuhalten. Bis dahin musste sie sich selbst aber erst einmal klar darüber werden, was als nächstes mit ihr geschehen sollte. Sie hatte nämlich nicht vor, dem Sheriff direkt in die Hände zu spielen. Ihre Finger waren vor Kälte ganz steif und sie konnte sich nur schwer festklammern. Aber alles war besser, als weiter orientierungslos durch den Wald zu laufen.
"Ich hoff, du weißt wo´s lang geht, ja?" fügte sie noch hinzu, während sie in Gedanken ergänzte: Und wenn du irgendwo einen verletzten, ziemlich kräftigen und hässlichen Mann mit Augenklappe siehst, ignorier ihn einfach oder reite ihn über den Haufen!
ooc: Wusste nicht ob ich vor Horatio posten soll, aber da die drei ja nicht aufeinander getroffen sind.
"Pete?" Jason fragte nach und das lag nur zum Teil daran, dass er des Gemurmele Petes kaum verstanden hatte. Misstrauisch musterte er noch einmal seine Gesichtszüge, wärend er ihm in den Sattel half. Den Namen Pete Dale - hatte er noch nie gehört und schon gar nicht im Zusammenhang mit irgendeiner Fahndungsliste. Dennoch wollten seine Gesichtszüge sich an ein Fahndungsbild erinnern, nur warum? Jason hatte dafür keine logische Erklärung und genau dass wurmte ihn derart, dass er reizbar und diesem Pete gegenüber ungerecht wurde. "Camden Village, jepp. Brauch'nen Dach über'm Kopf." Eine genauere Erklärung der Gründe für seine Entscheidung zur Umkehr hielt Jason in Anbetracht seines deutlich hörbaren Hustens für überflüssig. Schließlich wollte er hier oben weder erfrieren, noch an einer Lungenentzündung versterben. Vermisst werden würde er wohl kaum - zumindest erinnerte er sich nicht an irgendwelche Bekannten aus seinem Leben vor den Marones. "Jepp - Zurück finde ich immer." Das war nicht übertrieben, denn Jason konnte sich die Wege, die er genommen hatte, gut merken und so es sich um komplexere Wege und Landschaften handelte, hatte er es sich zur Angewohnheit, diese zu notieren- einer Landkarte gleich. Den Weg zurück nach Camden Village würde er ohne Weiteres wiederfinden. Ohne weitere Erklärung für seine Sicherheit in dieser Sache, nahm er die Zügel nach rechts und ließ BlackJase in einer Volte drehen. Die ersten Meter ließ er das Pferd langsam und am Zügel bummeln. Er mochte diesen Pete nicht besonders, so er ehrlich war, und er war ihm auch egal, aber dennoch wollte er nicht dafür verantwortlich sein, so dieser vom Pferd rutschte und letztlich doch noch erfror. Dass der Junge erbärmlich fror, spürte Jason an dessen Zittern, als er sich von hinten an ihm festhielt. Erst als er wieder auf sicherem Grund und Boden unterwegs war, ließ er seinen Rappen antraben und im Jog - einer Art zockelndem Trab - in Richtung Camden Village laufen. Hoffentlich hat der Saloon Gästezimmer - Geld für ein ordentliches Hotel werde ich wohl nicht aufbringen können..
Seine Worte bestätigten ihre Vermutung, dass er kein Einheimischer war. Welcher angesiedelter Bürger war denn schon auf der Such nach "einem Dach über dem Kopf?" Und selbst wenn er erst zu gereist war und das hier sozusagen seine Ankunft-wo bitte schön war dann das große Gepäck? Selbst ein Mann hatte bei einer Anreise mehr bei sich als Jason. Lucy war auf einmal fast zufrieden mit der kleinen Wendung des Schicksals. Wenigstens für einen kurzen Augenblick konnte sie sich halbwegs sicher sein, dass alles irgendwie nach Plan verlaufen würde. Ein Plan, der zwar keiner war, aber immerhin stand ihr Vorhaben aus dem Wald und fort von Horatio zu kommen. Wie es aussah erfüllte sich dieser Wunsch nun ganz nach Bedarf. Es war nur gut, dass Jason vermutlich niemanden kannte. Weder die Stadt selbst, noch viele Einwohner. Mochte sein, dass er Verwandtschaft in Camden hatte. Das waren Lucys einzige Erklärungen für seine Ankunft. Vielleicht ein neuer Job, der Besuch bei der Familie-etwas anderes konnte sich Lucy nicht vorstellen. Es gab größere Städte als Camden Village, die mehr Möglichkeiten boten. Nur wer die Ruhe sucht, den verschlägt es in dieses Nest! Selbst wenn er jemandem von seiner Begegnung im Wald erzählte, das würde keine Großverhandung nach ihr auslösen. So wichtig schätze Lucy sich und ihre Taten dann auch nicht ein. Und vielleicht, nur ganz vielleicht, hatte man schon langsam vergessen wer sie war und wie sie aussah. Auch wenn sie selbst nicht wirklich daran glaubte, sie konnte es sich zumindest einreden. Sie runzelte die Stirn als sie seinen blechernen Husten hörte. Verdammt, das klingt nicht gut. Behalt deine Krankheit bloß bei dir, das kann ich nicht gebrauchen! So presste sie nur die Lippen zusammen und wandte das Gesicht ab, ließ den Blick über verschneite Bäume wandern. Ein leichter Schneefall hatte wieder eingesetzt und trug nicht gerade dazu bei, dass es Lucy warm wurde. So ein Mist. Ich brauch wohl auch ein Dach über dem Kopf und das schnell Doch das dürfte bei ihr um einiges schwieriger werden als bei Jason. Sie war sich sicher, dass er Geld bei sich hatte und zumindest ein so ehrliches Gesicht, dass man ihm ein Zimmer nicht verwehren würde, wenn er denn nicht bei Verwandten oder sonst wo unterkam.
Kurz ging ihr der verführerische Gedanken durch den Kopf, den eigenen Colt zu ziehen und ihn Jason an den Kopf zu halten, sein Geld und Pferd einzufordern und dann nichts wie weg. Aber dieser Gedanke war dumm, sehr dumm, dass wusste sie selbst. Denn erstens war sie tatsächlich auf seinen Geleitschutz angewiesen, zumindest bis sie in der Nähe von Camden Village waren. Auch wenn sie sonst nicht an ihren Fähigkeiten zweifelte, ein weiteres Mal konnte sie auf einen Kampf mit Horatio verzichten. Außerdem schätze sie den Fremden als durchaus kräftig ein-trotz verletztem Knie und heftiger Erkältung. Nein, es hatte keinen Sinn und so starrte sie nur kurz auf Jasons Rücken, um sich dann wieder der Umgebung und dem Schreckgespenst Horatio zuzuwenden. Ihr logischer Menschenverstand sagte ihr, dass er sie unmöglich hatte einholen können, selbst mit Pferd. Auf der anderen Seite war da aber immer noch das klamme Gefühl in ihrer Magengegend, das ihr besagte, dass bei Horatio so ziemlich alles möglich war. Deswegen musste sie sich in die Sicherheit der Stadt retten. Denn was für sie galt, galt auch für Horatio. Auch er wurde sicherlich gesucht. Wenn sie sich bedeckt hielt würden weder er noch die Hand des Gesetztes nach ihr greifen können. Und vielleicht hatte sie ja das Glück, dass Horatio in die Falle ging und vor ihr im Gefängnis landen würde.
"Hmm, hmm", gab sie als einzige Bestätigung von sich, während Kälte und Wald an ihr vorbei glitten. So lange er den Weg wusste musste sie sich wenigstens nicht darum kümmern, denn sie war in diesem Fall keine große Hilfe. Sie hoffte, dass der Ritt nicht allzu lange dauern würde, ihr wurde nämlich immer kälter und so zog sie den Kopf ein und versuchte sich so gut wie möglich hinter dem Rücken des Fremden zu verstecken. Kurz überlegte sie, Jason mit weiteren Fragen zu löchern, ihn von sich abzulenken und vielleicht heraus zu finden, in welcher Weise er ihr noch dienlich sein konnte. Aber er wirkte abweisend und wie jene Art von Menschen, die auf manche Fragen keine oder nur eine sehr unangenehme Antwort geben würden, wenn sie nicht antworten wollten. Und darauf hatte Lucy keine Lust. Außerdem war sie müde, entsetzlich müde und das spürte sie jetzt mit aller Deutlichkeit. Trotz der Kälte fielen ihre Augen immer wieder zu und sie spürte, wie sie langsam in die Welt des Schlafes hinüber glitt. Es war gefährlich die Kontrolle zu verlieren, nicht zu wissen, was vor sich ging. Aber sie war erschöpft, übernächtigt und einfach nur am Ende ihrer Kräfte. Und so spürte sie kaum, wie sie nach vorne sank und mit dem Kopf gegen seinen Rücken stieß und ihr die Augen zufielen.
Der schläft doch nicht etwa?! Ich glaub's nicht. Genervt schüttelte Jason den Kopf, denn ein Einschlafen auf dem Rücken eines trabenden Pferdes war nicht ungefährlich - für den Schlafenden. Sich nach dem Burschen herum zu drehen, wagte Jason aus zwei Gründen ganz bestimmt nicht. Schliefe dieser nämlich, würde er dabei sehr leicht aus dem Sattel rutschen können und Blackjase könnte aufgrund der Gewichtsverlagerung und sein dabei hinter den Sattelgurt geratenen Unterschenkel annehmen, er wolle angaloppieren. Das war also kein guter Plan, so dass er sich lieber auf seinen eigenen Eindruck verließ. Die ruhigen Atemzüge und der hängende Kopf des Jungen verrieten, dass dieser eingeschlafen war. Seufzend ließ Jason seinen Rappen wieder in den Schritt fallen, damit der Junge nicht doch noch aus dem Sattel rutschte. Erstaunt schob er sich den Hut aus der Stirn und musterte den Waldweg vor ihm. Offenbar war er gar nicht so weit in den Wald hineingeraten, wie er angenommen hatte, denn schon lichteten sich die Bäume und gaben den Blick auf die verschneite Ebene frei. Vielleicht war kam er nun von einer andern Seite nach Camden Village hinunter, denn das Rauschen des Millrivers konnte er nicht wahrnehmen. Allerdings begann es wieder zu schneien, so dass Schall ohnehin verschluckt werden konnte. Immer noch verspürte Jason nicht die geringste Lust sich den Fragen der Menschen nach seiner Herkunft zu stellen, aber die Schmerzen in Knie und der Schulter, die er sich neulich erst geprellt hatte im Zusammenhang mit seiner schweren Erkältung ließen ihn nun doch anders darüber denken. Für ein warmes Bett, Ruhe und vielleicht so gar die zärtlichen Berührungen einer Frau würde er es wohl in Kauf nehmen, ausgefragt zu werden - und doch die Antworten schuldig bleiben zu müssen. Außerdem würde dort wohl sein unfreiwilliger Begleiter ohne ihn zu Recht kommen. Schließlich wollte er sich den nicht für den Rest seiner Tage ans Bein binden. Jason war also wider Erwarten froh, als die ersten Häuser Camden Villages vor ihm auftauchten. Jetzt musste er nur noch hoffen, dass er den Saloon auch fand, denn dort - so hoffte er - würde er wohl ein Zimmer bekommen.
Lange würde er es nicht mehr bringen, dass spürte Horatio ganz deutlich. Sein Atem ging stossweise, seine Lungen rasselten und der kalte Schweiß rann ihm von der Stirn. Seine Hände zitterten, sobald er das Gewehr fester zu greifen versuchte und immer öfters musste er eine Pause einlegen, an einen Baum gelehnt und kaum noch in der Lage sich dazu zu motivieren weiterzugehen. Er war schon fast soweit umzukehren, als er auf etwas interessantes stieß. Ein verlassenes Lager. Zumindest nahm Horatio ein Lager an. Der Schnee war entsprechend niedergetrampelt und zumindest ein Pferd war auf dem kleinen Platz gewesen. Lucys Spur endete hier. Und alles was er noch fand, war eine Pferdespur, die Richtung Camden Village führte. Hatte die Kleine also neuen Begleitschutz gefunden? Offensichtlich. Denn weder lief ihre SPur alleine weiter, noch hetzte eine andere Spur dem Pferd nach. Auch gab es kein Blut im Schnee. Also kein Kampf. Zumindest wusste Horatio nun, dass er Lucy nicht mehr einholen würde. Jetzt, da sie beritten war, kam sie schneller voran, selbst im Schnee, in dem man gezwungen war ein wenig vorsichtiger sein PFerd zu lenken. Er mit der Verletzung wäre viel zu langsam. Der Abstand würde größer und größer werden. Am Ende erfror er noch bei dieser aussichtslosen Hatz. Nein, da kehrte er lieber um, so lange er noch den eigenen Spuren zurück folgen konnte und die Höhle so wieder fand. Er hatte dort noch immer alles, was er brauchte. Feuerholz, ein wenig Nahrung für das Frühstück und vor allem das Pferd. Auch wenn er nicht reiten konnte, so wollte er es später versuchen und im schlimmsten Fall zu Fuß gehen. Das Pferd würde er aber so oder so mitnehmen, denn sein Gepäck musste das Pferd schon tragen, wenn er nicht drauf saß...
Das hatte man nun davon, wenn man sich mit diesen primitiven Proletariern einlässt. Erst leisteten sie schlechte Arbeit und dann liesen sie einen im Stich. War es denn wirklich zu viel verlangt, das sie nachts los gingen und die Koyoten erlegten die seinen Schlaf störten? Immerhin hatte er sie doch fürstlich bezahlt. Und dann liesen sie ihn in dieser gottverlassenen Gegend alleine, nur weil sie zu feige waren noch ein wenig weiter zu ziehen. Dabei wollte er doch San Francisco erreichen und sich von dort nach Indien einschiffen. Dort würde er endlich wieder anständige Briten treffen und konnte dann in seine Heimat zurück kehren. Bis jetzt war Amerika eine einzige Enttäuschung. Alleine das Essen war eine Katastrophe. Man sollte doch erwarten das erfahrene Westmänner jeden Tag einen frischen Büffel oder wenigstens eine Wildsau aufs Lagerfeuer brachten. Aber meist war Schmalhans Küchenmeister, ja einmal verlangten sie sogar von ihm einen Präriehund zu essen. Wie abartig war das denn?
Und nun saß er hier im Wald fest, hatte zwei Packpferde im Schlepptau und wusste nicht ob er nach vorne oder hinten sollte. "Finde doch endlich den Weg, Herakles!" wies er sein getreues Reitpferd an, aber das war wohl ebenso verloren wie er. Irgendwo hier in der Gegend sollte ein gewisser Ort namens Camden Village liegen, wo er sicherlich neue Diener finden würde. Aber im Moment sah er nur Wald, soweit das Auge reichte. Lawrence zog seinen kleinkarierten, blauen Samtmantel, der neuste Schrei aus Paris enger um die Schultern und spähte zwischen die Bäume hindurch. Nein, es nützte nichts er brauchte einen Fährtenleser der ihm weiter half. Und die besten Fährtenleser waren ja die Indianer die, sofern seine Informationen richtig waren, ja sowieso in primitven Zelten und Baumhütten hausten. Lawrence beschloss einfach mal sein Glück zu versuchen. "HALLO! IST HIER IRGENDWO EIN INDIANER DER MIR HELFEN KANN? HAAAAAAALLO!" rief er zwischen die Bäume hervor.