Erstaunt riss Ben die Augen auf, denn das Jerry ihn mit seinen Worten indirekt als seinen Freund betitelt hatte, war ihm weder entgangen noch ließ es ihn kalt. "Ich bin Dein Freund? Echt jetzt? Einfach so? Ich meine.." Ben unterbrach sich noch gerade rechtzeitig, bevor er wieder ins Schwimmen geriet und zu stammeln begann. Wie meistens dachte er schneller, als er sprechen konnte. Er freute sich unbändig darüber und doch blieb die übliche Angst, auch Jerry würde ihn früher oder später im Regen stehen lassen. Hatte Jerry denn gar keine Angst, verspottet zu werden, wenn er mit dem McKay-Deppen abhing? Dafür konnte man verprügelt werden! Das hatte Ben nie erlebt, aber nur, weil die meisten ihn schon vorher stehen ließen. Warum wusste Ben gar nicht genau zu sagen, denn weder nutzte er Andere aus, noch manipulierte er diese oder beklaute sie. Trotzdem zogen sie früher oder später über ihn her und er war wieder der Dumme, der sich alleine am Rande des Schulhofes herum drückte. Der macht sich lustig über mich, oder? Doch, bestimmt - der meint das doch nicht so.. Ben konnte weder Jerrys Worten Vertrauen schenken, noch glaubte er seiner eigenen Freude, die er darüber nur all zu gerne empfand. "Du willst wirklich.. Pläne schmieden? Mit mir?" Über Jeremys nächste Worte war er so verblüfft, dass er sich mit seinem Po gegen Kendos Futterkrippe lehnte. Diese schien nicht die Neueste zu sein, denn sie schien sich durch dieses Gewicht aus der Verankerung zu lösen, so dass Ben sich rasch wieder aufrichtete. Schmerzen in seinem Hintern ließen ihn hörbar die Luft durch die Zähne ziehen. Jerry konnte davon ja halten, was er wollte, aber sein Pa hatte ganze Arbeit geleistet. Echter Stolz darauf wollte in Ben jedoch nicht aufkommen, denn er fürchtete zu Recht, dass sein Vater erneut ganze Arbeit an ihm leisten würde, sobald er seiner ansichtig wäre. Immerhin war er auf dem Weg zum Gästehaus so schusselig gewesen, dass er sich die Hose zerrissen hatte. Damit hatte er seinen Pa vor dem Reverend bloß gestellt und alles Drei wurde im Hause McKay mit aller Konsequenz und Härte abgestraft. Selbst wenn sein Vater ein Einsehen hatte und erkannt hatte, dass Jerry ihn genötigt hatte, zu schubsen, bliebe noch immer sein Weglaufen. Ben war bestimmt nicht der Hellste, aber sogar er kam schnell dahinter, dass es mindesten vier bis fünf gute Gründe gab, um ihn erneut die Rute, das Paddle oder gar den Stock fühlen zu lassen. Unnachgiebig würde sein Pa ihn mit den üblichen Schlägen abstrafen und ihm sicherlich nicht einen davon erlassen. Da half eben doch kein Pastor! Ben wollte sich der Magen umdrehen bei der Vorstellung, nach Hause geschickt zu werden. Jerry war mit seinen Gedanken bereits viel weiter, als er. Unsicher nickte Ben, denn er war dankbar für die Unterstützung, die er gerade bei Jerry fand. Dieser stand offenbar zu ihm, denn er war sofort bereit, seinen Pa zu belügen und ihn zu verstecken. Allerdings war auch ihm klar, dass der Reverend erst recht misstrauisch würde, so Jerry freiwillig darauf bestand, Kendo alleine zu versorgen. Es war nahezu unmöglich, hier unentdeckt zu bleiben und dabei hatten sie noch nicht einmal Shy Boy und Matt in ihre Überlegungen mit einbezogen. "Ja, das wird es wohl." Ben seufzte, denn er ging davon aus, dass der Reverend ihn nicht wissentlich decken würde. Niemals Erwachsene hielten immer zusammen - auch und gerade gegen Kinder! Es sah wirklich so aus, als gäbe es für Ben kein Entkommen aus dem Kreislauf, in dem eine qualvolle Züchtigung auf die andere folgte - ohne Gnade und ohne Entrinnen. Das muss das Fegefeuer sein, vor dem Hawkins immer gewarnt hat. In seiner Not und und Verzweiflung spürte Ben seine Tränen der Angst erst, als sie ihm schon über die Wangen liefen und aus der Nase tropfen. Oh, wenn Ma davon erführe.. Ärgerlich über seinen Gefühlsausbruch wischte Ben sich mit dem dreckigen Ärmel seiner Jacke über das Gesicht. Dreck vermischte sich mit heißen Tränen und ließen ein verschmiertes Kindergesicht entstehen. Der Gedanke an seine Ma, die solche Wehleidigkeit sofort und ohne Pardon entweder sofort abstrafte oder aber abstrafen ließ, machte ihn traurig. Bei aller Angst vor ihrer Härte und Züchtigung liebte er sie doch und wollte nichts mehr, als ihr gefallen. "Ich weiß nicht, Jerry.. Das ist Alles so schwierig.." Nachdenklich sah Ben auf eine Fußspitzen, mit denen er ein wenig Stroh auf dem Boden hin und her schob. Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. "Du? Warum machen wir nicht was Anderes? Wir könnten einen Schneemann bauen oder Schneeengel machen oder aber die Schlacht von Ghettysborough nachspielen.. mit Schnee natürlich.. " Unsicher sah Ben Jerry an, denn auf einmal hielt er das für eine ganz blöde Idee. Andererseits kämen sie dabei vielleicht auf die Lösung ihres Problemes, denn sie taten das Nächstliegende. Wenn man das tat, ging es irgendwie immer weiter - zumindest sagte das Ma doch immer und die irrte sich nie.
Jeremiah lächelte etwas verlegen, als sich Ben darüber erstaunt zeigte, dass er für Jerry als Freund galt. Wieso auch nicht? Er war der erste Junge im Ort gewesen, der sich seiner angenommen hatte und sich auch jetzt noch nach dem blöden Streich am Donnerstag und der Schule am Samstag um ihn kümmerte. Es gab genug andere, die ihre Rache angekündigt hatten. Jerry hatte davor keine Angst, aber besorgt war er schon. Ben hatte er davon noch nichts erzählt und auch nicht seinem Pa. Er wollte damit alleine fertig werden, ohne die Hilfe von Pa und ohne Ben in Schwierigkeiten zu bringen. Zumindest hatte Jeremiah aus der Freundschaftskiste keine große Sache machen wollen, und winkte daher auch ab. "Ja, echt jetzt," grinste er schon wieder gewohnt breit. "Oder was glaubst du wieso ich freiwillig Prügel riskiere, wenn rauskommt, dass du hier bist, während dich alle anderen suchen und ich das auch noch gewusst habe," im Stillen hoffte Jerry natürlich, dass Ben nie gefunden wurde oder im Idealfall sein Pa ein Einsehen hatte und erlauben würde, dass Ben bei ihnen unterschlupfen durfte. Vielleicht wenn er Pa davon erzählte, wie schlimm Mr. McKay Ben verprügelt hatte und wohl wieder verprügeln würde, würde er seine Erlaubnis geben? Aber ob Ben das recht wäre?
"Na wir brauchen doch Pläne, damit es auch funktioniert," sagte Jerry in einem Ton der etwas Überraschung über Bens Einfältigkeit zeigte. Aber vielleicht .. na ja vielleicht war Ben auch nur so überrascht, dass Jerry in Erwägung zog Bens Meinung zu den Plänen anzuhören oder gar welche von Ben anzunehmen gedachte. In der Schule hatte Jeremiah längst mitbekommen, dass die anderen Kinder Ben für ziemlich einfältig hielten und ihn deswegen links liegen ließen. Bens Beinahesturz riss Jerry urplötzlich aus den Gedanken und völlig erschrocken sprang er auf den Freund zu, um ihn aufzufangen. Doch die Sorge war unnötig, denn Ben fing sich selbst auf, noch bevor er durch die aus der Verankerung gelösten Futtergrippe das Gleichgewicht verlor und fallen konnte. Erleichtert atmete Jerry auf, sah aber sichtlich befangen dabei zu, wie sich Ben unter deutlichen Schmerzen aufrichtete. Da sie beide wussten woher diese rührten, sah Jerry am Ende sogar zur Seite und versuchte sich mit seinen Plänen abzulenken, bis Ben wieder soweit war mitzumachen. Doch der hatte natürlich nicht viel beizutragen, jetzt, nachdem Jerry schon eine unüberwindbare Hürde angesprochen hatte. Er bekam seinen Pa sicherlich ein oder zweimal davon überzeugt, dass er ganz unbedingt Kendo füttern müsste... aber sobald er mehrfach darauf bestand, würde sein Pa Verdacht schöpfen. "Hm...", dieses Geräusch gab Jerry mehrmals in den nächsten Minuten von sich und lief unruhig im Stall auf und ab. Es musste doch eine andere Lösung geben? Gerade wollte er ärgerlich Ben dazu auffordern ihm dabei zu helfen, als er dessen Tränen sah, die ihm haltlos über die Wangen liefen. Innerlich seufzend wollte Jerry am liebsten kapitulieren, denn so verzweifelt wie Ben gerade zu heulen anfing, fühlte er sich selbst. Und dann machte Ben auch noch so wirklich echt tolle konstruktive Vorschläge... das war jetzt nicht wirklich Bens Ernst. Oder? Ein Schneemann bauen? Wo sie heute morgen dafür erst beide bestraft worden waren? Eine Schlacht gar nachspielen? Oh ja natürlich würde er die gerne nachspielen. Und selbstverständlich wäre er ein siegreicher General.. aber hier ging es doch gerade um etwas völlig anderes!! Unfassbar! Er zermarterte sich das Gehirn wegen einer Lösung und Ben wollte spielen gehen... Das machte ihn wütend. Unsagbar wütend....
"Ich weiß selbst, das es schwierig ist," fuhr Jerry gereizt und leicht aufgebracht den Freund an und trat wütend gegen die Futterkrippe, die schon unter Bens Gewicht gedroht hatte nachzugegeben. Sie schwankte gefährlich zur Seite, quietschte und knackte, ehe sie fast wie in Zeitlupe nachgab, erst nach links kippte und dann in sich ineinander klappte. Polternd viel das ältere Model zu Boden und Jerry sah sie fassungslos an. Na großartig. Wenn Pa das sah, würde er fragen und dann nicht lange fackeln... Aber der Gedanke erschreckte Jerry überhaupt nicht, nicht so wie er sollte. Er war im Augenblick viel zu wütend auf sich und auf Ben, weil ihnen nichts Besseres einfiel. Aber auch auf all diese dämlichen Erwachsenen, die einem das Leben unnötig schwer machen mussten. Ein wenig belämmert sah Jerry jedoch schon den Haufen Holz an, ehe er realisierte, dass sie so gründlich kaputt war, dass es nichts mehr zu retten gab. Den Ärger darüber bekam natürlich Ben ab: "Du spinnst wohl oder was? Wir können doch nicht in den Garten gehen und spielen! Du wolltest weglaufen schon vergessen? Weil dein Pa dir schon wieder Prügel angedroht hat. Wenn der dich auch noch beim Spielen erwischt, als wäre nichts gewesen.. also da würde auch meinem Pa der Kragen platzen. Das geht überhaupt nicht. Verstehst du? Wenn du wirklich Angst davor hast, nach Hause zu gehen, musst du dich ordentlich verstecken. Das macht man so. Dann sucht man sich eine Höhle oder im Wald einen alten, ausgehöhlten Baumstumpf, eine verlassen Hütte oder eine einsame Insel. Man nimmt jede Menge Vorräte mit und ein Gewehr. Aber wir haben Winter. Da kannst du nirgendwo hin und wäre Sommer würde ich sogar mit dir kommen. Das wäre was... dann würde Pa mal sehen, was er an mir hat, anstatt immer nur ... ach nicht so wichtig," Jerry war ein kleines bisschen über sich selbst erschrocken, weil er Ben tatsächlich gegenüber Probleme hatte einräumen wollen, von denen er noch vor Tagen behauptet hatte, dass es keine gebe. Aber natürlich war nicht alles Sonnenschein im Haus der Stevenson und seit dem Tod seiner Ma hatte er enorme Schwierigkeiten zu akzeptieren, dass ihm der Vater als einziger geblieben war. Ein Vater, der in den letzten Jahren mehr mit seiner Arbeit verheiratet gewesen war, als mit der Familie und der oft nur zum Abendessen im Haus gewesen war. Da hatte es wenig Platz für Gemeinsamkeiten gegeben, und oft waren Vater und Sohn über viele Dinge aneinander geraten. Es lief in der Tat seit Wochen ganz gut zwischen ihnen, aber Jerry hatte noch so seine leise Zweifel an der Gesamtsituation. Doch das wollte er Ben jetzt nicht vorheulen. Was sollte der sonst von ihm halten?
"Ich wäre einfach mitgekommen. Zu zweit kann man viel besser weglaufen, weißt du? Aber jetzt im Winter kannst du nur mit Hilfe von jemand anderem Überleben. Und wenn der Frühling kommt, können wir noch immer abhauen. Ich weiß was besseres... wir schleichen uns rüber ins Haus. So dass uns keiner sieht. Ich zeig dir wie man über den Baum hochklettert aufs Dach. Von dort kommen wir zu meinem Zimmer. Ich glaube die Fenster sind nicht verriegelt. Müssten wir aufbekommen. Da ist es wärmer als im Schuppen. Und ich schließ die Tür immer ab, wenn wir dort sind. Und wenn jemand rein will versteckst du dich im Schrank oder unterm Bett. Da schaut Pa eh nie drunter. Muss ich alleine ausfegen. Ist also perfekt... dann kann ich auch besser was vom Essen abzweigen, ohne das Pa es merkt."
"Und ich dachte, Dein Pa haut Dich nicht." Eine Mischung aus Überraschung und Mißtrauen ließ Ben skeptisch lachen. "Ich weiß nicht.. ob es mit derartigen Plänen besser funktioniert, also, ich meine nur.. Ich bin doch noch nicht weglaufen..Du etwa?" Fragend sah Ben Jerry an und grinste, als dieser begann, unruhig auf und ab zu laufen. Vielleicht konnte Jerry bei Bewegung am Besten denken. Ben zuckte zusammen, als der Freund über seinen Vorschlag, sich zunächst am Schnee zu freuen, ärgerlich, um nicht wütend zu sagen, wurde. Was hatte Jerry denn nun wieder? Noch war kein Erwachsener in der Nähe und so er sich erst einmal vor seinem Pa, Matt oder gar dem Reverend versteckt halten musste, konnte man das mit dem Schneemann oder so doch vergessen! "Was denn? Klar, kriegte ich dafür wieder Schläge, aber da ich mich hier verstecken will.. vielleicht nicht." Wie verzweifelt hob Ben die Arme und ließ sie wieder sinken. Verstand Jerry denn nicht, dass dies die letzte Gelegenheit für sie war, im Schnee herum zu tollen? Ben holte Luft, um sich zu erklären und prustete vor Lachen laut los, als Ben in seiner Wut der Futterkrippe einen kräftigen Stoß gab. Diese hatte sich bereits unter seinem Körpergewicht gelockert und nun wurde sie ganz aus der Verankerung gerissen und fiel in sich zusammen. "Das.. also .. das ist.. " Ben stammelte und fuhr vor Jerry zurück, der ihm nun aufzählte, an was man Alles so zu bedenken hatte, so man weglaufen wollte. Jerry schien ja zu wissen, wovon er sprach und kurz überlegte Ben, ob dieser doch nicht immer so gut mit seinem Pa klar kam, wie er ihn bisher hatte glauben lassen. "Stimmt - im Winter ist es wohl wirklich schlecht, obwohl.." Ben musterte die zerstörte Krippe, die nun wohl nur noch zu Brennholz taugte-. Vermutlich würde man ihm daran die Schuld geben, denn er war nun einmal der Schussel vom Dienst. "Deinem Pa würde der Kragen platzen? Wegen der Krippe oder falls wir im Schnee spielen?" Beides konnte Ben sich nicht wirklich vorstellen, aber Jerry musste es ja besser wissen. "Du - ich meine, man kann über einen Baum in Dein Zimmer klettern?" In Bens Gesicht stand sowohl Unglauben, als auch Bewunderung geschrieben. Auf Bäumen herum klettern, hatte man ihm mit Nachdruck verboten und das ausnahmsweise für Bens Empfinden zu Recht. Auch darin war er denkbar ungeschickt und hatte sich bei seinen ersten Versuchen nicht nur ordentlich den Hintern versohlen lassen müssen, sondern sich auch die Hosen und Hemden gründlich zerrissen. "Ich weiß aber nicht, ob ich das schaffe.. also das mit dem Klettern meine ich.." Verlegen sah Ben zu Boden. Er schämte sich gerade zu dafür, nicht klettern zu können und nahm gar nicht wahr, dass Jerry mit ihm weglaufen wollte, so sie Sommer hätten.
"Pfff, das tut er ja auch ni....," Jerry hatte aufbegehren wollen, als er sich von Ben in seiner einst gemachten vagen Aussage über den Vater ertappt fühlte und keine bessere Ausrede fand, als zum Angriff zu blasen. Doch eigentlich war es ja gar nicht so schlimm, wenn der Junge, den er als Freund bezeichnete, die Wahrheit kannte. Er musste ihm nichts vorspielen. Und nachdem was er am Vormittag gesehen hatte, war sein Pa so oder so ein Heiliger. Nach nur ein oder zwei Sekunden des Nachdenkens fuhr Jerry wieder fort. "Na ja nicht oft eben. Heute war er allerdings sehr böse auf mich oder am Donnerstag wegen der Tinte," gestand Jerry ein und grinste verlegen. Umgebracht hatte ihn das nicht, auch nicht geschadet, aber es machte ihn immer ganz schrecklich befangen darüber zu reden. Selbst vor Ben, der viel schlimmeres gewohnt war. "Aber auf keinen Fall ist er wie dein Pa und du brauchst gar nicht mehr damit anzufangen, dass deiner dich ja auch lieber hat als meiner. Pa hat gesagt das würde gar nicht stimmen." So, damit wäre das gleich schon einmal geklärt. Was allerdings unklar war, war Bens Wissen über das Weglaufen. Wie es schien war das nicht groß, weil er noch nie davon gelaufen ist. Seine Frage dagegen brachte Jerry ein bisschen in Erklärungsnot. Er wollte ja nicht mit seiner Erfahrung so direkt angeben, aber sie totschweigen wäre unklug gewesen. Immerhin sah Ben ja dann, dass er es mit einem Fachmann zu tun hatte. "Ich.. also.. ja, so ein bisschen... wegen nem ganz fiesen Diktat. Da wollte ich nicht mit nach Hause kommen. Und ein paar Freunde auch nicht. Wir sind losgezogen, wie Tom Swayer weißt du? Einfach so. Mit Vorräten und Decken. Das war richtig großartig," dass seine Freunde und er sich verlaufen hatten und ohne Essen am zweiten Tag schon wieder am liebsten umgekehrt wären, behielt Jerry lieber für sich. Und auch die Tatsache, dass sein Pa ihn dafür zur Abwechslung einmal richtig verhauen hatte, nicht nur wie üblich einfach abgestraft hatte, verschwieg er. "Deswegen weiß ich auch was man braucht, wenn man es richtig machen will. Da geht man nicht raus und baut einen Schneemann!," er tippte sich leicht gegen die Stirn und verzog gleich darauf ärgerlich das Gesicht, als Ben lachte, nur weil die Futterkrippe unter Jerrys Tritt zusammenkrachte. "Hör auf zu lachen," brummte Jerry und sah von dem Holzhaufen zum Freund und hatte Mühe nicht selbst los zu lachen. So wieder ein wenig beruhigt und die Wut bekämpft, konnte er mit etwas mehr Verstand wieder an die Sache herantreten. Nur die Frage von Ben ließ ihn kurz noch schweigen und nachdenken. Eigentlich hatte er ja etwas ganz anderes gemeint und er fragte sich ob Ben ihn manchmal absichtlich falsch verstehen wollte oder ob er tatsächlich wie die meisten auf dem Schulhof behaupteten, etwas verrückt im Kopf war. So seufzte er erst einmal und schüttelte den Kopf. "Na, weder noch. Aber sagen wir mal, ich hätte für den ganzen Unfug von heute noch keine Züchtigung bekommen, dann wäre das jetzt der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brächte. Spätestens dann bekäm ich mächtigen Ärger. Vielleicht nicht so wie du, aber mir würd's reichen. Glaub mir es ist wirklich keine gute Idee im Schnee jetzt zu spielen." Da fand er seine Idee mit dem Zimmer und dem Baum sehr viel wertvoller. Nur Ben zögerte mal wieder und wirkte überrascht und ungläubig. Das erinnerte Jerry an das Gespräch vom MOntag... "Ja, natürlich kann man das. Das hatte ich dir doch schon am Montag erzählt! Und auch, dass ich von dem Baum gefallen bin! Schon wieder vergessen?" Bens Bedenken dabei überspielte Jerry großzügig. "Ach was, das ist nicht so schwer. Man muss nur auf dem Dach ein bisschen aufpassen. Es ist rutschig. Aber der Baum.. das ist ein Klacks. Du kannst doch klettern? Dann wirst du bestimmt gleich lachen, wenn du die Äste siehst. Da käme jeder Idiot rauf... also was ist jetzt? Wollen wir es so machen?"
"Das war aber auch ein übler Streich." Ben grinste noch in der Erinnerung an die Sache mit der Tinte ein bisschen. Er hatte zunächst davon profitiert, denn er hatte wie alle anderen Kinder deswegen schulfrei gehabt, aber das Nachsitzen deswegen am Samstag hatte ihm gar nicht gefallen. "Ich sage ja schon nichts mehr.. Dein Pa hat Dich bestimmt lieb, sonst hätte er Dich ja nicht dafür bestraft." Für Ben war das logisch und er wertete nicht mehr, welcher Vater nun seinen Sohn mehr liebte. Er hatte ja gerade erst Mr. Stevenson näher kennengelernt und gesehen, dass dieser ein ruhiger Typ war, der nicht leicht ärgerlich oder aufbrausend wurde - und damit würde er sicherlich auch nicht gerade seinen Ärger mit Schlägen kompensieren. Erstaunt aber auch mit Unverständnis schüttelte Ben den Kopf. Jerry wollte also wegen einem schlechten Diktat mit ein paar Freunden bereits reißaus nehmen? Was sollte denn dazu sagen, bei seinen ewig schlechten Zeugnissen? Er war nicht besonders gut in der Schule, obwohl er sich wirklich Mühe gab, aber deswegen wegzulaufen, war ihm noch nicht in den Sinn gekommen - und gegen schlechte Noten geholfen hätte das wohl auch nicht. "Echt? So richtig wie Tom Sawyer und Huckleberry Finn?" Ben machte große Augen, denn auch er träumte ab und zu davon, so mutig und schlau zu sein, wie einer dieser Helden. Er bewunderte sie wirklich, obwohl er meinte, dass es doch eigentlich ziemlich dumm war, all diese Gefahren für einen Neger, wie Twain geschrieben hatte, auf sich zu nehmen. Man wusste doch dass diese keine Menschen waren, sondern dumme Tiere, die alleine vom Leben völlig überfordert wären. Das zumindest hatte seine Ma ihn gelehrt und die einzige Ausnahme für ihn, war Elisa Freeman. Vielleicht war diese auch ein Tier, aber es war hübsch anzusehen und vielleicht ein bisschen schlauer, denn immerhin ging sie in die Schule. Ob sie aber überhaupt lernen konnte, entzog sich Bens Kenntnis. Jerry darauf hinzuweisen, dass diese Mühen, die insbesondere Huckleberry Finn sich für einen Negerjungen gemacht hatte, wohl Perlen für die Säue gewesen waren, hielt Ben jedoch für unklug. Natürlich wusste er nicht, wie Jerry zu Schwarzen oder Indianern stand, aber sein Vater hatte weder die Freemans noch Wita.. , na, ja die Indianerin mit dem Jungen eben, aus der Kirche gejagt. Jerry konnte leicht wütend werden, wenn etwas nicht nach seiner Nase ging, und in diesem Punkt waren sie vielleicht anderer Meinung. "Echt jetzt? Also.. wenn das hinhaute, wäre schon cool." Skeptisch sah Ben an Jerry vorbei, konnte aber durch die kleinen Fenster in dem baufälligen Schuppen den besagten Baum nicht finden. Er erinnerte sich an die Geschichte, die Jerry ihm am Montag aufgetischt hatte und war sich nicht sicher, ob Jerry nicht auch jetzt schwindelte. Andererseits wäre es ganz schön fies von Jerry, ihm so einen Vorschlag zu machen und doch zu wissen, dass er sich nicht umsetzen lassen würde. Nein -so gemein ist Jerry nicht.. Der ist doch nicht wie die Anderen. "Na, ja - wenn Du meinst.. Sollten wir das vielleicht probieren, so lange wir nicht dabei gesehen werden können?"
Jerry verzog kurz das Gesicht, als hätte er gerade auf eine Zitrone gebissen und sah Ben verwarnend an. Die Sache mit der Tinte war ihm übel bekommen und nicht nur dass Miss Spencer für eine lange Zeit daran denken würde, seine Klassenkameraden ebenfalls. Aber leider nicht so positiv wie es Jerry im Sinn gehabt hatte. Nein, da brauchte er von seinem Freund nicht auch noch solch einen Dämpfer. Er wusste selbst, dass der Streich dumm gewesen war. Aber nicht übel. Nein, Jerry war noch immer davon überzeugt, dass er genial gewesen wäre, wenn alles wie geplant verlaufen wäre. Da es Ben aber nicht böse meinte und auch noch bereit war in dem Streit über ihre Väter einzulenken, war Jerry schnell ausgesöhnt und grinste schon wieder, als sie über sein kleines Abenteuer sprachen. Zudem musste er Ben recht geben. Auch wenn er das nicht gerne tat. Aber Pa sprach ja stets von den eher unliebsamen Vaterpflichten, die eben sein mussten, wenn er ihn bestrafen musste. Dass er diesen nachging, anstatt sie zu meiden, nur weil sie unbequem waren, musste wohl von Liebe sprechen, denn nur so war Jerry eben davor gefeit manche Fehler zweimal zu begehen. Obwohl... das war ein wenig verquer fand Jerry, wenn er näher darüber nachdachte. Es gab durchaus Dinge, die in seinen Augen keine Fehler waren, nicht mal Absicht und trotzdem wurde er dafür bestraft. Er sah es ja ein, wenn es über das Dach und den Baum in die Freiheit kletterte und dabei unnütz abstürzte. Selbst das mit der Tinte war ihm Einsichtig oder das Weglaufen. Auch heute konnte er nach und nach langsam verstehen und akzeptieren. Und er hatte den festen Willen sich am nächsten Sonntag ganz vorbildlich zu benehmen, um Pa und der Gemeinde zu zeigen, dass er ein anständig erzogener Junge war. Aber die schlechten Noten in der Schule, die er gelegentlich schmerzlich büßte, war etwas, dass er nicht einsah, aber darüber ließ Pa nicht mit sich diskutieren.
Trotzdem hatte Jerry kurz zu Bens Worten genickt und gleich breit gegrinst, als er Bens Unglaube sah, als er von seinem Abenteuer berichtet hatte. "Oh ja, genau so. Es war zwar nicht der Mississippi aber wir sind immer am Missouri entlang, auf der Suche nach einem Floß. Leider haben wir keines gefunden," räumte Jerry mit einem enttäuschten Seufzen ein. "Und nach zwei Tagen war es auch schon rum," er grinste verlegen und zuckte leicht mit den Schultern. "Die haben uns vorher erwischt." Was gar nicht so schlecht gewesen war. Sie hatten unglaublich nachts gefroren und Hunger gelitten. Aber das musste er Ben nicht auf die Nase binden.
Schließlich gab Ben dem Plan mit dem Baum und Jerrys Zimmer nach und Jerry packte sofort geschäftiges Umtreiben. Noch bevor Ben irgendetwas sonst sagen konnte, lief er zur Tür, ließ Futtergrippe Futtergrippe sein und stieß die Tür auf. Ein eiskalter Wind packte ihn sofort und trieb ihm Schneeflocken ins Gesicht. "Das muss einfach hinhauen," sagte er überzeugt von seinem Plan und warf einen vorsichtigen Blick nach draußen. Der Garten lag ruhig und einsam vor ihm und weder rechts, noch links von ihnen bewegte sich jemand im Garten , beim Haus, am Zaun oder auf der Straße. "Okay, die Luft ist rein. Komm, beeilen wir uns," er winkte Ben, dann drehte er sich herum und lief geduckt hinüber zu dem großen Baum, sicher das Ben folgen würde. Während er nach oben blickte und die besten Äste aussortierte, kam ihm etwas in den Sinn, das sie vorher nicht bedacht hatte, ihnen aber übel mitspielen konnte. Die Fußspuren... Er sah zurück und runzelte die Stirn. Zielgerade lief Bens Spur zum Schuppen und zwei Spuren zielgerichtet zum Baum, wo sie endeten. Das war schlecht. "Okay... Planänderung... lass uns... doch ne Schneeballschlacht machen. Nur ne kurze, bis überall unsere Spuren sind, ja? Wenn sie dich nämlich jetzt schon suchen, können sie genau sehen was passiert ist," er zeigte für Ben auf die wenigen Spuren, die die Hütte und den Baum fokussierten. "So ne kleine Ballschlacht.. oder einfach wild umherrennen?," schlug er vor und fing schon an zwischen der Hütte, dem Haus und dem Baum auf und abzuspringen, damit der Schnee ordentlich durcheinander geriet.
"Das waren aber bestimmt spannende zwei Tage." Ben grinste Jerry an, denn davon, dass das ein großes Abenteuer gewesen sein konnte, war er fest überzeugt. Er würde sich so Etwas sicher nie trauen und jetzt, wo ihm allmählich kälter wurde, kam er zunehmend zu der Überzeugung, dass ein Aufenthalt in Jerrys Zimmer zwar weniger abenteuerlich zu werden versprach, denn ein tatsächliches Weglaufen, aber es war eben sicherer, wärmer und alleine war er auch nicht. "Oh, ja - das muss es." Ben warf einen schrägen Blick auf die Futterkrippe. Diese wäre wohl auch ohne Jerry Dazutun irgendwann einmal aus der Halterung gerissen, aber dennoch - dafür würde Jerry wohl Ärger bekommen. Der Wind piff in den Stall, als Jerry die Tür aufschob, so dass Ben fröstelte. Ihn würde man wohl kaum finden, so sie geschickt waren, und falls der Reverend bemerkte, dass die Futterkrippe defekt war und ihn dazu - dann würde er eben sagen, dass ihm das "passiert" war. Nicht absichtlich, aber jeder kannte ja seine Ungeschicklichkeit - leider - und dafür würde der Reverend ihm wohl nicht den Hintern versohlen. Diesem schien ja das Verhalten seines Pa am Morgen schon nicht gefallen zu haben, als dieser ihn wegen des Zwischenfalles mit dem Zaun wie einen dummen Jungen vorgeführt hatte. Flinker, als er gedacht hatte laufen zu können, rannte Ben nun aus dem Schuppen und schloss die Tür hinter sich. Schließlich musste nicht jeder sofort sehen, was Jerry da ungewollt angerichtet hatte. Gegen den kalten Wind geduckt folgte er Jerry zu dem Apfelbaum und als er dort stehenblieb und sich umsah, verstand er sofort, worauf der Freund hinauswollte. Die Trittspuren im Schnee würden nicht nur sofort zeigen, dass sie hier gewesen waren, sondern auch ihre Absichten offenbaren können. "So kann es nicht bleiben... Schneeballschlacht!" Schon der Gedanke an wildes Herumrennen oder das Gehüpfe, dass Jerry da gerade begonnen hatte, ließ einen schmerzhaften Zug in seinen malträtierten Pobacken entstehen - aber eine Schneeballschlacht? Das war eine andere Art der Bewegung und er würde bald schon vergessen haben, dass er Schmerzen hatte. Kurz entschlossen bückte Ben sich und ignorierte das Ziehen und Zerren in seinem Hintern. Im Nu hatte er die ersten Schneebälle geformt und warf den ersten nach Jerry.
Jerry hatte Ben mit einem vielsagenden Grinsen und Nicken geantwortet, als dieser sein Abenteuer als spannend bezeichnet hatte. Ja spannend war es schon gewesen und damit angeben tat er auch gerne. Nur über das ganze Tamtam danach sprach er nicht so gerne. Darum war er ganz froh, dass Ben nicht mit neugierigen Fragen daher kam und ihn löcherte. So war die Idee mit der Schneeballschlacht wohl eine gute Ablenkung und auch Ben schien einzusehen, dass sein Plan Sinn machte. Zum Glück kam er nicht auf die Idee ihm unter die Nase zu reiben, dass er nur wenige Augenblicke zuvor entsetzt auf die Idee von Ben reagiert hatte, mit ihm einen Schneemann bauen zu wollen oder besagte Schneeballschlacht durchzuführen. Das wäre in der Tat ein wenig peinlich gewesen. Aber Jerry wollte ja nicht spielen, er wollte ablenken und Suchende auf die falsche Fährte locken. Grinsend sah Jerry derweil aus der Entfernung zu wie Ben sich bereits bückte und Munition formte. Sehr schön, dann eben die Schlacht und kein einfaches Umherlaufen. Sorglos bückte sich Jerry, der längst schon nicht mehr sonderlich die Nachwirkungen der väterlichen Hiebe spürte. Das war ein Segen an der manchmal nicht immer so konsequent geführten Rute seines Pas. Ben dagegen... doch der Freund schien nicht sonderlich leiden zu müssen und das beruhigte Jerry doch sehr. Als die ersten Schneebälle geflogen kamen, wich Jerry ihnen geschickt aus und lachte. "Um mich zu erwischen, musst du schon besser zielen," selbst hatte er sich drei Bälle geformt, die er nun in schneller Abfolge auf Ben warf, nur um selbst sofort hinter einem kahlen Busch in Deckung zu gehen. Hier ließ sich in Ruhe ein paar Bälle formen, ehe er sich wieder als Ziel anbot. Zudem kamen so die Spuren gehörig durcheinander und er konnte bald mit Ben ins WArme klettern.
Ein Strahlen glitt über Bens verweintes Gesicht, als die Schneebälle zwar an Jerry vorbeiflogen, aber dann beim Zerplatzen Schneegestöber machten. Niemals hatten seine Eltern erlaubt, dass er mit unnützem Spielen seine Zeit verbrachte und so genoss der Junge diese Schneeballschlacht in ganzen Zügen - auch wenn er aus dieser nicht als Sieger hervorgehen würde. Endlich durfte er einmal frei sein und nach Herzenslust mit Schnee umgehen. Nicht die Spur eines schlechten Gewissens hatte er dabei, denn so sehr er dies Spielen um des Spielens willen genoss, so war es doch alles Andere als unnütz. Nein, es erfüllte auch einen Zweck, denn die Trittspuren der Jungen waren bald kaum mehr als solche zu erkennen. Immer noch verspürte Ben den Schmerz der väterlichen Züchtigung in seinem Allerwertesten und er ahnte, dass dieser sich erneut in Erinnerung bringen würde, sobald er ins Warme gelangte. Durch den Aufenthalt im Schuppen war er ganz ausgefühlt, so dass er seine Pobacken nur noch als eiskalt und wie taub wahrnahm. "Ha, ha, sehr lustig..Krieg mich doch, krieg mich doch." Lachend verschwand Ben hinter einem Stapel Brennholz, als Jerry ihn mit einer ganzen Reihe Schneebällen einzudecken versuchte. Hinter seinen Stapel geduckt formt Ben mit seinen sich langsam erwärmenden Hände etwas kleinere, festere Schneebälle. Diese konnte er besser mit einer Hand werfen. Er hasste den Schulsport, insbesondere Schlagball war ihm verhasst, weil er weder ein guter Werfer, noch als Schläger oder Fänger zu gebrauchen war. Lediglich laufen konnte er halbwegs gut, aber erreichte niemals ein Ziel, bevor der Ball gefunden war. Trotzdem hatte er bei seinen Streifzügen mit Mr. Hund immer wieder den Stock geworfen und Matt hatte ihm gezeigt, wie er stehen musste, um gezielt werfen zu können. In der Schule wurde er nur gehänselt und gefühlt gequält, so dass es ihm an Selbstbewusstsein mangelte und so unsicher war, dass ihm dort nicht ein Wurf gelang. In dieser Schlacht mit Jerry alleine jedoch, konnte er umsetzen, was er bei Matt gelernt hatte, und so trafen nun auch ein, zwei Schneebälle ihr Ziel und zerplatzten auf Jerrys Schultern. Wie lange er sich nun schon beim Pfarrhaus aufhielt, wusste Ben gar nicht, aber gefühlt war er es lange genug, um sich in der Umgebung vertraut zu fühlen. Das Einzige, was seinem Vergnügen Abbruch tun konnte, war der quälende Hunger, der seine Magen sich schmerzhaft zusammen ziehen ließ.
"Ich krieg dich schon, wenn du mal mutig genug wärst, deinen Kopf zu zeigen," rief Jerry aus seiner eigenen Deckung heraus und zählte rasch die Bälle. Fünf hatte er geschafft und einen sechsten hielt er schon wieder in den Händen. "Wollen sehen wer besser ist," rief Jerry hinter dem Busch vor und lieferte sich danach mit Ben eine wilde Schlacht. Schneebälle flogen hin und her und nicht immer war Jerry schnell genug, so dass ein paar Bälle von Ben tatsächlich ihr Ziel erreichten. Während er zwei Treffer kassieren musste, zerplatzen seine eigenen Bälle am Brennholz und neue Schneebälle wurden geformt. Wie lange sie tatsächlich sorglos im Schnee getobt hatten, wusste Jeremiah nicht zu sagen, aber ein leichtes Grau am Himmel ließ vermuten, dass es schon Nachmittag war und, wie so oft hier im Norden, die Sonne bald tiefer stehen würde. Es wurde Zeit sich in sein Zimmer zu schleichen und für Ben ein gutes Versteck zu suchen. Irgendwann würde der Empfang nämlich sicherlich vorbei sein und Pa käme nach Hause. Da wollte Jerry gut vorbereitet sein. Er erhob sich gerade aus der Deckung um Ben zu signalisieren, dass sie aufhören sollten, und PENG erwischte ihn Bens Ball mitten ins Gesicht. Jerry spürte den Schnee in der Nase, in den Augen und im Mund, prustete erst ein paar Mal und musste dann aus vollem Hals lachen. Geschah ihm nämlich gerade recht, wenn er sich so leichtfertig als Ziel anbot. Da er noch immer den Schnee in den Wimpern hängen hatte, taumelte er wegen der beschränkten Sicht zur Seite, schüttelte den Kopf und hob rasch eine Hand und rief "Drei aus!" Erst als er wieder sehen konnte und auch Schnee aus der Nase geschnaubt hatte, konnte er sich ohne noch lachen zu müssen, wieder auf den Plan konzentrieren. "Oh Mann, hast mich voll erwischt," er kicherte dennoch leise und ging auf Ben zu. "Dabei wollte ich nur sagen, es wird spät und wir sollten den Baum rauf... du bist doch noch dabei?"
Wieder und wieder formten die Jungs Schneebälle und warfen sie sich gegenseitig um die Ohren. Ben lachte schallend, als einer davon statt Jerry zu treffen, weit gegen in die Krone eines Baumes flog. Die kleineren Äste gerieten in Bewegung und so wurde ein Schneeschauer ausgelöst. Ben fühlte sich durch Jerry weder provoziert, noch war er wegen dessen Aufforderung, mutig zu sein, beleidigt. Darüber war Ben selber überrascht, denn in der Schule reagierte er auf derlei Worte völlig anders. Er meint's eben nicht bös'. Die anderen Jungs schon Bald schon waren seine Handschuhe nass, die Mütze ebenso und auch die Füße wurden nass, da ihm Schnee von oben in die Stiefelschäfte geraten war. Das alles nahm der Junge aber nur peripher wahr und auch den kurze Schmerz und Kälteschock, den ein ihn im Gesicht treffender Schneeball auslöste, verzieh er Jerry sofort. Er konnte gar nicht verstehen, wie er all die Winter zuvor ausgehalten hatte, ohne im Schnee spielen zu dürfen - und schon gar nicht, warum das verboten sein sollte. Daran wer ja nichts Gefährliches oder so - nein, vermutlich war es in den Augen seiner Eltern schlicht Zeitverschwendung. Immerhin hätte man in der Zeit auch lernen können oder im Laden helfen - als ob er das könnte! Sein Forscherdrang ließ ihn nun auch den Schutzraum eines Igels hinter dem Holzstoß entdecken, so dass er sich davor hockte. Neugierig sah er unter dem gefrorenem Laub und Schnee, ob er den Igel entdeckte, war aber schlau genug, nicht mit seiner Hand den Igel aufzuscheuchen. Das war ja viel spannender hier, als er gedacht hatte! Im gleichen Moment hatte er bereits vergessen, dass er sich eigentlich mit Jerry eine Schneeballschlacht lieferte und auch deren Zweck war ihm längst entfallen. Erst als Jerry die Schneeballschlacht für beendet erkärte und ihn an das geplante Klettern erinnerte, fiel ihm wieder ein, warum er überhaupt hier war. Vorsichtig, um nicht doch noch einen Schneeball abzubekommen, kam er hinter dem Holzstapel zum Vorschein. "Das hätte ich ja beinahe vergessen - bei dem Spaß. Doch -ich bin noch dabei.." In Bens Stimme schwang ein Zögern mit, denn er war sich plötzlich gar nicht mehr sicher, ob er nach den Hieben auf seine Handinnenflächen noch würde klettern können. Wofür war das noch einmal.. ach, ja für den Schneeball heute morgen und so.. oh, je. Bens Magen krampfte sich zusammen, als er an sich hinunter sah. Wenn das sein Vater sähe! Dazu kam noch der zertrampelte Garten und überhaupt das Toben im Schnee.. Nein, nach Hause konnte nun nicht mehr. Seine Angst vor den zu erwartenden Züchtigungen, mit einer wäre es wohl kaum getan, überspielte er mit Großspurigkeit. "Ja, na klar- was hast Du denn gedacht? Natürlich bin ich dabei. Is'ne Kleinigkeit." Kritisch sah er sich den Apfelbaum an. Den würde er wohl erklettern können und von dort aus zu dem kleinen Fenster im Dach sollte auch kein Problem sein.
Jeremiah besah sich ihr Werk mit zufriedener Miene. Der gesamte verschneite Platz um den Baum, die Hintertür und der Scheune war ordentlich niedergetrampelt worden. Egal wer hier suchen sollte, würde sich keinen Reim darauf machen können und er bekam Ben den Baum hinauf ohne sich und ihn zu verraten. Pa würde ihm glatt den Hals umdrehen, wenn er ihn dabei noch einmal erwischte. Der Montag lag noch nicht allzu sehr in der Ferne und Pa würde sicherlich ärgerlich werden, wenn er bewies, dass er nichts aus der Sache gelernt hatte. Das hatte er schon, nur wohl nicht das was Pa sich wünscht. Jerry war sich sicher, dass sein Vorhaben in Zukunft vorsichtiger den Baum zu benutzen nicht im Sinn seines Pas war. Aber das war jetzt nicht so wichtig. Der Baum war besser, als vorne herum wo einen vielleicht Mrs. Porter sah und petzte. Oder Bens Bruder kam vorbei und hielt Ben an nach Hause zu gehen. Nein, er hatte sich das sehr gründlich überlegt und wollte es auch ordentlich ausführen. Als Ben auf seine Worte hin hinter seinem Versteck auftauchte, so vorsichtig als befürchte er erneut einen Ballen abzubekommen, musste Jerry grinsen und hob seine leeren Hände, damit Ben sehen konnte, dass keine Gefahr mehr von ihm ausging. Ein bisschen musste er darüber jedoch den Kopf schütteln. Wie konnte man das vergessen, wenn man sich verstecken wollte... Ben war manchmal furchtbar unkonzentriert, fand Jerry und ging zum Baum hinüber. Genau wie in der Schule. Da konnte Ben manchmal echt schlechter auftreten als er selbst.
Jerry sah zu Ben und zog die Lippen nach unten, denn der Freund klang ja nicht gerade zuversichtlich auch wenn er im zweiten Anlauf versuchte dieses Zögern zu überspielen. "Ja, ist wirklich eine Kleinigkeit," sagte Jerry zustimmend, um Ben zu beruhigen und hangelte nach dem untersten Ast, wobei er ein wenig in die Luft springen musste, ehe er ihn erwischte und überrascht ein wenig keuchen musste. Sowohl die gestrafte Kehrseite meldete sich unerwartet schmerzend zu Wort, als auch seine von der Rute doch stärker verletzte Handinnenfläche. Na wenn er schon Probleme hatte mit dem Strecken und Springen, dem Hangeln und Klettern, wie mochte es da erst Ben ergehen? Er warf einen prüfenden Blick nach unten auf den Freund, um nachzusehen wie es ihm ging, ehe er weiterkletterte. Sie musste da jetzt hindurch. Beide. Es war ja nicht weit. Als Jerry auf Höhe der Dachkante ankam, hielt er erneut inne. "Wir müssen jetzt da rüber. Wenn du mir dicht folgst, kann nicht schief gehen. Mach einfach das was ich auch mache und pass ja auf jeden Schritt auf," mahnte er und schob sich dann mit der unverletzten Hand am Ast haltend langsam nach vorne bis er mit einem Fuß das Dach berührte. Er drückte sich ab, ließ den Ast los und sprang halb hinüber auf das Dach, wo er sich geschickt abfing. Mit vorsichtigen Schritten bewegte er sich weiter auf das Dachgiebelfenster zu, das zu seinem Fenster gehörte und hielt sich dort erleichtert erst einmal einen Moment lang fest. Das war ja ganz gut gelaufen. Jetzt mussten sie nur mit etwas Kraft am Fenster rütteln. "Du kannst mir mal helfen Ben. Ich von hier, du von der anderen Seite - kräftig ziehen und dann kommen wir sicher rein." Jerry hoffte dass der nicht ganz so robuste Fensterriegel durch die Krafteinwirkung entweder aus der Halterung sprang oder ganz aus dem Rahmen fiel.
Ben sah amüsiert zu, wie Jerry ein paar Mal in die Höhe hüpfen musste, um den untersten Ast des Apfelbaumes mit der Hand erreichen zu können. Überhaupt sah der Apfelbaum ganz anders aus, als der im Garten seiner Älter. Irgendwie waren viel mehr Aste daran oder längere Triebe, die der Krone ein etwas stakseliges Aussehen gaben. Sein Gesicht erhellte sich, als ihm einfiel, das Haus ja lange unbewohnt gewesen war. Reverend Hawkins hatte irgendwoanders gewohnt und selbst, so er sich für dies Haus verantwortlich gefühlt hätte, hätte er wohl kaum den Baum in Form schneiden können. Das war vermutlich der Grund dafür. dass der Baum so viele Äste und Zweige hatte, von denen sicherlich die Hälfte nicht stark genug waren, um ihn zu tragen. Die paar starke Äste im Inneren der Krone jedoch würden ihn wohl halten, so dass er nun zuversichtlich nach dem unteren Ast griff, kaum das Jerry in den Baum geklettert war. Mit seinen zwölf Jahren war Ben doch etwas größer als Jerry, so dass er sich nur auf die Zehenspitzen stellen musste, um diesen Ast packen zu können. Autsch -da habe ich gar nicht dran gedacht...Egal.. Seine Handflächen schmerzten wie Hölle, als er den Ast nicht nur packte, sondern sich daran in die Höhe zog und dann hinter her Jerry her kletterte. Er hielt sich nah bei dem Freund, denn dieser schien die stabilen Äste bereits zu kennen. "Ja,ja- bleibe ich schon." Genervt verdrehte Ben die Augen. Er hätte sich auch ohne Jerrys Aufforderung, nah an diesem gehalten. Was dachte der denn bloß? Echt jetzt - als ob ich Zeit hätte, jeden Ast selber anzutesten. Vorsichtig hangelte Ben sich von Ast zu Ast und benutzte die Beine, um sich festzuklammern, sobald er auch nur eine Hand vom Baum lösen musste. Ui.. ganz schön hoch.. aber -Bangemachen gilt nicht. Ben riskierte mehr oder minder versehentlich einen Blick in die Tiefe. Der Boden lag tiefer unter ihm, als er gedacht hatte. Oh, wei...wie gut, dass dick Schnee liegt..der ist wenigstens weich. In seinem Eifer verkannte Ben, dass er trotz des Schnees wohl nicht gerade weich fallen würde, falls er das mit dem Klettern verbaselte. Inzwischen schienen seine Hände nur noch aus wundem Fleisch zu bestehen und schmerzten entsetzlich. Seinen Hintern spürte er nun auch wieder überdeutlich und so wusste Ben wirklich nicht, ob er es schaffen würde, sich an dem Ast entlang zum Dach des Hauses hinüber zu hangeln. Am Liebsten hätte er nun aufgegeben und Jerry gebeten, ihn durch die Haustür einzulassen. Das war aber kaum möglich ohne dabei gesehen zu werden, denn von der Lakestreet aus drangen die gleichmäßigen Tritte von Kutschpferden an sein Ohr. Das war also keine gute Lösung, zu mal Jerry ihn gerade aufforderte, ihn bei dem Fenster zu helfen. Ben atmete tief durch und nahm seinen ganzen Mut zusammen, bevor er die vermeintlich sichere Krone des Baumes verließ, um Jerry auf das Dach zu folgen. Langsam krabbelte er auf allen Vieren wie ein Äffchen an dem dicken Ast entlang. Er vermied es nach unten zu sehen, in dem er Jerry beobachtete, der bereits auf ihn zu warten schien. Erneut war Ben durch seine Körperlänge im Vorteil, denn er konnte viel leichter die Kante das Daches erreichen, als Jerry. Mit den Fingern suchte er Halt auf dem Dach und konnte sich schließlich in die Höhe ziehen. Vor Erleichterung lachte er Jerry an, als er neben diesem auf dem Dach ankam und sich zunächst auch mit den Beinen festen Halt suchte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, diese Herausforderung gemeistert zu haben! Fast wie ein Rausch empfand er die Gefühle von Stolz und ungeahnten Kräften in ihm! Vielleicht war es dieses Gefühl, das Matt anstrebte, so er eine Herausforderung nach der anderen zu meistern suchte? Ja, das muss es sein -ist toll. Davon musste er unbedingt Matt erzählen! Der wäre vielleicht stolz auf ihn! "Klar- warte mal. Vielleicht geht es, so man daran nur kräftig genug rüttelt." Ben erinnerte sich dunkel daran, dass seine Ma vor längerer Zeit seinen Pa darum gebeten hatte, einen der Riegel an Matts Fenster zu erneuern. Diese sei, so sagte sie damals, schon so wackelig und angerostet, dass ein möglicher Einbrecher mit einfachem Rütteln den Riegel hätte kaputt machen und dann das Fenster öffnen. Das funktioniert hier vielleicht auch so... Alt genug ist das Haus.. Ben löste vorsichtig eine Hand und griff an Jerrys Arm vorbei nach dem Fenster. "Los, Jerry. Kräftig rütten - dann gibt der Riegel bestimmt nach. Du wohnst wie Matt - unterm Dach." Ben musste sich beherrschen, um nicht zunächst neugierig in das Zimmer zu schauen, denn das gehörte sich ja gar nicht. "Wir müssen im Rhytmus rütteln - zusammen. Auf drei?" Fragend sah er Jerry an. Wer war er denn schon, dass er das Kommando übernahm?
Jeremiah war viel zu sehr auf das Klettern konzentriert, um zu bemerken, dass seine gut gemeinten Ratschläge bei Ben nicht so gut ankamen und eher zu nerven schienen. Da er selbst erst am Montag gelernt hatte, dass ein einziger falscher Schritt zu einem sehr schmerzhaften Sturz führen konnte und dieser zu einer noch viel schmerzhafteren Züchtigung, wollte er lieber vorsichtig sein und sagte lieber ein paar Dinge zweimal. Nicht auszudenken was passieren würde, wenn Ben abstürzte und er dafür auch noch die Verantwortung übernehmen musste. Sei Pa würde ihn umbringen, ganz sicher, dagegen wäre Mr. McKay noch ein Waisenkind. Nun, zumindest in Jerrys Vorstellung. Auf dem Dach hatten sie wenigsten so etwas wie festen Boden unter den Füssen, dafür aber den Abgrund direkt an ihrer Seite. Besser er sah erst gar nicht nach unten oder über die Schulter nach Ben. Das wäre bestimmt schief gegangen, wie er sein Glück kannte. Wenigstens kam Ben rasch zum Fenster nach, das sich Jerry gerade genauer betrachtete um den besten Punkt zum Platzieren seiner Hände zu finden. Er nickte zustimmend auf Bens Worte. "Das war auch meine Idee," sagte er zufrieden. Denn wenn sie beide diesen Plan hatten, hieß das wohl, dass er funktionieren musste, sonst wäre sicherlich einer von ihnen auf eine andere Idee gekommen. Auf Kommando schüttelte und rüttelte er schließlich so fest er konnte, aber bis auf ein leises Klirren der Glasscheiben und ein vernehmliches Knacken im Rahmen, geschah nichts. Enttäuscht ließ Jerry das Fenster wieder los und verzog etwas die Mundwinkel nach unten, als Ben mal wieder seinen ollen Bruder erwähnen musste. Der war seit heute Morgen Jerry ein Dorn im Auge. Immerhin hatte dieser sie beim alten McKay verpetzt und zugelassen, dass dieser ihn und Ben geschlagen hatte. Nee, da fand er gerade wenig Gefallen daran, dass er wie Matt ein Dachzimmer bewohnte. Immerhin erinnerte gerade die ganze harte Arbeit mit den Händen unschön an die Bekanntschaft mit Mr. McKays Rohrstock und ließ Jerrys Laune sinken. "Ah ja? Wirklich," murmelte er mit wenig Begeisterung. "Na was für ein Zufall", schuldbewusst grinste er Ben an, damit dieser nicht seinen Unbill auf Matthew bemerkte und griff wieder nach dem Rahmen. "Okay, los, auf drei," verkündete er seine Bereitschaft und zählte mit dem Freund gemeinsam auf drei, um dann zu zweit wie wild am Rahmen zu rütteln. Die Scheiben wackelten gefährlich in ihrer Fassung und der Rahmen bewegte sich sehr locker hin und her. Dann... die Erleichterung. Mit einem deutlich vernehmbaren Knacken sprang der Riegel aus seiner Halterung und mit einem noch deutlich zu hörenden Kleppern fiel der gesamte Verschluss auf den Schreibtisch unter dem Fenster. "Es hat funktioniert," rief Jerry begeistert und machte sich sofort daran das Fenster nach oben zu schieben. "Auf, ins Warme," forderte er seinen Freund auf und stieg vor ihm mit einem Bein über den Rahmen, suchte Halt auf dem Schreibtisch und schwang das andere Bein nach. Unglücklicherweise hatte Jerry die Hausarbeiten vom Samstagabend vergessen, die noch auf dem Tisch lagen und eine unglückliche Verkettung auslöste - kaum hatte Jerry sein ganzes Gewicht vertrauensselig auf den Tisch verlagert, rutscht ihm unter dem feuchten Stiefel, der dazu einen hässlichen Abdruck auf der aufgeschlagenen Seite hinterließ, weg, während der andere Stiefel auf dem vereisten Dach sofort als Reaktion darauf den Halt verlor, so dass er einen Spagat machen musste und unschön mit der Körpermitte auf den Fensterrahmen fiel. Mit einem schmerzhaften Stöhnen versuchte er sich gerade noch am Rahmen festzuhalten, doch der Schwung hatte ausgereicht, um ihn von einer Sekunde auf die nächste vom Fensterrahmen zu ziehen. Die Rutschpartie ging also weiter und er landete zunächst mit einem Poltern unsanft auf seinem malträtierten Hinterteil auf der Schreibtischplatte, dann ging es weiter über die Kante hinweg zu Boden, wo er neben dem gesprengten Riegel zu liegen kam. Stöhnend und ächzend lag Jerry auf dem Rücken und hatte noch gar nicht so recht begriffen was gerade mit ihm geschehen war. Alles tat weh und er hatte kurz ein paar bunte Punkte vor den Augen. Vor allem sein bestes Stück tat ihm höllisch weh nach diesem unsanften Spagat und Jerry krümmte sich etwas auf dem Boden, mit den Händen in der Körpermitte überschlagen. Hörte das auch mal wieder auf? Oh verdammt... "OUCH", noch immer stöhnenden rollte sich Jerry auf die Seite und stieß mit der Nasenspitze gegen das Heft, wo er den schmutzigen Schuhabdruck entdeckte, der so gut wie die ganze erst halbfertig gewordenen Hausaufgaben bedeckte. Na großartig. Selbst wenn er das große Glück hatte, dass sein Pa die kaputte Futterkrippe nicht entdeckte und auch das kaputte Fenster übersah... den Fußabdruck würde er sehen, spätestens dann, wenn Jerry am Abend zur Kontrolle das Heft vorlegen musste. Die Krippe konnte er locker als nicht seine Tat abstreiten. Das Fenster, nun dafür fiel ihm sicher auch etwas ein. Immerhin war das Haus ja nicht gerade in Schuss. Aber das Heft? Da würde er wieder so lügen müssen, dass sein Pa gleich dahinter kam und dann bekam er schon wieder was hinten drauf. Das Risiko ging er lieber nicht ein. Aber die Wahrheit war auch unmöglich. Er konnte kaum erzählen, wie er über den Baum eingestiegen war und dabei ... nein, da konnte er sich auch gleich beim Lügen erwischen lassen. Die Auswirkungen würden dieselben sein. Oh... natürlich...Er musste das Heft verstecken und einfach behaupten er hat es in der Schule verloren. Oder hatte Pa ihn beim Hausaufgaben machen gestern gesehen? Hm.. dann hatte er es eben hier im Zimmer verlegt und fand es nicht mehr. Verstecken würde er das Heft dann aber sonst wo müssen, nur nicht hier im Zimmer. Das erschien Jerry die beste Lösung. Doch im Moment lag er bewegungsunfähig am Boden und stöhnte leise vor sich hin. "Wieso muss mir immer so was passieren..."
Tbc ~ Lake Street / Haus Stevenson ~ Jerrys Zimmer
Ohne auf den Kommentar Jerry zu Matt einzugehen, rüttelte Ben gemeinsam mit dem Freund an dem Dachfenster. So einfach, wie er sich das gedacht hatte, war es nicht. In seinem Hintern zog es von der Züchtigung am Morgen noch immer heftig und vom Rütteln taten ihm nun auch wieder die Hände weh. So gemein..nur wegen dem bisschen Spielen.. Ben war kurz davor aufzugeben, denn zu allem Überfluss riss er sich einen Splitter aus dem Rahmen in den Handballen. "Autsch, aie.." Reflexartig zog Ben die Hand zurück, um sie auszuschütteln, als der Riegel nachgab. Dafür,dass Jerry gerade eben noch betont hatte, das wäre auch seine Idee gewesen, jubelte er jetzt nachdrücklich. Zumindest empfand Ben das so. Schließlich war das der Plan und damit auch zu erwarten gewesen, dass der Riegel nachgeben und ins Innere des Zimmers fiel. Das Klappern des fallenden Verschlusses schien ihm übernatürlich laut zu sein, aber da im gleichen Moment Jerry auch schon das Fenster in die Höhe schob, mochte dieses Klappern durch diese Öffnung dringen. Das ist wohl vorne auf der Straße nicht zu hören gewesen Ben lauschte, aber die Lakestreet schien ruhig und verlassen da zu liegen. Mehr Lärm machte jedoch Jerry, der bei dem Versuch, ins Zimmer zu klettern, irgendwie abrutschte und zunächst mit dem Bauch auf den Fensterrahmen knallte. Ben versuchte noch zu verhindern, dass Jerry fiel, musste sich aber aufpassen, damit er nicht auch noch das Gleichgewicht verlor. Schließlich wollte er weder vom Dach noch unkontrollliert in das Zimmer stürzen. Schneller, als er hätte zupacken können ohne sich in Gefahr zu bringen rutschte Jerry über den unter dem Fenster stehenden Tisch und landete mit einem Poltern auf dem Boden. Ben hörte ihn stöhnen und fürchtete, Jerry könne sich mehr als ein paar Schrammen dabei geholt haben. Wie der Freund dies vor seinem Pa verheimlichen wollte, konnte er sich nicht einmal vorstellen. Das fiele diesem doch auf! Zumindest seinem Pa würde das auffallen, wäre er an Jerrys Stelle. "Hey, Jerry? Bist Du in Ordnung? Ich komme schon." Vorsichtig zog Ben ein Bein an den Körper und hielt sich mit einer Hand am Fensterrahmen fest. Vorsichtig steckte er den Kopf durch das Fenster und schüttelte den Kopf. "Oh, man.... das passiert sonst eher mir." Froh das es nicht ihn getroffen hatte war er doch, auch wenn er weit davon entfernt war, Schadenfreude zu empfinden. Vorsichtig und langsam begann er nun durch das Fenster auf den Tisch zu klettern. Na, bitte -geht doch. Zu seinem eigenen Erstaunen gelang es ihm ohne abzurutschen oder zu verunfallen über den Schreibtisch auf den Boden zu klettern. Liegt sicher daran, dass mir Niemand im Kreuz steht und ein Mißgeschick erwartet.. "Jerry? Sag doch was, Ja?" Jerrys Stöhnen erschrak ihn mehr, als er vor diesem zugeben wollte, als er sich neben den gekrümmt liegenden Freund hockte und sich umsah. "Wir müssen wohl erst einmal aufräumen, oder? Sonst sieht Dein Pa gleich, dass Du durch das Fenster geklettert bist."