Die Küche liegt rechts, dem Wohnraum gegenüber und ist nicht sonderlich groß und einfach gehalten. Ein Herd erleichtert das tägliche Handwerk, so wie eine Steinspüle. Wasser ist jedoch draußen über eine Pumpe ins Haus zu holen. Eine Anrichte bietet Platz für die Essensvorbereitung, sowie ein Tisch in der Mitte des Raumes, an dem die Möglichkeit besteht auch zu essen.
Irritiert fuhr Terry sich über das blank rasierte Kinn. Der kalte Luftzug, den er verspürt hatte, als er kurz vor die Tür gegangen war, um Schnee hereinzuholen, hatte sich ungewohnt fremd angefühlt. Terry war nicht sicher, ob er sich daran gewöhnen würde. Selbstverständlich brachte er sich in den folgenden Tagen, Wochen und Monate nicht mehr rasieren - dann hätte er bald wieder einen Bart - sah bis dahin allerdings hoffnungslos ungepflegt aus. Den Topf mit sauberem Schnee stellte er so wie er war auf den Herd und machte sich daran, den Tisch zu decken und für Jeremiah Kakao vorzubereiten. Am Alltag reichte auch schon einmal Milch, vor Allem wenn die Zeit knapp war, aber an einem Sonntag gönnte er seinem Sohn gerne den warmem Kakao. Der Schnee schmolz und wie er es erwartet hatte, kochte es auch bald, so dass er sich frischen Kaffee aufbrühen konnte. Daran war nichts Ungewöhnliches und doch stand Terry einen Augenblick lang versonnen daneben. Unerwartet wurde ihm bewusst, dass der Schnee, das kochende Wasser, der Wasserdampf und letztendlich auch das durch Kaffepulver gelaufene Wasser - eben genau das immer noch war: Wasser nämlich. Dieses hatte seinen Zustand, seine Erscheinungsform und damit auch sein Aussehen verändert - aber es war und blieb dem Grunde nach immer noch Wasser. Interessant - würde ich das Wasser je nach Zustand als Wasserdampf oder Schnee definieren - ich käme niemals auf die Idee, Kaffee aufzubrühen. Terry schüttelte unwillig den Kopf, denn für derlei unsinnige Gedanken hatte er keine Zeit - schon gar nicht an einem Sonntag. Während er Brot schnitt und Rühreier machte, begann er seinen ärgerlichen Gedanken über Jeremiahs Gemaule Gedanken der Dankbarkeit entgegen zu setzen. Während er für Jeremiah deckte, wurde ihm bewusst, dass er für diesen mehr als dankbar war und auch dass dieser möglicherweise auch deswegen murrte, weil er sich vor Veränderungen fürchtete. Dass konnte Terry wohl nachvollziehen, denn nicht nur fehlte noch immer Susan, sondern die Stadt war fremd, der Gottesdienst fremd und die Menschen noch viel fremder. Er selber wusste schon nicht, wie man in Camden Village Gottesdienst gewohnt war und hatte dementprechend Lampenfieber. Wie also sollte es Jeremiah damit gehen, so er ihn nahezu vorführte? Bloßgestellt und verletztbar.. Terry war nachdenklich geworden und so nahm er gar nicht bewusst wahr, dass Jeremiah hinauf in sein Zimmer gegangen war. Allerdings erwartete er auch nichts Anderes, denn der gemeinsame Gottesdienstbesuch war eben nun einmal der Standard - für ihn Berufung und für Jeremiah heute wohl eher eine lästige Pflichtübung. Dennoch konnte ein Daheimbleiben Jeremiahs keine Lösung sein - schon gar nicht langfristig betrachtet. Terry wollte ganz bestimmt nicht jeden Sonntag Mrs. Porter daheim antreffen - schon deshalb nicht, weil anschließend ganz Camden Village genaustens über sämtliche Einzelheiten seines Lebens Bescheid wüsste. Abgesehen davon, dass diese in der Kirche den Gesang begleitete und damit eine wichtige Aufgabe hatte - nämlich die Gläubigen in die Gegenwart Gottes zu führen - , würde sie ihn wohl ebenso bloß stellen können, wie er sich in Ermangelung seines Bartes fühlte - ungeschützt. Das war es wohl was ihn nun am meisten an dieser erzwungenen Vollrasur ärgerte - er war nun wirklich wie ein offenes Buch - und das wo er Vorbildfunktion hatte! Stopp jetzt - echt - ich sollte mich über meinen Stand in Christus nach der Bibel definieren - und nicht über die Frage, ob ich einen Bart habe oder nicht . Den Kopf über sich selber schüttelnd holte er die Rühreier an den Tisch und als er aufsah, sah er Jeremy in der Tür stehen. Dieser hatte sich angezogen und Terry sah sofort, dass er sich offenbar die Bürste gespart hatte. Nicht nur, dass er sich nicht vorführen lassen wollte - und das zu Recht - sondern er sah auch nicht gerade aus, wie ein Püppchen, das man vorführen könnte! Egal - er ist trotzdem mein Sohn.. Herr, es muss doch eine Lösung geben.. Ein kurzes Schmunzeln Terrys wie daraufhin, dass nicht nur er die Idee mit Mrs. Porter für nicht gerade brilliant hielt. Nein, ein Geniestreich war das nicht gerade gewesen und er hatte auch nicht ernsthaft angenommen, dass sein Sohn sich darauf eingelassen hätte. Dieser lenkte gerade ein und schien nun doch den Gottesdienst für das kleinere Übel zu halten. Der Junge stotterte ein bisschen und schon wollte Terry ihn diesbezüglich zu recht weisen, als ihm ein anderer Gedanke in den Sinn kam. Der Junge konnte ja sprechen ohne zu stottern - und wenn dieses dem Jungen vor ihm schon peinlich war, wie mochte es ihm dann damit gehen, so er von den Einwohnern Camden Villages beurteilt wurde - und das würde er ohne Frage. "Natürlich kannst Du noch mit in den Gottesdienst. Komm - Dein Kakao wird schon gleich kalt.." Terry überging das kurze Stottern und wollte ihn schon auffordern, sie wenigstens die Haare noch ordentlich glatt zu bürsten, als ihm in den Sinn kam, dass diese Haare, so wie so waren zu Jeremy gehörten - so wie sein Bart zu ihm gehört hatte. Auch ohne sauber gezogenem Scheitel und, wie Terry auf den zweiten Blick bemerkte, ohne gebundenen Schlips, war Jeremy eben sein Sohn Jeremy - so wie er ohne Bart immer noch Terry Stevenson war. Sicherlich würden Damen wie Mrs. Porter oder Mrs. Cornwell den Jungen deswegen kritischer mustern und genauer auf sein Benehmen achten, als es nötig war und auch ihn kritischer betrachten als nötig, ob seiner womöglich mit dem Bart auch fehlenden Autorität in Christus. Dieser Gedanke war zwar nicht unbedingt dazu angetan, Terrys Laune wieder zu heben, aber er führte zu einem kurzen Lächeln der Freude - denn Erin würde sicherlich ebenfalls im Gottesdienst sein. Noch wusste Terry nicht, warum er so oft an diese dachte, warum es für ihn wichtig sein sollte, dass sie da war und ihm zuhörte, denn genau genommen war sie ebenso selbstverständlich da, wie Mr. McKay oder dessen Familie. Vor den Eheleuten McKay zu predigen, würde ihm sicherlich nicht leicht fallen, denn diese schauten ohnehin schon recht genau und kritisch in sein Leben und würden ihm jeden Fehler ankreiden. Wahrscheinlich war es deshalb so wichtig, dass auch Jemand zu hörte, der seinen Worten glauben schenkte und nicht auf Fehlersuche ging. Ah, wenn mir das schon so geht.. das könnte Jeremiah wohl auch helfen. Terry hatte eine Idee und wohl deshalb lächelte er für Jeremiah wohl überraschend, während er das Tischgebet sprach. Er hielt sich damit nicht lange auf, dankte für das Frühstück und den neuen Tag, bevor er sich über die Eier hermachte, denn er hatte inzwischen seinen Appetit wieder gefunden - und was noch wichtiger war - seine gute Laune. "Sag, mal - mein Junge - was hältst Du davon, mit Benjamin zusammen den Gottesdienst zu besuchen?" Terry war sich ziemlich sicher, dass die McKays dagegen nichts einzuwenden hätten und so würde sich weder Jeremy vorgeführt fühlen müssen, noch musste er Angst haben von diesem vorgeführt zu werden.
In der Küche roch es bereits verführerisch nach frischem Brot, Rührei und warmer Milch. Jeremiah wusste um die kleine Routine am Sonntag und hätte sich gerne über den Kakao gefreut, aber im Moment drückte der Schuh an ganz anderer Stelle. Er wollte erst mit seinem Vater über den Kirchgang im Reinen sein, bevor er sich mit Vorfreude an den Küchentisch setzen konnte. Aber sein Pa hatte nicht die geringsten Einwände gegen seinen Vorschlag, nun doch mit in die Kirche zu gehen. Ganz kurz kam Jeremiah der Verdacht, sein Pa hätte sowieso mit Jerrys Einsicht gerechnet oder erst gar nichts anderes erwartet. Aber Jerry fühlte sich jetzt, wo er es gesagt hatte, doch besser und sprang an den Küchentisch, zu dem ihn Vater herangewunken hatte. Er setzte sich auch schnell und faltete die Hände, um dem Tischgebet zu folgen, wenn auch nur mit halben Ohr, denn immer wieder blinzelte er mit einem Auge sehnsüchtig nach den Eiern oder nach dem Kakao. Wenn der nur mal nicht kalt wurde... Aber sein Pa beeilte sich überraschend und lächelte ihn dabei so seltsam an... Skeptisch verfolgte Jerry die Gesichtsmimik des Vaters und grübelte darüber nach, ob ihm irgendetwas schon wieder falsch ausgelegt werden konnte. Aber nein, er hatte sich eben so offen und ehrlich ausgedrückt, wie er sich das auch alles gedacht hatte. Da gab es keinen Hintergedanken. Aber vielleicht bei seinem Vater? Da musste Jerry schon öfters mal auf der Hut sein, dass er nicht in irgendeine Falle tappte. Doch erst einmal bekam er Eier und Brot und musste darauf warten, was sein Pa im Schilde führte. Was dann jedoch kam, hätte sich Jerry niemals zu hoffen gewagt... Er durfte tatsächlich mit Ben zusammen in die Kirche? Einfach so? Die gerade beladene Gabel verharrte in der Luft, während Jerry über sie hinweg zu Vater starrte und glaubte sich verhört zu haben. Oh, dass war jetzt bestimmt wieder so ein Trick... oder ein Test? So wie vorhin das mit dem Zuhause bleiben dürfen? Nein, noch bessre, wenn er sich jetzt begeistert davon zeigte, durfte er ja nicht mehr murren... weil es ja keinen Grund mehr gab... Aber natürlich wollte Jerry auch unbedingt mit Ben zusammen sein...
"Ich darf wirklich? Wirklich und ganz echt, Pa? Also ich fände das ganz prima. Aber meinst du die McKays erlauben so etwas? Also dass ich mit Ben sitzen darf? Darf ich ihn denn auch abholen gehen?" Auf einmal war von ganz alleine jedes Murren vergessen und die Aufregung hatte von Jerry Besitz ergriffen. Mit Ben zur Kirche gehen, das wäre toll.. aber die McKays würden das bestimmt verbieten, weil sie sicher Angst hatten, sie könnten auf dem kurzen Weg zur Kirche irgendwelchen Blödsinn machen, der bei den Mckays wohl schon beim Schneeballwerfen anfing... über den Gedanken hätte Jerry fast laut geseufzt, schob sich aber stattdessen lieber schnell die Eier in den Mund.
"Was?" Beinahe hätte Terry gelacht, denn sein Sohn starrte ihn an, als ob dieser ihn zum ersten Mal sähe. Entweder wer der Junge überrascht darüber, dass er nach seiner Meinung gefragt wurde - obwohl das gar nicht mal so selten vorkam - oder aber es lag an seinem für den Jungen wohl völlig neuem Antlitz so ohne Bart- obwohl er glattrasiert immer noch Terry Stevenson war. Jeremiah schien seinen Ohren nicht zu trauen, oder aber seines Vaters Worten nicht, denn er hielt in der Bewegung zu nächst inne, bevor er nachfragte. Ob das in echt so ist? Ein Zucken seiner Mundwinkel verriet, dass Terry darüber mehr amüsiert war, denn ärgerlich, obwohl er sonst sehr ärgerlich wurde, wenn Jeremiah Zweifel an seinen Worten äußerte. Natürlich meinte er, was er sagte und hielt sich an den Grundsatz, nach dem ein Ja ein Ja sein soll - vielleicht Eines mit Einschränkungen oder unter bestimmten Voraussetzungen, aber doch ein Ja. Wahrscheinlich war es nicht die Frage nach der Meinung des Jungen, die diesen irritiert hatte, sondern die darin bereits geäußerte Erlaubnis statt mit ihm mit Benjamin in den Gottesdienst gehen zu dürfen. Das konnte Terry auch verstehen, denn normalerweise war es eben so, dass Jeremiah selbtverständlich mit ihm ging. Das war in City of Kansas der Standard gewesen - nahezu von seinem ersten Lebensjahr an. Anderes ging gar nicht, denn Susan hatte in der Gemeine ihren Dienst getan und hatte ebenso vor dem eigentlichen Gottesdienstbeginn da sein müssen, wie er und da Jeremy nicht allein bleiben konnte, nahm man ihn eben vom ersten Tag seines Lebens an mit - und diese Routine war bisher weder unterbrochen, noch jemals in Frage gestellt worden. "Jeremy - ich bin's - Dein Pa." Freundlich lächelnd stellte Terry seine Tasse auf die Untertasse zurück und deutete mit dem Zeigefinger gegen sein rasiertes Kinn. "Natürlich ist das in echt. Du kennst mich doch." Terry runzelte kurz die Stirn, denn er meinte Schritte oder eine Art Schrammen an der Haustür vernommen zu haben. Da er aber nicht davon ausging, dass Jemand ihn bereits vor dem Gottesdienst bereits aufsuchte, um Rat, Gebet oder Sonstiges von ihm zu erbitten, nahm er zunächst an, der Wind oder aber vom Dach rutschender Schnee habe entsprechende Geräusche ausgelöst. Ohne sich dadurch weiter stören zu lassen, goss er sich ein wenig frischen Kaffee in die Tasse, denn kalten abgestandenen Kaffee mochte er nun nicht so gerne trinken. "Natürlich meinte ich das ernst, Jeremy. Am Besten frühstückst Du zu Ende und dann darfst Du gerne zu den McKays hinüber. Bestimmt freut sich Ben auch, so er mit Dir statt an der Hand seiner Eltern gehen darf." Terry stellte die Tasse ab, denn dies mal war er sich sicher, dass er sich die Schritte und ein Poltern von der Haustür oder Veranda her nicht eingebildet hatte. Da würde er wohl doch noch nach dem Rechten sehen müssen. "Ach -so über die Sitzordnung kann ich gar nichts sagen - ich denke aber schon, dass Du neben Ben sitzen kannst. Ich wüsste jetzt nicht, was dagegen sprechen sollte." Die letzten Worte waren fast ein Rufen, damit Jeremiah diese auch noch verstehen konnte, denn Terry war inzwischen aufgestanden. "Bleib hier, ja? Ich sehe eben nach."
Jeremiah nickte bedächtig, aber noch immer baff erstaunt, obwohl sein Vater mit Worten zu verstehen gab, dass er seine Erlaubnis ernst gemeint hatte. Natürlich hatte er das. Jeremiah konnte sich nicht wirklich an ein einziges Mal erinnern, wo Pas Wort nicht gegolten hätte. Ein Nein war stets ein Nein und man hielt sich besser daran. Aber genauso war ein Ja ein Ja. Wenn er ihn doch mal angeflunkert hatte, dann wohl eher in Dingen, bei denen sich der Vater auch nicht wirklich sicher war, wie die Genesung seiner Mutter. Wie oft hatte er da zu hören bekommen, dass das schon wieder alles werden würde und man nur Geduld und Vertrauen in Gott bräuchte. Aber Pa hatte nie gesagt, dass Ma wieder gesund werden würde, das nicht, wenn er so darüber nachdachte. Trotzdem war der Vorschlag mit Ben in die Kirche gehen zu können völlig unerwartet gekommen, so dass Jeremiah nicht eine einzige Sekunde lang daran gedacht hatte, dass es sein Pa überhaupt nicht leiden konnte, wenn man Zweifel an seinen Worten hegte. Doch heute bekam er zur weiteren Überraschung des Tages nur ein amüsiertes Lächeln geschenkt und ein paar ebenso heitere Worte. "Ja ich, wundere mich eben nur, Pa," grinste Jeremiah zurück und untertrieb damit wohl eher. Nach allem was schon wieder passiert war, hatte Jeremiah nicht unbedingt mit dem Vertrauen seines Vaters in ihn gerechnet. Die Tintenaktion in der Schule und sein Gemurre von eben hatte seiner eigenen Meinung nach eher dafür gereicht heute keinen Schritt von der Seite seines Vaters weichen zu dürfen. Da durfte man doch mal erstaunt sein.
Kurz wandte Jeremiah den Kopf Richtung Tür, als von draußen Geräusche zu vernehmen waren, die er nicht recht zu ordnen konnte. Kam etwa jemand vorbei? Heute am Sonntagmorgen? Jeremiah war Besuch jeder Art und um jede Zeit gewohnt. Aber an einem Sonntag hatte es bislang nur sehr, sehr selten Belästigung am frühen Morgen gegeben. Da wusste eine Gemeinde eben, dass der Reverend wichtigeres zu tun hatte und nach der Kirche aber selbstverständlich für alle da war. Jeremiah fand, dass eine Störung jetzt äußerst ungünstig kommen würde. Immerhin machte er gerade seine schlechte Laune von vorhin ein wenig wett, auch wenn er jedes Mal beim Anblick des glattrasierten Gesichtes seines Vaters daran erinnert wurde. Einerseits war der Anblick so neu, dass Jeremiah ständig zusammenfahren wollte, andererseits hätte er am liebsten ständig darüber gekichert, weil es doch witzig war, wie es dazu hatte kommen können.
Sein Vater verpasste ihm jedoch rasch, aber wohl ungewohlt einen deutlichen Dämpfer, denn er erwähnte Bens Eltern. Das kam einem eiskalten Bad gleich und Jerry verzog ein wenig das Gesicht: "Ich glaube nicht, dass die McKays uns erlauben werden alleine zur Kirche zu gehen." Und wahrscheinlich würden sie noch darauf bestehen, dass auch Jerry an ihrer Hand ging. So streng wie die drauf waren! "Vor lauter Angst es könnte was passieren, für das man gar nichts kann," fügte er hinzu und nippte an seinem Kakao. Vielleicht war die Vorstellung bei Ben sitzen zu dürfen gar nicht so verlockend, wie sie im ersten Moment geklungen hatte. Schon beim Abendessen am Montag hatte er bemerkt, dass anders als Clara und er, die McKay Kinder still und stumm auf ihren Stühlen gesessen hatten. Nicht mal Ben hatte geredet oder herumgezappelt und das er zappeln konnte, hatte er ihm jetzt jeden Morgen in der Schule vor Augen geführt. Sogar Miss Spencer ar das am Freitag einmal zu viel gewesen und hatte Ben in die Ecke gestellt. ABer das sah ihr ja ähnlich, wie er später zu Hause feststellen hatte können. Die stellte ja scheinbar gerne in die Ecke...
Seinen Überlegungen konnte Jeremiah jedoch kein Verhör mehr verschaffen, denn sein Vater war aufgestanden und auf Grund der Geräusche vor dem Haus in den Flur getreten. Gespannt spitzte Jeremiah seine Ohren und lehnte sich ein wenig mit dem Oberkörper Richtung Tür, so dass er fast vom Stuhl gefallen wäre. Am liebsten wäre er mit in den Flur gesprungen. Aber auch wenn die Worte von Vater wie nebenbei gefallen waren, war Jeremiah doch bewusst, dass er einen folgsamen Jungen erwartete. Und es war vielleicht klüger einmal auf die Vernunft zu hören. Dennoch platzte er vor Neugier und als er die Haustür sich öffnen hörte, war er schon vom Stuhl aufgestanden. Wenn er an der Küchentür stehen blieb, dann war er ja in der Küche geblieben, konnte aber dennoch herausfinden, wer heute so früh stören musste.
Jeremiah hatte seinen Plan noch nicht umgesetzt, als er eine ihm vertraute Stimme an der Tür hörte. Ben! Das war ja ein Zufall. Gerade hatten sie von ihm gesprochen und da war er! Aber viel mehr war Jeremiah darüber erstaunt, dass die McKays Ben an einem Sonntag einfach so laufen ließen, wo er selbst einmal gezwungen war sich gewissen engen Regeln zu unterwerfen. Egal... der Freund war hier und Jeremiah freute sich wahnsinnig darüber. Bis Jerry die Tür erreicht hatte, war zum einen sein Vater im Flur an ihm vorbei geschritten und zum anderen hörte er Ben nach ihm rufen. Leise, fast ein wenig unsicher und zaudernd. Mit einem Grinsen trat Jerry in den Flur. "Hier!", sagte er überflüssig und winkte Ben. "Komm schon, in der KÜche gibt es noch heißen Kakao. Und du wirst NIE erraten, was mein Pa eben gesagt hat!"
"Das sehe ich auch." Ben grinste frech zurück, denn im Augenblick fühlte er sich unbeachtet. Außerdem war er ja nicht doof und hatte Ben sofort erkannt, als dieser aus der Küchentür trat. Da war also die Küche und er wäre beinahe in das Wohnzimmer gegangen. Vorsichtig, so als woller dabei keinen Lärm machen, drehte er seine Kopf und sah in die Richtung, in die Reverend Stevenson verschwunden war. Erleichtert seufzte Ben auf, als er sah, dass dieser noch nicht wieder auftauchte. Vor diesem wäre ihm sein schlechtes Orientierungsvermögen wohl noch unangenehmer, als vor Jerry und dazu kam noch, dass der Reverend ihm, so er das bemerkt hätte, bestimmt nie wieder erlaubte, mit Jerry durch den Ort zu ziehen. "Weiß nicht - Du hast noch Kakao?" Unbewusst leckte Ben sich die Lippen, denn obwohl es sich seiner Meinung für einen recht großen Jungen wie ihn nicht mehr gehörte, trank er noch immer gerne Kakao. Daheim gab es diesen jedoch relativ selten und wenn, dann drohte ihm regelmäßig Ärger, weil er oft viel zu ungestüm trank und dabei immer wieder was verschüttete. "Oh, hier ist es aber gemütlich warm." Gerne war Ben Jerry in die Küche gefolgt, aus der es köstlich nach Kakao roch. Ober er wirklich noch etwas davon trinken durfte? "Nun - rück schon raus. Was hat denn Dein Pa nun gesagt?" Gespannt sah er Jerry an, stand aber noch ein wenig unschlüssig herum. Er war es gewohnt, zu warten, bis man ihm einen Platz anbot und so war er entsprechend unsicher. Ob er sich einfach so setzen.. nein, sicherlich musste er auch hier warten, bis Reverend Stevenson ihn dazu aufgefordert hatte.
Jerry grinste noch ein wenig breiter, als Ben ihn darauf hinwies, dass es nicht schwer zu erkennen war, wo Jerry steckte und ging dann zurück in die Küche. Er hätte fast lachen müssen, als er Ben dabei beobachten konnte, wie er sich vorsichtig umgesehen hatte, so als befürchte er gleich von irgendwo her Ärger. Nachdem Jerry am Montag die Eltern voN Ben sehr nachhaltig kennengelernt hatte, war er darüber gar nicht sonderlich erstaunt. Darum lachte er auch nicht und biss sich lieber auf die Zunge. Er war schon wieder auf seinen Stuhl gerutscht, als Ben auftauchte und wegen dem Kakao nachfragte. Jerry kniff die Augen ein wenig zusammen und sah Ben skeptisch an. Lachte der ihn deswegen gerade innerlich aus oder wieso betonte er das extra? Ach was, Ben lachte einen doch nicht aus. Dass hatte er die ganze Woche über noch nicht ein einziges Mal getan, obwohl Ben wie der Rest der Klasse auch schon mehrmals vor Augen geführt bekommen hatte, wie schlecht Jeremiah lesen konnte und wie sehr er sich beim Antwort geben in ein Gestotter und Gehaspel verlor. Eigentlich wirkte Ben eher wie jemand, der auch gerne einen heißen Kakao hätte. "Jaha hab' ich...," sagte Jerry erst einmal gedehnt und blickte dann auf seine Tasse hinab. "Wieso? Willst du auch einen?", fragte er ungezwungen und mit einer Sicherheit, die den Eindruck erweckte er hätte es in der Tat in der Hand seinem Freund Kakao auschenken zu dürfen. "Setz dich doch schon einmal," bot Jerry an, als Ben die gemütliche Wärme in der Küche bemerkte. "Der Stuhl ist noch frei," er schob einen der beiden noch freien Stühle mit dem Fuss zurück und stand wieder auf, um eine Tasse zu holen. Dafür brauchte er allerdings seinen Stuhl, denn er reichte nicht ganz hinauf und Ben wollte er nicht fragen. Dass wr ihm doch wein wenig zu peinlich. Also ging er erst noch einmal zurück zum Tisch, schob seinen Stuhl hinüber ans regal und kletterte vom Stuhl auf die Anrichte und reckte sich zur Tasse hinauf. "Ich sagte ja, du wirst es nie erraten," mit einem weiteren Grinsen im Gesicht sprang Jeremiah, die Schranktür offenstehend lassen von der Anrichte direkt hinab und ließ Stuhl Stuhl sein. "Er hat gesagt, ich darf mit dir in die Kirche gehen.", damit ließ er endlich die Bombe platzen und strahlte Ben an. "Ist doch toll. Und auch viel besser, als mt Pa den ganzen Leuten die Hand schütteln zu müssen," er verdreht ein wenig die Augen und ging zum Herd. MIt einem kurzen Blick in den Topf stellte Jerry fest, dass die Milch zwar noch warm war, aber viel zu wenig. Kurzerhand schüttete er noch etwas aus der Milchkanne nach, mit den üblichen Spritzern und Tropfen auf der Herdplatte und zog den Topf wieder zurück auf die heiße Platte. "Ich darf sogar bei euch sitzen, hat Pa gesagt. Dann wird's auch nicht so langweilig," er zwinkerte Ben amüsiert zu. Er hielt die Predigten seines Pas ja nicht wirklich für langweilig, aber dass die Kirche ansich so lange ging, dass war schon eher etwas, das an der Geduld von Jeremiah nagte. Mit Ben an seiner Seite würde es bestimmt lustig werden. Da konnte man sich schon mal über eines der dummen Mädchen unterhalten oder die lustigen Hüte der Damen kommentieren. Vielleicht blieb sogar noch ein wenig Zeit um mit Ben um die Kirche zu springen, bis man hinein musste. Die McKays hatte er dabei kurz vergessen, die Pläne waren viel aufregender als darüber nachzudenken, dass Bens strenge Eltern diesen einen Strich durch die Rechnung machen könnten. Über diese ganzen großartigen Ideen hinweg hatte Jerry schon wieder die Milch auf dem Herd vergessen, den Stuhl am Küchenschrank und dass er auch noch kakao in die Tasse von Ben hatte geben wollen. Statt auf ein Überkochen zu achten lief er zurück an den Tisch, weil ihm eine viel wichtigere Frage eingefallen war: "Wieso bist du eigentlich hier?"
"Ich also..ich trink gerne Kakao, ja." Im Gegensatz zu seinem nur zögernd gesprochenen Satz nickte Ben eifrig. Und ob er gerne Kakao trank! Völlig ungezwungen forderte Jerry Ben auf, sich zu setzen. Ben wusste nicht, ob er das bewundern sollte oder sich nicht doch lieber mißtrauisch nach dessen Vater umsehen sollte. Ben bekam einen großen Schreck, als Jerry über seinen Stuhl auf die Anrichte kletterte, um eine Tasse aus dem Schrank zu holen. Bestimmt würde der Reverend sehr ärgerlich werden, so er das sah! "Du errätst auch nicht, was mein Pa gesagt hat.."" Nur sehr zögernd nahm er auf dem angebotenen Stuhl Platz und setzte sich so auf die Kante, dass er sofort wieder aufspringen konnte. Jerry schien sich nichts dabei zu denken als er mit der Tasse in der Hand mit einem Satz von der Anrichte sprang , ohne den Schrank wieder zu schließen. Ben musste lachen, als Jerry berichtete, dass sein Pa ihm gerade eben erst den Vorschlag gemacht hatte, mit ihm gemeinsam den Gottesdienst zu besuchen. "Bestimmt ist dann der Gottesdienst nicht langweilig - äh..also, dass heißt nicht.. also ich weiß ja nicht ob Dein Pa langweilige Predigten hält.." Ben errötete, denn er hatte nicht schlecht über den Reverend sprechen oder denken wollen, zumal er diesen noch kaum kannte. Jerry hatte offenbar vergessen, dass er den Topf mit Milch wieder auf den Herd gestellt hatte, denn anstatt diesen umzurühren, fragte er nach dem Grund für Bens Kommen. "Das wiederum glaubst Du mir nicht. Ich habe meinen Pa gefragt, ob ich Dich zum Gottesdienst abholen darf und er hat ja gesagt." Bens fröhliches Grinsen wich einem besorgten Blick, mit dem er nun seine nassen Hosenbeine betrachtete. Eigentlich sollte er mit Jerry unverzüglich wieder nach Hause kommen, aber dann würde sein Pa auch die nassen Hosenbeine bemerken - und er hätte einen weiteren Eintrag in diesem merkwürdigen Buch. Ob Jerry auch so ein Buch besaß, in dem er die Verfehlungen einzutragen hatte? Dass würde erklärten, warum er von seinem Vater nur selten geschlagen wurde und dann hatte das wohl nicht zu bedeuten, dass dieser Jerry nicht doch lieb hatte. Ob er ihm davon erzählte, damit er nicht traurig war, weil sein Pa ihn nicht so lieb hatte? Ben war schon kurz davor, als ihm eine andere Frage in den Sinn kam. "Du-u?" Kurz sah Ben nach der Tür. Die Schritte des Reverends hörte er zwar sich nahen, aber noch sah er nicht, dass die Klinke sich bewegt hätte. "Warum hat Dein Vater den Bart ab und seit wann? Ich meine nur.." Ben hatte sich fast verhaspelt, denn jeden Augenblick konnte ja der Reverend eintreten. Dennoch konnte er sich ein fröhliches Kichern nicht verkneifen. "Weißt Du - das ist nämlich so.. dass, also ganz so schlimm wird es wohl nicht kommen, aber Martha schneidet gerade Matt die Haare - Oh, jeh..die Milch!" Ben sah, wie die Milch überkochte und schickte sich an, aufzuspringen umd dem Freund zu Hilfe zu eilen. Das wurde bestimmt von einem Freund erwartet und außerdem hatte er dann eine Erklärung für seine verzögerte Rückkehr nach Hause. Schließlich dauerte es ein Zeitlang, bis man den Ofen wieder sauber hatte und den Topf und bis man dann in die Füße kam.. eben noch ein bisschen länger. Das war eine Ausrede, die sein Vater akzeptieren würde - zumindest hoffte Ben dies.
Froh, dass Ben tatsächlich Kakao wollte, und sich Jerry nicht die ganze Arbeit umsonst gemacht hatte, trat Jerry zu dem Freund an den Tisch und ließ sich wieder auf den Stuhl nieder. WIe lange konnte wohl so eine Milch brauchen, bis sie heiß wurde? Jerry hatte nicht die geringste Ahnung. Da sich für ihn die Wartezeit auf heiße Schokolade aber ewig anfühlte, rechnete er sich Zeit mit Ben aus, die er nicht mit dem Bewachen des Topfes vergeuden musste. Kurz musste Jerry ein wenig lachen, als er bemerkte, wie ungerne Ben auf dem Stuhl Platz nahm. "Du der Stuhl beißt nicht," zog er den Freund liebenswürdig auf und grinste Ben frech an, gut gelaunt, weil auch Ben sich von einer heiteren Seite zeigte. "Ja, was hat denn dein Pa gesagt," fragte er auch zu gleich neugierig und prompt nach. Hoffentlich nichts, was die eigenen Pläne durchkreuzte... Über die Predigten seines Pas verlor Jerry dann aber lieber kein Wort. Er hörte ihnen manchmal gerne zu. Es war für ihn nicht viel anders, als wenn sein Pa ihm eine Gute Nacht Geschichte erzählte oder ein spannendes Abenteuer zum Zeitvertreib. Gerne griff sein Pa dabei auf die Bibel zurück und Jerry hatte schon oft im Bett gelegen und tapfer gegen die Löwen in der Löwengrube gekämpft oder stand an Davids Seite um den Riesen nur mit seiner Steinschleuder zu besiegen. Er hatte die Wunder bestaunt, die Jesus vollbracht hatte und geriet jedes Mal in helle Aufruhr, wenn Judas Jesus verriet. Eine Zeitlang hatte sein Ma seinem Pa sogar verboten darüber zu erzählen, zumindest vor dem Schlafen gehen, denn Jerry war jedes Mal danach viel zu sehr aufgewühlt gewesen, um noch an Schlaf denken zu können. Ja, wenn sein Pa über diese Dinge in der Kirche sprach, hörte Jerry gerne zu. Doch sobald die Predigten kompliziert wurden, wenn sein Pa damit Ziele verfolgte, die Jerry nicht verstand, dann langweilte er sich zu recht in der Kirche. Aber das konnte er Ben gerade nicht so gut in Worten gekleidet erklären. Am Ende bekam Ben noch einen völlig falschen Eindruck von seinem Pa oder hatte gar keine Lust in die Kirche zu gehen, weil er sich davor fürchtete, einzuschlafen. BEi dem Gedanken musste Jerry kurz schmunzeln.
Da Ben aber ein wenig rot anlief, winkte Jerry rasch ab. "Nicht immer," verriet er ihm dann doch und hielt jede weitere Erklärungen über Pas Predigten für unnötig und überflüssig. Als Ben dann endlich damit herausrückte, was dessen Pa gesagt hatte und wieso er hier war, war Jerry tatäschlich baff erstaunt. "Du hast dein Pa gefragt, ob du mich abholen darfst?", ungläubig wiederholte Jerry was er gerade gehört hatte. Ben war in seinen Augen nicht unbedingt ein sehr mutiges Kind und in Anwesenheit seiner Eltern sogar eher ein sehr verschüchtertes Kind. Deswegen nahm er kurz an, Ben würde ihn auf den Arm nehmen wollen oder gar versuchen ein wenig anzugeben. Aber Ben war kein Aufschneider. Dass wusste Jerry inzwischen. Der skeptische Blick blieb allerdings ein wenig länger, aber da Ben hier war, hieß das wohl, sein Pa hatte ihm die Erlaubnis dazu gegeben. Und mehr war gar nicht wichtig. "Das ist aber ein lustiger Zufall," stellte Jerry schließlich wieder heiter fest und sah dann etwas irritiert zur Tür, wohin auch Ben geblickt hatte und dann wieder zurück zu seinem Freund. Als dieser ihn dann über den Bart seines Pas fragte, war Jerry sofort klar, dass Ben nur die unerwartete Rückkehr des Reverends befürchtet hatte. Die Schritte von Vater waren schließlich schon zu hören. Die Heiterkeit war damit erst einmal aus Jerrys Gesicht gefegt, denn nur ungerne erinnerte sich Jerry an den kleinen Disput im Schlafzimmer. So richtig sicher war er sich nämlich nicht, dass dieser bei seinem Vater gänzlich vergessen war. Dazu musste er sich ja nur ohne Bart in einem Spiegel sehen, um sich daran wieder selbst zu erinnern. Wenn das nach der Kirche nur nicht noch Ärger gab... Aber Ben hatte gefragt und er war ihm eine Antwort schuldig. Zum Glück schäumte im selben Augenblick die Milch über den Topfrand und brannte sofort auf dem Herd fest. Ein süsslich, verbrannter Duft hing rasch in der Küche und Jerry starrte das Unglück fassungslos an. Ben war bereits aufgesprungen und Jerry tat es ihm gleich. Nur was er tun konnte, wusste er nicht. Die Milch schäumte weiter... "Ach verflixt. Ein Unglück kommt selten alleine," murrte er mürrisch, weil er sich schon beim Putzen des Herdes sah, und darauf hatte er nun wirklch keine Lust. Nicht wo er doch Zeit mit Ben vebringen durft. "Die kommen nie alleine... Wie Pas Bart. Der ist nämlich wegen mir ab," wandte er sich an Ben und klang darüber beschämt, denn das war er durchaus. Neben bei angelte er nach dem Topfstiel um den Topf von der heißen Fläche zu ziehen. "Er ist ausgerutscht, beim Rasieren, weil ich blödes Zeug gemacht habe und... OUACH. VERDAMM MICH," erschrocken wie heiß der Topfstiel war, ließ Jerry den Topf fallen und schüttelte sich die verbrannte Hand aus. Zeitgleich musste er einen entsetzten Sprung nach hinten machen, denn der Topf kippte von der Kante, auf die Jerry ihn ohne Acht abgestellt hatte. Die heiße Milch ergoss sich auf den Boden, in deren Lache der Topf scheppernd fiel und die MIlch in alle Richtungen verteilte... Zu Jerrys Entsetzen auf Küchenmöbel und Hose. Überall schienen Milchtropfen zu sein. Entsetzt sah Jerry die Bescherrung an, die ihm nun wohl die ganze kostbare Zeit kosten würde. ZEit, die er mit Ben hatte verbringen wollen. Zeit, in der man ganz toll den Kirchenplatz für ein paar Spiele hätte nutzen können. Das durfte doch nicht wahr sein. Der ganze Sonntag hatte furchtbar angefangen. Erst der schlechte Traum, dann die aussichtslose Diskussion mit seinem Pa, die Aussicht auf all die vielen unbekannten Menschen noch immer vor sich und der Bart.... und darüber wurde Jerry umso länger er nachdachte wirklich ärgerlich. Spürte unkontrollierbar die Wut in ihm aufsteigen und die Ohnmacht davor, dass er egal was er seinem Pa gleich erklären würde nichts daran ändern würde, dass er statt zum Spielen zu gehen, die Küche putzen durfte. Jerry würde nach Hause geschickt werden und das war es dann auch mit dem gemeinsamen Kirchengang. Ohne es ändern zu können, lief Jerry vor Enttäuschung rot an und schimpfte farbenfroh darauflos, ganz wie ihm das Herumstrolchen mit den Freunden auf den Straßen der Großstadt gelehrt hatte.
Jerry konnte offenbar kaum glauben, was Ben erzählte und dieser war schon kurz davor aufbrausend zu betonen,dass er nicht gelogen hatte. Es war aber auch ein tatsächlicher ein merkwürdiger Sonntagmorgen gewesen, denn auch Matt hatte sich getraut, seinen Pa zu bitten, statt wie gewöhnlich, einfach seiner Wege zu gehen. Noch vor ein oder zwei Wochen hätte der doch bestimmt nicht gefragt, sondern wäre während der Feier am Nachmittag einfach gegangen. Ben rutschte auf dem Stuhl nach hinten, lehnte sich an und sah Jerry genauso verblüfft an, wie dieser ihn. "Ein lustiger Zufall.." Ben sprang auf, weil Jerry offenbar die Milch vergessen hatte und diese jeden Moment überkochen wollte. Der Stuhl polterte ein bisschen und Ben verdrehte die Augen. Er war nur einen Bruchteil von Sekunden zu spät aufgesprungen und schon nahm das Unglück seinen Lauf. Die Milch kochte über und in dem Versuch, Schlimmeres zu vermeiden und den Topf vom Feuer zu nehmen, verbrannte Jerry sich, ließ den Topf plötzlich los und heiße Milch wurde verspritzt.. Nichts davon hatte Ben wirkungsvoll verhindern können, zu mal er mit seinen Gedanken wieder mal woanders gewesen war. Irrwitzig war es schon, aber er hatte sich gerade an der Vorstellung festgehalten, wie wohl Jerry seinen Pa rasiert hatte. Das konnte doch nichts werden und so war es doch kein Wunder, dass nun der Bart ganz ab musste, oder? Da war der Reverend offenbar auch nicht schlauer gewesen, als sein Sohn! Fast hätte Ben darüber gelacht, aber dann hörte er die Fluchworte Jerrys. Dieser benutzte Worte, die er selber noch nicht einmal gehört hatte - geschweige denn benutzt. Au weh... Jetzt muss er wohl mit der schmerzenden Hand noch aufräumen und sich den Mund mit Seife.. und sein Pa wird glauben, ich wäre so ungeschickt gewesen, dass das passieren musste.. Obwohl Ben es gewohnt war, wegen seiner Schusseligkeit und Unbeholfenheit ausgeschimpft und gar geschlagen zu werden, war er versucht, auf und davon zu laufen. Nix wie weg hier.. Schon hörte er die Schritte des Reverends im Flur und wandte sich zur Küchentür um. Was.. wenn es stimmt? Wenn so ein Fluch wirklich würde.. Obwohl Ben wusste, dass er damit Jerry gewissermaßen im Stich ließe, war Ben schon bereit davon zu flitzen. "Ich.. denke.. ich. Also mein Pa hat gesagt, ich solle umgehend wieder heim.." Unsicher stand Ben in der Küche und musterte die vielen Milchspritzer auf den Stühlen, dem Tisch und auf dem Boden. Das würde Jerry viel Zeit kosten, so er das alleine würde wieder aufräumen müssen und dann noch die schmerzende Hand. Ben schüttelte den Kopf und wandte sich wieder um. "Die Hand - lass kaltes Wasser darüberlaufen. Ich wische schnell auf." Ben sprach sehr sicher, denn er hatte sich entschieden, den Freund nun nicht Stehen zu lassen. Freunde waren für einander da und halfen einander, so wie Brüder. Das zumindest hatte er von Matt gelernt und dieser wäre sofort für ihn eingesprungen, so er an Jerrys Stelle gewesen wäre und Matt an seiner. Ben machte zwei Schritte auf das Spülbecken zu, denn dort vermutete er einen Lappen, Schwamm oder Ähnliches, womit er die Möbel und den Boden von der Milch befreien konnte. Diese Schritte verhinderten, dass er von Terry überrannt wurde, der gerade durch die Tür trat. Er hatte Jeremiahs Ausruf gehört und seine Schritte beschleunigt. Der Anblick der sich ihm in der Küche bot war fast lustig, wenn da nicht die Worte Jeremiahs zu hören gewesen wäre. Der Junge machte damit jedem Kutscher nicht nur Ehre sondern gar noch was vor! "Jeremiah!" Terry war entsetzt und das war an seiner donnernden Stimme durchaus anzuhören. Allerdings sprach er auch bewusst mit donnernder Stimme, um diese Schimpftirade seines Sohnes zu unterbrechen. "Ich will gar nicht wissen, was genau hier passiert ist. Du wirst also statt noch Zeit zum Spielen zu haben, hier aufräumen müssen." Terry machte mit der rechten Hand eine Geste, die den verschmutzten Herd mit einfasste, während er zu Ben trat. Für diesen hatte er immerhin das Handtuch geholt, damit er sich wenigstens die Haare und gegebenenfalls nasse Füße abtrocknen konnte. Ben war gerade dabei, die Stühle abzuwischen und so lächelte Terry wohlwollend. Jeremy brauchte gar nicht erst versuchen, zu behaupten, Ben sei so schusselig gewesen und deswegen sei.. Nun, was auch immer, aber Ben hatte das Unglück sicherlich nicht zu verantworten - dazu war er wohl schon zu gehemmt. "Lass das mal liegen. Hast du nasse Füße bekommen?" Terry gab Ben das Handtuch, der sich damit die Haare kurz trocken rubbelte. "Nein, Sir." Unsicher was von ihm erwartet wurde, sah Ben den Reverend an, der inzwischen neben Jeremiah getreten war und fest, aber auch sanft, nach dessen Hand griff. "Schlimm verbrannt?" Terrys Stimme drückte leichte Besorgnis aus, aber er war auch erleichtert, als er sah, dass die Haut zwar gerötet war, aber keine großflächigen Brandwunden aufwies. Da hatte der Junge wohl mal wieder einen guten Schutzengel gehabt, denn wie leicht hätte er sich bei einem Versuch die Milch zu retten, diese über die Arme oder gar den Körper schütten können! "Weißt Du, Jeremy.. es hat seinen Grund, warum uns Fluchen verboten ist. Gesprochene Flüche wirken nämlich genau so, wie zu gesprochener Segen. Deswegen will ich, dass Du mir heute Abend noch sieben Alternativen zu deiner Schimpftirade aufzählst." Terry zog eine Augenbraue in die Höhe, um jeden Gedanken an Widerworte oder Gegenargumente zu unterbinden. Darüber ließ er mit sich nicht diskutieren und Jeremiah konnte schon froh sein, dass er die übliche Strafe mit dem Spülen des Mundes mit Seife aussetzte und von der Rute absah! Natürlich wäre dies abschreckender und würde weiterem Fluchen wohl für eine Weile Einhalt gebieten, aber wichtiger war es Terry, dass dem Fluch nun Segen entgegengesetzt wurde.
Jerry bekam in seiner Wut über das Missgeschick und die damit verbundene vertane Zeit überhaupt nicht mit, wie Ben erst entsetzt auf sein Gefluche reagierte und dann fast ein bisschen panisch die Flucht ergreifen wollte. Schon gar nicht hörte er die Schritte seines Vaters. Aber selbst wenn er sie gehört hätte, hätte ihn dies nicht daran hindern können wie ein Rohrspatz zu schimpfen. Dafür war er längst viel zu wütend. Nur aus weiter Ferne bekam er am Rande mit, dass Ben zur Tür lief, dann aber wieder zu ihm zurückkehrte und etwas von Wasser redete. Wasser für die Hand? Wasser für den Boden? Statt zu reagieren, verfluchte Jeremiah lautstark den Milchtopf und gab ihm gerade einen kräftigen Tritt, als die aufgebrachte Stimme seines Vaters ertönte und ihn mit dem donnernden Ausruf seines Namens herumfahren ließ. Nicht wirklich sich einer Schuld bewusst sah Jeremiah seinen Pa fragend und unschuldig an und fand es augenblicklich äußerst ungerecht, dass er nicht erklären durfte, wieso die halbe Küche mit Milch besudelt war. Er hatte es schließlich nicht mit Absicht getan, sondern nur nett sein wollen. Und zwar zu Ben, der war doch so etwas wie sein Gast. Dem hatte man doch einfach Kakao anbieten müssen. Nein, es war gar nicht gerecht, dass ihn sein Pa ohne eine Erklärung gehört zu haben, gleich zum Putzen verdonnerte. Zwar hatte Jerry damit ohnehin gerechnet, drum war er ja erst so wütend geworden, aber es nun tatsächlich zu hören zu bekommen, war alles andere als schön. Noch beruhigte es Jeremiahs aufgebrachtes Wesen. Er setzte zweimal zu einem "Aber" an, wurde aber schlicht von seinem Vater nicht angehört. Unverschämt... Jerrys Stirn legte sich kampflustig in Falten und die Wut nahm zu, als ihn sein Vater erst einmal links liegen ließ und sich um Ben kümmerte. Der schleimte sich gerade ja perfekt bei seinem Pa ein, indem er angefangen hatte die Stühle abzuwischen. Jeremiah musste nur einmal kurz zu Vater aufsehen, um zu erkennen, dass ihm das sehr gut gefiel. Auf die Idee hätte Jerry ja mal von selbst kommen können... jetzt war er gleich noch viel zorniger und zwar auf sich selbst. Der Stuhl neben ihm bekam einen aufgebrachten Tritt, während er erstaunt das Handtuch betrachtete. Dieses, das sein Pa Ben reichte und die Erkundigung nach Bens Füssen, verstand Jerry nicht. Ihm waren die feuchten Hosenbeine des Freundes zuvor nicht aufgefallen um einen Zusammenhang zu erkennen. Für ihn sah es aus, als wäre sein Pa mehr darum besorgt, dass Ben von der Milch erwischt worden war, als der eigene Sohn. Er stand doch genauso inmitten der weißen Flüssigkeit! Und seine Hand schmerzte! Und wieso rieb sich Ben jetzt die Haare trocken? Jerrys wütender Gesichtsausdruck wich einem erstaunten, ehe er gleich wieder ein wenig düsterer dreinsah, als sein Pa energisch nach seiner Hand griff. Im ersten Moment befürchtete Jerry angesichts der ganzen Situation, dass sein Pa ihn nun schlicht hinter sich herziehen wollte. Doch statt das Arbeitszimmer aufzusuchen, drehte Vater ihm nur die Handfläche nach oben, um sich die Brandstelle darauf näher anzusehen. Jerry wollte gerade vor Ben den Tapferen spielen und die Verletzung herunterspielen, als sein Vater auf die Schimpfwörter und die Flüche zu sprechen kam. Das ließ Jerry nun doch ein wenig schlucken. In Rage geraten, hatte er sich so sehr vergessen gehabt, dass er nicht eine Sekunde lang darüber nachgedacht hatte, ob ihn sein Vater hatte hören können oder nicht. Hatte er nicht erst vor kurzem noch daran denken müssen, wie klug er all die Jahre über gewesen war, zu Hause tunlichst darauf zu achten, dass ihm das Gehörte aus dem Saloon und von der Straße nicht über die Lippen rutschte? Ja, er war ja so klug.... Jeremiah zog ein Gesicht, als er sich deswegen schon dem schlimmsten Ärger ausgesetzt sah und das auch noch vor dem neuen Freund. Und rasch wurde ihm damit klar, dass er die gerötete Handfläche ausnutzen musste. Vater würde ihn kaum sehr ausschimpfen, wenn er mit Schmerzen zu kämpfen hatte, oder nicht? Also hatte er das Gesicht wie unter Schmerzen noch einmal verzogen und heftig genickt. Dem Nicken wurde rasch Einhalt geboten, als Jerry vernahm, was Pa sich als Strafe ausgedacht hatte. Statt Seife und Rute sollte er was tun? Eigentlich sollte er ja froh darüber sein, dass ihm nichts Schlimmeres drohte, fand Jerry, aber irgendwie kam keine Freude darüber auf, denn er fühlte sich mit der gestellten Antwort ein wenig überfordert. Zum einen begriff er nicht wirklich was sein Pa da von ihm verlangte, vermutete aber stark, dass es etwas damit zu tun hatte, dass er viel Zeit zum Nachdenken würde verschwenden müssen. Zum Glück verlangte er aber nichts Schriftliches von ihm. Denn dann wäre ihm der Sonntag wahrlich verdorben gewesen. Zum anderen wagte er nicht vor Ben seinem Vater einzugestehen, dass er ihn nicht verstand. Ben würde ihn bestimmt für ganz schön dumm halten.
Verblüfft sah Jerry daher nur von seiner roten Handfläche auf zu seinem Pa. Ganz langsam schlich sich Verwirrung in seinen Blick, als er darüber grübelte, was genau Vater da nun wieder von ihm verlangte. Sieben Al- Alter- Alternawas? Er hatte das Wort schon einmal gehört? Sicherlich auch schon mehrmals.... Das war doch so etwas wie Möglichkeiten... oder nicht? Flüchtig kam ihm beim Grübeln in den Sinn, dass er tatsächlich für "Verdammter Muckenschiss" zahlreiche Alternadingsbums kannte und musste breit und unpassend grinsen. Also musste er ja gar nicht so sehr darüber nachdenken wie befürchtet. Das konnte er seinem Pa doch jetzt schon alles aufsagen... "Das ist ja gar nicht schwer," setzte Jerry schon mit Erleichterung in der Stimme an. "Für verdammter Muckenschiss gibt es... ", rasch brach Jerry ab als ihm langsam dämmerte, dass er damit wohl auf dem Holzweg war. Er sah seinen Pa mit einem Stirnrunzeln an. Also wenn er so darüber nachdachte... nein, sein Pa würde das wohl kaum gemeint haben. Das wäre ja dann überhaupt keine Strafe! Sicher wollte sein Pa nicht noch mehr Schimpfwörter hören wollen. Allerdings hatte er ihn auch gar nicht richtig deswegen ausgeschimpft, noch zeigte er sich länger entrüstet. Vielleicht also doch? Ach das war jetzt aber wieder eine verflixte Sache. Versuchen wollte es Jerry nicht unbedingt mit seiner Auslegung der erteilten 'Strafe'. Denn wenn es schief ging, war die Anwesenheit von Ben nämlich kein Grund dafür, dass ihm nicht doch noch eine Züchtigung drohte, wenn er den Bogen zu sehr überspannte. Verstimmt schob Jerry die Unterlippe nach vorne und machte ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter. "Mir tut die Hand weh," sagte er mürrisch und erst einmal ohne Zusammenhang und wollte sie aus Pas Griff winden. Da es im selben Moment an der Tür klopfte, verharrte Jerry in der Bewegung, ignorierte aber das Klopfen. "Und das ist eine komische Strafe," wich er lieber erst einmal der Tatsache aus, damit überhaupt nichts anfangen zu können. Und weil er nach wie vor vor Ben nicht als Dummkopf dastehen wollte, fügte er mutiger als er sich fühlte und recht trotzig hinzu: "Kannst du mir nicht einfach mit Seife den Mund auswaschen und dann ist gut?"
"Besonders schwer verbrannt hast Du Dich nicht, mein Sohn. " Terry war immer noch ärgerlich, als er sich bückte und den Topf aufhob. "Du wirst hier aufwischen müssen." Auch darüber diskutierte Terry nicht. Aus irgendwelchen Gründen war der ganze Morgen schon so verkorkst und darüber war er verärgert, aber auch gespannt. Er kannte diese Morgen, an denen Alles daneben ging, was nur daneben gehen konnte. Auf derlei Fluch folgt oft Segen. Terry seufzte innerlich, denn das konnte er unmöglich einem Zehnjährigen auseinandersetzen, war es doch für manchen Erwachsenen bereits zu kompliziert. Ausgerechnet in diesem Moment klopfte es erneut an die Haustür und Terry überlegte ernsthaft, diese Klopfen einfach zu ignorieren. Dieses kam ihm jetzt wirklich quer und so ungelegen, dass er am Liebsten nicht öffnen würde. "Oh, nein - gut wäre damit nicht. Du kannst froh sein, dass ich genau das nicht tue." Mit finsterer Miene betrachtete Terry seinen Sohn, der es tatsächlich nicht nur gewagt hatte, seine Erziehung in Frage zu stellen, sondern diese in Lächerliche zu ziehen und sogar noch einen Gegenvorschlag zu machen. "Du - das war kein Arbeitsvorschlag." Terry hatte die Hand wieder losgelassen und wandte sich nun doch zur Tür um. Es mochte immerhin sein, dass Mr. McKay nun doch schon auf Ben wartete oder Matt geschickt hatte, nach dessen Verbleib zu sehen. "Seife kannst Du also vergessen, Jeremiah. Du wirst mir bis heute Abend aufschreiben, für was Du dankbar sein kannst." Die Frage, ob Jeremiah überhaupt Grund zur Dankbarkeit hatte, stellte sich nicht in Terry Worten. Für diesen stand es außer Frage, dass Jeremiah mehr Gründe hatte, Gott zu loben und zu danken, als wilde Flüche auszustoßen. Segnen statt Fluchen, Danken statt Murren und Gebote statt Verbote. Wir haben die Wahl.. Einen kurzen Blick warf Terry noch auf Ben, der sich inzwischen die Haare getrocknet hatte und das Handtuch sorgfältig über eine Stuhllehne hing. Ordentlich war der Junge - gut so. "Ihr bleibt beide hier, bis ich weiß, wer vor der Tür steht." Auch jetzt war Terrys Tonfall anzuhören, dass er auch darüber nicht zu diskutieren gedachte. Mit festem Schritt verließ Terry die Küche und ging in die Diele, um die Tür zu öffnen.
tbc: Terry ~ Lake Street 1/vor und hinter dem Haus
Ben mit Jeremiah in der Küche, Terry verlässt diese
Während der Reverend nun nach Jerrys Hand griff, rubbelte Ben sich mit dem Handtuch die nassen Haare trocken. Sicher war es ein Glück, dass seine Füße nicht nass geworden waren, aber andererseits hatte er nun kaum mehr guten Grund mehr, sich länger hier aufzuhalten. Dass er Jerry helfen wollte, wo dieser sich doch nur seinetwegen in Schwierigkeiten gebracht hatte, würde sein Vater ihm nicht nur nicht glauben, sondern vor Allem nicht als Grund für ein längeres Fernbleiben als angeordnet, akzeptieren. Wenn doch nur der Reverend ihm befohlen hätte, zu helfen! In dem Fall nämlich würde Ben selbstverständlich diesem zu gehorchen haben, aber nein - dieser forderte nur Jerry auf, den Boden aufzuwischen. Ben fühlte sich völlig fehl am Platze und wäre am Liebsten aus der Küche gelaufen, wenn ihn nicht der Umgang des Reverends mit Jerry fasziniert und zum Nachdenken gebracht hätte. Für Ben war es so, als sähe er völlig unbeteiligt ein Theaterstück und doch war er darin ein bisschen involviert, denn feinfühlig wie er war, sah er hinter das Offensichtliche. Oh, ja - der Reverend war sehr ärgerlich und wütend, dass konnte Ben an dessen finsterer Miene durchaus sehen und Jerry war entweder dumm oder aber sehr mutig, das er zweimal versuchte, Widerworte zu finden. Ich würde dafür windelweich geschlagen.. Ben verstand die Welt nicht mehr, denn der Reverend verzichtete auf die widerliche Seife, obwohl doch jeder wusste, dass das einzige Mittel gegen Fluch aus Kindermund war. Ben traute seine Ohren kaum, als er die Worte des Reverends verstanden hatte. Aufzählen sollte Jerry - aufzählen die Alternativen zu Flüchen? Ben war nicht sicher, ob er das verstand, obwohl Matt schon ein paar Mal das Wort "Alternative" erwähnt hatte. Für diesen wäre das wohl kein Problem gewesen, denn er fand immer eine Alternative - und damit hatte er scheinbar auch immer Entscheidungsfreiheit. Wie abhängig diese in Wahrheit von der Prägung durch ihren Vater war, konnte Ben nur ahnen, denn Matt tat gerne so, als sei er in seiner Meinung davon völlig unabhängig und frei in seinen Entscheidungen. Jerry aber wagte es tatsächlich den Vater zu bitten, ihm den Mund mit Seife auszuwaschen?! Ben erschrak innerlich, denn er war sich sicher, dass spätestens jetzt der Reverend seinen Sohn in den Schuppen zerren würde. Sicherlich würde er Jerry dafür übelst verprügeln, denn so ein Vorschlag war respektlos gegenüber dem Vater und das war doch nun wirklich nicht biblisch. Nein, nein - darin war Ben sich sicher, denn er hatte mühsam auswendig gelernt, dass man sich dem Vater unterzuordnen und die Eltern zu ehren hatte. In seinem Elternhaus wurde er dafür umgehend mit mindestens fünfzehn Hieben mit der Rute oder dem Paddle bestraft, um ihn wieder auf den rechten Weg zu bringen und Respekt zu lehren. Ben bekam vor Staunen große Augen und den Mund kaum zu, denn der Reverend tat nichts dergleichen und daran war sicherlich nicht nur das Klopfen an der Haustür Schuld. Stattdessen gab er Jerry nun eine schriftliche Aufgabe auf, die zu erfüllen, Ben sehr wohl als harte Strafe empfunden hätte. Für ihn war das Schreiben eine nicht enden wollende Mühe und Qual, aber der manchmal so neunmalkluge Jerry? Für den würde das doch wohl eher ein Spaziergang werden vor Allem, weil er ganz viel hatte, für das er dankbar sein konnte, oder? Immer noch unschlüssig, ob er nun nicht doch lieber heim gehen sollte, trat Ben unruhig von einem Bein auf das andere. Ein Glück.. Erleichtert atmete er auf, als der Reverend ihn und Jerry nun doch noch anwies, zu bleiben, wo sie gerade waren. Diesem musste er ja nun gehorchen und das würde wohl auch sein Pa verstehen! Ben sah dem Reverend nachdenklich hinterher, denn er meinte, in dessen Stimme ausser Wut und Ärger auch Liebe, Besorgnis und Mitgefühl für Jerry wahrgenommen zu haben. Vielleicht liebt er seinen Sohn ja doch - und schlägt ihn nur aus anderen Gründen nicht so oft, wie mein Pa mich.. So konnte es wohl gemeint sein, dass mit dem Eltern ehren, um ein langes Leben zu haben. Ehrte man sie nicht, bekam man Hiebe, die sich gewaschen hatten und seit jenem Vorfall mit Matt im August, dessen Rücken ganz wund geschlagen worden war, war Ben sich sogar sicher, dass diese Hiebe das Leben durchaus verkürzen könnten. Für ihn war daher der Rückschluss logisch: Ehrte man die Eltern, bekam man keine Hiebe - ergo lebte man länger. Vielleicht hat der Reverend Angst in seinem Ärger zu dolle zu schlagen - so wie Matt manchmal zögert, Shy Boy eine runter zu hauen, wenn der zu frech wird, weil er ihn nicht verletzen will. Ob Pa deswegen dieses komische Buch daheim hat.. Nachdenklich ging Ben langsam zum Herd hinüber und nahm einen Putzlappen in die Hand. "Ich helfe Dir - es war ja zum Teil wohl meine Schuld.." Nachdenklich und dementsprechend langsam kamen die Worte über Bens Lippen während er begann, den Herd abzuwischen. Je länger er über die soeben erlebte Situation nachdachte, desto deutlicher wurde ihm, dass er ganz viele Gründe hatte, dankbar zu sein. Vielleicht hatte Jerry deswegen diese furchtbare Seife im Sinn, weil ihm nichts zum Danken einfiel? Zugegeben er hatte was, was Jerry nicht hatte: eine Ma und Geschwister. Für diese war er sehr dankbar, denn seine Ma war zwar sehr streng, aber sie war doch da und sorgte dafür, dass sie alle genug zu essen hatten und das ihre Kleidung immer ordentlich gewaschen war. Martha war so still, dass sie nicht weiter auffiel, aber ihre Ruhe hatte oft schon dafür gesorgt, dass auch Ben in ihrer Nähe ruhiger hatte lernen können und Matt war auch da und half ihm immer wieder. Außerdem konnte man auch schon mal Dampf ablassen, so die Geschwister unter sich waren. Gesagt hatte er das bestimmt noch nie, obwohl er noch immer Gefühle kaum für sich behalten konnte, aber dennoch liebte er seine Eltern und Geschwister. Ob er ihnen das mal sagen konnte, ohne dass man mit ihm schimpfte? Matt bestimmt und Martha? Pa - wohl auch.. Ben wurde bei der Vorstellung ein wenig fröhlicher, denn Matt würde sich darüber freuen und sein Pa bestimmt auch. Bei Martha und Ma war er sich da nicht so sicher, aber er würde das Risiko schräg angesehen zu werden, vielleicht doch eingehen wollen, denn die biblische Aufforderung hieß doch: Liebt einander, oder?" Erst als Ben schon fest fertig war, schien er sich wieder an Jerry zu erinnern und so wandte er sich diesem zu. "Hey - Du bist entweder mutig oder dumm. Sei doch froh, dass Dein Pa Dich nicht bestraft. Also das hätte ich ich.. also ich meine, ich wäre wohl von meinem Pa sofort in den Schuppen gezerrt worden." Ben erklärte sich nicht weiter, denn was im Schuppen genau geschah - darüber sprach man auch nicht im Hause McKays, schon deshalb nicht, weil man dann als wehleidig galt und das war mit Extrahieben belegt - jedenfalls bis jetzt. "Bis heute Abend hast Du bestimmt zehn Dinge gefunden, für die Du dankbar bist..Schaffst Du." Ben versuchte, Jerry Mut zu zu sprechen, was den Inhalt dieses Schreibarbeit anging, denn dass Jerry gut würde schreiben können, bezweifelte Ben nicht.
Ben mit Jeremiah in der Küche, Terry verlässt diese
"Es tut aber trotzdem weh," murrte Jerry und übertrieb dabei nicht mal. Die Hand war zwar nicht sonderlich verbrannt nur leicht gerötet, aber sie brannte und kribbelte. Zumindest glaubte Jerry jedoch einen kleinen Sieg errungen zu haben, denn obwohl er die Verärgerung seines Vaters eher erahnte als spürte, gab es kein weiteres Schimpfen mehr. Ganz so wie er sich das erhofft hatte. Ob es wirklich an seiner schmerzenden Hand lag, wusste Jerry allerdings nicht mit Sicherheit zu sagen. Dafür gab es aber erneut die nicht diskutierbare Putz-Anweisung und Jerry presste verärgert die Lippen fest aufeinander damit ihm nicht noch ein weiteres Widerwort entwich. Dass er putzen würde müssen, hatte sein Pa nun wirklich deutlich genug gemacht und selbst ein Hitzkopf wie Jerry wusste, wann es genug war. Aber gefallen musste ihm das ja trotzdem nicht. Entsprechend finster sah er vor sich auf den Boden. Seine Laune bekam gleich noch einen Dämpfer mehr, als sein Pa sein "Angebot" ausschlug. Wenn man es so überhaupt nennen durfte. Jerry fand das blöd. Immerhin bot er von sich aus eine wirklich unschöne Prozedur als Wiedergutmachung an. Und jeder der schon einmal diese furchtbare Seife im Mund gehabt hatte, wusste, dass das kein leichtes Opfer war, zudem er bereit gewesen wäre. Denn danach würde sein Mund bis zum Mittagessen bitter schmecken und alleine der Würgereiz würde für eine Weile danach anhalten. Ja, er sollte tatsächlich froh sein, dass Pa es nicht tat, aber dennoch bedeutete dies für Jerry eine kaum zu bewältigende Strafe, die blieb. Jetzt durfte er sich den ganzen Tag, den er sich schon so schön ausgemalt hatte, seit er die Erlaubnis erhalten hatte mit Jerry zur Kirche zu dürfen, grübeln, was Vater meinte. Und Jerry glaubte zu wissen, dass es besser wäre, wenn er ihm heute Abend die gewünschte Antwort geben würde können. Zumindest wenn er nicht die Rute fürchten wollte. Nur jetzt vor Ben wollte er wirklich nicht fragen, was genau seine Aufgabe war. Nein, er würde sich nicht als Dummkopf offenbaren. Offen, ohne Scheu, erwiderte Jerry daher nicht minder finster den Blick seines Vaters, der missgünstig auf ihm ruhte. Er hatte ja inzwischen verstanden, dass er putzen musste und sich nun auch noch Gedanken machen durfte über was auch immer. Aber hatte Jeremiah angenommen, dass es nicht mehr schlimmer kommen würde, sah er sich eines Besseren belehrt. Sein Vater wusste wirklich, wie man einem wie Jerry den Tag gründlich verderben konnte... schreiben sollte er nun zur Strafe! Schreiben, er, der eine schlechte Note nach der anderen wegen mangelhafter Schönschrift und ungenügender Rechtschreibung mit nach Hause brachte, dem dafür auch noch Faulheit ausgelegt wurde und deswegen die Rute zu spüren bekam. Ach der Sonntag war aber verflixt noch mal verflucht... Bei dem Gedanken hätte Jerry fast grinsen müssen, aber hielt es für gesünder, wenn er jetzt ernst blieb. Hm... musste er das jetzt tatsächlich noch zusätzlich machen? Kurz wich der finstere Blick einem unsicherem Ausdruck. Denn klar waren jetzt Vaters Worte nun wirklich nicht gewesen. Oder doch? Eigentlich wusste Jerry ganz gut, was von ihm erwartet wurde und das raubte ihm nun gänzlich den Rest guter Laune, der noch in ihm war. Ja, er hatte zu putzen, weil er es selbst verschuldet hatte, für das Fluchen musste er Alternativen finden, von denen er keinen blassen Schimmer hatte und nun musste er für seinen Widerstand seine Dankbarkeit aufschreiben. Leider aber, wenn Vater schreiben sagte, erwartete dieser einen formvollendeten Aufsatz, den Jerry nicht bieten konnte. Er würde über einer einzelnen Seite schwitzend sitzen und grübeln, nach Worten suchen, die er zu schreiben wusste und doch nur wieder Wort für Wort durchstreichen musste, nur um es noch schlimmer zu verbessern. Vater würde darüber enttäuscht sein und schimpfen. Wenn er großes Pech hatte, und sein Pa noch bis heute Abend über Jerrys Verhalten verärgert war, würde ihm gar einmal mehr Faulheit vorgehalten werden. Er kannte die vielen Ansprachen ja nur zu gut. Wenn er doch nur ein bisschen mit mehr Fleiß an die Sache heranginge, wenn er nur ein wenig mehr Interesse an der Schule hätte, wenn er nur ein bisschen mehr von sich aus für die Schule tun würde, wenn er sich mehr konzentrieren würde.... Das wiederholte sich von Zeit zu Zeit und wenn nicht gerade Sommer war, wo ihn tatsächlich das schöne Wetter von den Schularbeiten ablenkte und er mehr draußen war, als im Haus, sah Jerry diese Vorwürfe gar nicht ein, denn sie führten nur zu gerne dazu, dass ihm Pa Fleiß und Konzentration einzubläuen versuchte. Dabei bemühte er sich ja, aber wohl nicht ausreichend genug in den Augen seines Vaters. Wobei er zugeben musste, dass er bei solcherlei Strafarbeiten schon aus purem Protest nicht mit Eifer an der Arbeit war. Jerry war es dennoch ein wenig leid, dass ihm sein Unvermögen zu Schreiben als Faulheit und Trotz ausgelegt wurde. Aber was blieb ihm anderes übrig als heute einmal mehr seinem Vater zu beweisen, dass er es konnte, wenn er es nur wollte? Er würde sich also bemühen und sich Sätze aus den Fingern saugen, die die Dinge, für die er dankbar sein sollte hoffentlich schön kleiden würden. Dass ihm das nicht gelingen würde, wusste er bereits jetzt, aber die Aussicht auf die Rute war Ansporn genug, es so gut zu machen, wie er es nur konnte. Die Aufgabe an sich war schon schwer genug fand Jeremiah. Denn im Augenblick wollte ihm nicht wirklich eine Sache einfallen für die er dankbar sein konnte. Er saß in einem kleinen Kuhdorf fest, das eingeschneit und von der Außenwelt abgeschnitten war. Er hatte die Großeltern verlassen müssen und seine ganzen Freunde dazu. Sie lebten nun zwar in einem eigenen Haus, aber wirklich viel besaßen sie nicht. Die Kinder in der Schule waren fast alle gegen ihn, nur weil er der Neue war und stotterte und nicht richtig lesen konnte, sein Pa schleppte die Lehrerin als Haushälterin an und zu allem Überdruss gab seine Ma nicht mehr. Das alleine reichte Jerry aus, dass er beschloss nichts heute Abend zu schreiben. Sollte Pa doch sehen, dass es da nichts gab und Jerry alles andere als wirklich glücklich hier war. Und wenn er dafür meinte, er hätte die Rute verdient, dann war es ebenso. Schreiben würde er danach trotzdem nichts.
Ehe Jerry sich aber Gewissheit holen konnte, ob er zusätzlich zu den schon erwähnten Auflagen noch schreiben musste, war sein Pa schon auf halbem Weg hinaus in den Flur und wies sie beiden Jungen an, auf ihn hier zu warten. Schön, blieb er hier. Fiel ihm ja wegen Ben zur Abwechslung nicht schwer. Auch wenn es ihm nun doch ein wenig peinlich war, was der Freund alles mitbekommen hatte. Doch Ben sagte erst einmal nichts, sondern sah wie Jerry Terry hinter her und löste sich dann, um an den Herd zu treten. Dort griff nach einem Putztuch und ließ Jerry überrascht dreinschauen. Ben wollte helfen? Ja, tatsächlich, gerade bot er es an.... "Das... das musst du aber nicht. Du hast doch gar keine Schuld daran," Jerry schüttelte leicht den Kopf und angelte sich ein Geschirrtuch von einem der Harken und machte es im Wasser der Steinspüle feucht. "Pa hat gesagt, ich muss putzen... der erwartet das von dir gar nicht. Ich auch nicht. Ist aber trotzdem nett... du, du kannst aber auch gerne nach Hause gehen, wenn dir das lieber wäre. Ich könnt's verstehen," murmelte Jerry ein wenig beschämt und ging auf die Knie, um die Milch erst einmal vom Boden zu wischen. Wenn die jetzt auch noch in die Dielenbretter einzog, war der Küchenboden erst einmal gründlich ruiniert. Schweigend wie der Freund, widmete Jerry seine Aufmerksamkeit seiner Tätigkeit und war um das kurze Schweigen sehr dankbar. Es half ihm ein wenig sich wieder zu beruhigen und den Zorn und die Wut zu verarbeiten. Es brachte ja nichts, jetzt mit Ben zu streiten, nur weil er gerade die nächstbeste Person in seinem Umkreis war. Mit Ben wollte er doch noch in die Kirche und später vielleicht im Schnee herumtollen, während die langweiligen Erwachsenen im Gästehaus noch viel langweiligere Gespräche führten. Ungewollt spitzte Jerry bei seinen Gedanken die Ohren und lauschte auf die Stimmen im Flur. Er brauchte nicht lange, bis er diese erkannte und fluchte gleich noch einmal, kein bisschen klüger oder weiser geworden. Das durfte doch nicht wahr sein. Miss Spencer. Jetzt. Am Sonntagmorgen. Was hatte die jetzt hier zu suchen? Also wirklich, jetzt reichte es. Wütend warf Jerry den nassen Lappen in die Milchlake, die inzwischen geschrumpft war und wollte wütend auffahren. Ehe Jerry sich aber erneut vergaß, lenkten die Worte von Ben vortrefflich ab. Zwar anfangs noch ein wenig irritiert davon, sah Jerry zu Ben auf und in seinem Blick funkelte die Streitlust. Hatte Ben ihn gerade dumm genannt? Jerry wollte gerade auffahren und wiedersprechen, als Ben den Schuppen erwähnte und Jerry ziemlich verdattert dreinblicken ließ. Im ersten Moment hatte er angenommen Ben wollte ihn damit ein wenig beruhigen, indem er ihm verriet, dass ihm an seiner Stelle gewiss unangenehmeres geblüht hätte. Aber als nichts weiter zur Erklärung erfolgte, runzelte Jerry nur ein wenig die Stirn. Er wollte gerade unbedarft nachfragen, als Ben das Thema wechselte und davon sprach, dass es Jerry sicher nicht schwer fallen würde zehn Dinge zu finden, für die er dankbar sein konnte. "Zehn", echote er entsetzt. "Hat Pa was von zehn gesagt?" Oh wenn er doch nur Stichpunkte abgeben dürfte... dann wäre er gewiss schnell damit fertig. Aber zehn Dinge auszuformulieren waren ein Ding der Unmöglichkeit. Alleine schon zehn zu finden würde nicht leicht sein, nicht wenn er näher über seine Situation in Camden Village nachdachte. "Mir fällt aber nicht ein einziger Grund ein," maulte er schlecht gelaunt Ben an und nahm den Lappen wieder auf, wischte den letzten feuchten Fleck auf und richtete sich wieder auf. "Wie denn auch? Wir könnten zum Beispiel schon längst bei euch im Garten einen Schneemann bauen, anstatt hier zu putzen," Jerry drückte den feuchten Lappen aus und nahm frisches Wasser auf und ging erneut in die Knie um die Möbel abzuwaschen. "Wir könnten auch gemütlich einen Kakao trinken, anstatt zu putzen. Und anstatt später Spaß zu haben, muss ich einen dummen Aufsatz schreiben über Dinge, die mir im MOment nicht mal einfallen wollen. Pa ist so ein, so ein...," Jerry suchte fieberhaft nach etwas passendem, das ihn nicht gleich wieder in Teufelsküche bringen würde, aber dennoch ausdrückte wie unfair er sich behandelt fühlte. "So ein verdammter Mistkerl. Jeden Spaß kann er einem verderben..."
Du wirst es überleben.. Ben konnte kaum glauben, dass Jerry tatsächlich noch murrte, dass seine Hand schmerze. Diese war gerötet und sicher tat das weh, aber das zu erwähnen! Nein, das ging für Bens Dafürhalten gar nicht und würde sicherlich zu einer Strafe wegen Wehleidigkeit führen. Noch überraschter war er darüber das der Reverend dieses Murren nicht weiter beachtete, sondern die Küche verließ, wohl um zu öffnen. Ben wusste nicht, ob das Kommen seiner Lehrerin nun ein gutes oder schlechtes Zeichen war. Vielleicht war sie nur gekommen, weil sie hier arbeitete, oder weil sie mit dem Reverend so zu sprechen hatte, obwohl sie das wohl auch unter der Woche hätte tun können. "Hey - ich dachte wir seien Freunde - die helfen einander." Mit diesen Worten war für Ben die Frage, ob er helfen oder heimgehen wollte, ausreichend beantwortet. Jerry arbeitete schweigend und auch Ben sagte nichts mehr dazu. Allerdings fuhr er ein bisschen zusammen, als Jerry offenbar über Miss Spencers Kommen verärgert, das Spültuch ins Wasser warf, so dass es spritzte. Irritiert hielt Ben in seiner Tätigkeit inne und sah zu Ben hinunter, der gerade die Bodendielen reinigte. "Was?" Ben konnte es nicht fassen, dass Jerry sich schon wieder aufführte, wie ein Dreijähriger, dem man den letzten Keks doch noch weg gegessen hatte. So - ein Baby - zumindest manchmal. Ben war fassunglos, als Jerry nachfragte, ob sein Vater wirklich von zehn Gründen für Dankbarkeit gesprochen hatte. Hatte der Freund denn gar nicht zugehört? Das war doch nun wirklich nicht schwierig. "Ja. Zehn aufzählen." Mit einem Achselzucken beantwortete Ben diese Frage, denn er hatte bereits mehr als bis zehn Gründe gefunden, für die er Gott dankbar sein konnte. Okay, drei bis vier davon hatte Jerry wohl nicht, aber was war mit den anderen? Ben verdrehte die Augen, dann Jerry murrte und maulte, ihm fiele nichts ein, wofür er dankbar sei. "Hör' schön auf.. Der Schnee läuft nicht weg.." Ben statuierte mit ungewohnter fester Stimme und ohne seine üblichen Versprecher. Im Augenblick fühlte er sich Jerry deutlich überlegen und das war er auch, so der nicht einmal zehn Gründe zur Dankbarkeit aufzählen konnte - und nach eigener Aussage nicht einmal einen. Jerry spülte den Lappen aus und ging erneut in die Knie, um weiter zu putzen. "Du - wenn Du arbeitetest statt zu maulen - reichte die Zeit noch für Kakao." Jetzt Gerade wollte Ben ein, zwei Gründe zur Dankbarkeit benennen, als Jerrys Gemaule einem Fluch wich. Entsetzt ließ Ben seinen Lappen los und fuhr herum. Im ersten Augenblick dachte er sich verhört zu haben. Das konnte doch nicht Jerrys Ernst sein! "Du .. also.. Du hast.." Ben war zu entsetzt, um in Ruhe zu erklären, was gerade in ihm vorging. Erklären brauchte er Jerry wohl kaum, dass man nicht fluchen durfte. Also Sohn eines Reverend wusste der das wohl besser, als er und wohl auch warum. "Bist du denn ganz irre?! Was, wenn Dein Vater das gehört hat.. ich meine.." Entsetzt starrte Ben auf die Tür, denn wenn Jerrys Worte gehört und verstanden worden waren, würde der jetzt wohl eine ordentliche Tracht Prügel beziehen, er selber würde nach Hause geschickt werden und musste dort erklären warum. Lügen würde er nicht können, denn das wurde sofort durchschaut. Erführe sein Vater jedoch von diesem Fluch, würde dieser wohl ein Umgangsverbot aussprechen und was das Brechen dieses für Folgen hatte, hatte Ben ja bereits erfahren müssen. Enttäuschung machte sich in Ben breit und ließ diesen sich von Jerry abwenden. Wusste dieser denn nicht, dass er gerade Alles dafür tat, um ihre beginnende Freundschaft wieder zu zerstören? Er konnte doch nicht mit einem Jungen befreundet sein, der seinem Vater fluchte. Wahrscheinlich hätte er eben doch auf Jerry hören sollen und einfach heim gehen - nun war es wohl zu spät, um sich aus der Affäre zu ziehen. "Du - ich..also so verbietet mir mein Pa bestimmt, mit Dir zusammen zu sein.. und.. na, ja tue ich es doch.. also Matt ist deswegen mal so geschlagen worden, dass er bettlägerig wurde - ganze drei Tage!"