OOC: Die neue OOC Regelung gilt nur für die Administration. Bitte Anfragen bzgl. Organisation weiterhin per PN oder im Plotplanungsthread hinterlassen. Die Postingreihenfolge ist im Regelwerk geklärt und seit zig Monaten aktualisiert: Der Reihe nach, so wie die Personen dazu gekommen sind. Wer übersprungen werden möchte, sollte dies rechtzeitig mitteilen.
Dem nach: Anovaoo'o (+NPCs), Cassiel, Sanuye, John, Mathew
Da Ano + NPCs schon gepostet hat, Cassiel auf eine Reaktion von John wartet, der Reihenfolge nach aber erst noch Sanuye dran ist, müssen wir warten.
Jetzt wurden es immer mehr Weiße und irgendwie begann Sanuye sich entsprechend immer mehr zu fürchten. Sie klammerte sich an ihre Schwester und versuchte allen weiteren Blicken auszuweichen.
Es war nach wie vor bitterkalt und das Haus versprach Wärme. Aber dennoch würde Sanuye lieber auf allen vieren zurück ins Lager kriechen als sich dort einsperren zu lassen. Aber sie war sich sicher, dass man sie auf der Stelle niederschießen würde, würde sie auch nur den Versuch wagen, woandershin als dort hinein zu gehen. Und... nein, das wollte sie doch nicht. Jetzt, wo es wirklich ernst wurde, stellte sie fest, dass es mit ihrer tollen Tapferkeit nicht besonders weit her war. Sie wollte Leben. Unbedingt! An Anovaoo'o geklammert hinkte Sanuye so auf einem Bein Schritt für Schritt auf das Haus zu.
Völlig durchgefroren war sie. Ihr war so kalt, dass sie sich auch ohne ihre Verletzung kaum hätte schneller bewegen können. Außerdem behinderten sie diese Eisenketten nicht nur, sie taten ihr an ihrem verletzten Fuß auch böse weh, so dass sie auch ohne aufzutreten die Zähne aufeinander beißen musste um nicht laut aufzuheulen. Aber sie würde sich vor diesen Ve'ho'e nicht die Blöße geben. Ihr Stolz war zwar angekratzt aber nicht völlig dahin.
Das Haus war dunkel und leider ebenfalls eiskalt. Hier gab es kein wärmendes Feuer! Nur finstere hölzerne Schemel und Tische. Aber Sanuye begriff schnell, dass sie hier gar nicht bleiben sollten. Weiter hinten gab es einen Durchgang der noch viel dunkler und weniger einladend wirkte und dahinter erkannte sie eiserne Gittertüren. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie würde da drinnen sterben. Eingesperrt. Wie ein gefangenes Tier würde sie dort verkümmern. Oder vorher noch erfrieren. Wahrscheinlich noch diese Nacht. Das Mädchen zuckte zusammen und stemmte sich dann gegen den Druck, ließ Anovaoo'o los und schüttelte den Kopf. "Nóxa'e! [Warte!]" keuchte sie. Ho'nó-nómonêhë'še... Ná-hóo'ôhtsétáno! [Lass uns nicht weitergehen... Ich will nach Hause!]
OOC: Ich habe die Postingreihenfolge noch mal geändert, weil Mathew Cassiel ansprach, sonst ergibt es keinen Sinn...i][/size]
John Clayton an der Tür, Anovaoo’o, Sanuye, Mo’ôhtaveo’kome und Ó'kêséena kommen aufs Gebäude zu mit Soldaten und Cassiel; Mathew Codswallop reitet von Osten heran [size=85](Im Hintergrund Maureen & Burnett mit Shepard)
Postreihenfolge: Cassiel, Anovaoo'o (+NPCs), Sanuye, John
John, der auf eine Antwort von Mr. Brown wartete, sah nur kurz zu den Indianern, als diese müde und abgekämpft auf sein Büro zugetrieben wurden. Sie unterhielten sich in ihrer Sprache und hatten daher Johns Aufmerksamkeit geweckt. Doch es war John nicht möglich zu erraten über was sie miteinander sprachen. Er hatte nie versucht die Sprache der Eingeborenen zu beherrschen und hatte diese Leidenschaft dafür mit seiner Frau nie geteilt. Letztendlich war es genau diese Leidenschaft gewesen, die ihr und seinem Sohn das Leben gekostet hatte. Sein Bedarf an näherem Kontakt mit den Wilden war daher verständlicherweise seit gut fünf Jahren gedeckt. Das sympathische an Camden Village war von Anfang an das Reservat und Fort gewesen. Beides gewährte Frieden vor den Rothäuten und eine Minimierung an Kontakt mit ihnen. Jetzt so urplötzlich mit ihnen konfrontiert zu werden störte Johns Vorliebe für Routine. Zumindest konnte er erahnen das erhebliche Schwierigkeiten auf ihn zukamen. Als Mr. Brown schließlich zu einer Antwort ansetzte sah er zurück zu dem jungen Anwalt und nickte leicht auf dessen Gruß. Er kam auch gleich zu Sache und überrumpelte damit John ein bisschen, der im ersten Moment die Informationen sortieren musste. Indianern sollte der Prozess gemacht werden? Hier? In seiner Stadt? Und er sollte die Wilden auch noch hier, in seiner Station, einsperren, verköstigen und bewachen? Ja ging es Major Shepard noch gut? Woher sollte er die Männer nehmen? Er hatte ja gerade eben erst aufgestockt, um die Sicherheit der Stadt gewährleisten zu können. Jetzt sollte er davon wieder täglich einen Mann abziehen? Er musste das wohl, denn er bezweifelte, dass die Bevölkerung die Füße still halten würde, sobald man von den inhaftierten Wilden wusste. Er hatte den Lynchmob nicht vergessen, der sich in der Stadt zusammengerottet hatte, während er mit Graham und Foster auf der Walton Farm gewesen war. Und dabei war es nur um einen Indianer gegangen. Er hatte es nun mit vier zu tun.
Missmutig verzog er das Gesicht und musste schwer an sich arbeiten, um eine gewisse Professionalität an den Tag zu legen. Letztendlich war er hier der Gesetzeshüter und verantwortlich für eine sichere Stadt. Er war den Bürgern dieser Stadt gegenüber verantwortlich, aber nicht diesen Wilden gegenüber. Und diese hier im Gefängnis zu wissen, war nun einmal ein gewisses Risiko. Da konnte Mr. Brown noch so viel von Gerechtigkeit reden, wie er wollte, die Rothäute mussten von hier wieder verschwinden. So schnell wie möglich. Dass er mit seinen Gedanken bei Mr. Brown wahrscheinlich an der falschen Adresse war, konnte er diesem nur zu deutlich anhören. Er wollte zwar die Wahrheit wie er sagte herausfinden, hatte aber bereits schon klare Position für seine Mandanten bezogen.
"Machen Sie sich keine Sorgen über meine Beeinflussung," brummte John. "Ich hab' meine eigene Meinung zu diesem Thema schon gefunden, da haben sie noch in den Windeln gelegen, Mr. Brown." Er sah kurz über die Schulter in sein Büro und hielt es wahrlich für eine schlechte Idee Mr. Browns Bitte nachzukommen. "Ich hoffe auch, dass der Major bald da ist," wiederholte er Browns Worte und sah sich um. Ein Fuhrwagen hielt nicht unweit der Station und schien sich mit jemanden zu unterhalten, der aber vom Wagen verdeckt wurde. Ansonsten hielten sich noch ein paar Menschen auf der Straße auf, die herübersahen, neugierig und sicherlich auch besorgt.
"Um mir das alles zu erklären. Ich kann das nicht tun," und damit überging er die Bitte von Mr. Brown erst einmal die Indianer nach drinnen zu bringen. "Die Wilden hier im Ort zu haben wäre eine Bedrohung für die gesamte Stadt, Mr. Brown. Ich kann sie nicht hier behalten," John hatte die Stimme gesenkt, denn was er dem Anwalt zu sagen hatte, ging die Soldaten nichts an und die Rothäute, sofern sie sie überhaupt etwas verstanden, auch nicht. "Die Leute hier haben keine nun.. gute Vergangenheit mit den Rothäuten. Sie erinnern sich an den Mob am Montag? Ich kann nicht garantieren, dass ich genug Männer habe um einen erneuten Mob davon abzuhalten ihre Indianer zu lynchen. Und wenn deren Leute auf die Idee kommen, dass sie genug von Frieden und Pfeiferauchen haben, und hier herkommen um die vier zu befreien... wo sind dann die Soldaten um uns zu beschützen?" John wusste, dass Mr. Brown darauf keine Antworten haben würde. Diese alleine konnte ihm nur Major Shepard geben. Deswegen sah John auch flüchtig zur Straße, als er eine erneute Bewegung wahrnahm. Ein Reiter kam in die Stadt. Ein Fremder wie John feststellen musste. Fremd genug, um ihm einen zweiten, etwas genaueren Blick zu zuwerfen. Gerade richtig um zu beobachten wie der Mann sein Pferd auf die Station zutrieb und davor anhielt. John musste seine Unterhaltung unterbrechen und nickte dem Fremden kurz zu. Ein hagerer Mann, der nichts auffälliges an Reisekleidung trug, dafür aber der sich zielgerichtet an John wandte.
Der Name sagte John nicht viel, dafür aber umso mehr dessen Titel. Ein Staatsanwalt in Camden Village? Sein Blick wanderte automatisch zurück auf die Indianer. Wusste hier tatsächlich schon jeder Bescheid, nur er nicht? Unwillig schüttelte John den Kopf, als Mr. Codswallop ihn genau danach fragte.
"Guten Tag, Mr. Codswallop," holte er rasch eine Begrüßung nach und musterte den Mann vor sich. Wie ein Staatsanwalt sah er ja nicht gerade aus, benahm sich aber dafür genau wie einer. Selbstsicher, die Situation einnehmend und an sich reißend. Es hatte sich wohl seit Johns Ausscheiden aus dem Berufsstand nicht viel getan. Irgendwie beruhigend... Wenigstens wusste er so diesen Mann zu nehmen.
"Ich wollte mich gerade informieren," er wies auf Brown, der jedoch schon Mr. Codswallop Aufmerksamkeit erregt hatte, weil sich die beiden Herren scheinbar kannten. Er überließ es den beiden sich zu begrüßen und sah eher in Sorge die Straße zurück, auf der Suche nach dem angekündigten Wagen. An einem heiligen Sonntag Mordopfer in der Stadt... Himmel ihm ersparte der Herr heute aber wirklich nichts.
John Clayton an der Tür, Anovaoo’o, Sanuye, Mo’ôhtaveo’kome und Ó'kêséena kommen aufs Gebäude zu mit Soldaten und Cassiel; Mathew Codswallop reitet von Osten heran (Im Hintergrund Maureen & Burnett mit Shepard)
Postreihenfolge: Cassiel, Anovaoo'o (+NPCs), Sanuye, John
Cassiel hatte keine Ahnung von der Vergangenheit des Sheriff. Na ja, hier und da ein paar Brocken, Gerüchte, nichts weiter. Dass er nicht gut auf Indianer im Allgemeinen zu sprechen war und das etwas mit besagter Vergangenheit zu8 tun hatte, das wusste Cassiel allerdings. So überraschte es den jungen Anwalt auch nicht, dass Mr. Clayton sich sträubte die Injus zu beherbergen. und er konnte den Mann verstehen. Der Mob, der auf Wish losgegangen war, weil dieser eine weiße Frau zur Ärztin gebracht hatte, war ihm noch in guter Erinnerung. Viel zu gut. "Glauben Sie mir, ich bin von der Idee auch nicht begeistert." nickte er noch.
Und dann ritt ein weiterer Mann heran, der zügig die Station ansteuerte und kaum, dass er abgesessen hatte, auch schon den Sherif ansprach. Cassiel zuckte zusammen. Die Stimme! Als der Mann näher trat, erkannte er ihn recht zügig. So ein Gesicht vergaß man nicht so schnell. Vor allem nicht, wenn man Anwalt war und einen Staatsanwalt vor sich hatte. Wo kam DER denn bitte so schnell her? Hatte der Major etwa telegrafiert? Das war ja wohl kaum ein Zufall! Und die Opfer hatte er auch schon gesehen! Der Mann hatte mehr Glück, als Verstand.
Codswallop war ein hagerer Kerl, der als Staatsanwalt alles einbuchtete, was auch nur nach Schuldigkeit roch. Er machte wenig Ausnahmen vor Frauen und Kindern und auf alles, was nicht hier in Amerika geboren worden war, war er irgendwie allergisch. Was Cassiel und seine Geschwister, geborene Iren, einschloss. Dennoch, er war höflich. In seiner bekannt leicht schnodderigen, oberflächlich-freundlichen Art erkannte er Cassiel und plapperte auch gleich weiter drauf los, ohne eine Antwort vom Sheriff abzuwarten.
"Mr. Codswallop." grüßet Cassiel höflich und tippte sich an die Hutkrempe. "Wir hatten mehrfach die Ehre." grinste er und fügte dann ohne Stolz oder Überheblichkeit ganz ruhig hinzu, als sei es das Normalste der Welt: "Ich bin der Anwalt der Injus." Bums, das saß. Er kannte Codswallop gut genug, um zu wissen, dass er ihn damit nicht wirklich schocken konnte. Er würde einen dummen Spruch bekommen und Cassiel würde ihn abtropfen lassen. Unterschwellig hatte der Ire bisher immer Codswallops Abneigung zu spüren bekommen. Doch Cassiel war drüber hinweg. Der Mann war ein Staatsanwalt und er musste ihn ja nicht heiraten. Sie lieferten sich öfter kleine Geplänkel, ohne wirklich persönlich zu werden. Egal, ob vor Gericht oder anders wo. Hier würde es nicht anders sein.
Dennoch, ganz wohl war Cassiel nicht, dass ausgerechnet Fischei - so nannten ihn die Spötter - die Anklage vertreten sollte. Wobei er mit de Mann einen fairen Gegner hatte. Der war zwar von eigenen Vorurteilen und Empfindungen geprägt, wie wohl jeder Mensch, inklusive Cassiel, doch er war vor allem ein sachlicher Mensch. Was bedeutete, wenn die Beweise eindeutig FÜR den Angeklagten sprachen, war die Forderung der Strafe von Codswallop entsprechend milde. Cassiel hatte also eine echte Chance, wenn er denn Beweise hatte.
Wenn die Kerle jetzt auf dem Weg hier her sind, finde ich das ja gar nicht so klasse, dass de mich hier sehen. Wenn ich etwas aus denen heraus bekommen will, dann muss ich das geschickter anstellen.
"Sheriff, Codswallop." tippte er sich erneut an die Hutkrempe. "Ich würde gerne kurz noch zu den Injus." sagte er und drehte sich auch schon um und folgte den Injus, die bereits auf der Schwelle zum Vorraum standen.
Cassiel blickte Anovaoo'o an. "Ich werde euch helfen. Euch allen. Ich werde dafür sorgen, dass ihr frei kommt." sagte er langsam und deutlich, damit sie ihn verstand. "Aber ihr müsst mir helfen, verstehst Du? Ihr müsst mir alles sagen, was passiert ist. Sag das den Anderen. Ich kann euch nur helfen, wenn ihr ehrlich zu mir seid. Verstehst Du das?" sagte er ruhig und ernst. Er lächelte nur leicht und ignorierte die Soldaten.
John Clayton an der Tür, Anovaoo’o, Sanuye, Mo’ôhtaveo’kome und Ó'kêséena kommen am Eingang mit Soldaten und Cassiel; Mathew Codswallop zu Pferd daneben (Im Hintergrund Maureen & Burnett mit Shepard)
Sanuye humpelte, klammerte sich in der Kälte an sie und sah wirklich elend aus Und sie wollte weg von hier. Anovaoo'o legte die Arme um sie, als würde sie das wärmen in einer Geste, die ebenso hilflos war, wie Sanuyes geflüsterter Wunsch, diesen schrecklichen Ort sofort zu verlassen.
"Kóomaa'êstse..." [Du Häuflein Elend..."], flüsterte Anovaoo'o in ihr Ohr und beobachtete gleichzeitig den Mann, der wohl der Sherriff war. Mürrisch blickte der drein, ja geradezu feindselig. Anovaoo'o versuchte sich auf die Worte des Sheriffs zu konzentrieren. Wenn sie den Mann richtig verstand, wollte der sie gar nicht hier haben. Anovaoo'o blinzelte verwirrt. Hatte die Fahrt durch die Kälte ihren Verstand einfrieren lassen oder hatte sie das gerade richtig mitbekommen? Das hier war ein Haus nur zum Gefangenhalten von Menschen. Und jetzt wollte der plötzlich doch keine Gefangenen? Der Sheriff redet weiter. Anovaoo'o versuchte, sich auf sein Vé'ho'énêstsestôtse zu konzentrieren, aber ihre brummender Schädel machte das ziemlich schwer. Wovon redete der Sheriff? Dass die Vé'hó'e hier "schlechte Erfahrungen" mit "Injuns" gemacht hatten? Das war ungefähr so, wie wenn Anovaoo'o und Sanuye sich allen Ernstes darüber beschwert hätten, dass sie im Herbst beim Pferdestehlen schlechte Erfahrungen mit Shoshonies gemacht hatten, die etwas dagegen hatten, dass man ihre Pferde mitgehen ließ... Anovaoo'o schnaufte in Sanuyes Haare. Das war alles sooo... ach... sie hatte im Augenblick nicht die Kraft um sich angemessen aufzuregen... Der Sheriff sabbelte weiter. Von "Injuns", die vielleicht kommen würden, um sie zu befreien. Schurzschisser... Wobei... ein Herz erwärmender Gedanke... Sie beschloss, ihn wie ein liebliches Tipifeuer zu nähren. Vielleicht vermochte dieser Gedanke, die Dunkelheit in ihrem Herzen ein wenig zu erhellen...
Sie achtete nicht mehr darauf, was der Sheriff sabbelte. Ihr Blick wandete weiter zu dem dürren Reiter, der von Kopf bis Fuß in dunkelgraues, trostloses Vé'ho'e-Tuch gekleidet war und einen dieser rundlichen Hüte mit Winzig-Krempe trug, der zu nichts zu gebrauchen war und ein Markenzeichen von Vé'ho'e-Wichtigtuern war. Der Kerl verhieß nichts gutes...
"Épéva'e... épéva'e..." [Ist schon gut... es ist gut...], flüsterte sie in Sanuyes Ohr und beobachtete mit banger Vorahnung, wie der Vé'ho'e mit dem Angeberhut erst mit dem Sherriff und dann mit Kesse'el sprach. Der Kerl war schwierig zu verstehen. Er benutzte so komische Vé'hó'e-Wörter...
"É-hestó'tovenestse..." [Der redet so verdreht...], murmelte Anovaoo'o in Sanuyes Haare.
Eines begriff Anovaoo'o aber. Der Mann war nicht zufällig hier. Er sprach von den Vé'hó'e, die sie im Kampf getötet hatten. Wobei er aber allerlei komische Wörter verwendete, nur nicht solche, die darauf hindeuteten, dass diese Vé'hó'e in einem Kampf getötet worden waren, den sie selbst begonnen hatten. Der Mann war ihr Feind, soviel spürte Anovaoo'o sofort. Zu ihrer Bestürzung stürzte sich der Mann plötzlich geradezu auf Kesse'el, den er wie einen alten Bekannten ansprach! Wieder waren seine Worte verdreht und unverständlich, aber er sprach zu Kesse'el wie zu einem alten Weggefährten. Anovaoo'o rutschte das Herz endgültig in den Schurz. Die steckten alle unter einer Decke!
Wie durch einen Nebel wandte sie langsam den Kopf in Kesse'els Richtung. Es kostete sie Überwindung, mit dem Blick seine Augen zu suchen. Nur widerwillig löste sie ihren Blick vom verweisten Schnee der Straße, zwang ihn, zu den harten Vé'ho'e-Stiefeln von Kesse'el weiter zu ziehen, schob ihn widerstrebend an Kesse'els Spinnenkleidung hoch und zog ihn mit einem fast schmerzhaften Ruck hoch auf Kess'els Gesicht, in dem sie in diesem Augenblick kaum zu lesen wagte. Kesse'el sah ruhig aus. Er schien die Anwesenheit solcher Menschen gewöhnt zu sein. Und jetzt begrüßte er diesen Wichtigtuerhut. Und grinste!
Ihr Blick rutschte an Kesse'el herab in den Schneematsch. Ihr Kopf dröhnte und sie spürte, wie ihre Knie gefährlich schwach wurden. Unwillkürlich klammerte sie sich an Sanuye, deren geschundener Körper aber sofort nachgab.
"Á'aahe... Ná-événéóhtse..." [Uh-oh... mir is schwindelig...], murmelte Anovaoo'o und fing sich mit Mühe wieder.
Sie war jetzt vollauf damit beschäftigt, nicht samt Sanuye in den Schneematsch zu kippen. Von dem Palaver der Vé'hó'e bekam sie nichts mehr mit. Wozu auch... Anovaoo'o hatte plötzlich das Gefühl, als würde ein Pferd auf ihrer Brust liegen. Das Atmen fiel ihr schwer. So sehr sie versuchte, tief einzuatmen, sie hatte das Gefühl, immer weniger Luft zu bekommen. Sie spürte, wie Panik in ihr aufstieg, sie immer mehr ausfüllte und gleichzeitig wie ein riesiges Paar Fäuste zu zerquetschen drohte. Sie gab keinen Laut von sich, hörte nichts mehr und sah nur noch verschwommen vor sich Sanuyes rabenschwarzes Haar und ihr linkes Ohr.
Neben ihr redete es. Dicht. Ganz dicht. Auf Vé'ho'énêstsestôtse. Sie wandte den Kopf in die Richtung der Laute, der sich jetzt anfühlte, als hätte ihn jemand komplett mit Baumwolle vollgestopft. Die Kopfbewegung machte sie sofort schwindelig. Ihr Blick schwankte unsicher zwischen Kesse'els beiden Augen umher, rutschte auf seinen Mund und seinen Kragen herab, hüpfte wieder bis zu seinem Scheitel hoch während sie damit beschäftigt war, mit aller Kraft, die sie noch hatte, den plötzliche Brechreiz zu unterdrücken. Kesse'el redete und schaute sie dabei äußerst direkt an. Sie sollte jetzt bestimmt gerade verstehen und aufnehmen, was seine Lippen da so formten. Er hatte ja keine Ahnung... Kurz schoss ihr durch den Kopf, dass er vermutlich auch gar nicht mitbekam, wie es ihr gerade ging. Von außen betrachtet war sie nur kurz auf dem unebenen Boden gestolpert, hielt sich ansonsten gerade und wirkte vielleicht etwas verwirrt, was Kesse'el vermutlich nicht überraschte.
Doch seine Worte waren für sie wie Gebrabbel aus einer anderen Welt.
" Eim gonna help ju. Ohl off ju. Ei'll ssie to it that juIll oll bie ssett frie."
Ma'heo... Nur noch Geräusche... Sie packte es nicht, das ganze für sich in Menschensprache zu übersetzen. Sie war völlig davon in Anspruch genommen, Kesse'el nicht auf seine Vé'ho'e-Klamotten zu kotzen.
Das Vé'hó'e-Gebrabbel ging immer weiter. Wenn sie sich nicht gleich hinsetzen konnte, würde es passieren. Wie wuschen die Vé'hó'e eigentlich ihre Klamotten, wenn sie die besudelt hatten, so ganz ohne Fluss hinter dem Heim? Ihre Erinnerung an solche Dinge erschien plötzlich mehrere Menschenleben zurück zu liegen, völlig verschüttet. Zu anstrengend zum Erinnern. Dann eben nicht.
Atmen. Nicht ersticken. Nicht umkippen. Nicht kotzen. Verdammt viel auf einmal...
"... ju anderständ?"
Sie blinzelte.
Das hatte sie so oft gehört...
Streng dich an, das heißt... los doch! das heißt... ---- Du verstehst mich?
Kann ich nicht sagen, Kesse'el. Du willst nicht, dass ich jetzt den Mund aufmache, Kesse'el, glaub mir... Ma'heo'o, ist mir elend...
Reiß dich zusammen! Konzentriere dich! ... Du musst doch wissen, was er sagt...! Uuuuaaahhh... Vergiss es... Ich kann nicht...
Anovaoo'o drehte den Kopf langsam, gaaanz langsam, wieder zu Sanuye. Sie konnte eh nichts sagen, nicht jetzt.
Sie schaute auf Sanuyes schlanken Hals, den sie so oft liebkost hatte, den sanften Schwung ihrer Kieferlinie, auf ihr süßes Öhrchen. Ihr Blick verkroch sich in Sanuyes Ohr.
Lass mich... lasst mich alle...
Atmen... Nicht Kotzen... Nicht umkippen... Atmen...