BESCHREIBUNG LADEN: Das Haus und Grundstück der McKays ist großzügig geschnitten und in einem sehr gepflegten Zustand. Ebenerdig wird das Gebäude der McKays von einer Veranda umgeben, nur von den Stufen nach oben zum Einfang unterbrochen. Es gibt keinen Zaun und keinen Vorgarten. Steht man vor dem Gebäude muss auf die rechte Seite laufen, um zum kleinen Treppenaufgang zu gelangen, der direkt auf den Eingang zum Laden und zum Treppenhaus führt. Als Kunde muss man am Treppenaufgang vorbei über einen kleinen Flur, der direkt in den L-förmigen Geschäftsraum führt. In Regalen hinter der Ladentheke bietet Francis neben der Hausmarke "McKay's Frontier Gold" allerlei Spirituosen an. Aber auch Limonade und Softgetränke sind hier zu erwerben. Seit eine Chinesin im Winter den General Store übernommen hat und zahlreiche Stadtbewohner sich darüber beklagt haben, hat Francis den Warenbestand erweitert und bietet Lebensmittel wie auch gängige Haushaltsware an, die auf offenen Regalen im Geschäftsraum ausgestellt sind. Eine Tür im hinteren Bereich führt in ein Bürozimmer, mit Schreibtisch, Bücherregalen und einem Sofa für Gäste. Dahinter liegt ein Lagerraum.
Der Laden ist stets in einem wohlsortierten, aufgeräumten Zustand anzutreffen.
ÖFFNUNGSZEITEN:
Montag, Dienstag und Freitag 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr 15.00 Uhr bis 18.30 Uhr
Donnerstag 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr
Samstag 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr
"Ja warst du denn auf der Sitzung oder ich?", fragte Francis wie aus der Pistole geschossen und klang dabei ein wenig tadelnd, wobei er jedoch amüsiert grinste. Den Kopf schüttelte er allerdings ein wenig fassungslos über seine Frau. Er erzählte nun wirklich nicht jedes Mal alles über die Sitzungen. Einiges war geheim, manches musste nicht an die große Glocke gehängt werden (und bei dem Freundeskreis seiner Frau, war er einfach etwas vorsichtiger) und anderes verheimlichte er absichtlich um Molly nicht unnötig aufzuregen. In diesem Fall hatte es alleine daran gelegen, dass es er sich selbst aufgeregt hatte, eben wegen der Arbeit am Sonntag und den günstigen Preisen, die abgetreten wurden, damit für die Sicherheit aller gesorgt werden konnte. Der Rest war für ihn heute genauso neu gewesen, wie für alle anderen auch. Während er Molly in den Mantel half, nickte er. "Ja und nein. Das meiste der Problematik geht das Fort etwas an und den Beauftragten der Regierung. Mister Clayton und seine Deputies werden wohl nur eingreifen, wenn sich die Indianer außerhalb des Forts herumtreiben. So gesehen musst du dir wegen Matt keine Sorgen machen. Zumal er die Stelle ja noch gar nicht hat," es ärgerte Francis, dass er selbst keine Gelegenheit gefunden hatte mit John ein paar Worte zu wechseln, um dem Jungen etwas in den Sattel zu helfen. Doch das konnte er sicher am Montag noch nachholen. Draußen war es eiskalt und es schneite wieder dichter. Das Molly wegen Marthas Mantel und Haube nichts gesagt hatte, verwunderte Francis nicht weiter. Wahrscheinlich hielt sie wie immer wie er auch - sollte Martha sich irgendwo ohne geholte Erlaubnis herumtreiben, hatte sie es nicht anders verdient als ohne Mantel dazu stehen. War sie schon nach Hause gegangen, aus welchen Gründen auch immer ohne die warmen Sachen, war es nur gut, dass sie sie mitnahmen. Auf dem Weg zurück begegneten ihnen ein paar Menschen, die nach dem Empfang trotz des unwirtlichen Wetters einen Verdauungsspaziergang wagten. Auch stießen sie auf die neuen Gesichter der Stadt, die vor dem Gästehaus mit Miss Tucker eine Unterhaltung führten. Doch weder von Ben, noch von Martha gab es eine Spur. Francis, der so einiges Molly noch anvertrauen musste, fand auf dem Rückweg keine passenden Worte. Er konnte ihr weder erklären was mit Ben passiert war, noch seine Mitschuld an Marthas diebisches Verhalten über die Lippen bekommen. Er fand dafür tausend gute Ausreden. Zum einen hatte er nicht vor den friedlichen Weg nach Hause mit einem unschönen Streit zu ruinieren. Und er fand auch, dass es durchaus wichtiger war mit Molly über den Empfang zu sprechen, über die Anwesenden, über den Reverend und seinen unseligen Sohn, sowie über die nächsten Stunden zu Hause, bei denen er sie nicht im Laden wissen wollte, außer sie setzte sich auf einen Stuhl und sah ihm bei der Arbeit zu. All die Dinge sagte er ihr lieber, als das mit Ben und Martha. So kamen sie in bester Stimmung zu Hause an und Francis bedauerte seine Feigheit nicht im Geringsten. Heute Abend vor dem Schlafengehen hatten sie doch noch alle Zeit der Welt. Oder vielleicht auch jetzt schon im Laden, sollten Ben und Martha nicht zu Hause sein. Vorausgesetzt Molly wollte ihm Gesellschaft leisten. Ein paar Fußspuren entdeckte Francis vor der Haustür und auf den Stufen. Aber die Stiefel waren zu groß, als das sie Ben gehörten könnten und der Frauenfuß zu schmal, als das er Marthas war. Ob Matt mit Rebeccah hier war? Das würde Francis sogar begrüßen, wusste er die beiden damit doch unter Mollys wachsamen Blick gut aufgehoben. "Wie es scheint ist Matt bei diesem Wetter doch nicht mit Rebeccah spazieren gegangen oder mit diesem Leery zur Pferd ausgeritten," er nickte zu den Spuren und stieß für Molly die Tür auf. Doch drinnen im Haus war es ungewohnt ruhig. Keine schwere Tritte waren zu hören, auch keine Stimmen. Jetzt wo der Laden geschlossen war, hätte man aus der Wohnung gut und gerne das eine oder andere hören können. "Ich will mich gleich um die Fäßer fürs Gästehaus kümmern, bevor ich ablege," Francis musste dafür hinaus in den Brennschuppen unter dem er einen Keller besaß, der tief genug war um Fäßer zu lagern und zu kühlen und wollte so lange Mantel und Stiefel anbehalten. "Vielleicht möchtest du kurz nachsehen, ob die Kinder da sind? Wenn sie hier sind, schick sie mir sofort nach unten in den Laden," das sparte Zeit und er konnte das unangenehme gleich verrichten, bevor die Army anrollte. Er würde vielleicht nicht einmal hinaus in den Schuppen gehen. Um Zeit zu sparen, aber auch weil es viel zu kalt war. Das hatte er schon am Vormittag bedauert, als er Ben für sein ungeheuerlicher Verhalten abgestraft hatte. Francis schloss hinter Molly wieder die Tür und sperrte die Ladentür auf. Er wollte den Hintereingang nehmen, weil er dort auch die Army in Empfang nehmen wollte. Vorne herum wäre es ihm nun doch zu viel Aufsehen gewesen. "Wenn sie nicht da sind... bringst du uns vielleicht eine Tasse Tee nach unten?", er hätte Molly genauso gut bitten können ihm einfach Gesellschaft zu leisten, aber das war nicht unbedingt etwas in ihrer Beziehung das Francis gewohnt war. Sie gingen nie den direkten Weg um die Nähe des anderen zu bekommen. Selbst in den kleinsten Dingen nicht.
"Du natürlich, mein Lieber." Molly antwortete ebenso prompt, auf die Frage ihres Mannes, die mit viel Humor gestellt war. Sie war doch froh, dass sie nicht an den Sitzungen des Stadtrates teilnehmen musste. Sie hatte mit dem Laden, dem Haushalt und ihren Kindern weit mehr, als genug zu tun - und mit dem erwarteten Baby im Hause, würde es nicht gerade ruhiger um sie werden. "Ich hatte nur angenommen, so gute Nachrichten würdest Du erzählen dürfen." Nur kurz fragte sie sich, ob er geschwiegen hatte, um sie nicht mit Sonntagsarbeit zu belasten oder mit seiner Abwesenheit am Sonntag zugunsten der Arbeit zu verärgern. Immerhin wusste er, wie wichtig der freie Sonntag war und auch darin mussten sie ihren Kindern ein gutes Vorbild sein. "Das ist wohl gut, oder?" Molly ließ sich in ihren Mantel helfen und sah verwundert, dass Francis Marthas Mantel und Mütze mit sich nahm. Sie hat wohl nicht länger aushalten können..Oh, ich machte mir weniger um der Indianer willen um Matt Sorgen, als wegen der andauernden Gefahr durch Schnee, Eis und die draußen herumlungernden Wölfe oder anderen zwielichtigen Gestalten auf zwei Beinen." Molly dachte er an die Gefahren für Matt die durch schlechten Umgang entstehen konnten. Immerhin lungerte dieser Harding noch immer mit seinem Wolf in der Stadt herum und auch Graham Barclay genoss nicht gerade ihre Vertrauen. Beide sind schlechte Vorbilder.. "Meinst Du, John hat Matt abgelehnt? So viele Bewerber gibt es doch auch wieder nicht, oder?" Trotzdem nickte Molly zufrieden, denn so die Indianer da waren, wo sie ihrer Meinung nach hingehören, war in der Tat eine Sorge weniger.Fragend sah Molly ihren Mann an, denn immerhin war dieser mit John befreundet. Da würde er doch wohl wissen, wie dieser über Matt dachte. Vor dem Gästehaus schienen sich Miss Tucker und diese fremde Rothaarige zu bestens zu unterhalten. Molly nickte der Schmiedin einen knappen Gruß zu, würdigte aber der Reiterin keines Blickes. Frauen in Männerkleidung - und im Gottesdienst war sie wohl auch nicht. Eine Schande ist das! Wo dass wohl noch hinführt." Da hatten sich offenbar Zwei gefunden, die ihrer Meinung nach bestens zusammen, aber nicht nach Camden Village passten. Ein ihr fremder Mann stand ein wenig abseits bei den beiden Frauen und strahlte Etwas aus, was Molly so befremdete, dass sie den Kopf senkte und sich dicht an ihren Mann hielt. Auf dem Weg in die Lakestreet konnte sie kaum mit ihrem Mann Schritt halten, der schweigend an ihrer Seite durch den Schnee stapfte. Gesprächsstoff hatten sie reichlich, denn sie musste mit Francis unbedingt noch über Martha und deren gewünschten Schulbesuch sprechen und über Ben. Sie war sich fast sicher, dass Francis bezüglich des Schulbesuches nachgeben würde, vor Allem so Matt sich von Miss Spencer zu einer Art Abendschule überreden ließe. Mehr Kummer machte ihr Benjamin. Es war für sie nicht einfach, Francis sagen zu müssen, dass sein kleiner Sohn möglicherweise aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Schule mitkommen konnte. Für viele Männer und gerade Väter, war das wohl gleichbedeutend mit geistesgestört. [i]Wie sollten wir damit fertig werden.. Unwillkürlich musste Molly an die Gerüchte über den verwirrten Devlin sprechen, der angeblich mit Steinen sprach. Auch die Schauergeschichten über die oft grausame Behandlung Geisteskranker kamen ihr in den Sinn und nahmen ihr den Mut,offen mit ihrem Mann darüber zu sprechen. In In einer Art stillschweigenden Übereinkunft gingen sie nach Hause, denn auch Francis schien noch keine Worte zu finden. "Na, ich weiß nicht - als ob Matt jemals freiwillig auf einen Ritt auf Shy Boy verzichten würde." Molly lachte, denn das wäre für Matt nun wirklich untypisch. Allerdings sähe sie es natürlich gerne, so dieser statt auszureiten, mit Becky oben in der Wohnung säße. Sie mochte die Kleine und würde Matthew schon auf die Sprünge helfen, so er es wagen würde, diese lediglich für einen oberflächlichen Flirt benutzen. An Beischlaf denkt der Junge doch hoffentlich nicht - nein, nein, nicht bevor Du achtzehn bist, mein Kind. Molly behielt diese Gedanken für sich, während Francis sie bereits über sein weiteres Vorgehen in Kenntnis setzte. "Natürlich - Du kannst mir Marthas Mantel ruhig anvertrauen." Ohne erst eine Antwort abzuwarten, nahm sie ihrem Mann den Mantel und die Mütze ihrer Tochter ab. Mit dieser Garderobe über dem Arm konnte selbst ein starker Mann wie ihrer nur schlecht volle Bierfässer bewegen. "Sicher schicke ich Dir die Kinder zu Hilfe. Das weißt Du doch." Molly sprach mit ruhiger Stimme, denn obwohl sie ihre Kinder so erzogen hatten, dass Arbeiten am Sonntag verboten waren, trat hier nun eine Regel in Kraft, nach der die Bedürfnisse der Familie über den freien Sonntag gestellt waren. Die Kinder hatten nun einmal zu helfen, wenn es nötig war und damit basta. Wahrscheinlich würde sie anschließend ein Gespräch mit Matt führen müssen, denn dieser wäre alles Andere als begeistert, so ihm der freie Nachmittag so kurzerhand gestrichen würde. "Ich bringe Dir gerne in beiden Fällen einen Tee hinunter, Francis." Mit einem für sie ungewöhnlich warmen Lächeln nickte sie und stieg die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf. Es war ungewöhnlich still in der Wohnung. Nanu- kein flirtender Matt, kein diesen störender oder lernender Ben- und auch keine Martha? Das war in der Tat ungewöhnlich, so dass Molly nur zögernd ablegte. Marthas Mantel hing sie an den dafür vorgesehenen Haken und nahm dabei zur Kennnis, dass tatsächlich weder die Stiefel Bens, noch die ihrer Tochter und schon gar nichts Matts Stiefel auf dem Aufnehmer im Flur standen. Für Matts Abwesenheit hatte sie immerhin eine Erklärung, auch wenn sie es nach wie vor lieber sähe, er säße mit Rebeccah im Wohnzimmer -oder zur Not sogar in seinem eigenen. Für Bens Abwesenheit fehlte ihr eine schlüssige Erklärung und auch von Martha konnte sie sich nichts denken, dass deren Abwesenheit begründete. Passiert ist den Beiden hoffentlich nichts - wahrscheinlich sucht Matthew bereits nach den Beiden. Vielleicht redete sie sich nur etwas ein, aber Matthew bewies doch immer wieder überraschenderweise seine Zuverlässigkeit und Treue zu seinen Geschwistern. Mit leichteren Schritten, als sie sich fühlte, ging sie in die Küche und setzte für Francis und sich den gewünschten Tee auf. Aus Versehen hatte sie zu viel Wasser zum Kochen gebracht und da Francis und sie nichts so sehr hassten, wie die sinnlose Verschwendung von Ressourcen, goss sie mit dem überschüssigen Wasser noch rasch einen Früchtetee für die Kinder auf. Dieser würde in der Kanne aus Blech auf den Ofensims gestellt noch lange warm bleiben - und die Kinder freudig überraschen. Mit dem fertigen Tee nebst zwei Tassen, Löffel und ein kleine Menge Honig auf einem Tablett verließ sie ihre Wohnung wieder. Obwohl sie schon Sorge, um die Kinder hatte, freute sie sich auf ein oder zwei ungestörte Stunden mit ihrem Mann.
Im Stillen Molly in Bezug auf Matt und den Ausritt rechtgebend, zog er die Schlüssel für die Hintertür hervor und ersparte sich eine Antwort. Er ließ sich stattdessen von Molly Marthas Sachen abnehmen und warf Molly einen etwas irritierten Blick zu. Sie konnte doch ernstlich nicht annehmen, dass er Ben und Molly hier unten als Helfer brauchen konnte. Bens zerschlagenes Hinterteil würde den Junge nur behindern und Marthas zerschlagene Hände würden es ihr unmöglich machen zu helfen. Nein, so hart wollte er dann doch heute nicht mehr mit den Kindern ins Gericht gehen. Sein Zorn hatte sich längst verflüchtigt und sein Mitgefühl überwog. Aber nein, vielleicht war es sogar die bessere Bestrafung für die beiden, wenn er sie trotz ihrer Leiden mitanpacken ließ. Eine bessere sicherlich als erneut zum Stock greifen zu müssen, um die erneuten Vergehen abzustrafen. Allerdings würde er ihnen dann erst einmal erklären müssen, wieso heute ausnahmsweise gearbeitet werden musste. "Sie sollen sich ruhig beeilen," fügte er Mollys Worten hinzu und zog in Zweifel, dass jemand im haus war. Es war viel zu still. Auch wenn sie ihre Kinder dazu erzogen hatten, sich im Haus ruhig zu verhalten, gab es immer wieder Geräusche, die einfach im Haus waren, wenn Menschen sich bewegten und her lebten. Diese fehlten ganz.
"Ich bin nur kurz hinten in der Brennerei, falls du mit dem Tee nach mir suchst," erklärte er seiner Frau auf dem Weg zur Hintertür und schloss diese ebenfalls auf. Das erste was ihm auffiel, als er das Haus verließ, waren Fußspuren, die vom frischen Schnee bereits fast wieder zugeschneit waren. Die Spur einer einzelnen Person die an ihm vorbei Richtung Fenster führte. Verwundert runzelte er die Stirn und folgte der Spur, nur um völlig erschrocken vor einem eingeschlagenen Fenster zu stehen. Das zweite an einem einzigen Tag. Ja meinte es der Herr heute besonders gut mit ihm? Aufsässige Kinder, ungezogene Kinder, ein kaputtes Fenster im Dachgeschoss und dann noch das hier? Mit eiligen Schritten ging Francis zurück und schloss den Laden auf. Er wollte prüfen, ob das Fenster auch nur ein Unfall war oder das Resultat eines Einbruches. Vielleicht war Ben und Jeremiah vorhin mehr zu Bruch gegangen, als sie alle bemerkt hatten? Er sah sich aufmerksam im Laden um und glaubte, dass einiges fehlte. Er hatte ordentlich gefüllte Regale, so dass fehlende Dosen sofort auffielen, auch das Regal mit Hemden und Hosen schien durchwühlt worden zu sein. Da er beim Fenster und auf dem Boden keine feuchten Spuren entdecken konnte, nahm er an, dass schon vor längerer Zeit eingebrochen worden war. Wahrscheinlich als sie alle in der Kirche gewesen waren. Zum Glück war die Kasse wie immer am Abend zuvor geleert worden und der Schaden hielt sich in Grenzen. Ärgerlich war es dennoch, denn er würde einen Deputy oder den Sheriff bemühen müssen und das am Sonntag. Tief durchatmend eilte Francis zur Ladentür. Er sollte zwar etwas gegen die kaputte Scheibe unternehmen, aber erst einmal musste er Molly unterrichten. Er verließ den Laden gerade, als Molly oben aus der Wohnung kam. Ohne die Kinder. Er runzelte darüber die Stirn, schob dies aber erst einmal nach hinten. "Es wurde eingebrochen," sagte er direkt heraus und ohne einen Versuch zu unternehmen diese hässliche Tatsache zu verpacken. Er trat an den Treppenabsatz, und sah ein paar Jahre älter aus, als er war, sich aber durchaus fühlte. Das war heute doch alles viel zu viel für ihn gewesen. Er musste den obersten Hemdenknopf öffnen und die Schleife aufziehen. Er hatte einmal mehr das Gefühl ersticken zu müssen. "Hinten im Laden. Es fehlen ein paar Dinge. Und eine Scheibe ist hinüber."
"Bitte?" Molly war so geschockt über die Tatsache, dass bei Ihnen eingebrochen war, dass sie mit einer Rückfrage reagierte. Natürlich hatte sie die Worte ihres Mannes verstanden und jetzt wurde ihr klar, was sie eben in ihrer Küche nur unbewusst wahrgenommen hatte. Ein Einbruch erklärte das Fehlen eines ihrer scharfen Küchenmesser, dass sie vermeintlich verlegt hatte und auch die durch Nässe entstandenen Fußabdrücke auf den Stufen der Treppe auf den Dachboden hinauf. "Sie waren in der Wohnung, Francis. Der oder die Einbrecher.." Mollys Gesicht verlor alle Farbe, bei der Vorstellung, das sich Fremde in ihrer Wohnung nicht nur aufgehalten hatten, sondern ein Küchenmesser mitgenommen und möglicherweise sich sogar in den Zimmern unter dem Dach umgesehen hatten. Obwohl sie im Allgemeinen nicht leicht zu erschüttern war, fühlte sie nun doch ihre Knie weich werden, so dass sie sich am Fuße der Treppe angekommen, einen Augenblick lang an die Wand lehnte. "Es fehlt eines meiner scharfen Küchenmesser. Du lieber Gott, die Kinder?!" Obwohl es nicht sehr wahrscheinlich war, dass diese in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Einbruch die Wohnung verlassen hatten, machte Molly sich nun doch Sorgen um die beiden jüngeren Kinder. Insbesondere Ben war oft schusselig, unbeholfen und ließ sich leicht manipulieren.Was wenn er den Einbrecher überrascht hat - oder Martha? Ob... "Du wirst John oder diesen Barclay darüber informieren müssen, Francis."
Nur langsam fand Molly zu ihrer üblichen Ruhe zurück. Immer das Nächstliegende - und Eines nach dem Anderen. "Der Tee ist fertig. Es gibt wohl keinen Grund zur Eile." Inzwischen hatte sie sich wieder gefasst, so dass sie nun mit dem Tablett in den Händen in das Ladenlokal ging. Das Tablett auf der Theke abstellend musterte sie die Regale und seufzte. Auf den ersten Blick hatte sie bereits gesehen, dass Dosen mit Lebensmittel fehlten und die Kleidung durchwühlt worden war. Wie viel und was genau entwendet worden war, würde sich wohl erst nach einer ausführlicheren Bestandsaufnahme feststellen lassen. "Nach dem Tee - werde ich wohl zunächst hier aufräumen, während Du John deswegen aufsuchst. Eine gute Gelegenheit mit ihm über Matthew zu sprechen, findest Du nicht?" Molly sprach ohne Vorwurf und versuchte, so der Angelegenheit ihre guten Seiten abzugewinnen. Mit ruhiger Hand schenkte sie für Francis und sich Tee ein. "Wahrscheinlich kommen Dir die Kinder dabei entgegen, Francis. Sie sind ja keine Kleinkinder mehr und Matt wird sie im Zweifel sicherlich heim geschickt haben." Ganz sicher war sich Molly nicht, so dass sie ihre Worte mit einem Nicken unterstrich, wie um sich selbst davon zu überzeugen.
Francis bedauerte es sehr, dass er seiner Frau mit dem Einbruch einen Schrecken einjagte, denn andernfalls hätte sie wahrscheinlich nicht so überrascht mit einer Gegenfrage reagiert. Er wiederholte daher seine Worte nicht noch einmal sondern sah nur missmutig vor sich hin. Ein Einbruch hatte ihm gerade noch gefehlt. Mollys Worte erschütterten ihn jedoch aufs erneute und er blickte besorgt nach oben zur Decke, wo sich die Wohnung befand. Wer auch immer eingestiegen war, hatte wohl gewusst, wo es sich zu holen lohnte. "Oben? Wirklich?", nun war er es, der im ersten Moment des Schocks mit einer Gegenfrage ungewollt die Worte seiner Frau in Frage stellte. Doch auch Molly reagierte darauf nicht sonderlich befremdet und zählte schlicht auf was zu fehlen schien. Ein Küchenmesser? Wieso ausgerechnet eines der Messer? Als Molly im selben Atemzug jedoch die Kinder erwähnte, machte sein Herz einen besorgten Sprung. Falls Ben und Martha doch nach Hause gelaufen waren und die Einbrecher gerade im Haus zugegen gewesen waren.. nicht auszudenken. Francis verbat sich sofort diesen Gedanken. Es war völlig irrational sich auf so etwas gedanklich einzulassen. Da bekam man den Kopf nicht mehr frei für das wesentliche. Etwas, das er seit seiner Zeit als Sheriff der Stadt gelernt hatte. Panik, Angst und Sorge machte einen Menschen ziemlich unbrauchbar. "Wir wollen nicht annehmen, dass den Kindern etwas zugestoßen ist, Molly," versuchte er mit ruhiger Stimme seiner Frau etwas Trost zu spenden. Er hätte sie gerne kurz in den Arm genommen, die Gelegenheit alleine war zu günstig, doch noch trug sie das Tablett. Wenn Francis ehrlich zu sich selbst war, gab es überhaupt keinen Grund für Sorge. Er wusste besser als Molly, dass die Kinder wahrscheinlich in Sicherheit waren, der eine weggelaufen, die andere.. nun was Martha dazu trieb sich vom Fest unerlaubt zu entfernen, würde sich noch herausstellen müssen. Nur wie sollte er ihr das alles erklären, ohne nicht sich selbst zu belasten? Vielleicht musste er darüber gar nicht reden, wenn er ihr schlicht anordnete sich nicht zu sorgen? Aber angesichts der Lage und der offensichtlichen Angst um die Kinder, die er Molly trotz ihrer üblichen Beherrschtheit ansehen konnte, verbat er sich selbst einen herrischen Ton. "Lass uns erst nachsehen, ob noch etwas fehlt, bevor ich den Sheriff bemühe. Es ist ja Sonntag und der Major wird sicher gleich kommen," natürlich würde er die Obrigkeit über den Einbruch informieren müssen, aber der Dieb oder die Diebe waren sicher schon längst über alle Berge. Doch Molly ließ nicht locker und legte ihm sogar nahe die Gelegenheit zu nutzen mit John über Matt zu sprechen. Da er das tatsächlich heute noch nicht erreicht hatte, würde er gar nicht anders können, als Molly in diesem Fall zu folgen. So ließ er sich erst einmal die Tasse Tee, die er selbst bestellt hatte, aufdrängen, mit der Hoffnung dass er die Nerven etwas beruhigte und nickte sachte. "Nein Eile hat es wohl nicht. Aber aufräumen musst du nicht, Liebes. Lass John oder einen der Deputies ruhig erst einmal den Ort des Verbrechens sehen. Danach können wir noch immer aufräumen. Wenn nur Ben hier wäre," er seufzte leise und nippte an der Tasse. "Der Bengel könnte zu den Claytons laufen. Ich lasse dich nämlich nur ungerne gerade jetzt alleine. Mit der ganzen Arbeit, die mir der Major aufgehalst hat, und diesem Chaos hier," er winkte zu den Tischen mit den Kleidungen und den Stoffen. "Mit John könnte ich hier im Laden genauso gut reden, wie in seiner Wohnung." Er war sich nicht sicher in wie weit er deswegen zornig auf Ben war, denn ungehorsam verhielt er sich nun in der Tat. Wäre er hier gewesen, hätten sie es leichter gehabt. Zumal ihn dann auch das schlechte Gewissen nicht so sehr plagen würde und die Sorge um den Jungen. Und Martha erst... Noch einmal nippte er an seinem Tee, und hätte sich fast daran verschluckt, als Molly guter Dinge und voller Hoffnung die Ansicht vertrat, ihm würden sicherlich Martha oder Ben begegnen, so dass er sie nach Hause schicken konnte.
Er warf Molly einen abschätzenden Blick über den Tassenrand hinweg zu, der seiner Frau ohne Zweifel verriet, dass ihn etwas umtrieb. Während er voller Unbehagen die Tasse langsam auf den Unterteller wieder abstellte und dabei die Schultern etwas straffte machte sich Anspannung in seinem Gesicht breit. Es musste jetzt wohl gesagt werden...
"Molly ich weiß nicht so recht, ob das so sein wird," er schob die Tasse auf die Theke und hakte einen Daumen in die Westentasche ein. "Ben ist ... nun, ich denke er ist weggelaufen, weil er zu recht befürchtet heute noch einmal gezüchtigt zu werden. Er hat mich in Anwesenheit des Reverends dermaßen blamiert und sich kurz darauf mit dem Pfarrsohn im Garten gezankt, dass ich ihm den Schuppen in Aussicht gestellt habe. Er ist mir entwischt. Deswegen war er auch nicht auf dem Fest. Er war wohl kaum hier als eingebrochen wurde und wird wohl auch nicht so schnell wieder hier auftauchen. Befürchte ich. Und Martha... nun ich, ich weiß nicht was in ihr vor sich geht. Aber ich befürchte sie ist ebenfalls weggelaufen. Ich war heute sehr ungerecht zu ihr. Nicht wegen der Züchtigung. Die hat sie durchaus verdient. Aber ich war nicht ganz ehrlich zu dir und auch nicht zu ihr. Wegen den Süßigkeiten, die wir ihr unterstellt hatten sie gestohlen zu haben? Bitte, sei nicht böse auf mich, aber ein Teil davon war von mir. Ich hab dem armen Mädchen hin und wieder etwas zugeschoben und wollte heute Morgen deswegen nicht deinen Zorn fühlen."
"Eben, Francis. Was wird der Major denken, wenn er hier so eine Unordnung vorfindet?" Ihre Tasse abstellend sah sich Molly kopfschüttelnd im Laden um. Das Durcheinander bei den offensichtlich durchsuchten Hosen war ihr ja doch unangenehm. Andererseits war es wohl doch besser, so John sich ein genaues Bild davon machen konnte, wie der Laden nach dem Einbruch ausgesehen hatte. "Mit John über Matt sprechen könntest Du wohl hier wie dort." Molly rechnete damit, dass entweder John selbst oder sein Deputy dem Major und ihnen beobachtend zur Seite stehen würde, sobald der Major mit den versprochenen Lebensmitteln aufschlug. Bisher hatte man noch nichts von etwaigen Plünderungen oder Hamsterkäufen gehört, aber Vorsicht war wohl besser als Nachsicht. Im Stillen hoffte sie jedoch, dass John selber käme und nicht dieser Barclay. Sie kannte diesen Graham Barclay zwar genauso wenig, wie dessen Schwester, aber beide waren Iren, katholisch und damit ihr von vorneherein suspekt.
An der Art und Weise, wie Francis sie nun über den Rand seiner Tasse hinweg ansah, erkannte Molly sofort, dass ihn Etwas beschäftigte. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass ihn ein Weglaufen der Kinder beschäftigte. Dass Ben weggelaufen war, überraschte sie eigentlich nicht, zumindest nicht, nach dem Francis ihm den Schuppen angedroht hatte. Weit überraschter war sie darüber, dass offenbar auch Martha davon gelaufen war, oder zumindest sich völlig konträr zu ihrer gewohnten Art und Weise mit körperlicher Züchtigung umzugehen, verhielt. Francis Beichte ließ im ersten Moment geschockt aussehen, doch dann nickte sie verstehend. Sie selber hatte ja Martha gegenüber bereits angedeutet, die Diät aussetzen zu wollen. So hatten Francis und sie offenbar ähnliche Gedanken dazu entwickelt. "Wir müssen dringend reden, Francis. So kann es nicht mehr weitergehen." Obwohl sie mit fester Stimme sprach, war ihr doch anzusehen, dass sie sich nicht wohl damit fühlte. Sie trieb die Notwendigkeit mit Francis über Benjamin zu sprechen um und das war ihr an ein wenig fahrigen Bewegungen, mit denen sie Tee nachschenkte, deutlich zu anzusehen. "Bestimmt hat Martha Ben inzwischen gefunden." Molly versuchte Francis zu beruhigen. Es war zwar nicht so, dass sie Martha direkt darum gebeten hatte, sich nach Ben umzusehen, aber sie hatte Ben vermisst und Martha war feinfühlig genug, um einer unausgesprochenen Bitte nachzukommen. In dem Fall konnte wohl nicht einmal Francis ein Fehlverhalten Marthas erkennen und abstrafen können.
Francis folgte Mollys Blick in den Laden und sah mit anderen Augen ein paar durcheinander geratene Decken und Kleidungsstücke. Nicht viel anders sah es nach seiner Meinung am Ende eines langen Arbeitstages im Laden auch nicht aus. Aber natürlich duldete seine Frau Unordnung jeder Art nicht, schon gar nicht im Laden, so dass er eher etwas verloren mit den Schultern zuckte. Wie sollte er sie davon abbringen? "Nun, Beweismaterial, Molly. Das wird Major Shepard schon verstehen, wenn er von dem Einbruch hört." Und damit war die Sache für ihn erst einmal erledigt. Nach dem sich John oder der unselige Barclay umgesehen hatte, würde Molly noch immer aufräumen können. Das er mit John reden würde oder besser gesagt reden musste erübrigte sich dabei von selbst. Daher nickte er auch nur zu Mollys bestätigten Worte. Etwas erleichtert, dass Molly über Bens Weglaufen nicht sofort die Fassung verlor und bei seiner Beichte über Martha zwar schockiert wirkte, aber dennoch ruhige Worte fand, ließ Francis durchatmen. Allerdings überraschten ihre Worte. Er hatte mit Vorhaltungen gerechnet, weil er Mollys Diät hinter ihrem Rücken sabotiert hatte und damit mehr oder weniger auch ihre ganze Erziehung der Kinder zur Ehrlichkeit hintergangen hatte. Ihre Worte jedoch ließen annehmen, dass sie sich scheinbar auch Gedanken über die aktuelle Situation oder im Allgemeinen gemacht hatte, was zum einen für Francis schön zu wissen war, alleine darum, weil er damit nicht der einzige mehr war, aber zum anderen war es auch ein wenig beängstigend. Meist waren es Mollys Überlegungen gewesen, die dazu geführt hatten, dass sie erprobte Methoden in der Erziehung entweder verschärft oder ganz über Bord geworfen hatten, um neues, meist strengeres auszuprobieren. Er war natürlich im Moment auch nicht zufrieden damit, wie es mit den Kindern lief, und er selbst hatte schon eine Änderung anberaumt, doch diese schien wenig Wirkung zu zeigen. Das Strafbuch schien überflüssig, da Ben und Martha beschlossen hatten so über die Strenge zu schlagen, dass mit einfachen Strichesammeln die Vergehen nicht gesühnt waren. Im Grunde hatte er sich selbst bewiesen, dass Molly all die Jahre recht gehabt hatte. Mit Nachsicht erreichte man nichts, schon gar keine gehorsamen und strebsamen Kinder. Nur gebrach es ihm gerade an Lust schon wieder etwas Neues auszuprobieren, da offensichtlich nichts Wirkung zeigte. Und nachdem er den Reverend und auch Miss Spencer kürzlich im Umgang mit deren Kindern hatte beobachten können, wusste er nicht einmal zu sagen, ob er es nicht doch weiterhin mit Nachsicht, eine gesunde Portion davon natürlich, ausprobieren wollte. Ben und Martha waren so ganz anders, stiller, ruhiger zwar, aber auf eine Art und Weise wie es ihm gar nicht gefallen wollte. Darum hatte er auch seine Zweifel an dem was Molly über Martha gerade hinzufügte. So nickte er erst einmal mit Bedacht, aber mit wachsender Unruhe und sagte ernst: "Das müssen wir wohl. Reden. Jetzt gleich?", bot er an, als er sah wie fahrig seine Frau wurde. Nicht unbedingt ein alltägliches Verhalten, dass man an Molly beobachten konnte. Doch trotz dieser Erkenntnis fügte er ohne lange nachzudenken seine Befürchtungen Martha betreffend hinzu und bedauerte erst nach dem er die Worte ausgesprochen hatte, selbige: "Ich wüsste nicht, wieso Martha das tun sollte. Das Kind tut doch nur das, was wir ihr. Ich habe sie nicht darum gebeten und wenn du es auch nicht getan hast... besteht Anlass zu Sorge."
Molly seufzte, als sie sich das noch einmal das Durcheinander im Laden ansah. Natürlich hatte Francis Recht und John würde den Laden in dem Zustand sehen müssen, in dem sie ihn vorgefunden hatten. Sicherlich würde der Major verstehen, warum sie nicht hatten aufräumen können, so er von dem Einbruch erführe, aber unangenehm war es ihr trotzdem. Was sollten nur die Leute von ihrem Laden denken, so der noch so chaotisch wirkte, wenn sie kamen, um ihre Lebensmittel zu kaufen? Wer wusste denn schon, wann John oder dieser unselige Barclay kommen würde? "Nun, ja - ich denke, das könnten wir auch jetzt, Francis. Der Zeitpunkt ist wohl gut gewählt, da keines unserer Kinder anwesend ist, nicht?" Molly schob die inzwischen wieder gefüllte Tasse ihres Mannes zu diesem hinüber, bevor sie sie sich selber nachschenkte. Der Tee dampfte und verströmte sein eigenes Aroma im Raum, so dass trotz des Durcheinanders und der Tatsache, dass sie nicht einfach sitzen konnten, eine ruhige und fast gemütliche Atmosphäre entstand. "Eben, Francis, eben. Gerade darum müssen wir reden - über Ben, Martha und vielleicht auch Matt. Ich mache mir Sorgen darüber, dass außer Matt keines unserer Kinder ohne klare Anweisung die Initiative ergreift. Martha ist viel zu still und Ben... " Molly seufzte, denn das war ein Thema für sich. Sie wusste gar nicht, wie ihr Mann auf ihre Sorge um einen Entwicklungsrückstand Bens reagieren könnte, hatte aber diesbezüglich doch arge Bauchschmerzen. Wie sollte sich nur ausdrücken? Schließlich konnte sie nicht ihren Mann vor den Kopf stoßen, in dem sie Ben als verrückt betitelte. "Also.. Ben.. Ben ist eben anders, als andere Kinder, verstehst Du? Vielleicht müssen wir an ihn einen anderen Maßstab anlegen..."
Dass es seiner Frau natürlich nicht gefiel, dass er den Laden im Moment so lassen wollte wie er war, hatte sich Francis natürlich auch ohne Mollys Seufzen denken können. So schenkte er ihr nur ein entschuldigendes Lächeln mit einem recht ratlosem Schulterzucken. Die Sache war damit erst einmal erledigt und die Zeit zum Reden nahmen sie sich wohl beide, gemessen daran wie Molly auch gleich einlenkte. Es war sicherlich ein unbequemer Zeitpunkt aber dieser würde es wohl immer sein. Er nickte zustimmend, auch wenn ihn gerade dieser Punkt der Ungestörtheit etwas aufstieß. Natürlich konnte man die Abwesenheit der Kinder für diese Art der Unterhaltung nutzen, aber er hätte genauso gerne nach ihnen gesucht. Er hatte längst nicht die Ruhe, die Molly zu Tage legte oder zumindest zu zeigen versuchte. Auch wenn Molly bemüht war die Situation ein wenig zu entspannen, auch wenn es nur eine weitere Tasse Tee war, konnte sich Francis daran weder erfreuen, noch Trost finden. So ließ er die neue Tasse erst einmal unberührt stehen. Es gab einfach zu vieles, was in den letzten Monaten angelaufen war, ohne das Molly und er je direkt darüber gesprochen hatten. An diesem Punkt angelangt musste sich Francis ernsthaft fragen, wie es hatte kommen können, dass er als Herr des Hauses seine Bedenken und Ängste gehabt hatte mit Molly reinen Tisch zu machen. Ein Punkt, den er vielleicht ebenfalls zur Sprache bringen sollte.
"So, über Matt also auch," murmelte Francis keineswegs begeistert. Denn Matt war bislang immer Gegenstand eines richtigen Streites zwischen den Eheleuten gewesen. Etwas, das Francis gerne vermied, dem Hausfrieden zu liebe, aber auch um seine Nerven zu schonen. Ben und Martha dagegen waren stets Themen gewesen, die sich mit klaren Ansagen geregelt hatten - als Vater kümmerte er sich um Ben und umgekehrt Molly um Martha. Gab es doch Kritik, dann äußerte man diese nur verhaltend oder pochte gelegentlich auf strengeres Durchgreifen. Im schlimmsten Fall wie heute, mischte sich Francis auch einmal direkt ein. Und das war sein gutes Recht. Doch das was Molly zu sagen hatte überraschte Francis sehr. War es nicht das gewesen, was Molly von ihren Kindern stets erwartet hatte? Bedingungsloser Gehorsam? Sie hatten Kinder mit denen sie sich in der Öffentlichkeit zeigen konnten ohne Sorge darüber, ob sie sich wieder einmal daneben benahmen wie einer von Jeremiah Stevensons Schlag. Keines ihrer Kinder wagte bei Tisch zu zappeln, zu plappern und zu tun was ihm beliebte, wie die Kleine von Miss Spencer. Und vor allem mussten sie nicht ständig wegen dummen Streichen in der Schule antanzen, wie selbst die hochangesehene Familie von Bürgermeister Camden. Wieso einen anderen Maßstab anlegen? Sollte er die beiden nun ungestraft dafür durchkommen lassen, dass sie trotz mehreren Ermahnungen und bereits gefühlter Strafe die angemahnte Initiative zeigten und nicht nach Hause kamen? Wahrscheinlich bezog sich Molly überhaupt nicht auf diese Dinge, das war Francis selbst bewusst, dennoch verhielt er sich kurz, wenn auch nur in Gedanken wie ein bockiges Kind, das lang gewohntes einfach aufgeben sollte, ohne den Sinn dahinter zu erkennen. Er wollte jedoch Ruhe walten lassen und nicht zu voreilig gegen Mollys Vorschläge mit schwerem Geschütz auffahren. Es gab sicher Gründe, die Molly aufzuweisen hatte, auch wenn Francis befürchtete, dass Molly in Bezug auf einen neuen Maßstab neue, strengere Regeln im Sinn hatte, die die Kinder nur noch mehr beengten und auch sicherlich für Francis eher belastend als entlastend werden würden.
"Nun ich weiß nicht Molly... Ob das wirklich etwas schlechtes ist?", nur zaghaft erhob Francis einen Einspruch "Martha und Ben wissen sich doch ausgezeichnet zu verhalten. Meistens. Sie wissen was sie erwartet, wenn sie nicht funktionieren. Wenn wir einmal von heute absehen. Du sieht wo ihre Initiative hinführt, wenn sie sie einmal ergreifen. Ben ist ein völlig normaler Junge," nun klang er schon eher etwas abweisend und defensiv. "Er macht ständig etwas kaputt, zerreißt sich die Hose, vergisst Aufgaben, zappelt herum, wenn man nicht hinsieht... so viel anders war Matt nicht und die großen Söhne auch nicht. Sie noch strenger zu behandeln, halte ich ... nun ich glaube ich halte es tatsächlich für gefährlich."
Über ihre Teetasse hinweg sah Molly fragend ihren Mann an. Es war schließlich auch sein Vorschlag gewesen, mit ihr über ihre Kinder und deren Erziehung zu sprechen - und dazu gehörte Matt ja nun auch. Meistens waren sie sich in der Erziehung Marthas und Bens ja einig, aber gerade bei Matthew waren sie oft anderer Auffassung, so dass sie selten zwar, aber wenn überhaupt, dann über dessen Entwicklung und Erziehung sie sich geradezu stritten. Es war also keineswegs verwunderlich, dass Francis keine große Bereitschaft zeigte, ausgerechnet über Matthew mit ihr zu sprechen. Matthew war die ganze letzte Woche mit Arbeit eingedeckt gewesen und hatte so kaum Gelegenheit gehabt, sich herum zu treiben. Molly hatte durchaus den Eindruck gewonnen, dass dies Matthew nicht gar so unlieb gewesen war, aber das hatte dieser selbstverständlich niemals zugegeben. In jedem Fall jedoch hatte Matthew seinem Vater keinen Anlass zu weiterem Ärger gegeben und die Eigeninitiative, die er gerade im Hinblick auf Rebeccah zeigte, schien nicht nur auf ihre sondern auch auf Francis' Zustimmung zu stoßen. Zu Recht also hatte Francis nicht nur keine rechte Lust, mit ihr über Matthew zu sprechen, sondern er sah wohl auch keine Veranlassung dazu. Um Zeit zu gewinnen, trank Molly ihren Tee eher langsam. Sie wusste schlicht nicht, wie ihr Mann es auffassen würde, dass nicht nur Martha gerne wieder in die Schule gehen wollte, sondern dass möglicherweise auch Matthew einer weiteren Schulbildung gar nicht mal so abgeneigt wäre, wie er stets tat. Selbstverständlich wäre es für sie einfacher, so sie gewusst hätte, ob und mit welchem Ergebnis Miss Spencer bereits hatte mit Matt sprechen können. Nun musste sie wohl mit der Tür ins Haus fallen und hoffen, dass sie damit Francis nicht allzusehr vor den Kopf stieß. Wie unterschiedlich ihre Gedanken zum Fortbleiben ihrer Kinder und deren Erziehung gerade waren, machten die nachfolgenden Bemerkungen Francis' deutlich. Es ging Molly ja gar nicht darum, dass diese zu ersten Mal so etwas Ähnlches wie Eigenintiative zeigten, sondern um viel mehr. Die Frage, wie derlei Eigenmächtigkeiten im Augenblick geahndet werden mussten, oder eben nicht, war ja nur kurzfristig zu beantworten. "Darum geht es mir nicht - nicht im Augenblick jedenfalls. Ben ist sicher nicht einfach blind weggelaufen, sondern wird Matt gesucht und vermutlich auch gefunden haben - und Martha.. Nun, ich brauche ihr wohl nicht erst anzuordnen, nach Ben zu schauen. Sie wird sich ihre eigenen Gedanken dazu gemacht haben und manchmal reagiert sie eben schon auf eine noch nicht ausgesprochene Anordnung." Tief holte Molly Luft, denn damit waren die ersten Worte gesagt - und zeigten hoffentlich bereits, in welche Richtung das Gespräch gehen würde. "Genau das, macht mir Sorgen, Francis. Die Kinder funktionieren und wir können uns auf sie verlassen, aber es wäre mir lieber, sie wären freiwillig so, weil sie wissen, dass dies richtig ist und nicht aus Angst vor Züchtigung heraus." Es fiel Molly nicht leicht so frei heraus mit ihrem Mann zu sprechen, aber sie hatte das Gefühl, dies ihren Kindern schuldig zu sein. Ben schien unglücklich zu sein, weil überfordert und Martha füllte die Tätigkeit als werdende Haufrau nicht aus. Das würde zumindest ihren Hang zu Süßigkeiten erklären, denn diese waren oft Ersatz für eine nicht gefundene Erfüllung. "Was?!" Molly war zwar nicht überrascht darüber, dass Francis annahm, sie meinte eine noch härtere Erziehung, als sie ihren Kindern bereit angediehen ließ, aber sie hatte doch gehofft, er werde ihre Worte anders betrachten können. "Tut mir Leid. Ich meine.. also so habe ich die Frage nach dem Maßstab nicht gemeint, Francis. In dem Punkt bin ich sogar Deiner Meinung. Auch ich halte härtere Strafen für gefährlich - und zwar bei allen Dreien." Langsam aber sicher gewannen Mollys Gedanken Gestalt, so dass sie allmählich damit begann, sich ihre Worte zurecht zu legen. "Martha ist unglücklich, Francis. Ich glaube, sie ißt so gerne Süßigkeiten, weil sie innerlich leer ist. Ich weiß, dass Du das für unnötig hälst für sie, aber ..nun, ja auch ich war lange auf der Schule und mir hat es nicht geschadet. Ich glaube, es täte ihr gut, mehr unter Gleichaltrigen zu sein. Wollen wir denn nicht, unser Mädchen glücklich sehen?" Mollys Frage war rhetorisch, denn selbstverständlich schien die einzig mögliche Antwort ihres Mannes hier eine zustimmende zu sein. Wie sie nun allerdings von ihre Vereinbarung mit Miss Spencer sprechen konnte, wusste sie nicht. Noch war nicht sicher, ob Matt tatsächlich einen Teil seine Freizeit opfern würde, um bei Miss Spencer noch weiter zu lernen. Vielleicht aber würden ihre Worte reichen, um Francis umzustimmen, denn eine unglückliche Tochter würde er auch nicht wollen. Mit ruhiger Hand schenkte Molly sich noch einmal nach und gab damit Francis zunächst Gelegenheit sich um Martha Gedanken zu machen. Auf Ben würde sie zu sprechen kommen, so sie in dieser Angelegenheit eine Einigung erzielen konnten.
Francis vorsichtiger Vorstoß um herauszufinden, über was genau Molly zu reden vorhatte endete darin, dass er seine Frau höchst irritiert anstarrte. Irgendwie schien seine Frau gerade im Augenblick nicht sie selbst zu sein, denn anders konnte sich Francis ihren leichtfertigen Umgang mit Bens und Marthas Verbleib nicht erklären. Deutlicher hätte er es ihr ja kaum sagen können, dass Ben weggelaufen war. Es spielte verdammt noch mal keine Rolle mit welchem Hintergedanke es der Junge getan hatte. Denn die Anweisungen für den Mittag waren klar und deutlich gewesen - gemeinsam das Fest des Reverends zu besuchen. Dem hatte sich Ben ziemlich deutlich entzogen. Und seit wann nahm Molly das irrationale Handeln der Kinder in Schutz und versuchte es als etwas normales dazustellen? Die Kinder waren weder erwachsen, noch stand ihnen ein freier Wille zu tun was immer ihnen beliebte zu. Ein bisschen machte ihn Mollys merkwürdige Haltung ungehalten und auch wütend genug, um die freie Hand zur Faust zu ballen. Das war besser, als sie ihrer Meinung wegen lautstark zu fragen, ob sie noch bei Trost wäre. Er konnte beim besten Willen den neumodischen Anwandlungen seiner Frau nicht folgen, noch konnte er sich erklären wieso seine Frau auf einmal in die Kerbe einer Miss Spencer oder der Coopers schlagen konnte. Verächtlich schnaubte er daher etwas unkontrolliert die Luft durch die Nase und setzte die Tasse mit einem recht lauten Klirren auf die Ladentheke ab. "Molly ich weiß nicht was mit dir los ist, aber ich bin mir sicher, wenn du dich so reden hören könntest, wie ich es gerade tue, würdest du meine Verwirrung verstehen. Unfassbar," murmelte er mit unterdrücktem Zorn und schritt um die Ladentheke, um dahinter die Bücher zu richten, in denen er die Waren vermerken wollte, die Shepards Soldaten anliefern würden. Arbeit war etwas, das wunderbar ablenkte und beschäftigte, um Wut und Zorn in den Griff zu bekommen.
"Wir reden hier über Kinder Molly, nicht über Erwachsen. Über Kinder, die du nach aller gebotenen Strenge durch meine Hand zu wertvollen Bürgern und anständigen Christen erzogen wissen möchtest. Du klingst ja fast wie... wie Miss Spencer. Du solltest dich wirklich hören.. freier Wille, selbständiges Denken... alles hat einen Grund. Pustekuchen. Ben ist weggelaufen, um sich einer weiteren Züchtigung zu entziehen und es spielt keine Rolle, ob er dabei Matt suchen wollte oder nicht. Er hätte sich denken können, dass sein Bruder im Gästehaus ist. Andernfalls," er zuckte leichtfertig mit den Schultern. "Müsste ich mir ernsthafte Gedanken über den Geisteszustand meines Sohnes machen. Und woher sollte unsere ach so werte Tochter überhaupt wissen, dass Ben weggelaufen ist? Ich hatte es ja nicht einmal dir auf dem Fest gesagt. Also bitte Molly... was auch immer du gerade versuchst, dass klingt alles sehr.. merkwürdig." Ob Molly wegen der Schwangerschaft irgendwie krank war? Ein Fieber vielleicht? Unter Fieber fantasierte man schließlich oft und kranke Menschen sollten deswegen auch keine wichtigen Entscheidungen treffen. Sie gehörten ins Bett und sollten sich erholen.
Mollys weitere Worte bereiteten Francis gehörige Kopfschmerzen und seine Laune sank deutlich tiefer. Er hatte seine Frau unter vielen Schwangerschaften ertragen und sie hatte bei jedem Kinde für ihn oft unverständliche Anwandlungen gehabt, aber diese hier war für ihn völlig neu. Vorausgesetzt, es hatte damit überhaupt zu tun. Denn andernfalls musste er wohl auch bei seiner Frau an eine geistige Erkrankung glauben, die sie bald zu Dr. Smith Patientin machen würde. Er schüttelte unwillig den Kopf, obwohl Molly ihm gerade die Möglichkeit einräumte seine eigenen Anliegen in Bezug auf die Kinder durchsetzen zu können. Doch diese gebotene Chance übersah Francis im Augenblick. "Wie bitte," Francis hob den Blick vom Buch, das er gerade aufgeschlagen hatte und starrte Molly erneut ungläubig an. "Seit wann stellen wir, DU, die einzige richtige, erprobte und konsequente Erziehung unserer Kinder in Frage?," er klang so fassungslos wie er sich angesichts Mollys geäußertem Wunsch fühlte. Ihren Einwand, dass sie gar nicht härtere Strafen verlangen wollte, sondern tatsächlich in dieselbe Richtung dachte, wie es Francis schon seit Monaten tat, überging er. Nicht absichtlich, aber doch um seiner Fassungslosigkeit den Vorrang zu geben, die ihn gereizter reagieren ließ, als womöglich nötig war. Damit verleugnete Francis auch die eigenen Gedanken darüber, die Kinder irgendwie anders anpacken zu müssen, um etwas zu ändern, um die ganze verquerte Situation zu Hause zu lösen und einen Ausweg zu finden. Dass Molly ihm diesen gerade anbot, übersah Francis, blind vor lauter Angst gewohntes gegen neues austauschen zu müssen und neue Wege zu erproben.
"Aha... soll ich jetzt Ben nachher auch noch freundschaftlich den Rücken klopfen und für sein Weglaufen loben? Und am besten entschuldige ich mich bei Martha für die notwendige Erziehung und werfe den Rohrstock ins Feuer? Danach sehen wir dann dabei zu, wie sie sich wieder versündigt und Matt weiter ein Leben führt, dass dazu verdammt ist uns auf der Tasche zu liegen? Ich dachte es wäre Ziel die Kinder zu wertvollen Menschen zu erziehen, ganz gleich ob ihnen das nun einmal passt oder nicht? Haben unsere Eltern sich je gefragte, ob wir glücklich sind mit dem was sie als Erziehung verstanden haben?", unwirsch klappte Francis das Buch wieder zu. Die Ablenkung wollte nicht gelingen. "Aus uns sind wenigstens noch anständige Menschen geworden, die es zu etwas im Leben gebracht haben."
Francis holte einmal tief Luft und versuchte sich zu sammeln. Molly hatte noch so vieles mehr gesagt, das Francis im Augenblick gar nicht an sich heranlassen konnte und wollte. Schule... Schule für Martha? Und dann versuchte sie es auch noch auf ganz gemeine subtile Art.... Francis straffte die Schultern und räusperte sich leicht. "Molly ich glaub wir sollten nur über eines reden und nichts überstürzen. Ich weiß nicht woher jetzt der Gedanke kommt Martha könnte noch immer zur Schule gehen... aber ich stimme dir gerne zu... ich würde Martha gerne wieder lächeln sehen. Sie hatte als Kind dieses süße, charmante Lächeln...," er seufzte traurig und fühlte wie die Verwirrung ein wenig wich. "Lass uns... lass und die Sache in Ruhe an gehen."
"Francis.." Seufzend schob Molly ihre inzwischen leere Tasse ab und beobachtete, wie Francis sich erhob. Dass ihr Mann verwirrt war, sah sie bereits an seiner Art, die Tasse abzustellen. Verwundert war sie über seine Worte nicht, denn dass er über ihre Worte verwirrt war, konnte sie verstehen. Sie selber war ja auch verwirrt und wusste noch nicht, sie die Gradwanderung zwischen konsequenter Erziehung und Entwicklungsfreiheit der Kinder überstehen sollte. Ihr Augenbrauen zogen sich zusammen, als sie gewahr wurde, dass Francis offenbar tatsächlich vor hatte, an einem Sonntag zu arbeiten! Sicher half Arbeit, Ängste, Wut, Trauer und vieles Mehr überwinden zu können, aber an einem Sonntag zu arbeiten war und blieb nun einmal eine Sünde. Seit wann, arbeitete Francis an einem Sonntag? Darüber war Molly wohl ebenso verwundert, wie er es über ihre Worte war. Seufzend hörte sie seinen Worten zu und fragte sich, ob es nicht besser gewesen wäre, einfach den Mund zu halten. Nun hatte sie doch tatsächlich den Unmut ihres Mannes auf sich gezogen und das hatte sie wirklich nicht gewollt. Natürlich verstand er sie falsch! Sie hatte doch nicht gemeint, dass Ben seine Bruder suchte - er war weggelaufen, aber eben nicht blindlings - und Martha - hatte natürlich genauso wenig wie sie selbst, wissen können, dass Ben weggelaufen war - aber, dass sie trotzdem nach diesem ausschaute war doch verständlich? Anscheinend sind meine Wort unverständlich.. Molly kam nicht dazu, sich zu erklären, denn Francis starrte sie nun völlig konsteniert an. "Francis - Ich stelle doch nicht Alles infrage. Ja, es ist die einzig erprobte Erziehungsmethode und auch konsequent, aber ist sie die einzig richtige? Natürlich hat Ben sich damit eine Strafe verdient und auch Martha durfte nicht einfach das Fest verlassen, aber.. ist eine Züchtigung dafür immer die richtige Konsequenz?" Molly überließ es Francis, darauf eine eigene Antwort zu finden. Sie hatte gerade in Bezug auf Ben und Martha den Eindruck, dass diese nur noch aus Angst vor Züchtigung gehorsam waren - und dadurch auch nicht mehr richtig handeln konnten. Und Matt - schien keine Angst vor den Schlägen des Vaters zu haben, sondern schien diese in Kauf zu nehmen. "Das habe ich nicht gemeint, Francis. Natürlich ist das nicht des Lobens wert, aber vielleicht auch nicht der Züchtigung. Noch wirkt diese auf Ben sicherlich abschreckend, aber bei Matt und vielleicht heute zum ersten Mal bei Martha scheint sich diese Wirkung abgeschwächt zu haben. Können wir wirklich erwarten, dass sie zu wetvollen Menschen werden, wenn sie sich vor Angst vor Züchtigungen gar nichts mehr zu tun trauen? Darüber bin ich mir nicht erst seit gestern im Unklaren. Es muss doch andere Wege geben!" Ihre letzten Worten ließen ein bisschen von der Verzweiflung durchblicken, die sie beim Gedanken an eine Züchtigung Marthas und Bens empfand. War es denn wirklich die einzige Möglichkeit, ihren Kindern Schmerzen zuzufügen? Seufzend erhob Molly sich, denn mit den letzten Worten ihres Mannes, schien dies Gespräch zu Ende zu sein. Francis stand Neuerungen in der Erziehung offensichtlich mehr als nur skeptisch gegenüber. Seine letzten Worte jedoch ließen Molly in ihrer Bewegung innehalten. Scheinbar lag Francis das Glück seiner Kinder eben doch am Herzen. Vielleicht war ihm doch das Lächeln Marthas wichtiger, als seine eigenen Vorstellungen von konsequenter Erziehung. "Ja, dieses charmante Lächeln - hatten alle unsere Kinder." Versonnen sah Molly an Francis vorbei. Wann hatte sie eigentlich das letzte Mal Martha lächeln sehen, oder Ben? "Ich möchte Martha wieder lächeln sehen und auch Ben fröhlich durchs Haus laufen. Aber, ja - lassen wir es langsam angehen. Veränderung braucht Zeit." Molly hatte den Vorwurf ihres Mannes gegen Matthew sehr wohl wahrgenommen, ging aber auch jetzt nicht darauf ein. Es war wohl nicht fair, dem Jungen vorzuwerfen, ihnen auf der Tasche zu liegen, denn tatsächlich machten sie es ihm wohl nicht leicht, eigeninitiativ sich Arbeit zu suchen. Andererseits war es immer der Wunsch Francis' gewesen, den Jungen noch länger in die Schule zu schicken. Darin sah Molly durchaus einen Widerspruch, denn als Schüler würde Matt ihnen noch die nächsten drei bis vier Jahre auf der Tasche liegen. Ob es dieser Vorwurf war, der Matt veranlasste, statt zu lernen zu arbeiten oder ging es ihrem Sohn nur darum, nicht nachzugeben? Über Matt allerdings wollte sie von sich aus nicht mit Francis sprechen, denn darüber konnten sie binnen Sekunden in einen ernsthaften Streit geraten. "Ich weiß doch, dass Du Schule für Mädchen für Zeitverschwendung hälst. Heute denke ich oft, es wäre besser gewesen, mehr Zeit in einen Schulbesuch zu investieren. Das Gelernte wäre heute dem Laden zu gute gekommen.. " Fragend sah Molly ihren Mann an und hoffte, dass er verstand worauf sie hinaus wollte. Dieses Gespräch entwickelte sich nun doch in eine Richtung, in der sie womöglich doch schon über Ben sprechen konnte, ohne diesen vor dem Vater als Idioten darzustellen. " Sieh mal.. Matt wäre todunglücklich, wäre er an den Laden gefesselt und Ben - nun, ich bin nicht sicher, ob er sich normal entwickelt, aber das Geschäft eines Tages zu leiten... Das kann ich mir von ihm nicht vorstellen. Martha hätte schon das Zeug dazu - so sie sich das nötige Wissen aneignete.." Leise und vorsichtig hatte Molly insbesondere über Ben gesprochen, denn sie wollte ihren Mann nicht einfach vor den Kopf stoßen. Bens Entwicklung machte zunehmend sorgen, denn der Junge war ungeschickt, vergesslich und irgendwie nie so richtig bei der Sache. "Wollen wir es nicht wengistens versuchen, ob sie und wir damit zu Recht kommen? Was haben wir denn mit dem Versuch schon zu verlieren?"
Francis blieb unzufrieden mit der ganzen Situation. Daran änderte auch nichts das Seufzen seiner Frau und ihre beschwichtigende Worte, die doch erst einmal dafür sorgten, dass Francis sich wieder ein wenig entspannte. Es war gut, dass Molly nicht auf einmal eine radikale Richtungsänderung erwartete und wohl auch gar nicht darauf hinaus hatte wollen. Und doch blieb ein schaler Nachgeschmack, denn im Grunde unterhielten sie sich genau über das, was Francis seit Wochen schon durch den Kopf geisterte. Eine Veränderung, neue Regeln, klarere Regeln, die auch für die Kinder ersichtlicher waren. Nun gut, zumindest für Ben, der scheinbar mit all den Vorschriften überfordert war. Denn ihn zu züchtigen fiel Francis immer schwerer. Nicht körperlich, sondern rein moralisch betrachtet. Inzwischen verging ja kaum noch ein Tag, an dem er den armen Jungen nicht mindestens einmal mit in den Schuppen nehmen musste. Sicher, das war etwas, das Molly von ihm erwartete und auch verlangte. Vaterpflichten und strenges Durchgreifen. Anders würde Ben sicherlich in diesem harten Leben untergehen und nicht anständig eine Familie versorgen können. Wohin sie Nachsicht geführt hatte, zeigten Emmett und Matt jeden Tag. Keiner der beiden hatte sein Leben im Griff. Emmett brauchte ständig neues Geld und Matt wusste nicht so recht was er mit dem Leben anfangen sollte. Diese Fehler aber alleine an Ben wieder zu richten war wohl kaum der richtige Weg. Francis brach den Gedanken ab, denn er war nicht einfach zu Ende zu spinnen. Denn egal in welche Richtung er damit schlug es gab immer Gründe dafür am Alten festzuhalten. Es ging einfach nicht anders, wenn man wohlerzogene Kinder sein eigen nennen wollte. Er glaubte nicht, dass der Reverend oder Miss Spencer dasselbe über ihre Kinder sagen konnten.
"Nun, es ist das einzige, das die Kinder fürchten," erwiderte er ein wenig trotzig, weil er sich zu Unrecht kritisiert fühlte. "Und das einzige, das wir kennen! Immerhin warst du es, die mich vor langer Zeit ausgelacht hatte, als ich vorschlug, dass wir durchaus einige Vergehen mit Arrest bestrafen könnten, sowie das Zuspät kommen am Tisch. Das funktioniert doch auch," Francis dachte inzwischen fieberhaft darüber nach welche andere Lösung es sonst geben könnte, wenn Züchtigungen nicht mehr als das in Betracht kamen, was konsequent gegen ungezogene Kinder helfen sollte. Aber ihm wollte nichts dazu einfallen. Es war immer seine Frau gewesen, die treibende Kraft hinter ihm, die gemahnt hatte, dass sie alleine Gott gegenüber verantwortlich wären und daher ihre Kinder entsprechend erziehen müssten. Mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen. Und hatte er Schwäche gezeigt, hatte sie ihm immer wieder ins Gedächtnis gerufen, wer seine Rute schont, der hasse seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat, der züchtige ihn beizeiten. Danach hatte er sich gerichtet. Und sie waren doch ganz gut damit gefahren. Das alles wollte sie jetzt auf einmal doch infrage stellen? Nun, sicherlich zu recht. Und wenn er sich ihre Worte einmal in Ruhe durch den Kopf gehen ließ, dann hieß das wohl für ihn, er würde endlich einen Ausweg aus dieser Spirale finden. Er war es schließlich immer gewesen, der es für übertrieben gehalten hatte wegen einer kaputten Hose oder einem schmutzigen Hemd zur Rute greifen zu müssen. Jungs waren eben wild. Er war da nie anders gewesen. Und wenn man einmal seine Pflicht vergaß, aber darüber hinaus so pflichtbewusst wie Martha war, dann sah er ebenso wenig eine Notwendigkeit einer Züchtigung. Sollte seine Frau endlich, oder gar nur dank ihrer Schwangerschaft, ähnliche Gedanken hegen? Er wäre wohl dumm, wenn er diese gebotene Gelegenheit aus Angst vor Neuem zurückwiese, anstatt sie für seine eigene Zwecke zu benutzen. Gerade jetzt wo Molly ungewohnt eine weiche Seite an sich zeigte, die Francis durchaus kannte, nur eben selten erleben durfte.
"Nun, warte... wenn du das so siehst... was wäre die Alternative? Wo setzen wir die Grenze? Weglaufen und sich Herumtreiben ist in meinen Augen durchaus ein schweres Vergehen. Wie auch schlechte Schulleistungen, Lügen, Widerworte, Schulschwänzen, stehlen... Sich aber mal die Jacke zerreißen, nicht immer still auf seinen Platz sitzen können... da würde ich dir direkt recht geben. Wir müssen.. nein wir sollten darüber sprechen, damit wir und die Kinder in Zukunft wissen was wir wollen. Ich weiß ja bald selbst nicht mehr, was angebracht ist und was nicht," gab Francis am Ende seiner Überlegungen zu und seufzte leise. Doch im selben Moment hob er gleich wieder ein wenig entsetzt den Blick und starrte Molly ihrer neumodischen Ideen wegen an. Schule für Martha?
"Warte, warte, warte, Molly," Francis hob beschwichtigend die Hände und schüttelte den Kopf über das, was sie als letztes gesagt hatte. "Wir beide halten die Schule für ein Mädchen für Zeitverschwendung. Ich zieh mir den Schuh nicht alleine an. Es war unsere Entscheidung. Nicht meine. Martha soll eine gute Hausfrau werden und einen guten Mann finden. Das waren deine Worte. Schau sie dir doch an, die noch zur Schule gehen. Wollen wir das Martha wie diese Cassidy wird? Oder wie Simones Tochter, Laura Harris? Verwöhnt und verzogen? So jemand findet doch nie einen Mann! Und wer soll sich dann um unser Mädchen kümmern, wenn wir einmal nicht mehr sind? Wieso kommst du nur auf einmal auf solche Ideen?" Er sah Molly erneut irritiert an, ehe ihm ein Gedanke kam, der gar nicht so abwegig erschien. Von Matt einmal abgesehen, war Martha jenes ihrer Kinder, das in der Schule hervorragend abgeschnitten hatte. Überdurchschnittlich, hatte es Miss Thompson damals genannt und Molly als auch ihn regelrecht darum angefleht Martha weiter in der Schule zu lassen. Wenn Matt den Laden nicht haben wollte, blieben nur Ben und Martha übrig. Benjamin hielt er für gänzlich unbegabt. Seine Schulleistungen ließen stark zu wünschen übrig und er hatte bisher noch nie wirklich Interesse am Laden gezeigt. Martha dagegen schien ihre Aufgaben im Laden gerne zu erfüllen und er hatte oft den Eindruck sie freute sich über die Zeit, die sie dort verbringen konnte. Er wollte hoffen, dass dies nichts mit den Süßigkeiten zu tun hatte, die sie in dieser Zeit gestohlen hatte. Aber das glaubte er nicht wirklich. Zudem hatte er das Gefühl er schulde Martha etwas. Er hatte sie heute viel zu hart angefasst und seine eigene Mitschuld an der Miesere verschwiegen. Womöglich war ein solcher Schulbesuch die einzige Wiedergutmachung, ein Beweis für sie, dass ihr Vater ihr nichts nachtrug?
Überrascht vernahm er Mollys weitere Worte, die exakt zu seinen Gedanken passten, als hätte sie diese lesen können. Ein Schmunzeln spielte um seine Lippen während er ihr zuhörte und voller Erleichterung atmete er einmal tief durch. Das klang doch alles recht vernünftig. Auch wenn es ihm einen kleinen Stich versetzte, dass sie Matt erwähnen musste und ihn damit gleich noch einmal unangenehm daran erinnerte, dass sein talentierter Sohn kein Interesse am Geschäft der Eltern hatte.
"Die Frage eben, um deinen Geisteszustand, war durchaus ernst gemeint," erwiderte er erst einmal, grinste dabei aber und griff dann aber über die Ladentheke hinweg um Mollys Hand in seine zu nehmen und sie einmal fest zu drücken. "Aber es ist interessant, dass wir in dieselbe Richtung denken. Ich gebe nur ungerne die Hoffnung auf Matt auf, aber auch ich halte Ben für alles andere nur nicht für talentiert genug, um ein Geschäft zu führen. Martha dagegen... sie ist immer sehr gewissenhaft wenn sie mir zur Hand geht, sie beklagt sich darüber auch nie und es scheint ihr Spaß zu bereiten. Weißt du ich denke schon sehr lange darüber nach, dass wir ein paar Dinge neu überdenken müssen. Seit letzten August, als ich.. nun ja... du weißt.. ich wollte nicht, dass so etwas noch einmal passiert. Und heute ist es mir leider wieder passiert. Und Martha ist nun wirklich nicht jenes unserer Kinder, das solch eine Behandlung verdient hätte," er atmete einmal schwer durch und ließ die Schultern etwas hängen. "Auch wenn sie die Strafe durchaus verdient hat. Nur nicht die Art und Weise. Ich werde jetzt bestimmt nicht anfangen unsere Kinder zu verhätscheln, nur um ihr Lächeln zu sehen," räumte er am Ende doch gleich wieder etwas reservierter ein.
Erschrocken sah Molly auf, als Francis ihr fast aggressiv antwortete. "Ja, natürlich fürchten sie das. Und Du hast schon Recht damit, dass es so gewollt war." Molly seufzte, denn es konnte durchaus sein, dass Francis sich von ihr nun kritisiert oder gar in die Enge gedrängt fühlte. Das könnte sie auch verstehen, denn er konnte zu Recht annehmen, dass diese Züchtigungen als adäquate und bisher auch einzig als wirksam bekannte Erziehungsmaßnahmen von ihr gewollt waren. Trotz aller Probleme damit und zumindest einem Kind, bei dem dies ganz offensichtlich seine Wirkung verfehlte, hatten sie bisher nicht darüber gesprochen, so dass Francis nicht wissen konnte, worum es ihr ging. Es war ja nicht nur, dass sie Angst hatte, ihre Kinder würden nun Angst vor den Eltern haben oder gar mit Gewalt auf erfahrene Gewalt reagieren, sondern sie hatte auch Sorge um ihren Mann. Francis war ja nun einmal nicht mehr der Jüngste und sie hatte doch oft bemerkt, wie erschöpft, traurig und fast verzweifelt er aus dem Schuppen gekommen war. "Ich weiß doch, wie schwer es Dir inzwischen fiel - und ich wollte Dich auch nicht kritisieren, Schatz. Wirklich nicht." Obwohl Francis ganz offensichtlich noch immer verärgert war, schenkte sie ihm eines ihrer seltenen liebevollen Lächeln. "Oh, ich erinnere mich gut daran und Du hast Recht damit, dass ich den Arrest nicht in allen Fällen für ausreihend halte. Bei Matt würde das wohl etwas bringen, bei Martha eher nicht.. " Molly legte ihre Stirn in Falten, als sie laut über diese Worte ihres Mannes nachdachte. "Magst Du noch einen Tee?" Fragend hielt sie die Kanne über die Teetasse ihres Mannes, denn noch hatte sie Tee darin. Schon wollte sie aussprechen, dass der Hausarrest der letzen Woche für Matt auch seine guten Seiten gehabt hatte. Etwas anderes als Hausarrest war es ja nicht gewesen, dass dieser von Francis so ans Haus gebunden worden war, aber die positiven Auswirkungen der körperlichen Arbeit mochte auch Matt durchaus wahrgenommen haben, denn er wirkte dabei ausgeglichen und hatte offenbar kein Verlangen mehr danach gehabt, sich abends noch mit diesem Mr. Harding herumzutreiben oder sich im Saloon zu vergnügen. Zu ihrer Freude, hatte der Siebzehnjährige sich tadellos benommen, war zuverlässig gewesen und musste nicht einmal durch Züchtigung daran erinnert werden. Diese Gedanken wurden nicht rechtzeitig zu Worten, denn Francis leitete seinen nächsten Satz mit der Aufforderung an sie, zu warten ein. Gespannt und voller Erwartung schluckte sie die ihr auf der Zunge liegenden Worte hinunter und nickte als Zeichen dafür, dass sie zuhören würde. Dass er zugegeben hatte, im Moment selber nicht zu wissen, wie sie die Kinder erziehen konnten, rechnete sie ihm eher als Stärke denn als Schwäche an. Dass er seine zwiespältigen Gefühle äußern konnte, ohne sich von diesen leiten zu lassen oder schwach zu wirken - dafür liebte sie ihn eben auch. "Nein, natürlich will ich aus ihr keine zweite Laura machen - und eine zweite Mary schon gar nicht!" Molly war schon über die Vorstellung, ihre Tochter könnte diesen beiden nacheifern, entsetzt, aber abwegig war sie auch. Auf Cassidy ging Molly gar nicht erst ein, denn deren Situation ohne ein mütterliches Vorbild war mit Marthas nicht zu vergleichen. "Ja, sie sind verwöhnt, verzogen und Gott sei Dank keine Entscheidungsgrundlage pro oder kontra Schule. Du kennst doch Rebeccah - wenigstens ein wenig?" Kurz sah sie Francis fragend an, bevor sie damit begann, die Tassen zusammenstellen. "Sie ist im Nähkreis - und niemals irgendwie als tratschend, gehässig, verwöhnt oder verzogen aufgefallen. Im Gegenteil scheint sie sehr religiös zu sein, fromm gar und sie ist stets still und bescheiden. Und sie geht noch zur Schule, Francis." In Mollys Worten lag kein Triumph, aber Rebeccahs Entwicklung trotz Schulbesuch war ein nur schwer zu entkräftendes Argument für einen längeren Schulbesuch. "Ach -ja? Was.." Schon wollte Molly ob der Bemerkung über ihren Geisteszustand, die sie vorhin geflissentlich überhört hatte, auffahren, als Francis mit einem Grinsen verriet, dass er das nicht ernst gemeint hatte. Mit seinen nachfolgenden Worten kam er ihr entgegen, so dass ein wenig mutiger werdenden, für Martha eine Lanze zu brechen versuchte. "Ja, so ähnlich sehe ich es auch. Schulbesuch ist tatsächlich Zeitverschwendung für Mädchen, so man davon ausgeht, das Mädchen nur begrenzt lernen können und ja, Martha ist schon recht talentiert und vielleicht könnte sie mehr lernen, als das durchschnittliche Mädchen?" Molly wiegte den Kopf hin und her, während sie sprach, so als gäbe ihr das zu denken. Im Volksmund galten Frauen als unbegabt, nicht lernfähig und ja, in gewissen Kreisen als wenig intelligent, aber ganz offensichtlich gab es Ausnahmen. Schließlich hatte Miss Spencer es ebenso wie Miss Thompson geschafft, so viel zu lernen, dass sie Schüler lehren konnte - auch männliche. Es konnte also durchaus möglich sein, dass Martha eben eine Ausnahme war und auch Isabell war nicht dumm gewesen. Bei Ben allerdings hatte sie den Eindruck, er werde auch in zehn oder noch mehr Jahren nicht einmal das lernen, dass andere Jungs bereits in fünf Jahren lernen konnten. Dessen Schulbesuch schien ihr eher Zeitverschwendung zu sein, aber eine Alternative dazu konnte sie sich für ihn auch nicht vorstellen. "Was?! Oh, nein.. doch nicht noch bei Martha.." Molly war entsetzt zu hören, dass Francis offenbar erneut entgegen aller Vorsätze sich bei einer Züchtigung Marthas von Gefühle hatte leiten lassen. Sie war eher traurig als wütend und meinte nun auch verstehen zu können,warum Martha ihnen nun aus dem Wege ging. "So denkst Du auch schon länger darüber nach? Einige Dinge müssen wir wohl wirklich neu überdenken, aber besser gemeinsam." Mollys Lächeln war ebenso warm, wie ihre Gefühle für ihren Mann. Ihre Hand in seiner fühlte sich für sie zwar vor dem Hintergrund, dass jeden Augenblick der Major mit seinen Leuten oder aber diese ohne ihn kommen konnten, aber sie nahm diese Geste auch als ein Zeichen, ihrer Verbundenheit. Sein fester Händedruck machte ihr Mut und war das nicht auch Inhalt einer Ehe, derlei Schwierigkeiten gemeinsam durch- und zu überstehen? Trotz dieses Gefühles der äußerlich sichtbar gemachten Verbundenheit konnte sie jedoch nicht über ihren Schatten springen und ihren Gefühlen Ausdruck verleihen. Das wurde schon dadurch verhindert, dass jeden Augenblick der Wagen mit dem von Sheppard organisierten Nachschub kommen würde und Mr. Crowe wollte sogar noch vorher wegen des Bieres kommen. "Strafe musste allerdings sein. Martha darf gar nicht erst auf die Idee kommen, sie könnte ungestraft lügen oder stehlen. Das musste also Konsequenzen haben." Molly entzog ihrem Mann nun ihre Hand, um die Tassen nebst Kanne zur Seite zu stellen. Das Geschirr hinauf zu bringen, hatte wohl noch einen Augenblick Zeit, aber auf mitten auf dem Ladentisch wäre es wohl im Wege. "Also verhätscheln will ich die Kinder auch nicht. Darüber sind wir uns wohl einig. Wir werden die Kinder gut beobachten müssen, um zu sehen, ob und wie sie die ihnen gesetzten Grenzen respektieren." Unwillkürlich sah Molly zur Ladentür hinüber, aber noch war weder Etwas von Crowe zu sehen, noch drangen die typischen Geräusche eines Wagens an ihr Ohr. Das allerdings konnte auch an dem noch nicht geräumten Neuschnee liegen. "Es wäre vielleicht einfacher, Gehorsam oder erwünschtes Verhalten zu verstärken, statt das Gegenteil jedesmal abzustrafen. Ich weiß nur nicht, was dazu führte, dass die Kinder uns darin gerne entgegen kämen." Molly zuckte unbewusst mit den Achseln, um anzudeuten, dass sie diesen Einfall noch lange nicht ernsthaft bedacht hatte.