Erst erleichtert, dass Molly ihm versicherte, dass sie nicht böse auf ihn war, stellte sich rasch Bestürzen ein, als sie Francis eröffnete, dass sie enttäuscht war. Hatte ihn sein Gefühl doch nicht betrogen. Er hatte also doch etwas falsch gemacht und sie gar verärgert. Nur mit was? Molly klärte ihn darüber jedoch rasch auf und er fühlte sich ein bisschen wie ein getadelter Junge. Denn sie warf ihm nur zu recht vor, dass er ihr ungerechterweise Dinge unterstellt hatte, die sich jeder Logik entbaren. Schließlich kannte er seine Frau ja selbst gut genug und sollte auch besser wissen, dass er viel zu emotional eine Diskussion geführt hatte, bei der er im Vorfeld jeden Konflikt hatte vermeiden wollen und ihr deswegen mehr oder weniger einen EInspruch untersagt hatte. Dabei war Molly nun wirklich niemand, der auf eigene Vorteile bedacht war und noch nie war es ihr darum gegangen ihm gegenüber einen offensichtlichen Sieg zu erringen. Jedenfalls nicht in dem Sinn, wie er es in seiner Wut tatsächlich gemeint hatte. Sie mochten Meinungsverschiedenheiten in der Vergangenheit gehabt haben und oft war es darum tatsächlich gegangen den eigenen Kopf durchzusetzen, aber doch immer und stets mit dem Blick auf die Familie. Er jedoch hatte ihr gerade Egoismus vorgeworfen. So viel Sünde würde sich Molly niemals auf die eigenen Schultern laden, nicht einmal für Matthew. Er sah ein, dass er sie verletzt hatte und zu weit gegangen war. Nur weil er in seiner maßlosen Enttäuschung über Matt, aber auch über das Verhältnis, das er mittlerweile zu seinem Sohn hatte, nicht mehr gerade aus hatte blicken können.
Jeder Anflug von Ärger, den er noch verspürt hatte, war rasch verflüchtigt und er sah unangenehm berührt zu Boden. Das Gefühl wollte nicht weichen, schon gar nicht als Molly ihm den Sieg zubilligte. Ein Sieg, denn sie ihm deutlich vor Augen als das, was er war führte - kleinlich. Entsprechend bitter schmeckte dieser Sieg. Was war heute nur in ihn gefahren? Er seufzte leise und schüttelte den Kopf.
"Ich will überhaupt keinen Sieg erringen Molly. Ich will nur eine gute Lösung für Matt, damit er einmal ein gutes Leben führt. Und dasselbe willst du natürlich auch. Es war dumm von mir anzunehmen, dass ich alleine darüber zu bestimmen habe. Sei mir bitte nicht böse deswegen," auch wenn Molly von Enttäuschung gesprochen hatte, glaubte Francis dennoch, dass auch eine Spur Verärgerung in Mollys Worten mitgeschwungen hatte. Inzwischen war er zu Molly getreten, die bei ihren Worten eine Hand auf ihren Bauch gelegt hatte und ihn damit wohl unbewusst daran erinnerte, dass es nicht sehr klug von ihm gewesen war, seiner Frau solch eine Aufregung zu bereiten. Er legte sachte eine Hand auf die ihre, und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Ich mag es nicht so sehr leiden, wenn du enttäuscht von mir bist. Also bitte ich dich um Verzeihung und lass uns dann zusehen, dass wir Matt davon überzeugen können, dass die letzte Chance für ihn, auch eine gute ist, ja?"
Molly hatte sich schon fast der Küchentür zugewandt, als Francis wieder neben sie trat. Jetzt legte er ihr seine Hand sanft auf die ihre. Molly spürte die Wärme dieser Männerhand und dachte gleichzeitig darin, wie sehr diese Geste auch schützend sein mochte. "Natürlich, Francis. Das weiß ich." Mollys Stimme klang für ihre Verhältnisse warm und voller Respekt, denn dass Francis seinen Stolz hinunterschluckte, um sich bei ihr zu entschuldigen rechnete sie ihm hoch an. "Natürlich willst auch Du das Beste für Matt - das wollen wir wohl Beide." Molly war innerlich ein bisschen belustigt, denn natürlich hatten Sie beide ein übereinstimmendes Ziel - nur über den Weg dahin, waren sie sich nicht immer einig. Das Ziel an sich war ja klar definiert mit dem Besten für ihren Sohn. Blieb noch die Frage, ob sie miteinander und mit Matt darin übereinstimmten, was das Beste für ihn war. Bisher hatte Molly noch nicht über derlei Dinge nachgedacht, denn die Erziehungsziele hatten stets auf der Hand gelegen. Zumindest hatte sie dass gedacht. Selbstverständlich wäre es eine Zielverfehlung, so Matt eines Tages aufgrund seines Lebensstiles einen frühen Tod fand, aber wäre es das auch, so er nur ledig bliebe oder lieber ein Cowboy bliebe, denn den Laden führte? Matt hatte so eine Art an sich, die sie ihre eigenen Ziele und Vorstellungen von seinem Leben in Frage stellen ließ. "Nun - wir haben noch einen Augenblick Zeit - und Matt kommt sicher jeden Augenblick wieder.. ich denke, also wir könnten seine im Augenblick gute Laune zu nutzen versuchen." Molly hoffte natürlich, dass Matt einlenkte und ihren Plan, ihn als Deputy arbeiten zu lassen, für gut befand. Es bestand natürlich auf die Möglichkeit, dass er das ebenfalls als Zumutung empfand und ablehnen würde. "Ich denke, es kann gelingen, Francis." Molly war doch recht zuversichtlich, denn sie kannte ihren Herrn Sohn! "Du kannst es ja in den Raum stellen - hält er das für eine schlechte Idee.. nun, dann tun wir einfach so, als käme das für ihn ohnehin nicht in Frage." Molly nickte zu ihren Worten und unterdrückte ein Schmunzeln, denn Gefühle zu zeigen, wollte sie sich immer noch nicht erlauben. Aber - das könnte klappen.. Immer noch meinte sie den Kuss zu spüren, den Francis ihr im Zuge seiner Entschuldigung gegeben hatte und zu ihrer eigenen Überraschung löste dies den Wunsch aus, ihn berühren zu dürfen - und das mehr, als es in der jeden Augenblick zu erwartenden Anwesenheit eines ihrer Kinder angemessen zu sein schien. Ihre Hand hatte sie jedoch nicht zurückgezogen, sondern entspannte diese unter Francis großer Hand. Der Francis, der jetzt vor ihr stand und die Größe hatte, einen Fehler zuzugeben.. das war der Francis, den sie von Anbeginn ihrer Ehe an geschätzt, bewundert und im Laufe der Jahre zu lieben gelernt hatte. Verblüfft weiteten sich ihre Augen, als der Gegenstand ihrer Unterhaltung gerade ins Wohnzimmer und um die Ecke herum in ihr Gesichtsfeld trat. Es dauerte einen Augenblick, bis sie erkannte, was ihr an Matt so fremd erschien. Er hatte deutlich kürzere Haare, als zuvor, und sah aus.. nun, wie ein Siebzehnjähriger eben. Süß.
Wie sieht's aus? Ohne noch auf Marthas Protest eingegangen zu sein, hatte Matt kopfschüttelnd die Haare auf die Kehrschaufel gekehrt und diese dann entsorgt. Anschließend stellte er auch die Kehrschaufel mit Handfeger wieder an ihren Platz zurück und grinste Martha an. Es war nett von ihr, ihm noch einmal zu bestätigen, dass er ihren Fehler für sich benutzen dürfe, denn so konnte er sich mehr als sicher sein, dass sie derlei Bemerkung im Zweifel nicht als das enttarnte, was es war: Eine faustdicke Lüge nämlich. Noch wusste er allerdings nicht, wie er auf welche Bemerkung dazu auch immer er eingehen würde. Das hing für sein Dafürhalten davon ab, wie er sich mit den kürzeren Haaren gefiel und fühlte. "Was?! Na, ich hoffe soo fremd sehe ich nicht aus.. hoffentlich." Daran hatte Matt nicht zu glauben vermocht, denn letztendlich war er eben immer noch Matthew McKay, der sich über seine Arbeit mit den Pferden oder mit zahlreichen Flirts und One-Night-Stands definierte und nicht über die Haarlänge - zumindest nach außen hin. In der Innensicht definierte er sich leider immer wieder als der nichtsnutzige Taugenichts, den sein Vater in ihm sah. Dieser Gedanke konnte Matt durchaus traurig und nachdenklich werden lassen, so dass er ihn abgeschüttelt hatte - ebenso wie die noch an ihm haftenden Haare. Obwohl er schon gemeint hatte, die Schritte seiner Ma zu hören, betrat diese nicht die Küche - jedenfalls nicht bevor er in seinem Zimmer unter dem Dach angekommen war. Zunächst skeptisch, dann aber zufrieden grinsend hatte er sich im Spiegel betrachtet. Oh, ja - die Haare waren deutlich kürzer und zu seinem Erstaunen, fand er das gar nicht mal so schlecht. Damit würde er wohl leben können, ohne so zu wirken, als ob er neben sich stünde. Kurz fuhr er sich mit den gespreizten Fingern durch den Pony. Er war nun so kurz, dass er ihm selbst dann nicht mehr, in den Augen kitzeln würde, so er ihm in die Stirn zurückfiele. Dazu kann ich also stehen.. Matt war auf der Treppe nach unten immer noch unschlüssig. Wie konnte er nun die kurzen Haare erklären, ohne Martha zu verpetzen und auch ohne seinen Vater annehmen zu lassen, er habe endlich klein beigegeben? Für diese Zwickmühle hatte er noch immer keine Lösung, als er in den Wohnraum trat und die Tür leise hinter sich schloss. Diese Regel war ihm in Fleisch und Blut übergegangen, so dass er darüber nicht mehr nachdachte. Noch hatte er die ungewohnten Worte des Vaters im Ohr, nach denen er härter bestraft würde - als ob das noch ginge - so er sich nicht an die Regeln hielt. Halte ich mich an die Regeln - wird es mir wohl gut gehen. Traut er mir das zu? Matt war noch sehr unsicher in dem, was sein Vater nun von ihm erwartete. Es war Matt immer noch unklar, wie streng und eng diese Regeln auszulegen waren. Hilfsbereitschaft war wohl durchaus gewollt, aber nicht für jeden Menschen.. und auch nicht unter allen Umständen.. Matt unterdrückte ein Seufzen, lächelte kurz die Eltern an und ging dann mit seinen für ihn typischen langen Schritten zu einem der Sessel hinüber. Noch hatte er Zeit und konnte es sich durchaus erlauben, noch einen Augenblick zu lesen. Vielleicht erfahre ich aus der Zeitung von freien Stellen..
Francis Lächeln wurde gleichwohl sanfter und weicher, als Molly rasch einlenkte und der Frieden scheinbar wieder hergestellt war. Und es war ja in der Tat richtig, dass sie beide dasselbe wollten, nur unterschiedliche Wege beschritten, um dieses Ziel zu erreichen. Nach wie vor behielt Francis für sich, dass er diese Einmischung sehr wohl für unangebracht hielt, denn er hielt sich bislang in Bezug auf Martha und auch Ben sehr zurück und glaubte doch mehr Mollys Wünschen in dieser Hinsicht nachzukommen, als Molly den seinen in Bezug auf Matt. Es war schließlich kein Geheimnis, dass Molly sich wünschte Ben möge so selbstsicher wie der große Bruder werden, und auch eine Portion Geschick und Intelligenz des großen Bruders entwickeln, obwohl er sichtlich gänzlich anders war als Matt und auch viel zu sensibel für die strenge Erziehung zu sein schien. Und Martha, die Ärmste, sollte Isabelle nacheifern und hatte dabei doch längst in vielen Dingen die große Schwester in den Schatten gestellt. Doch er behielt die Kritik bei sich und ließ Molly gewähren. Sie hatte bereits bei den Großen bewiesen, dass ihre Ziele richtig und gut waren und doch verhielt sie und auch er sich in Bezug auf die Jüngsten unnachgibiger, als befürchteten sie hier auf einmal Fehler zu machen, die ihnen bis lang nicht unterlaufen waren. Erklären konnte sich Francis dieses Empfinden nicht, auch nicht das darüber immer stärker werdende Gefühl unzufrieden zu sein. "Nun zumindest sind wir wenigstens noch immer einer Meinung," schmunzelte Francis und strich sachte über Mollys Hand weiter hinab über die leichte Wölbung ihres Bauches, hinter der ungeborenes Leben, sein Kind, hoffentlich gesund gedeihte und heranwuchs. Ihrem Plan konnte Francis dagegen nicht sofort folgen und zog daher kurz die Stirn kraus. Matts gute Laune nutzen.... Ah, er sollte Diplomatie anwenden. Das war im Moment recht viel von ihm verlangt. Er hatte sich zwar wieder beruhigt, doch das betraf alleine sein Unbill über Mollys Verhalten von eben. Nicht den Sohn. Francis befürchtete nicht zu unrecht, dass ein falsches Wort, ein Widerwort, reichen konnte, damit er seine Beherrschung rasch wieder verlor. Matt hatte in den letzten JAhren so eine Eigenart entwickelt, die Francis rasch auf die Palme brachte. Da konnte er sich noch so oft ermahnen und zusammen zu nehmen versuchen. Der Kragen platzte ihm fast wie von selbst. Gute Laune dagegen hatte er selbst noch vor wenigen Augenblicken genossen... wieso sollte er Matt da welche gönnen? Ihm war sie auch genommen worden. Ach nein wie ärgerlich, schon dachte er gleich wieder zornig und mürrisch über Matthew nach und fühlte sich dabei doch unwohl und unzufrieden, weil er das gar nicht wollte... Er sollte wohl mit Mollys Zuversicht an die Sache herangehen, sonst ging es sicherlich gründlich in die Hose.
Er zog die Hand von Mollys Bauch, als die Tür sich plötzlich öffnete und er sich des intimen Momentes ertappt fühlte. Noch unangenehmer war es Francis, als er in dem Störenfried Matthew erkannte, dem Martha wohl die Haare zu ende geschnitten hatte. Er nickte Molly gerade knapp zu, als Einverständnis über ihren Plan, als mitten in der Bewegung ein verblüffter Ausdruck in seine Augen trat, gleichwohl Mollys Blick, der Matthew folgte. Sein Kopf flog wieder herum und er sah dem Sohn hinter her, der mit deutlich kürzeren Haaren an ihnen vorbei zur Sitzecke marschierte. War das möglich, oder träumte er? Da redete er seit Monaten auf den sturen Esel ein, der sich trotz Strafandrohungen die Haare nicht scheiden lassen wollte und dann überrumpelte er sie einfach so... Nun, das sah natürlich Matthew ähnlich und irgendwie war so etwas von dem Jungen zu erwarten gewesen, aber dennoch ließ es Francis erstaunt darüber den Kopf schütteln. Kurz sah er zu Molly und konnte sich ein Grinsen nicht ganz verkneifen, als er in ihrem erstaunten Blick den eigenen Gesichtsausdruck erkannte. Ja, Matt wusste, wie er seine Eltern immer wieder auf Trab hielt. Und wenn es nur so eine Kleinigkeit wie das Haareschneiden war. Und wie gut er damit gleich aussah. Natürlich waren die Haare für Francis empfinden noch immer viel zu lang, aber doch deutlich kürzer. Der Junge wirkte aufgeräumter und endlich wie ein Mann, und nicht wie ein roher Wilder. "Nein, ich fasse es nicht," sagte Francis mehr an Molly gewandt und schmunzelte breiter. "Da hat einer endlich Vernunft angenommen."
Molly hatte nahm, dann dass das Knappe Nicken ihres Mannes, Zustimmung bedeutete, allerdings fühlte er sich offenbar von Matt ertappt, denn er zog schnell seine Hand zurück. Molly bedauerte dies, denn die Wärme seiner Hand, hatte sie sich geborgen und geschützt fühlen lassen. Während sie nun verblüfft Matt hinterhersah, fragte sie sich nicht, ob er diese Geste seines Vaters überhaupt zur Kenntnis genommen hatte, sondern warum auch sie sich nun ertappt wurde. Mein Gott, der Junge ist siebzehn. Der wird damit wohl kaum zu schockieren sein... Dennoch blieb das Gefühl, sie sei bei einer Sünde ertappt worden, so dass sie einen kleinen Schritt von Francis weg trat. Dieser war offenbar genauso überrascht wie sie, aber im Gegensatz zu ihr, fand er Worte. Oh, ja - Matt war immer für eine Überraschung gut! Molly konnte sich gut daran erinnern, wie oft die langen Haare Thema gewesen waren und wie oft Francis und Matt darüber aneinander geraten waren. Matt hatte sich in der Hinsicht genau so obstinat gezeigt, wie bei den Diskussionen über seine Freizeitgestaltung oder seinen Umgang. Natürlich gefiel es ihr auch nicht, dass er sich die freie Zeit im Saloon und mit Mädchen vertrieb, aber alle Ermahnungen Francis zu dem Thema waren wirkungslos geblieben. Je mehr wir ihn in eine Richtung zu drängen versuchen, desto sicherer schlägt er eine andere ein... Diese Gedanken waren für Molly so fremd und neu, dass sie gar nicht weiter auf das Staunen ihres Mannes über Matthews kürzeren Haare einging. "Tun wir so, als hätten wir es nicht bemerkt." Ausnahmsweise gab Molly sich keine Mühe, ihr heiteres Schmunzeln zu unterdrücken. Es war fast witzig, wenn es nicht immer wieder zu unschönen Auseinandersetzungen zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn führen würde, aber offenbar erreichten sie ihre Ziele, leichter, so Matt den Weg dahin für seine eigene Idee hielt. Das allerdings konnte sie Francis kaum sagen, ohne dass dieser das als Kritik auffasste und persönlich nahm. Einen Streit mit ihrem Mann, womöglich in Anwesenheit dieses Zankapfels, wollte sie jedoch nicht provozieren. Es war wohl Zeit das Thema zu ändern und nur beiläufig über Johns Absichten, einen weiteren Deputy einzustellen, zu sprechen. Innerlich seufzte Molly bei der Vorstellung, dass Matt nun regelmäßig arbeiten würde und nicht mehr so spontan zu verschiedensten Zeiten auftauchte, Ben bei den Hausaufgaben half oder ihr mit dem schweren Wassereimer oder dem Holz. Ob Francis den Jungen vermissen würde, wusste sie nicht zu sagen, aber so oft, wie er sich über den Jungen ärgerte, wohl kaum. "Nun, einen Augenblick Zeit haben wir ja noch. Mir ist gerade eingefallen, dass ich noch den Pullover von Jeremiah Stevenson holen wollte. Ich habe ihn ja noch reparieren können.." Molly sprach, als wisse sie nicht, wo sie ihn hingelegt hatte und das bot ihr die Gelegenheit hinüber in die Sitzecke zu gehen. Dort arbeitete sie nämlich oft im Sessel sitzend, weil sie dort ihre Arbeit unterbrechend liegen lassen konnte, ohne das die tägliche Routine des gedeckten Tisches hätte unterbrochen werden müssen. "Ach, da ist er ja.. " Molly nahm den zusammengelegten Pullover, um ihn mit in den Flur zu ihrem Mantel zu legen, und warf Francis einen Blick zu, bevor sie sich an ihren Zeitung lesenden Sohn wandte. "Stehen Neuigkeiten drin, Matt? Ich wünschte, es würde eine Woche vergehen, nach der man nicht von irgendwelchen Schandtaten lesen müsste. Ich frage mich, wie der Sheriff damit fertig werden will, so es wegen der schlechten Versorgungslage der Stadt zu Unruhen kommt." Ihre Bemerkung war harmlos genug, um Matt nicht Verdacht schöpfen zu lassen, aber doch so, dass Francis das wohl als Anstoß nehmen konnte, um eine entsprechende Bemerkung dazu in den Raum zu stellen. Sie war schon gespannt, wie Matt darauf reagieren würde. "Nichts wirklich Neues, Ma." Matt klang fast enttäuscht, als er umblätterte, um die Folgeseite zu überschlagen. Er war vor Allem daran interessiert, ob eine der Farmen oder Ranches aus dem Umland einen Farmhelfer, Zureiter, Cowboy oder zur Not Pferdepfleger über die Zeitung suchte. Das war mehr als unwahrscheinlich im Winter, aber noch war Matt nicht bereit die Flinte ins Korn zu werfen. Ein Aufruf des Sheriffs oder ein Hinweis auf eine Suche Claytons nach Deputys hatte bisher jedoch auch noch nicht entdecken können. Als ob das .. nein, mein Alter lacht mich nur aus.. Kann ich wohl knicken.
Francis fühlte sich ein wenig überfahren, als Molly ihm ohne eine Antwort zu geben einfach stehen ließ, um am Kamin nach dem besagten Pullover zu suchen. Sie hatte weder vor Matt auf die gekürzten Haare anzusprechen noch das Thema Deputy. Er brauchte einen kurzen Moment, bis er begriff dass sie einen Plan verfolgte, mit dem sie Matt in ein Gespräch verwickeln wollte. Darüber verlegen kratzte er sich am Nacken und stieg fast zu spät mit den Worten: "Ja ganz recht, Zeit ist noch," darauf ein und ging ebenfalls hinüber zu Sofa und Sessel. "Und ich kann meine Zeitung noch zu ende lesen, sofern mir Matthew meinen Teil abgibt," mit einem eher wohlwollenden Schmunzeln nahm Francis auf seinem Sessel Platz und streckte ein wenig fordernd die Hand nach der Zeitung aus. Die er aber gleich wieder sinken ließ, als Molly Matthew fragte, ob es Neuigkeiten, insbesondere über Claytons Arbeit gab. Sehr geschickt war das, dass musste Francis schon zu geben, erinnerte ihn aber auch daran, wieso er Molly überhaupt geheiratet hatte. Ja, er hatte ein kluge und hübsche Frau abbekommen... Sein Blick ruhte kurz liebevoll auf Molly und ihm taten seine Worte von vorhin gleich noch viel mehr leid.
"Nun, der Sheriff wird bestimmt ein paar Männer mehr einstellen müssen," trug Francis seinen Teil am Plan bei, nachdem Matt verneint hatte. Es gab nichts Neues. Was angesichts der letzten Unruhen mehr als beruhigend war. Nur dem Ansatz des Gesprächs aber ein wenig die Grundlage raubte. "Mit nur zwei Deputies wird er kaum die Arbeit in naher Zukunft noch bewerkstelligen können. Die Stadt wächst, das Verbrechen leider mit ihr. Was wir brauchen sind junge Männer, die bereit sind für die Sicherheit ihrer Heimat alles zu tun, was nötig ist. Man kann über den Barclay sagen was man will, aber Clayton hat aus ihm einen passablen Deputy gemacht, nicht Molly?"
Matt sah kurz auf, als sein Pa sich setzend, indirekt nach der Zeitung fragte. Kurz schüttelte er irritiert den Kopf, denn selbstverständlich würde er ihm die Zeitung überlassen. Erstens hatte sein Vater wohl das Vorrecht an dieser und zweitens stand wirklich nicht viel Neues drin. Matt reichte die Zeitung über den Tisch und nickte nur zu den Worten seiner Ma. Auch seiner Meinung nach konnte der Sheriff kaum mit größeren Unruhen fertig werden und schien so schon überfordert gewesen zu sein. Der Ignorant hätte Jesse auch nicht gesucht, so er doppelt so viele Männer zur Verfügung gehabt hätte.. Matt hütete sich, seiner Meinung Worte zu verleihen und sich Gehör zu verschaffen. Erstens wusste er, dass sein Pa nichts auf seine Meinung gab, war er doch für diesen noch ein Kind, und zweitens verstieß er damit mit Sicherheit gegen eine ungeschriebene Regel, was neuerdings härtere Straft nach sich ziehen würde. Die Worte seine Vaters jedoch ließen ihn stutzig werden, denn bisher hatte dieser an Graham kaum ein gutes Haar gelassen. Hatte den Clayton diesen hinter ihnen her oder auf die Suche nach Jesse geschickt? Nach Megans Worten war das wohl ausgeschlossen, aber diese hatte ohnehin so viel gesprochen, wie der Tag lang war. Das hieß also nicht viel. Das war irgendwie typisch für sie und kurz überlegte Matt, ob alle Frauen so waren. Vermutlich- von Rebeccah mal abgesehen.. "Ich denke, dass John aus fast jedem jungen Mann einen passablen Deputy machen könnte, Francis. Aber ausgerechnet Barclay - nun, wer hätte das gedacht." Matt hörte seine Ma sprechen und sah kurz von seiner Seite der Zeitung, die er zurückgehalten hatte, auf. Bisher hatte seine Ma ebenfalls oft durchblicken lassen, dass sie von den Barclay-Zwilingen nichts hielt und ihn sogar annehmen lassen, sie hielte diese für Diebe. "Also am Montag schien Clayton trotzdem überfordert gewesen zu sein. " Mehr sagte Matt dazu zunächst nichts, sondern sah fragend von seinem Pa zu seiner Ma hinüber. Konnte er denn offen sprechen, oder wusste diese noch gar nicht, dass er Jesse gefunden und heimgebracht hatte? "Also ohne Graham im Rücken, hätte ich wohl nicht viel tun können.. und, ja ich weiß, das war nicht mein Job, sondern der eines Deputys - schon klar." Matt ahnte, dass er jetzt im Begriff war, sehr dünnes Eis zu betreten. Sein Vater hielt ihn für einen dummen Jungen und seine Ma wäre wohl niemals damit einverstanden, so er öfter die Arbeit eines Deputys ausführte. Trotz des anstrengenden Rittes und der Gefahr, in die er sich begeben hatte, hatte Matt auch Spaß dabei empfunden, sich herausgefordert gefühlt. Möglicherweise sogar wegen dieser Gefahren.. "Also - falls Clayton einstellen will - es gibt wirklich unangenehmere Jobs - also.. könnte ich mir denken." Beinahe hätte Matt tatsächlich ernsthaft davon gesprochen, sich bewerben zu wollen, aber dann doch noch nicht die Traute gehabt. Wie brachte er das nur vor, ohne dass es erneut zu einer unschönen Auseinandersetzung über die Berufswahl geben würde! Matt legte die Zeitungsseite aus der Hand und streckte sich ein bisschen. "Ehrlich gesagt könnte ich mir das schon gut vorstellen.. mit Barclay käme ich wohl gut aus." Matt errötete ein wenig und sah verlegen zur Tür. Noch hatten seine Eltern kein weiteres Wort über seine Haare verloren, so dass er noch nicht einmal in die Versuchung geraten war, dass als seine Idee oder als Fehler Marthas zu erklären, aber im Augenblick wäre er mehr als froh, so Martha eintreten würde. Im Stillen erwartete er Gelächter oder den Vorwurf, er maße sich da Etwas an. Wenn er damit man jetzt nicht wieder seinen Vater gegen sich aufgebracht hatte.
Francis konnte es nicht fassen. Mollys Plan ging in der Tat auf. Er hatte deswegen entsprechende Mühe sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen, als Matt auf einmal mehr oder weniger andeutete, dass er sich die Arbeit als Deputy vorzustellen wagte. Er durfte auf keinen Fall etwas von Francis Verblüffung spüren, andernfalls könnte er misstrauisch werden und einen Rückzieher machen. Dennoch sah Francis zu Molly und konnte sich ein kurzes Grinsen nicht verbieten. Doch ehe er wieder zu Matt blickte war sein Gesicht neutral und nichtssagend. Innerlich war er angespannt, freudig erregt und nervös. Jetzt nur kein Fehler machen, Francis... Im ersten Moment hatte er ja dem Jungen ins Wort fallen wollen, als dieser Clayton Überforderung unterstellte, doch das wäre sicher der falsche Schachzug gewesen. Auch hatte er nur zu Mollys unterstützenden Worten genickt, ohne davon etwas unnötig zu unterstreichen. Nur als Matt dann auch noch neunmalklug getan hatte in dem er den Wortes seines Vaters vorweggriff, um einem Tadel zu entgehen, hatte Francis nicht an sich halten können. Kurzerhand hatte er dem jungen Mann routiniert einen nicht all zu festen Schlag auf den Hinterkopf verpasst und ebenso routiniert ein "Ein anderer Ton, mein Sohn" gemurmelt.
Jetzt galt es jedoch die richtigen Worte wieder zu finden, um Matt zu ermutigen. Es widerstrebte Francis natürlich noch immer die Angelegenheit nicht schlicht dem Jungen streng aufdiktieren zu können, damit dieser den Ernst der Lage erkannte, doch sah er langsam natürlich ein, dass Molly völlig recht mit ihrem Vorhaben hatte. Matt war überraschend leichter zu lenken, als mti strengen Befehlen. Flüchtig kam ihm in den Sinn, ob dies nicht vielleicht ein viel besserer Ansatz in der Erziehung der Kinder gewesen wäre, als mit aller Strenge die eigenen Ziele durchzuboxen. Doch nein, wie rebellisch dieser Gedanke doch war. Er liebte letztendlich seine Kinder und als liebender Vater hatte er die Rute zu verwenden, so er auch guter Christ war und seine Pflichten kannte. "So, hm, du meinst du wärst wie Barclay als Deputy ganz brauchbar?", Francis bemühte sich um einen Ton, der nachdenklich klang und nicht wertete. Das war nicht leicht für ihn, aber er tat sein bestes. Er wollte auch nicht Matt das Gefühl geben, er nehme ihn nicht ernst und versuchte daher auch die Sache nüchtern anzupacken. Hinzu kam dass er noch immer Mollys Anregungen im Ohr hatte: Matt musste von alleine darauf kommen. Und wenn er vielleicht versuchte ihm diese Idee wieder auszureden oder ihm das Gefühl gab, er versuche dieses, würde Matt erst recht anbeißen. Er kannte ja seinen Sohn. Umso mehr er ihm etwas verbat, umso mehr wollte es Matt.... Es war also nicht leicht eine Gradwanderung zu begehen, die Matt das Gefühl gab, dass sich seine Eltern normal wie immer verhielten und ihn dennoch genau dorthin trieben, wo sie ihn haben wollte, nur dass er es nicht mitbekam...
"Nun, Sheriff Clayton sucht Männer, das weiß ich mit Sicherheit. Aber die wenigsten wollen sich einer so ernsten Aufgabe annehmen. Sie bedeutet Verantwortung, Matt, im Umgang mit den Bürgern der Stadt und vor allem mit dem Gesetz. Man ist nicht einfach nur weil man einen Stern an der Brust trägt auch ein guter Sheriff oder Deputy. Anerkennung muss man sich erwerben. Barclay hat das im letzten halben Jahr tatsächlich geschafft. Ob man dir allerdings die nötige Disziplin beibringen kann... mag ich bezweifeln. Pünktlichkeit und Verlässlichkeit, Matt... das muss man schon mitbringen als Deputy."
Zu überraschend kam der routinierte Schlag seines Vaters gegen Matts Hinterkopf, um diesen nicht zusammen zucken zu lassen. Fest war dieser nicht gewesen, aber seine Platzwunde aus dem Sturz am Montag auch noch nicht vollständig verheilt. Was denn jetzt wieder.. Matt wusste nicht wirklich, womit er seinen Vater nun wieder gegen sich aufgebracht hatte. Seiner Meinung nach, hatte er doch nur von sich aus zugegeben, einen Fehler gemacht zu haben - zumindest in den Augen des Vaters. Darüber könnte sein Vater eigentlich froh sein, es sei denn, es ginge diesem darum, selber einen entsprechenden Tadel anzubringen. So hatte er seinem Vater wohl den Wind aus den Segeln genommen. Auch Matt fand nur ein gemurmeltes "'tschuldigung.", war er sich doch keiner echten Schuld bewusst. Natürlich fühlte sein Pa sich angefasst und ärgerte sich, weil Matt dem Tadel vorgegriffen hatte, aber das war eigentlich nicht sein Problem. Die Platzwunde hatte er schon fast vergessen, aber nun geriet sie durch ein unangenehmes Kribbeln wieder in sein Bewußtsein. Kann er denn nicht wenigstens aufpassen, wo er mich erwischt.. Matts Augen drückten wohl Unverständnis aus, denn er verstand nicht, warum sein Pa ihn ausgerechnet am Hinterkopf hatte erwischen müssen. Als ob seine gebrummten Worte nicht schon genug waren, um ihn verstehen zu lassen. Er war doch nicht dumm! Innerlich ärgerlicher, als er es sich äußerlich anmerken ließ, war er froh das Gespräch über die Not des Sheriffs fortsetzen zu können. Dass Graham sich Anerkennung verdient hatte und dass offenbar sogar sein Vater diesen inzwischen respektierte, freute ihn mehr, als er angenommen hatte. Seit Jahren lebte er mit dem schlechten Gewissen und mit dem Bemühen, sich mit Graham oder Bonnie so zu treffen, dass seine Eltern davon möglichst nicht erfuhren. Oh, die Prügel, die er bezogen hatte, als er zum ersten Mal mit Bonnie in der Scheune waren ihm noch gut in Erinnerung. Jetzt scheint er mehr von Graham zu halten - von mir offenbar immer noch nicht."Matt seufzte, denn die Meinung seines Vaters, ihm fehle es an Disziplin teilte er nicht. Erstens hätte in dem Fall sein Vater in der Erziehung völlig versagen müssen, denn tatsächlich war dieser ihm darin immer ein Vorbild gewesen - und zweitens war er sehr wohl diszipliniert, konsequent und zuverlässig, so es um eine Angelegenheit ging, für die er die Verantwortung von sich aus übernommen hatte. Außerdem fand Matt, hatte er mit der Befreiung Jesses bereits gezeigt, dass er durchaus die nötige Disziplin und Zuverlässigkeit mitgebracht hatte, die ein Deputy benötigte. Vor Allem aber, und diese Eigenschaft schien sein Pa entweder nicht für wichtig zu erachten oder aber als bei seinem Taugenichts durchaus erkannt zu haben, den notwendigen Mut, sich spontan entscheiden zu können- und für diese Sache dann auch einzustehen. Von Graham wusste er sehr wohl, dass dieser Disziplin und Zuverlässigkeit genauso gelernt hatte, wie Mut, für seine Überzeugungen einzustehen. Er ist durch eine harte Schule gegangen.. Matt wusste wohl, wie Graham und Bonnie unter ihrem hartherzigen Vater gelitten hatten - dagegen war sein Vater, ohne das böse zu meinen, wohl fast ein Weichei. Graham hatte seine Chance bekommen und zu nutzen gewusst und es gab wohl keinen Grund, warum er, Matt, nicht auch seine Chance bekäme, sich so die Anerkennung seines Vaters zu verdienen, auch wenn er sich im Grunde seines Herzens nach dieser Annahme um seiner selbst willen sehnte. "Es käme auf den Versuch an, Pa." Matts Worte waren weder fordernd noch so leise, dass sie ihm als Unsicherheit ausgelegt werden konnten. Sein Herz schlug gefühlt schneller, bei der Vorstellung als Deputy mit Graham arbeiten zu können. Das war seine Chance, zu beweisen, was in ihm steckte! Darin war er sich so sicher, dass er bereit war darum zu kämpfen, auch wenn dies womöglich eine Tracht Prügel für seinen angeschlagenen Ton bedeuten mochte. Dass sein Vater ihm das nicht zu traute, war ihm klar und wahrscheinlich würde er ihm das sogar verbieten, hielt er ihn doch für unreif und viel zu impulsiv. Dennoch: Das wäre die Sache wert! Matt holte tief Luft, denn sein Vorhaben, zu kämpfen und sich zur Not einer harten Strafe auszusetzen, kostete ihn schon Überwindung. Er war bestimmt nicht wehleidig und falls sein Vater ihn dafür mit Strafe belegte, kostete ihn das nicht nur Schmerzen, sondern er würde seine Pläne für den Nachmittag damit mehr als in Frage stellen. Andererseits - gelang sein Vorhaben - würde er nicht nur gefühlt um Zentimeter wachsen, sondern er bräuchte seine lockere Freundschaft zu Graham nicht mehr zu verstecken. .. und es gelänge mir vielleicht sogar, Rebeccahs Aufmerksamkeit zu gewinnen, so ich sie nicht schon habe.. Der letzte Gedanke ließ Matt erröten, denn er erinnerte sich gut, an deren Lächeln, das gefühlt ihm gegolten hatte. Warum das so sein sollte, wusste er immer noch nicht zu sagen, aber es hatte in ihm ein Kribbeln im Bauch und ein gefühlt sehr warmes Herz auszulösen vermocht. Verlegen fuhr er sich durch den Pony und unterdrückte ein spitzbübisches Grinsen. Das hatte er über seine gefühlte Begeisterung für sein Vorhaben beinahe vergessen. "Falls Du keine Einwände hast, werde ich wohl bei Clayton deswegen vorstellig werden." Erleichtert atmete Matt auf, denn nun war seine Entscheidung getroffen und sein Vorhaben ausgesprochen. Fast war er schon wieder im Begriff, zurück zu rudern, denn sein Vater würde Einwände haben! Matt konnte sich zwar nicht vorstellen, dass Etwas dagegen sprach, aber seinem Vater würden schon noch gefühlte tausend Gründe einfallen, warum er auf keinen Fall Deputy werden konnte. Hilfesuchend sah er seine Ma an, die nun doch erstaunt die Augenbrauen in die Höhe zog. Das war einfacher gewesen, als sie erwartet hatte. Dass sah ja ganz so aus, als ob Matt sich tatsächlich schon länger heimlich mit derartigen Gedanken getragen hatte! Nun ja - aus Kindern werden eben Leute, ob es uns nun passt oder nicht. "Wenn es das ist, was Du wirklich willst.. Das letzte Wort hat Dein Vater." Ihre Freude über die Entscheidung Matthews, die sie ja nicht nur mit trug, sondern sich sogar erhofft hatte, behielt Molly für sich. Vielleicht war es nicht fair, Francis die letzte Entscheidung und damit auch ein Stück weit die Verantwortung in die Schuhe zu schieben, aber andererseits hatten sie es schon immer so gehalten. Dem Grunde nach war sie auf die Antwort ihres Mannes ebenso gespannt, wie Matt, der sich leicht nach vorne gebeugt hatte und in einer Mischung aus Spannung und Angst den Vater abwartend ansah.
Francis war in Gedanken längst bei der Umsetzung von Mollys Vorhaben gewesen, als sich noch weitere Gedanken über den routinierten Schlag zu machen. Entsprechend fiel ihm weder Matts Unwohlsein auf noch dessen Unverständis dafür. Die Platzwunde hatte Francis ohnehin längst vergessen und als Bagatelle abgetan. Der Junge hatte schließlich schon tagsdarauf seine Arbeiten verrichten können, wenn auch mit einigen Pausen dazwischen. Sicher war sich Francis nicht, ob Matt auf den ausgeworfenen Köder anspringen würde. Er hätte vielleicht doch ein bisschen direkter Matts Ehre ankratzen sollen und nicht so allgemein über die Arbeit eines Deputys Werten sollen. Umso überraschter war er, als Matt allen Ernstes in den Raum stellte, dass er es auf einen Versuch ankommen lassen würde. War das wirklich sein Ernst? Francis wandte den Kopf kurz zu Molly, in seinem Augen pures Erstaunen, ehe er wieder zu Matt blickte, dieses mal mit einem prüfenden Ausdruck in den Augen. Doch nichts wies darauf hin, dass sich der Junge einen Spaß erlaubte, noch dass er nur dahin gesagte Worte benutzt hatte, um das vielleicht eher lästige Gespräch abzuwenden. Im Gegenteil es schien noch mehr hinter seiner Stirn vorzugehen, denn der Junge holte tief Luft, errötete für einen Moment und sorgte damit für Verwirrung bei Francis. Er konnte sich keinen Reim darauf machen, wieso der Junge scheinbar Mut sammeln musste, um mit seinen Eltern über seine Gedanken zu sprechen, noch konnte er sich die Schamesröte erklären. Natürlich legte Francis gewöhnlich viel Wert darauf, dass die Kinder einen höflichen und zurückhaltenden Umgang mit ihren Eltern pflegten, sich nicht aufdrängten und entsprechend ihren Ton wählten. Dennoch wünschte sich Francis im Augenblick nichts mehr, als dass der Junge endlich ausspuckte was in seinem Kopf umherging. Ein bisschen mehr von diesem Jeremiah oder Clara täte sogar Matt gut, überlegte sich Francis grimmig, schob den Gedanken aber rasch wieder zur Seite. Bei Kindern wie diesen beiden hätte die Rute in diesem Haus wohl niemals eine Pause und das war sicherlich nicht das, was sich Francis für seine Kinder wünschte. Aber dass es Matt wohl an Selbstsicherheit fehlte, entging auch ihm nicht. Unwissend über Matts Gedanken um und über Rebeccah beugte sich Francis ein wenig vor und wollte dem Jungen gerade ein wenig Mut zu reden, als Matt diesen von selbst fand und Worte dazu. Matt meinte es ernst und er wollte selbst bei Clayton deswegen vorstellig werden. Nun konnte Francis das siegreiche Grinsen nicht mehr länger unterdrücken, dass nach Außen aber mehr etwas von Erleichterung ausstrahlte, als von Triumpf. Und er wandte auch rasch seinen Blick zu Molly, der stumm ein 'du hattest recht' auszudrücken versuchte. Molly dagegen war natürlich beherrschter als er und nicht an ihr verriet die von ihm empfundene Freude über Matts rasches EInlenken, noch bevor er hätte Druck ausüben müssen. Ihre Worte an Matt blieben gleichwohl frei von jeder Wertung und überließen es Francis den Köder mit der Beute am Haken langsam einzuholen. Er versuchte seiner unbedarften Rolle gerecht zu werden, in dem er ein nachdenkliches Gesicht zog und sich über das Kinn strich. "Hm... ich weiß nicht," sagte er gedehnt und das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden, wogegen ein ernster, besorgter Ausdruck Platz genommen hatte. "Wie gesagt, ein Deputy hat Pflichten und sehr viel Verantwortung zu tragen. Er muss seinem Sheriff gegenüber loyal sein und die Gesetze achten," natürlich wusste Francis, dass seine eigenen Ansichten über diese Arbeit nicht ganz konform mit den Gepflogenheiten des wilden, rauen Hinterlandes Amerika einhergingen. Outlaws wurden zu Sheriffs, Sheriffs wurden zu Outlaws, so manch ein Deputy war wegen Viehdiebstahl gehängt worden und zahlreiche Gesetzeshüter ließen sich von den Reichen des Landes schmieren. Clayton trank, andere spielten, manche waren Großmäuler, andere gestrandete Existenzen. Aber das waren natürlich die Ausnahmen. Da war sich Francis sicher. "Und die Arbeit ist oftmals hart. Ich weiß nicht, ob du dafür schon so weit bist, Matt. Aber ich denke es kann nichts schaden, wenn wir Clayton heute nach der Kirche um seine Meinung dazu bitten. Letztendlich hat er es zu entscheiden, nicht ich."
Innerlich ballte Matt die Hände zu Fäusten. Natürlich hatte er mit Einwänden seines Vaters gerechnet, ja sogar mit dessen Versuch, ihm die Sache wieder aufzureden. Die Einwände, die nun sein Vater anführte jedoch, konnte er nicht widerspruchslos hinnehmen. Wie kam sein Pa nur darauf, seine Gesetzestreue anzuzweifeln? Bisher hatte er sich stets an geltendes Recht gehalten und das wollte er auch in Zukunft tun, und zwar auch in seiner Eigenschaft als Nichtsnutz. Er würde doch auch den Stand eine Deputys nicht benutzen wollen, um das Recht zu beugen! Matt holte bereits Luft um entsprechend aufzubegehren, als sein Vater für ihn überraschend einräumte, nicht zu wissen, ob er, Matt, bereits reif genug war, um die mit dem Posten eines Deputys einhergehende Verantwortung zu übernehmen. Dass sein Vater eine Unsicherheit ihm gegenüber zugab überrumpelte Matt und nahm ihm den Wind aus den Segeln. "Ja- letztendlich beuge ich mich Claytons Urteil." Mehr sagte Matt dazu nicht, denn Clayton war für ihn die entscheidende und letzte Instanz, die über seine Eignung zum Deputy mit zu befinden hatte. Wider Erwarten versuchten seine Eltern nun nicht, ihm die Sache auszureden, sondern wollten ihn sogar darin unterstützen. Zumindest schien das für seinen Pa zu gelten, denn dieser sprach im Zusammenhang mit dem Gespräch darüber von einem "Wir." Entweder also hatte dieser erkannt, dass Matt Alles daran setzen würde, dem Vater zu beweisen, dass dieser ihn falsch einschätze - oder aber er hielt doch mehr von seinem Sohn, als er diesen wissen lassen wollte. Wie auch immer - für Matt schien sich eine Tür zu öffnen - eine Gelegenheit, seine Reife unter Beweis zu stellen und sein Potential zu entfalten, die er sich nicht entgehen lassen wollte. Jetzt würde er den Ball flach halten und dem Vater keinerlei Anlass bieten, sich auch nur geringfügig über ihn zu ärgern, um diese Angelegenheit nicht doch noch zum Scheitern zu verurteilen. Seine Ma schwieg und auch Matt hatte vorerst nichts Neues mehr dazu zu sagen. Matts fröhlicher Gesichtsausdruck zeigte Erleichterung, aber auch Freude, denn zum ersten Mal war er mit einer eigenen Idee, für die er sich begeistern konnte, nicht an den Bedenken seiner Eltern gescheitert. Für ihn eröffneten sich gerade neue Chancen und Möglichkeiten, dann als Deputy würde er mehr, oder eher regelmäßiger, verdienen, als bei den Stones oder bei Hanson als gelegentliche Aushilfe. Na, da werden Joe, Graham und Jesse aber Augen machen.. Nein, viel besser konnte es für ihn gar nicht laufen! Matt entspannte sich sichtlich, denn er hatte durchaus das Gefühl, sich dieses Mal gegenüber seinen Eltern durchgesetzt zu haben und das würde sogar so bleiben, wenn Clayton ihn wider Erwarten ablehnte. Letzteres war für Matt keine Option, denn Clayton würde anerkennen müssen, dass nicht er, sondern der Siebzehnjährige, maßgeblich an der Rettung Jesse Hardings beteiligt gewesen war - und das sogar dann, wenn die Rettung Hardings nicht gerade ganz oben auf Claytons Prioritätenliste gestanden hatte - falls sie überhaupt Platz auf dessen Agenda gehabt hatte. Sogar Graham, der Matt den Rücken freigehalten hatte, würde anerkennen müssen, dass ohne Matts mutiges, und vielleicht leichtsinniges, Eingreifen Jesse wohl noch immer nicht gefunden worden wäre. Hoffentlich hat Rebeccah auch davon gehört.. Ein Lächeln glitt kurz über Matts Gesichtszüge, als das Antlitz der Fünfzehnjährigen vor seinem inneren Auge auftauchte. Diese empfand vermutlich gar nichts für ihn, aber ihm war es wichtig, was sie von ihm hielt. Nicht, dass ich ihr wegen meines dussligen Sturzes auf die Ladentheke als der größte Depp aller Zeiten in Erinnerung geblieben bin.. Molly hatte kurz den Blick ihres Mannes aufgefangen und nur sacht den Kopf geschüttelt. Ja, sie hatte wohl Recht behalten, aber das erfüllte sie nicht mit Genugtuung. Nun war sie einfach nur erleichtert, dass Francis dem Jungen keine Steine in den Weg legte, wo dieser endlich einer sinnvollen Arbeit nachgehen wollte. "Nun, dann kann man wohl gespannt sein, was John davon hält. Matt? Willst Du nicht mal eben sehen, wo Ben und Jeremiah stecken?" Fragend und auffordernd sah sie Matt an, der sich langsam nickend erhob. Es war schon klar, dass er geschickt wurde und das war ihm auch Recht. Erstens würde er die beiden Jungs nicht beim Vater verpetzen, so er sie bei irgendwelchem Unfug antraf, und zweitens gönnte er seiner Schwester die Ruhe, die sie durchaus gebrauchen konnte. "Ist gut - bis nachher." Im Stillen war er seiner Mutter dankbar und fragte sich zum wiederholten Male, ob sie nicht doch mehr sah, als sie so zugab. Er hatte nun gefühlt schon viel zu lange still sitzen müssen - erst in der Küche, dann hier - , so dass ihn die für ihn übliche Unruhe ergriffen hatte und bevor er seinem Vater mit Zappelei auf die Nerven ging, war es wohl besser, nach Ben zu suchen. So konnte er sich noch ausreichend Bewegung verschaffen, um auch im Gottesdienst ohne gefühlte Qualen ruhig sitzen zu können.
tbc: für Matt ~ Lake Street 1, vor und hinter dem Haus.
"Sehr schön," stimmte Francis einen zufriedenen und heiteren Ton an, als Matt sich mit dem Plan abschließend einverstanden erklärte und sie damit nur noch um Claytons Urteil würden bitten müssen. Sollte es ihm vor oder nach der Kirche noch möglich sein, würde er Clayton natürlich kurz alleine sprechen müssen. Nicht das der Sheriff die Idee für so abwegig hielt, dass Matt gleich eine erneute Enttäuschung entgegenschlug. Abwegig war dies nämlich nicht. Es war eines sich mit einem Halbstarken als Deputy herumzuschlagen, aber etwas völlig anders, mit zwei von dieser Sorte. Nicht das Francis John die nötige Autorität absprach, die besaß er sicherlich, aber welcher halbwegs normaler Mensch würde sein Leben zweier halber Kinder anvertrauen? "Dann sind wir uns ja einig," erfreut klopfte er seinem Sohn auf den Oberschenkel und lehnte sich zufrieden im Sessel zurück. Das war ja doch schneller und vor allem entspannender verlaufen, als er sich erhofft hatte. Francis griff bereits wieder nach der Zeitung, als Molly Matt losschickte nach Ben und dessen Freund zu sehen. Ein Auftrag, der Francis die Stirn runzeln ließ und sein Blick wanderte zur Uhr. Es waren keine zwei Minuten von hier hinüber und zurück. Und selbst wenn sich der Pfarrsohn noch anziehen hätte müssen, hätten die Jungs längst im Haus sein müssen. Ob er mit seiner Erlaubnis nicht einen Fehler begangen hatte? Dieser Jeremiah schien ja mit allen Wassern gewaschen zu sein und Ben war ein leicht beeinflussbarer Junge. Wobei Francis doch stark hoffen wollte, dass sein Einfluss noch immer der stärkere war und die Angst vor der Rute Ben nach Hause trieb. Vielleicht war es unnötig Matt zu schicken, aber andererseits war der Junge damit beschäftigt und vertrieb sich die Zeit sinnvoll, ohne dass sich Molly und er GEdanken darum machen mussten.
Francis hob ein wenig den Blick und sah Matt über den Zeitungsrand hinweg nach. Kaum war die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen, atmete Francis sichtlich durch. "Ich hätte nicht gedacht, dass sich Matt so leicht hinters Licht führen lässt," sagte er mit einem Zwinkern in den Augen zu Molly gewandt. "Und schon gar nicht war mir bewusst, wie einfach man seinen Willen bekommen kann. Ich hoffe nur Clayton mag sich tatsächlich noch einmal mit einem Jungen abgeben, der noch ganz grün hinter den Ohren ist."
Molly u. Francis in der Sitzecke, Matt verlässt den Raum
Still beobachtete Molly das Gespräch zwischen Vater und Sohn. Ja, die beiden schienen sich ausnahmsweise einmal einig zu sein und falls Matt daran Zweifel hegte oder über die Hand seines Vaters auf dem Oberschenkel irritiert war, ließ er sich nichts davon anmerken. Sie konnte in den Augen ihres Sohnes lediglich Erleichterung lesen und diese mochte sich auch darauf beziehen, dass er nun nicht gezwungen war, weiterhin still sitzen zu müssen. Oh ja, sie kannte ihre Lieben und mit ihrer Bitte, nach Benjamin zu sehen, hatte sie Matt einen diesem mehr als willkommene Möglichkeit gegeben, seinem Bewegungsdrang nachgeben zu können. Erleichtert sah sie Matt nach, denn es war einfacher gewesen, als sie gedacht hatte, ihn in die Richtung zu schubsen, die sie im Auge gehabt hatte. Bei Clayton wäre Matt gut aufgehoben, obwohl er ein Trinker war. Erstens hatte er bereits Erfahrung mit so jungen Männern gemacht und zweitens besaß er durchaus die nötige Disziplin und das notwendige Durchsetzungsvermögen, um auch für Matt ein Vorbild in Sachen Verbindlichkeit zu sein. "Hoffentlich war das richtig - nicht dass Matt vom Regen in die Traufe. Ach, es wird wohl gut gehen." Molly schüttelte über ihre eigenen Worte den Kopf, aber ihre Bedenken konnte sie nicht ganz abschütteln. Clayton war nun einmal ein stadtbekannter Alkoholiker, obwohl er nüchtern durchaus ein Mann von Intergrität war und Autorität besaß. Matt durfte und sollte sich also ruhig von diesem prägen lassen, wenn er sich nur nicht an dessen Trinkerei orientierte! Ein feines Lächeln glitt über Mollys Gesichtszüge, als ihr Mann so deutlich erleichtert zu verstehen gab, wie einfach es gewesen sei, Matt zu überlisten. Dazu musste sie wirklich grinsen, denn die Frage war hier, wer wen überlistet hatte. "Oh - das würde ich nicht überlisten nennen, mein Lieber. Es ist nun einmal so - für wie abwegiger Du eine Idee Matts hälst, desto wichtiger ist es ihm, diese durchzusetzen." Während sie sprach legte sie den reparierten Pulli ordentlich zusammen und überlegte, dass sie diesen eigentlich auch hätte Matt bereits mitgeben können. In dem Fall nämlich hätte er diesen sicherlich bei der Suche nach den Jungs im Pfarrhaus bereits abgeben können. Nun, ja - hinterher ist man wohl immer schlauer - nehme ich ihn halt mit. Gerade wollte sie ihren Mann fragen, ob er bemerkt habe, dass er wohl zum ersten Mal mit Matt auf Augenhöhe gesprochen hatte, als dieser ihn indirekt noch als grün hinter den Ohren bezeichnete. Molly seufzte, denn diese Bemerkung schien auszuschließen, dass Francis das soeben geführte Gespräch als eines auf Augenhöhe betrachtete. "John hat genug Menschenkenntnis, um vorhandenes Leistungsvermögen ausschöpfen zu können - und vor Allem sich dieses nicht entgehen zu lassen. Das sieht man ja daran, dass er aus Barcley hat einen fähigen Deputy hat machen können." Molly wollte sich nicht auf ein Streitgespräch darüber einlassen, ob John sich wohl Matts annehmen würde, oder nicht, und dementsprechend war auch ihr Ton ruhig, zurückhaltend und keinesfalls rechthaberisch. "Mich bewegt gerade Etwas Anderes viel mehr. Wir wissen gar nicht, wie grün hinter den Ohren tatsächlich noch ist, Francis. Dafür erzählt er uns viel zu wenig, von seinen Erlebnissen, nicht?" Fragend sah Molly zu Francis hinüber, denn sie war sich nicht sicher, ob dieser Eindruck richtig war. Auch Martha und Benjamin vertrauten ihr nur wenig an, von dem, was sie so tagein und tagaus erlebten -weder was sie freuten, noch was sie verstimmten und schon gar nicht, was sie ängstigte.
Molly u. Francis in der Sitzecke, Matt verlässt den Raum
Francis sah über die Zeitung zu seiner Frau, als diese doch noch einmal kurze Zweifel an ihrem Plan äußerte. Es war ihre Idee gewesen. Er hätte Matt nicht noch eine Chance eingeräumt, wenn sie ihn nicht geschickt dazu überredet hätte. Wieso also die Sorge, Matt könnte bei Clayton nicht gut aufgehoben sein? Oder befürchtete sie nun doch, dass Matt dort genauso Gefahren drohten wie in jedem anderen Job, den er bisher angenommen hatte? "Es wird gut gehen müssen," merkte er trocken an, ohne geringste Ahnung davon, was Molly tatsächlich in Bezug auf John bewegte. Er selbst sah kein Problem darin, diesem Mann Matt anzuvertrauen. Er war ein aufrechter Mann, der jedem auf die Nase band, was er von ihm hielt und dachte. Selbst vor Simones hatte er bisher nicht gekuscht. Und die Affäre mit Miss Spencer hatte ihn nicht aus der Stadt gejagt. Wohl hatte sie ihn zum einknicken gebracht, aber jeder Mann hatte einmal ein Tief. Sein eigenes lag schon viele Jahre zurück und war vor Molly gewesen. Eine düstere Zeit, in der er sich in die falsche Frau verliebt hatte und sein Stand eine Ehe verhindert hatte; als der eigene Bruder ihn wie einen Sklaven herumkommandiert hatte und er wenig im elterlichen Betrieb zu bestimmen gehabt hatte. Er verscheuchte den Gedanken sofort wieder und senkte den Blick zurück auf das politische Geschehen in Wyoming. Doch auch dies bekam er nicht gelesen, denn Molly widersprach seinen Worten über die List mit Matt. Ein Stirnrunzeln erfolgte über die Zeitung hinweg und Francis fragte sich, was genau Molly damit nun wieder meinte. Es hatte doch gegolten Matt zu überlisten oder nicht? Und ihre Worte bestätigten ihn schließlich in seiner Annahm. Frauen, seufzte Francis leidgeprüft und schüttelte ein wenig den Kopf. "Da wird noch einer schlau aus dem Jungen," brummte er als Antwort, während Molly bereits über Claytons Erfahrungen sprach, denen sie wohl doch vertraute. Francis hätte ihre Ansicht gerne geteilt. Aber er wusste selbst viel zu gut, wie wichtig es als Sheriff war, das man gute Männer hinter sich wusste. Natürlich zweifelte er nicht an Matts Fähigkeiten sich Johns Respekt zu verdienen, aber er war auch nicht völlig blind und verschloss sich daher nicht der Tatsache, dass Matt keinerlei Ahnung besaß mit Trunkenbolden und Revolverhelden umzugehen. Die hatte wohl Barclay auch nicht gehabt, aber Barclay war ein hartgesottener Bursche, der mit dem Klientel im Saloon zurecht kam. Man musste ja nur daran denken aus welchem Elternhaus der Junge stammte, um zu wissen, welch rauer Wind er gewöhnt war. Wie fähig Graham tatsächlich war, wusste Francis nicht zu beurteilen. Er hatte mit Barclay wenig zu tun und das sollte auch so bleiben. Nur als Molly weitersprach und zu bedenken gab, dass sie viel zu wenig über Matt wussten, sah er noch einmal auf und seufzte leise. Sie hatte leider recht. Ein Umstand, der Francis gleich wieder schwer auf den Magen schlug und er legte die Zeitung zur Seite, stemmte sich aus dem Sessel und lief unruhig hinüber zum Kaminfeuer. Das gab ihm Zeit sich eine Antwort zu überlegen. Er war nicht dazu verpflichtet Molly eine Antwort zu geben, aber ihr besorgt wirkender und fragender Blick war ihm Ansporn genug. Nur wusste er nicht sofort, was das richtige zu sagen war. Sicher, die Kinder hielten sich zurück, aber dazu hatten Molly und er diese stets aufgefordert. Dass sie so wenig über sie wussten war anerzogen und erwünscht. Er musste nur an die stetig plappernde Clara denken, die ungefragt kommentierte und dafür nicht einmal von ihrer Mutter aufs strengste zurecht gewiesen wurde. Das war bis lang nie ihr Ziel gewesen. Stille, zurückhaltende Kinder war ein Zeugnis von guter Erziehung und was das anging konnten sich Molly und er wohl gratulieren. Und doch vermisste er in letzter Zeit immer öfters jene nahe Momente zwischen ihm und seinen Kindern, die es einmal gegeben hatte bevor sie alle das Alter erreicht hatten, in dem es besonders wichtig geworden war sie mit aller Strenge und Härte zu behandeln, damit sie ihnen nicht entglitten und Kummer und Sorgen bereiteten. So sehr er auch Jeremiah mit kritischen Augen betrachtete, so sehr neidete er auch den ungezwungenen Umgang zwischen Sohn und Vater, den er nun doch ein paar Mal hatte beobachten können. Die beiden räumten gar gemeinsam jeden Morgen den Schnee und oft war noch bei der letzten Tasse Kaffee am Morgen ihr heiteres Lachen aus dem Garten zu hören. Dabei war Jeremiah zehn, wenn er es richtig im Kopf hatte. Zehn. Wohlgemerkt das magische Alter in dem es all seinen Kindern gut gestanden hatte, sich in Zurückhaltung zu üben und Molly und er zu Stock und Riemen hatten greifen müssen. Ja, sie hatten ihre Kinder wohl geformt. Sie verrichteten ihre Pflichten und sogar Ben bekam das meiste ohne Hilfe inzwischen erledigt. Sie ließen keine Tintenfontänen in der Schule aufsteigen und bewaffen unschuldige Bürgerinnen wie seine Frau mit Schneebällen. Da unterlief dem Reverend ganz sichtlich ein großer Fehler. Und doch war es Jeremiahs helles Lachen aus dem Garten, das Francis jedes Mal einen leichten Stich versetzte, vor allem wenn im selben Augenblick ein schwer beladener Ben in das Zimmer stolperte und sich sichtlich Mühe gab, damit das Feuerholz nicht schon vor dem Korb auf den Boden kullerte und seine Mutter in Aufregung versetzte. Da war kein Lachen, kein Strahlen in den Augen... Woran das liegen mochte wusste sich Francis nicht zu erklären. In seinen Augen tat er doch bereits alles mögliche, was ein guter Vater tun konnte, um aus dem Jungen ein Mann zu machen. Doch scheinbar war etwas passiert, dass ihm leise Zweifel eingepflanzt hatte und ihn auch ein wenig erschreckte. Denn gerade gestern hatte er zum ersten Mal darüber nachgedacht, ob es wirklich nötig war die Kinder so hart anzufassen. Wie ketzerisch dies war, war ihm sofort von selbst gekommen und er hatte sich einen Narren geschimpft. Aber zurück zu Matt, mahnte er sich selbst und wechselte den Platz am Kamin mit einem am Fenster. Draußen war es heller geworden, aber der graue Himmel ließ so gut wie kein Tageslicht hindurch. Alles wirkte grau in grau. Rauch stieg aus allen Kaminen auf und die ersten Menschen waren unterwegs. Jemand verließ gerade das Pfarrhaus und flüchtig hoffte Francis es wären Ben und Jeremiah. "Nun ja, das wissen wir wohl nicht," räumte Francis vorsichtig schließlich ein. "Er hat aber sicherlich Erfahrungen nicht wahr? Einer, der im Saloon verkehrt wird schon wissen, wie er mit diesen Sündern umzugehen hat," seine Worte am Ende hin waren langsamer und gedehntrt über seine Lippen gekommen, während er angestrengt in den Garten gestarrt hatte. In der Tat waren sein Sohn und sein neuer Freund aus dem Nachbarshaus gekommen. Aber statt auf direktem Weg nach Hause zu gehen, leifen sie um das Haus herum und verweilten sich dort kurz am Schuppen der Stevensons. Dann liefen sie auf einmal ein Stück weiter nach hinten und standen nun ziemlich auf gleicher Höhe mit Francis. "Ich hoffe seine Erfahrungen beschränken sich auf... nun auf das sündige Glücksspiel und das unselige Trinken," mit letzterem verdiente er schließlich sein Geld und entsprechend hielt er sich mit dem Verteufeln jener Trunksucht zurück. Es war ihm unvorstellbar, dass Matt bereits auch mit den dortigen Freudenmädchen Erfahrungen gesammelt haben konnte. So etwas gab es in der FAmilie einfach nicht. Die McKays wussten, dass diese Huren sündig und unrein waren. Von ihnen bekam man alle möglichen Krankheiten und man entehrte sich für die eigene, spätere Ehefrau. Es war schlicht undenkbar, dass sich Matt solch einer Sünde hingeben würde. Gerade Matt. Der hatte noch nicht einmal Interesse an den guten Mädchen der Stadt gezeigt. Zumindest nicht in Francis Nähe. Er redete nicht über Mädchen, interessierte sich auch nicht für sie. Er war nie ein Junge gewesen, den sie wegen dem sündigen Handanlegen streng bewachen hatten müssen. Er war darin schlicht enthaltsam gewesen und hatte sich so manch unbequeme Züchtigung erspart. Und sollte Francis ihn je mit einer Hure erwischen, dann Gnade ihm so oder so der Herr im Himmel... Nein, Matt war nicht so einer.... "WAs in Dreiteufelsnamen....," Francis war anzuhören, dass er im Garten etwas sah, das nichts mit der Unterhaltung zu tun hatte und in der Tat beobachtete er gerade Ben dabei, wie dieser einen Schneeball auf das Haus warf. Ja, war der Junge denn noch zu retten? Und schon flog ein zweiter Ball und gleich darauf half ihm Jeremiah. Nur dieses Mal erscholl von weiter oben ein nichts Gutes verheißendes KLirren und Scheppern. Francis zuckte zusammen und brauchte einen Moment bis er begriff, dass eine Scheibe zerbrochen sein musste. Oben, über ihnen, in Matts Zimmer. Dieser Teufelsbraten... Francis ballte die Faust und war bereits dabei das Fenster zu öffnen, während unter ihm beide Jungs reis aus nahmen. Auch das noch. Müssigang, Zerstörung und dann vor der Verantwortung fliehen.... Francis bekam zwar das Fenster in aller Eile auf, aber die Jungen waren inzwischen nicht mehr zu sehen. Wütend schlug Francis das Fenster wieder zu und drehte sich leicht im Gesicht errötet zu Molly herum. "Jetzt schlägts dreizehn. Du kannst dir im Traum nciht ausmalen wer das eben war..." Und Ben konnte sich auf was gefasst machen. Das Büchlein würde kaum dafür reichen.... Und dieser Jeremiah erst...
"Das ist es was ich meinte- so wirklich schlau aus dem Jungen würden wir nur, so er mit uns spicht." Mollys Worte waren leise und mehr ein lautes Nachdenken, denn eine ernst zu nehmende Bemerkung. Erstens führte das Gespräch darüber zu nichts, außer das Matt das diffuse Gefühl bekäme, man spräche über ihn statt mit ihm und schlauer wurden sie wohl auch nicht. Es lag ihr fern, Matt aufzufordern, von sich aus von seinem Erleben zu berichten, oder Francis aufzufordern, dem Jungen Löcher in den Bauch zu fragen und doch wünschte sie sich im Stillen zu wissen, was ihre Kinder bewegte. Als ob es nicht schon schwierig war, zu wissen, was Dich bewegt, mein Lieber. Liebevoll ruhten ihre Augen auf ihrem Mann, der sich nun die Zeitung aus der Hand legend erhob und an das wärmende Kaminfeuer trat. Vielleicht hatte sie eine ihm unbequeme Frage gestellt, denn er antwortete nicht spontan, sondern schien sich zunächst die Worte zu recht legen zu wollen. Für ihn scheint es auch nicht leicht zu sein. Mit einer Antwort rechnete Molly schon was nicht mehr, denn Francis verließ seinen Standort und sah in den Garten hinaus. Vorsichtig räumte Francis ein, dass sie wohl tatsächlich nicht wussten, was ihren Sohn bewegte, nahm aber an, dass Matt bereits eigene Erfahrungen gemacht hatte. "Sicher - ich fürchte, wir werden ihn schon bald erwachsen werden lassen müssen." Molly widerstand der Versuchung, es ihrem Mann gleich zu tun und sich ebenfalls zu erheben und auf und ab zu gehen. Sicher war es normal, dass Kinder groß wurden und sich zunehmend von den Eltern abgrenzten. Darin waren Paul und Emmet nicht anders gewesen und doch ließen diese immer wieder durchblicken, was sie bewegte - so sie zu Besuch waren zumindest. Erschreckt sah Molly auf und schüttelte irritiert den Kopf. "Was .. Also ich hoffe nicht, dass er mit anderen Versuchungen im Saloon Erfahrungen gemacht hat - allerdings auch nicht unbedingt mit Alkohol. Das muss ja vielleicht nicht unbedingt sein." Nicht, dass sie nicht auch die Möglichkeit sah, dass Matt sein Geld verspielte oder sich auf Hurerei einlassen konnte - und Beides war wohl vor dem Herrn eine Sünde, aber Trunksucht war nun einmal ein rotes Tuch in ihrem Leben, machte der Alkohol doch krank und führte zu Jähzorn und lies gar manchen Mann völlig verfallen. Die Vorstellung, dass ihr Matt eines Tages so volltrunken auf der Mainstreet liegen könnte, wie dieser verrückte Pianist war erschreckend und wer wusste schon, ob nicht dessen irrer Bruder sein Leiden dem übermäßigen Genuss von Alkohol zu verdanken hatte! Selbstverständlich wollte sie nicht erleben müssen, dass Matt sein Leben beim Glücksspiel riskierte oder seine Manneskraft in wechselnden Beziehungen verlöre, aber Letzteres würde zumindest nicht noch seine Gesundheit und sein Leben zerstören. Ach,was .. Matt doch nicht. Molly schüttelte innerlich den Kopf über ihre eigenen Gedanken, denn das sah Matt nicht ähnlich. Er hatte zwar schon mal ein und zwei Bier oder Whiskey zu viel getrunken, war aber wohl weit von Trunksucht entfernt und sie wusste weder von seiner regelmäßigen Teilnahme am Glücksspiel noch schien er sich regelmäßig bei den Huren aufzuhalten. "Nein, er zeigt noch nicht einmal Interesse an Mädchen.. [/i] Für Molly war das so abwegig, dass sich sich weigerte, die Gedanken daran, dass Matt womöglich nicht mit ihnen über sein Leben sprach, weil er Etwas zu verbergen hatte, zuzulassen. Francis jedoch schien ihm derartige Erfahrungen zu unterstellen, denn nur so würde Matt wohl in der Lage sein, mit Sündern und Saufbrüdern umzugehen. In dieser Angelegeneheit war Molly wirklich hin- und hergerissen. Natürlich hoffte sie, dass Matt mit derlei Gesindel umgehen konnte und fertig würde - und das nicht nur in seiner Eigenschaft als Deputy - , aber die Erfahrung, die er dafür hatte machen müssen, ergab sich wohl nur im Umgang mit derlei Gestalten wie - nun ja.. Jesse Harding eben. Gerade wollte sie auffahren und ihren Mann Bitten, nicht den Namen des Teufels im Zusammenhang mit ihr oder den Kindern zu bringen, als sie gewahr wurde, dass sich dessen Bemerkung nicht auf ihr Gespräch bezog, sondern auf Irgendetwas, was er im Garten beobachtete. Kurz erwog sie, sich ebenfalls zum Fenster zu begeben, um hinauszusehen, als sie ein lautes Klirren zusammen zucken ließ. Es hörte sich an, als ob eine Fensterscheibe zerbarst und entsprechend besorgt sprang sie nun doch auf. "Was war das? Das hörte sich nicht gut an.." Mollys Bemerkung war wohl überflüssig, denn im gleichen Augenblick deutete Francis an, im Gegensatz zu ihr, zu wissen, was geschehen war. "Du wirst es mir sicher gleich sagen." Molly statuierte trocken, denn es war ihr klar, dass Francis offenbar genau beobachtet hatte, was passiert war und wer ursächlich dafür verantwortlich war. "Das kam von oben - entweder Matts Scheibe oder die im Gästezimmer - ich will mal nachsehen." Molly erhob sich, denn immerhin war es möglich, dass der Schaden nicht halb so groß war, wie das Klirren Francis hatte annehmen lassen. Mit einem bisschen mehr Glück als Verstand war nicht einmal Jemand bewusst für diesen verantwortlich gewesen. Immerhin mochte es sein, dass lediglich der scharfe Wind einen Ast oder den Laden gegen das Fenster hatte schlagen lassen, nur wahrscheinlich war das nicht. Molly legte den Pulli aus der Hand, erhob sich und schickte sich an, das Wohnzimmer zu verlassen, um zu sehen, was genau passiert war. Gleichzeitig wunderte sie sich, dass Martha nicht ins Zimmer kam, denn diese müsste doch den Lärm auch wahrgenommen haben, oder?