Kleine Kirche, nichts ungewöhnliches, aber ohne den verschwenderischen Prunk, mit dem die Katholiken immer zu beeindrucken suchen. Die Wände sind hell gestrichen und auch das Holz der Stützpfeiler und Dachbalken sind hell gehalten. Rechts und links im Schiff befinden sich je einige Reihen einfach gezimmerter Bänke. Rechts vom Altar an der Seite befindet sich eine zinnerne Taufschale, auf deren Grund ein Handwerklich geschickter Mensch einen stilisierten Fisch geprägt hatte.
Der Altar ist ebenfalls aus Holz bietet Platz für zwei dicke Kerzen, eine kleine Buchstütze und für ein kleineres Gesteck, das der Jahreszeit angepasst ist. Bedeckt wird der Alter von einem weißen Tuch. An jedem ersten Sonntag eines Monats steht statt Blumenschmuck ein Kelch mit Wein und eine Zinnschale mit kleinen Brotwürfeln für die Feier des Abendmahles auf dem Altar. Zur Linken des Altares steht ein kleines Harmonium, auf dem der Gesang begleitet wird. Der gesamte Altarraum wird dominiert von einem hohen hellen Fenster und einem über dem Altar hängenden großen schlichtem Kreuz, das lediglich mit roter Farbe besprenkelt aussieht und dadurch an die Kraft des Blutes Jesu erinnern soll.
Das Erste, mit dem Terry sich in der Kirche beschäftigte, war der Ofen. Dieser zeigte sich als unerwartet groß und auch Holz war genug da. Terry brauchte zwei Versuche um den Ofen anzufeueren, aber schon bald danach fasste die ersten Holzscheite Feuer und Terry konnte sich den weiteren Vorbereitungen widmen. Gefegt hatte er bereits am Vortag gründlich, so dass er nun genug Zeit hatte, um die Gesangbücher auszulegen. Der Blick nach draußen auf den Kirchplatz war ihm verwirrt, aber er hörte Claras Lachen von draußen in den Raum klingen. Unwillig schüttelte er den Kopf, als er sich plötzlich fragte, ob Erin wohl auch ihren Spaß daran hätte, so ausgelassen lachen zu können. Er selber wünschte sich oft, er wäre nicht als Reverend immer das Vorbild, sondern könnte durchaus auch einfach mal wieder unbeschwert und ausgelassen sein. Dieser Gedanke war es aber nicht, der ihn so ungeduldig mit sich selber reagieren ließ, sondern der Gedanke an Erin. Was habe ich nur immer mit ihr.. Seufzend suchte Terry nach den Streichhölzern um die beiden Kerzen auf dem Altar anzünden zu können. Er wusste genau, dass er mehr Gefühle für Erin entwickelt hatte, als er gewollte hatte. Genau davor jedoch schreckten seine Gedanken immer zurück, denn noch hatte er keine gutes Gefühl dabei sich zu verlieben oder gar eine neue und verbindliche Beziehung anzustreben. Dagegen, dass Körper und Gefühle jedoch jedes Mal so reagierten, als sei er ein verliebter Teenager konnte er jedoch kaum etwas unternehmen. Vielleicht war es ein Fehler sie einzustellen und damit so nach und intensiv in mein Leben zu lassen - und doch fehlt Etwas, wenn Sie nicht da ist - also ob sie das Leben mitbrächte. Ah, da sind sie ja. Terry zündete beide Kerzen an und stellte eine davon auf das Harmonium, bevor er das aufgeschlagene Gesangbuch auf die Ablage stellte. Mrs. Porter, so sie überhaupt kam, war wohl gut doppelt so alt, wie er und da brauchte sie wohl mehr Licht zu Lesen. Die Erfahrung hatte er bereits mit seinen Eltern, Großeltern und den Eheleuten Collins gemacht, dass man im Alter stets viel Licht benötigte, um Lesen zu können. Gerade als er das erste Lied aufgeschlagen hatte, hörte er von draußen Eli laut hinter Clara her rufen, die dann einen kurzen Augenblick später aufgelöst weinend in die Kirche gelaufen kam. Seufzend ließ er die Gesangbücher, Gesangbücher sein und ging auf die weinende Clara zu. Wahrscheinlich hatte Eli sich über ihre Schneeengel lustig gemacht, oder sie sonst irgendwie geärgert. Terry hoffte jedenfalls, dass darin der Grund für Claras Weinen lag und nicht in schlimmerem Übel, das Eli widerfahren war. Kurz sah er an Clara vorbei durch die noch offene Tür hinaus auf den Kirchplatz. Dort konnte er jedoch nur einen aufgebracht wirkenden Eli sehen. Gefahr war also nicht im Verzug. "Was ist passiert, Clara? Hat Eli Deinen Schneengel kaputt gemacht, noch bevor ich diesen bewundern kann? Das war aber nicht nett." Terry seufzte, denn nicht nett war wohl eine Untertreibung zu nennen. Eigentlich wäre das sogar ziemlich garstig, schien aber durchaus zu einem chronisch wütenden Jungen zu passen. "Na, komm.. Sehen wir uns das mal an. Hier." Ohne Clara Löcher in den Bauch zu fragen, reicht er ihr ein Taschentuch, damit sie sich die Tränen abwischen konnte. "Möchtest Du mitkommen? Ich werde wohl gleich die Glocken läuten."
So ein gemeiner, fieser .... Clara fehlten die Worte für ihren Bruder. Nicht nur aus Entrüstung, sondern schlicht aus Unerfahrenheit in Schimpfwörtern. Aber das er gemein war, das war sicher. Und wenn Ma da gewesen wäre, hätte er sie auch niemals geschlagen. Niemals. Obwohl... ihr Bruder hatte sich verändert und so sicher konnte sie sich da gar nicht sein. Vielleicht war es sogar ganz gut, dass Ma nicht da war. Denn sie hatte sich auch verändert und man konnte auch bei ihr nie wiesen... Der Gedanke ließ Clara noch einmal laut aufschluchzen, während sie die Kirchentür aufstieß und in den schon fast wieder vergessenen Kirchenraum stürzte. Durch ihre Tränen nassen Augen versuchte sie Reverend Stevenson auszumachen, nicht sicher ob sie Eli verpetzen wollte. Es erschien ihr nicht gerecht, dass Eli ohne Strafe davon kommen sollte, aber andererseits hatte es Eli nicht leicht. Überhaupt nicht leicht. Noch mehr Ärger konnte der Bruder kaum gebrauchen. ABer wieso nur hatte er sie schlagen müssen? Ihr Hand tastete nach der brennenden Wange und mit der anderen Hand wischte sich Clara die Tränen aus den Augen. So konnte sie schon viel besser sehen und entdeckte den Reverend. Er kam direkt auf sie zu. Zwar hatte sich Clara ein wenig Schutz und Trost erhofft, aber nicht unbedingt sofortige Aufmerksamkeit. Es war unschwer ihr Wein zu überhören, dass wusste auch Clara, aber trotzdem wünschte sie sich, sie hätte sich erst einmal wieder fangen können. So schniefte sie noch deutlich mit der Nase und die Tränen waren nicht alle versiegt. So sehr sie sich auch anstrengte, es wollte kein Ende nehmen. Sie musste ja nur an Eli denken, oder daran, was er gesagt hatte und an die Aussicht unangenehmer Fragen von Seiten des Reverends, um von vorne zu weinen. Aber in diese Situation hier hatte sie sich selbst gebracht... und erneut schluchzte sie aus reinem Selbstmitleid. Als sie jedoch die Frage des Reverends hörte musste Clara tatsächlich einen Moment inne halten und sah den Mann mit roten, feuchten Augen an. "So was macht Eli nicht. So was würde er niemals tun," nein ihr Bruder war kein gemeiner Junge wie Oliver es war. Der hatte keinen Spaß daran andere zu ärgern und er war auch kein Albert, der aus Spaß anderen wehtat. Nein, ihr Bruder war immer umsichtig gewesen und hatte stets alles in Bewegung gesetzt, um sie zu unterhalten. Sie hatten sich vielleicht einmal über den letzten Keks auf dem TEller gestritten oder wer erster ein Glas Milch bekam. Sie hatten sich um seine Murmeln gestritten oder darum wer als erstes eine Gute-NAcht-Geschichte vorgelesen bekommen sollte. Aber niemals hatten sie sich dabei weh getan. Niemand hatte den anderen geschubst, oder an den Haaren gezogen, noch gegen das Schienbein getreten. Das hier war neu.... "Wir haben nur gestritten." Sie nahm nach der ersten Welle der Entrüstung mit einem artigen "Danke, Sir", das Taschentuch an und wischte sich die Tränen vom Gesicht. Sie wollte schon einmal hinein schnäuzen, als ihr gerade noch bewusst wurde, dass es nicht ihr Taschentuch war und das es wohl sehr, sehr unhöflich gewesen wäre, solch ein Taschentuch dem Reverend wieder zurückzugeben. Über diese Dinge vergaß Clara ein wenig ihren Schmerz und die Tränen und konnte schon wieder ein bisschen Lächeln, als ihr der Reverend das Glockenläuten in Aussicht stellte. Sie hielt ihm mit einem Nicken das Taschentuch wieder entgegen, stolz, dass sie sich noch rechtzeitig zurückgehalten hatte und zog stattdessen die Nase leise hoch. "Ich komme mit, ja. Denn raus gehe ich nicht mehr. Eli ist... garstig," das Wort erschien ihr am besten auf den Bruder zu passen. "Ist Jerry manchmal auch so ... garstig?", rasch war bei Clara die Welt wieder in Ordnung, wobei diese Ordnung dieses Mal doch ein wenig gelitten hatte. Ihrer Ma würde sie das auf jeden Fall erzählen müssen. In diesem Punkt hatte sich in ihrem Gerechtigkeitsempfinden zu früher nichts geändert und selbst wenn Clara daran dachte, wie schwer es Eli haben musste, ging ihr die Gerechtigkeit vor. Zum Teil wollte sie auch, dass der Reverend glaubte alles wäre nur halb so schlimm und ersparte ihr mehr Fragen dazu. Aber das mit Jerry wollte sie dann doch wissen. Immerhin fand sie ihn unterhaltsam und nett. Aber wie Jungs so waren, wollte er davon nichts hören und schon gar nicht in der Schule viel mit ihr zu tun zu haben. Aber in den letzten Tagen hatte er mit ihr schon ein paar Mal gespielt und sie hatte es schlicht großartig gefunden. Es mochte daran liegen, dass ihr eigener Bruder nur mürrisch irgendwo in einer Ecke saß und las oder Löcher in die Luft starrte, anstatt mit ihr herumzutoben, während Jerry das pure Leben war. Aber dieser Zusammenhang ergab sich für Clara nicht. Zumindest aber wollte sie ausschließen, dass Jerry genau wie Eli war und das vielleicht so eine Jungensache war, von der Clara noch nichts verstand.
Im Stillen freute sich Terry über Claras Entrüstung, die von anderen Erwachsenen sicherlich eher als respektloser Widerspruch gewertet wurde. Genau genommen hätte er sich diese Antwort schon denken können, denn gemein oder fies war Eli vermutlich nicht - und doch hatte er Clara zum Weinen gebracht. Terry fragte nicht nach dem Grund des Streits zwischen Geschwistern, denn Geschwister stritten sich nun einmal hin und wieder. Er selber war zwar ebenso ein Einzelkind wie Jeremiah, aber in der Zeit in der er die kleine Sarah zu sich genommen hatte, wusste er noch sehr gut, wie leicht Kinder miteinander in Streit gerieten und das oft aus Anlässen, die ihm als eine Kleinigkeit erscheinen wollten. Clara bedankte sich artig für das Taschentuch, gab es aber zurück, ohne dieses zu benutzen und noch immer waren ihre Wangen nass von Tränen und die Nase lief. Mit einer tröstenden Geste wischte Terry mit dem zurückgegebenen Taschentuch die Tränen von Claras Gesichtchen. "So - ist es besser.." Die Aussicht, selber die Glocken zum Klingen bringen zu dürfen, zauberten ein feines Lächeln auf Claras Gesicht, während Terry sein nun nasses Taschentuch wieder einsteckte. Er machte dies ohne großen Aufhebens oder Bemerkung, denn das war nun einmal die Existenzberechtigung eines Taschentuches benutzt, nass und sogar gegebenenfalls dreckig zu werden. "Garstig also.. Oh, ja - manchmal ist Jeremy auch ganz schön garstig." Terry bestätigte dies, ohne es besonders zu betonen. Schließlich wollte er seinen Sohn nicht als garstigen und jähzornigen Jungen darstellen, auch wenn den durchaus Letzterer schon einmal packen konnte - und dann wurde es meistens laut und hässlich zwischen ihnen. "Na, komm - läuten wir die Glocken." Aufmunternd lächelte er Clara an und schickte sich an, mit ihr das Hauptschiff zu verlassen und in den Eingang der Kirche zu gehen. Im Dachstuhl über diesem hing nämlich in luftiger Höhe die Glocke in ihrem Glockenturm. "Was meinst Du - muss ich noch was unternehmen, oder vertragt Ihr Euch so wieder?" Während Terry sprach hatten sie das Seil erreicht, das Terry nun so lang wie möglich nach unten zog, damit Clara auch tatsächlich dieses hin - und herschwingen konnte. "So, dann läute mal.." Lächelnd reichte er ihr das untere Ende des Seiles, behielt es aber oberhalb des Knotens in der Hand. Schließlich war es keine gute Idee, wenn Clara durch den Schwung von den Füßen gerissen würde. Nein, wie sollte er das wohl Erin erklären!
Clara lächelte ein wenig verschüchtert, als der Reverend mit dem entgegengenommenen Taschentuch ihre Wangen gründlicher trocknete und schniefte leise. Der Schmerz in ihrer Wange ebnete ab und die Entrüstung über Eli war schon fast wieder vergessen, denn in Gedanken sah sich Clara schon am Glockenseil hängen, hoch und runter, und lächelte darüber. Aber eigentlich glaubte sie nicht wirklich daran, dass der Reverend sie ziehen ließ. Das war bestimmt schwerer als es aussah und ganz bestimmt war es auch keine Arbeit für ein Mädchen. Aber trotzdem hegte sie die Hoffnung ein wenig weiter, weil sie so schön die Enttäuschung über Eli verdrängte. Als ihr der Reverend auf ihre Frage eine Antwort gab, verließen sie bereits das Kirchenschiff. Die Antwort war jedoch niederschmetternd. Jerry konnte also auch garstig sein. Clara zog ein enttäuschtes Gesicht. Wundern tat sie dies natürlich weniger, hatte sie ohne hin vermutet, dass Jungs allgemein so wankelmütige Wesen waren, wie ihr Bruder. Aber sie hatte still und heimlich die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass der sonst so gut gelaunte und lebendige Jerry anders war. Sie seufzte leise und fragte sich wie garstig Jerry werden konnte. Ob er auch böse Worte benutzte, wenn er zornig wurde wie Eli? Oder kleine Mädchen an den Haaren zog? Zu fragen wagte sie sich nicht, weil sie sich nicht sicher war, in wie weit sie den Reverend solche Fragen stellen durfte. Noch vor wenigen Monaten hatte sie sich über solche DInge nicht den Kopf zerbrochen. Sie hatte einfach ausgesprochen was ihr in den Sinn gekommen war und hatte engelhaft ihre Ma angelächelt, wenn diese dazu angesetzt hatte sie deswegen auszuschimpfen. Und sie war damit durchgekommen. Seit der oftmals unerwartet auftretenden reizvollen Stimmung der Mutter hatte Clara gelernt lieber zweimal nachzudenken und dann zu reden. Doch nicht immer gelang es ihr sich an den neuen Vorsatz zu halten. Noch ehe sie eine wirkliche Entscheidung getroffen hatte stellte ihr der Reverend beim Seil angekommen eine Frage zu Eli, die sie rasch von ihren Gedanken ablenkte. "Wir vertragen uns schon wieder," das konnte sie zur Abwechslung ohne Nachdenken versichern. Eli und sie waren noch nie wirklich lange böse auf sich gewesen. Aber ein enttäuschtes Gesicht machte sie trotzdem, denn der Reverend griff gerade nach dem Seil und zog es herunter. Hatte sie es doch gewusst. Der Spaß war also doch alleine auf der Seite des Reverends. Was machte sie erst für große Augen als Stevenson ihr plötzlich das Seil entgegenhielt und sie zum Läuten aufforderte. "Oh ich darf wirklich?", trotz dem Unglaube in ihrer Stimme griff sie nach dem Seil. Sicher war sicher, bevor es sich der Reverend noch einmal anders überlegte. Fast andächtig legten sich ihre Hände um das Seil. Es fühlte sich ziemlich abgegriffen und speckig an, aber das spielte keine Rolle. Dass der Reverend aus Sicherheit das Seil weiter oben festhielt, bekam Clara nicht mit, aber sah automatisch nach oben zur Glocke. Das würde ein Spaß werden und Eli würde bestimmt ganz neidisch sein, wenn sie es ihm später natürlich mit ein bisschen Provokation unter die Naser rieb. Als Clara bei ihrem Blick nach oben den Arm des Reverends entdeckte war sie ehrlich gesagt froh darum. Denn die Glocke da oben sah schwer und groß aus und sie war sich sicher, dass nicht sie die Glocke läuten würde, sondern die GLocke sie, wenn sie es ganz alleine versuchen würde. Es war auch mit Hilfe ein wenig schwieriger, als es sich Clara ausgemalt hatte, aber es genauso viel Spaß wie erhofft. Das Dröhnen der schweren Glocke erfüllte den Raum um sie herum und drang nach draußen. Laut genug, dass die Kirchgänger an den Aufbruch gemahnt wurden.
Als Clara das Seil wieder losließ, fühlten sich ihre Arme ein wenig taub an und die Handinnenflächen waren gerötet, obwohl das Seil so abgegriffen war. Sie fühlte sich auch ein wenig außer Atem und ihr war längst richtig warm. "Das hat Spaß gemacht," versicherte sie freudestrahlend Stevenson und zögerte dann mit ihm den Raum zu verlassen. Da war eine Frage, die sie nicht gern zweimal überdenken wollte, weil sie sie quälte und beschäftigte. Eine Frage, die Eli ihr überhaupt nicht hatte beantworten wollen. Sie wippte auf den Stiefelspitzen vor und zurück und verzog das Gesicht. Das sie etwas bewegte und beschäftigte war überdeutlich. Dann seufzte sie leise, absichtlich lauter, damit der Reverend auf sie aufmerksam wurde und bemerkt, dass sie nicht folgte. Wenn sie nicht jetzt fragte, dann würde sich die Gelegenheit vielleicht nicht noch einmal so günstig ergeben wie heute. Und wenn ihre Ma dabei war würde sie sich sowieso hüten. "Reverend Stevenson?", fragte sie nach einem erneuten schweren Seufzer und ging zu ihm. "Werden sie unser neuer Pa?"
"Na, dass will ich hoffen." Terry schmunzelte, obwohl er nicht damit rechnete, dass die Kinder sich sofort wieder vertrugen. Eli schien ihm nahezu chronisch wütend zu sein, so dass er sich im Stillen schon überlegte, einmal in Ruhe mit dem Jungen ein paar Worte zu wechseln. Sicherlich hatte er sich verlassen gefühlt, war sich vielleicht der Mutterliebe Erins nicht sicher, aber diese Ablehnung und Wut, die Eli so offensichtlich zur Schau stellte, hatte sie nicht verdient und besser würde das Verhältnis dadurch wohl auch nicht gerade werden. "Sicher." Terry nickte bestätigend, als Clara sich bei ihm versicherte, dass er sein Vorschlag mit dem Läuten der Glocke auch wirklich ernst gemeint hatte. Über diese Rückfrage war weder enttäuscht noch verärgert, denn erstens kannte Clara ihn noch nicht so gut, wie Jeremiah und zweitens hatte sie mit männlichen Bezugspersonen vermutlich gegenteilige Erfahrungen gemacht. Terry war Randall Bowman nie begegnet und wusste nur durch den üblichen Dorftratsch, dass dieser der Vater Elis und Claras war. Dass dieser sich der Untreue und Unzucht schuldig gemacht hatte, wusste Terry. Während er nun Clara das Ende des Seiles überließ und selbst helfend in seiner Kopfhöhe zugriff, ging ihm erneut der Gedanke durch den Kopf, dass er Erin wohl niemals hätte gehen lassen, so sie die Seine gewesen wäre. Gemeinsam mit Clara läutete er die Glocke und freute sich, als Clara freudestrahlend beteuerte, das habe ihr viel Spaß gemacht. "Mir hat es mit Dir auch Spaß gemacht - also: immer wieder gerne." Fröhlich zwinkerte er Clara zu, bevor er dem Glockenseil und damit auch dem kleinen Vorraum der Kirche den Rücken zudrehte. Natürlich hatte er nicht vor, sich gänzlich in den Altarraum zurückzuziehen, aber er wollte noch eben die Kerzen anzünden, bevor er sich neben der Tür aufhalten würde, um die Gottesdienstbesucher persönlich begrüßen zu können. Hinter Terry nahm er wahr, das Clara sich auffallend auf der Stelle bewegte, statt ihm zu folgen oder aber nach draußen zu Eli zu gehen. Letzteres hätte er ihr natürlich erlaubt, aber aus irgendwelchen Gründen fragte sie ihn nicht danach, sondern wippte nur auf ihren Füßen hin und her. Irgendetwas schien sie auf dem Herzen zu haben und ein Seufzer Claras machte das so deutlich, dass er sich ihr noch einmal zu wandte. Er wollte ihr schon von sich aus erlauben, zu Eli zu gehen, als sie ihn mit einer Frage überraschte. Im ersten Augenblick war Terry so überrascht, dass ihm keine Worte einfallen wollten. Unsicher und ein bisschen geschockt, sah er Clara zunächst an. Über eine angemessene Antwort musst er erst einmal nachdenken, denn spontan konnte er diese Frage weder bejahen noch verneinen. Die Wahrheit war, dass er genau das nicht wusste, aber in seinem Inneren erhoffte. Nicht nur Erin, in deren Anwesenheit er sich, wie ein frisch verliebter Teenager und komplettiert fühlte, sondern auch die kleine, fröhliche Clara hatte sein Herz gewonnen. Daran konnte kein Zweifel bestehen und doch schwieg Gott noch immer. "Wie kommst Du darauf?" Terry war fast ein bisschen erschrocken darüber, dass er womöglich mit seinem Verhalten bereits Veranlassung gegeben hatte, anzunehmen, er und Erin hätten bereits Etwas miteinander. Warm lächelte er Clara an und ging in die Hocke, um in Augenhöhe mit ihr sprechen zu können. Noch waren sie alleine und so räusperte er sich kurz, bevor er ihr eine für sie wohl ebenfalls herausfordernde Frage stellte. "Ich weiß nicht, Clara..hättest Du das denn gerne?" Ein zaghaftes Lächeln in seinem Gesicht deutete an, dass er wohl durchaus dafür zu gewinnen wäre. Außerdem wollte er nicht, dass Clara ihn als ärgerlich empfand oder seine erste Frage als Vorwurf begriff, denn so hatte er das in keiner Weise gemeint. Kindermund tut nicht nur Wahrheit kund, sondern aus dem Mund der Kinder hat Gott sich Lobgesang geschaffen...Nein, Clara wäre nicht das Einzige Kind, dass den Willen Gottes kund tut. Terry war gespannt auf Claras Antwort, versuchte aber, sich dieses nicht anmerken zu lassen.
Clara fühlte sich über ihre Frage nicht im geringsten verunsichert. Denn Reverend Stevenson hatte sie eher zuvor dazu ermutigt. Dabei hatte er nichts besonderes gemacht. Es lag an seiner heiteren, höflichen Art und wie er Clara versichert hatte, dass ihre Gesellschaft wohl angenehm war. Zudem war die Frage sehr wichtig für Clara. Da gab es kein Zurück. Dass Reverend Stevenson jedoch erst einmal keine Antwort fand und recht erschroken, überrascht und wohl auch geschockt dreinblickte, verwunderte Clara nicht im geringsten. John hatte im Sommer nämlich ziemlich ähnlich ausgesehen, als sie ihm dieselbe Frage gestellt hatte. Darüber musste Clara ein wenig schmunzeln. Während der Reverend noch so aussah, als müsste er sich seine Antwort gut überlegen, überkam Clara dann doch leise Zweifel. Aber nicht über ihre Frage, sondern darüber, ob sie seine Antwort hören wollte. Was wenn er nein sagte, lachte oder sie fragte, ob sie noch bei Trost war und mit ihrer Mutter darüber reden wollte? Oh, dann saß sie aber ganz schön tief in der Tinte. Reverend Stevenson überrrascht Clara jedoch, als er endlich Worte fand. Sie waren nicht wirklich eine Antwort auf ihre Frage, aber es war auch kein klares Nein, aber auch kein klares Ja. Das gab Clara wieder Hoffnung und sie strahlte den Reverend an. "Das weiß ich auch nicht so richtig," sagte sie unverwandt ehrlich. "Ich kenne sie doch kaum, Reverend. Aber sie sind nett und lustig. Und sie machen Ma wieder glücklich und das ist gut für Ma und Eli und für mich. Sie lacht wieder und freut sich jeden Tag auf die Arbeit. Sie besteht auch wieder darauf, dass ich lerne, mich ordentlich anziehe und sie hat all die alten tausenden Ermahnungen für mich wieder übrig. Und das beste ist, dass sie bereit ist wieder mit Eli zu leben," Claras Gesicht wurde ein wenig ernster. "Ma war schon einmal sehr traurig," mit einem Seufzen ließ Clara ein wenig Luft über ihre Lippen entweichen, als wäre sie schon hundert Jahre alt und hätte ein schweres Leben hinter sich. "Nachdem sie Pa verlassen hat. John hat Ma wieder glücklich gemacht und er wollte sie auch heiraten, aber daraus ist dann nichts geworden und sie war furchtbar traurig. Ich war das auch. John war nämlich sehr nett und er hat mir immer...," hm, vielleicht war es keine so gute Idee dem Mann, den man gerade solch eine direkte Frage gestellt hatte, von jenem vorzuschwärmen, der fast tatsächlich ihr neuer Pa geworden wäre. Clara legte ihre Stirn in kleine Falten und sah zu Stevenson auf. "Ich will nur nicht, dass sie schon wieder traurig sein muss."
"Ich weiß, Clara." Mit diesen Worten beantwortete Terry wohl mehrere ungestellte Fragen auf einmal- für Clara, aber auch für sich selbst. Natürlich wusste Clara seine erste Frage nicht zu beantworten. Das Mädchen kannte ihn ja gar nicht und doch vertraute sie ihm offenbar, denn in ihrer Art zu antworten, fand er nicht die leisesten Anzeichen von Scheu, Verlegenheit oder gar Angst. Das Mädchen sprach frei heraus, so dass Terry ebenso frei heraus geantwortet hatte. Auch die ungestellte Frage, danach, ob es überhaupt möglich wäre, der neue Pa für die Kinder zu werden, schien auf den ersten Blick damit beantwortet worden zu sein. Zwar hatte Clara das nicht so ausdrücklich erwähnt, aber ihren Worten nach schien Erin sich in seiner Nähe mehr als nur wohl zu fühlen, sich an seiner Gegenwart zu freue und lachte wieder. Letzteres war nach Terrys Erfahrung bereits ein sicheres Zeichen dafür, dass Erin sich in seinem Haushalt glücklich fühlte. Wenn ich sie glücklich machen kann - das ist schon Zeichen, Herr. Für einen kurzen Augenblick schien sein Herz vor Freude zu springen, obwohl Clara gerade John erwähnte. Terry lächelte und musterte Clara vor ihm. Es erstaunte ihn immer wieder, wie feinfühlig manche Kinder waren. Clara schien besonders empfänglich zu sein, denn sie hatte nicht nur die Spannung, die zwischen ihrer Mutter und ihm bestand, sondern auch deutlich die Trauer ihrer Mutter mitfühlen können. Kurz tauchte Erins Gesicht vor seinem inneren Antlitz auf und ließ ihn lächeln. "Da haben wir wohl Etwas gemeinsam, kleines Fräulein. Auch ich will nicht, dass Deine Mom jemals wieder traurig wird." Obwohl Terry der kleinen Clara vor ihm fröhlich zuzwinkerte, meinte er seine Worte sehr, sehr ernst. Ich würde ihr die Sterne vom Himmel holen.. nur um sie lachen zu sehen... Terry unterdrückte ein Seufzen, denn noch immer hatte er von seinem Herrn kein "Ja" gehört, allerdings auch kein "Nein." Vielleicht kommt es auf den Versuch an.. Terry schob diese Frage in seinen Gedanken vor sich her, denn im Augenblick schien ihm Anderes wichtiger zu sein. Bald schon würden die ersten Gottesdienstbesucher erscheinen und er empfand diese erste Predigt hier schon als eine Art Test, den es zu bestehen galt. Wieder packte ihn leichtes Lampenfieber und dagegen half nur Aktivität. "Es wird Zeit, die Kerzen auf dem Altar anzuzünden. Willst Du nicht eben Eli Bescheid sagen, dass er sein Werkzeug wieder abstellt? Bald werden die Ersten kommen und sicherlich auch Eure Mutter."
Clara strahlte überglücklich, als Reverend Stevenson ihr anvertraute, dass er in Bezug auf ihre Mutter dasselbe vorhatte - sie glücklich zu sehen. Dass schloss wohl aus, dass der Reverend jemals etwas tun könnte, dass ihrer Ma wehtat. Aber hatte John nicht ähnliches versprochen? Wobei es ja nicht nur Johns Schuld gewesen war, dass daraus nicht mehr hatte werden können. Innerlich seufzte Clara darüber tief durch. Sie hatte Johns Geschichten sehr gerne gehabt und auch die Schokolade, die er immer mitgebracht hatte. Aber auch dass er ihnen geholfen hatte das Haus zu reparieren hatte Clara gefallen und wie John mit Eli und ihr umgegangen war. Sie vermisste ihn mehr als sie ihren Pa vermisste und das machte ihr ab und an doch ein schlechtes Gewissen. Aber ihr eigener Pa war selten zum Spielen da gewesen. Ja er hatte seine Späße mit ihnen gemacht und Eli zum Angeln und Campen mitgenommen, aber für sie war da nie viel Raum und Zeit übrig geblieben. Da war John ganz anders gewesen. Der Reverend erschien ihr allerdings ein wenig offener und lustiger, als John es je gewesen war. Deswegen war Clara sehr zuversichtlich, dass mit ein wenig Glück ihre Mutter für immer glücklich werden konnte. Auch wenn Stevenson ihr die Antwort mehr oder weniger auf direktem Weg schuldig geblieben war. Aber Clara glaubte zumindest, dass sie nicht gänzlich verkehrt lag. Ein wenig enttäuscht, dass die Unterhaltung von Stevenson rasch beendet wurde, weil seine Arbeit auf ihn wartete, seufzte sie laut. Ihr war schon bewusst, dass der Erwachsene einem unangenehmen Verhör mit einer siebenjährige entfliehen wollte. Darüber musste sie kurz grinsen, nickte dann aber, als er sie losschickte, nach Eli zu sehen.
"Ich hol ihn rein, wenn er fertig ist," versprach sie und hoffte Eli würde keine Probleme machen. Für den Augenblick wünschte sie sich ein bisschen Ruhe vor ihrem Bruder. Ohne eine Antwort abzuwarten lief Clara hinaus in die Kälte und über die geräumte Spur Eli hinter her. Er war tatsächlich fast fertig mit der Arbeit und Clara gab ihm Bescheid, dass er mit ihr reinkommen konnte. Ein bisschen aufwärmen würde ihm sicher nicht schaden, bevor sie bestimmt wieder vor die Kirche mussten, damit sie keinen Unsinn anstellen konnten, während der Reverend seine Gemeinde am Portal begrüßte. Eli war überraschend kleinlaut, maulte nicht, protestierte nicht, sondern schob den letzten Schneehaufen zur Seite und folgte ihr dann in die Kirche. Zuvor schlug er Besen und Schaufel vom Schnee frei und stellte beides wieder an die Stelle, wo er sie vorgefunden hatte. Seine Schuhe trat er ebenfalls am Portal vom Schnee frei und zog dann seine warme Mütze vom Kopf, ehe er etwas nach Clara die Kirche betrat. Drinnen war es schon sehr angenehm warm und Elis kalt gewordene Nase und Wangen fingen zu kribbeln an. Obwohl es ihm sonst durch die körperliche Arbeit rundum warm geworden war, hatte sein Gesicht gelitten. Er trat gleich an den Ofen und zog sich die Handschuhe aus. Ohne den Reverend mit eines Blickes zu würdigen streckte er die kalten Finger gegen den Ofen und genoß die Wärme. Wohlig seufzte er leise, als die Finger ebenfalls zu kribbeln anfingen.
"Eli ist fertig geworden," verkündete Clara stolz auf ihren Bruder, nachdem ihr klar wurde, dass Eli trotzig wie üblich in einer Ecke Zuflucht gefunden hatte, anstatt mit dem Reverend zu reden. "Aber es ist noch keiner da."
cf: Lakestreet 1, McKay's Beverages, Wohnung, Wohn- und Essbereich
Matt mit Jeremiah, Terry mit Eli und Clara
Verständnisvoll war Matt unterhalb der Veranda vor dem Laden kurz stehengeblieben, als Jerry sich dort nach dem Schnee bückte. Dieser würde die Hand sicherlich kühlen können, so dass die Schmerzen für den Jungen erträglich wurden. Sein kleiner Bruder jedoch sollte offenbar bewusst Zeuge einer Züchtigung Marthas werden. Marthas Schluchzen und unterdrücktes Weinen war ihm nicht entgangen. Im Stillen hoffte er natürlich, dass sie nicht dafür bestraft wurde, sich beim Schneiden seiner Haare ungeschickt angestellt zu haben. Ob und was sein Vater nun aber Ben damit beweisen wollte, war dem Siebzehnjährigen unklar, denn weder Ben noch Martha hatten Irgendetwas dazu erwähnt. Unbewusst kniff Matt die Lippen zusammen, während er Jeremiah voran die Lake Street hinab ging. Langsam wurde es heller, so dass er kurz den Blick gen Himmel hob. Der Himmel war voller Wolken und ein eisiger Wind pfiff ihm um die Ohren. Mit weiterem Schneefall war also zu rechnen, aber so, wie er die Wetterlage einschätzte, drohte kein Schneesturm - zumindest nicht innerhalb der nächsten Stunden. Er würde also, wie gehofft, mit Jonathan ausreiten können. Der Gedanke an Shy Boy und einen für Pferd und Reiter erfrischenden kurzen Galopp hob seine Laune wieder, so dass er begann ein leise Melodie vor sich hin zu pfeifen. Der Kirchplatz war sorgfältig gefegte und noch wiesen keine Spuren darauf hin, dass viele Menschen am Gottesdienst teilnehmen würden. Es mochte also wirklich der Fall sein, dass die Glocke zu früh angeschlagen wurde, oder aber die Menschen brauchten bei dem Schnee eben länger, um in die Kirche zu gelangen. Bei denen im Umland lebenden Farmern und Ranchern konnte er sich leicht vorstellen, dass sie eingeschneit waren - und die Bewohner Camden Villages hatten vielleicht auch noch vor ihrer eigenen Tür zu kehren. und das nicht nur den Schnee. Falls Jesse kommt, oder Megan, womöglich beide zusammen - und dann ist auch noch dieser Bowman in der Stadt.. das sorgte auch für neuen Klatsch in der Stadt. Fast boshaft war Matts Grinsen, als er sich bei dem Gedanken erwischte, dass dieser Bowman sich hoffentlich schlecht aufführte, denn dann wäre die Aufmerksamkeit der Menschen von den Geschehnissen rund um Jesses Enführung abgelenkt. Inzwischen hatte er das Kirchenportal erreicht und öffnete die Tür. Sofort schlug ihm warme Luft entgegen. Der Reverend hatte es also geschafft, den Ofen zu entfachen, die Kirchenplatz vom Schnee zu befreien - und jetzt stand er neben Mrs. Porter am Harmonium? Nicht schlecht, Herr Specht. "Nach Dir, Jermiah - und glaube ja nicht, Du könntest Dich drücken. Aufgeschoben wäre nicht aufgehoben." Erst als Matt zur Seite trat erkannte er auch Eli, der dicht am Ofen stand, und die kleine Clara. Beide verhielten sich ruhig und schienen den Reverend nicht stören zu wollen. Nach ein paar Takten erkannte Matt auch die Melodie eines Gospels. Was seine Eltern von so moderner Musik wohl halten würden?
cf: Lakestreet 1, McKay's Beverages, Wohnung, Wohn- und Essbereich
Matt mit Jeremiah, Terry mit Eli und Clara (Mrs. Porter an der Orgel)
Eli hatte sich inzwischen mit Clara näher an den Ofen eingefunden, wo sie es bedeutend angenehmer hatten, als er es in seiner stillen Ecke weiter hinten gehabt hatte. Zwar war das plötzliche Auftauchen von Mrs. Porter nicht unbedingt etwas gewesen, das Elis Laune gehoben hätte, aber sie störte ihn erstaunlicherweise weniger, als angenommen. Zwar warf ihm das Urgestein von Camden Village immer wieder mal einen kritischen Blick zu, ganz so als wollte sie sich bestätigt darin fühlen, dass er ein ungezogenes Balg war, aber Eli saß ausnahmsweise fast still auf der Bank und ließ nur die Beine leicht baumeln. Er gab ihr keinen Anlaß genau dies anzunehmen. Sein Kopf war angefüllt von so vielen Gedanken, dass er ihm bereits brummte. Die frische Luft und die Arbeit hatten ihn zwar recht munter gemacht und den Kopf freigeblasen, aber hier auszuharren, bis ihre Mutter wieder kam oder der Gottesdienst endlich anfing, machte schläfrig und nachdenklich. Aber Eli wollte gar nicht über seinen Pa nachdenken und über seine Ma, er wollte nicht herausfinden, ob die beiden vielleicht sogar wieder zusammen finden konnten oder der Reverend ein Zankapfel werden könnte. Aber das war nicht so einfach. Clara dagegen rutschte ungewohnt unruhig auf ihrem Platz hin und her und Eli spürte, dass sie gerne reden würde, aber Eli wollte nicht. Die Ohrfeige tat ihm unendlich leid und der dumme Streit auch. Aber eine Entschuldigung fand er genauso schwer wie vor all dem Mist, der im Herbst und danach passiert war. Vielleicht fiel es ihm sogar jetzt noch ein Stück schwerer als früher, denn verschlossen und in sich gekehrt, wie er die letzten Wochen über verbracht hatte, hatten ihn scheuer und zurückhaltender gemacht. So ignorierte er absichtlich Clara und starrte abwechselnd zum Ofen, dann auf seine Schuhe, dann zur Tür und seufzte gelegentlich gelangweilt. Ein wenig Abwechslung brachte der kurze Disput zwischen dem Reverend und Mrs. Porter, die sich weigern wollte seine Lieder zu spielen. Das hatte Eli doch hellhörig gemacht und insgeheim gönnte er dem Reverend die Schwierigkeiten mit Mrs. Porter. Mit ihr hatte es niemand leicht. Wieso sollte es bei Stevenson anders sein? Natürlich war Eli schadenfroh und schämte sich nicht einmal dafür. Geschah ihm ganz recht, wenn er sich an seine Ma heranmachte... Wieso Mrs. Porter die Lieder aber nicht spielen wollte, verstand Eli nicht. Er fand sie, als sie sie kurz anspielte, überraschend beschwingt und er fand Gefallen daran. Auch wenn er sich das nicht gerne eingestand, denn sein Vorhaben den Reverend und alles mit ihm erst einmal abzulehnen wurde dadurch von ihm selbst sabotiert. Scheinbar trafen die beiden eine Einigung, denn Mrs. Porter räumte, wenn auch sehr verschnupft ein, dass sie für heute wohl keine andere Wahl hätte und sich dem Herrn beugen würde. Sie stimmte gerade ein Lied zum kurzen Üben an, als die Kirchentür geöffnet wurde. Eli reckte neugierig wie auch Clara, den Hals, denn normalerweise wartete man in Camden Village vor dem Portal, bis der Reverend einen einließ. Entsprechend neugierig waren die Kinder auf diesen ungehobelten Menschen, der sich über die Sitten hinwegsetzte. Enttäuscht verzog Eli das Gesicht, als er Jeremiah entdeckte, der hineinschlüpfte, dicht gefolgt von Benjamins älterem Bruder. Und wo steckte dessen Freund? Benjamin selbst? Die zwei waren doch zusammen aufgebrochen? Doch hinter Matthew ging die Tür ins Schloss und von Benjamin war keine Spur zu sehen. Kurz vergaß Eli seine Skepsis gegenüber Jeremiah und fragte sich besorgt, ob vielleicht etwas passiert war. Wieso sonst sollte der große Bruder mitkommen?
Voller Ungeduld und Neugier folgte Elis Blick Jeremiah, der anders als gewöhnlich, nicht sonderlich fröhlich und munter wirkte. Er sah nicht einmal zu Clara und Eli herüber, obwohl er sie sehr wohl beim Eintreten gesehen hatte. Leider hatte er sie gesehen! Hoffentlich würde man ein bisschen Gnade ihm gegenüber walten lassen und er musste nicht vor Eli ein Geständnis ablegen oder sich gar die Standpauke seines Vaters anhören müssen. Nein Jeremiah fühlte sich in der Gesellschaft all dieser ihm doch recht fremden Menschen nicht wirklich wohl. Da halfen auch die schönen Takte des Kirchenliedes nichts, das auf der Orgel gespielt wurde, noch trugen Matthews warnende Worte dazu bei, dass Jeremiah genug Mut aufbrachte mit aufrechtem Gang in die Kirche zu marschieren. Ihm kam sowieso der Gang durch die Mitte der Bänke vor wie der Weg zum Galgen. Genauso mussten sie sich alle gefühlt haben, die Outlaws und Viehdiebe aus Jeremiahs wilden Geschichten, die am Ende vom Sheriff gestellt zum Galgen hatten laufen müssen. Jeremiah seufzte leise und schielte kurz vor Ende ein wenig zur Orgel, wo Vater stand und wohl ein wenig überrascht wirkte. Wer wäre das wohl nicht, der ihn in Begleitung der McKays zu einem viel späteren Zeitpunkt erwartete? Am Rande hatte Jeremiah erneut mit dem am Morgen kurz erlebten Anflug von Eifersucht den geräumten Weg bemerkt und auch die bereits ausgelegten Gesangsbücher in den Bänken registriert. Seine Arbeiten, seine Aufgaben, seine Hilfe für Vater, nicht die von Eli... Aber nicht einmal damit konnte er heute gut Wind bei Pa machen. Er hatte sich bereits am Morgen genug Ärger eingehandelt um jetzt das Fass zum Überlaufen zu bringen. Da war sich Jeremiah ziemlich sicher. Im Grunde hatte er die zerschlagene Scheibe schon längst wieder vergessen, denn alles danach war viel schlimmer gewesen. Mit ausreichendem Abstand zum Vater blieb Jeremiah an der letzten Bankreihe stehen und bemerkte, dass er noch immer ein wenig Schnee in der schmerzenden Hand hielt. Da hatte er gar nicht mehr daran gedacht, weil es so schön kühlte und gut tat... Wohin jetzt damit? Darauf gab es keine Antwort und entsprechend fing der geschmolzene Schnee zwischen seinen Fingern an auf den Kirchenboden zu tropfen. Jerry selbst hielt den Blick eisern vor sich gerichtet. Am liebsten hätte er Pa sofort von Mr. McKays Ungerechtigkeit erzählt und ihm seine schmerzende Hand gezeigt. Aber das hätte unangenehme Fragen aufgeworfen, vor denen sich Jerry natürlich fürchtete. Zudem waren mit Mrs. Porter und Matthew genug Menschen anwesenden vor denen er sich zu benehmen hatte. Sie waren erwachsen, na ja einer so gut wie, und Jerry wollte nicht noch mehr Ärger riskieren. ALso überließ er den Erwachsenen das Reden, bis man ihn fragte, so wie es sich gehörte...
Terry mit Eli u Clara (Mrs. Porter an der Orgel), Matt und Jeremiah treten ein
Nicht nur für diesen Sonntag.. Innerlich seufzte Terry über diesen kurzen Disput mit Mrs. Porter. Er hatte ja gewusst, dass er sich mit der Einführung neueren Liedgutes nicht nur Freunde machen würde, aber mit ganz so viel Gegenwind hatte er nicht gerechnet, oder zumindest nicht ausgerechnet seitens einer gläubigen Frau, wie Mrs. Porter. Selbstverständlich hatte er nicht vor von heute auf morgen die alten bekannten Lieder gegen neuere auszutauschen. Das lag ihm genauso fern, wie die Liturgie kurzerhand außer Kraft zu setzen. Solche Veränderungen brauchten stets viel viel Zeit , denn vor nichts hat der Mensch mehr Angst, als vor Veränderungen. Das Geräusch des Portals und der Schritte ließen auch ihn aufsehen und zur Tür blicken. Verwundert registrierte er, dass Jeremiah nicht etwa in Begleitung Bens oder der Familie McKay, durch die Reihen kam, sondern in Begleitung von Matthew Mckay. Das hatte Terry nicht erwartet und so beobachtete er zunächst nur, wie Jeremiah in mehr als respektvollem Abstand zu ihm in Höhe der ersten Bankreihe vor ihm stehenblieb. Kurz musterte er seinen Sohn, der nicht wie gewohnt, auf ihn zukam und sofort begann, zu erzählen, sondern eher betreten da stand. Aus seiner zur Faust geballten Hand tropfte Wasser und Terry nahm an, dass Jerry gerade noch aus Spaß einen Schneeball gemacht hatte, der nun vor sich hin schmolz. Darüber ärgerte Terry sich nicht, denn das war wohl ein Vergnügen für alle Kinder in dem Alter - und auch für manchen Erwachsenen. Dennoch schien Jeremiah ganz gegen seine Gewohnheit schweigen zu wollen und den Erwachsenen das erste Wort zu überlassen. Terry war sich ziemlich sicher, dass Jeremiah Irgendetwas getan hatte, um den Unmut der McKays aufzuziehen. Anders war es ihm nicht erklärlich, warum diese ihn in Begleitung Matthews bereits vor dem Gottesdienst zu ihm schickten. Da Jeremiah sich aber ausnahmsweise so bedeckt hielt, wie es wohl von den meisten Erwachsenen für die meisten Kinder angebracht schien, ließ Terry ihn zunächst gewähren und schweigen. "Guten Morgen, Mr. McKay. Schön, Sie zu sehen." Terry hatte kein Problem damit, dem Siebzehnjährigen freundlich und auf Augenhöhe zu begegnen, war dieser doch fast erwachsen zu nennen. Außerdem erinnerte er sich genau, an diesen integeren jungen Mann, der so mutig und radikal zu seinen Überzeugungen stand. [/i] Und ob man Sie im Reich Gottes gebrauchen könnte..[i] "Was ist passiert?" Fragend sah Terry über Jeremiah hinweg zur Tür und wandte sich Matthew zu, als er gewahr wurde, dass dieser auch ohne seine Eltern gekommen war. "Guten Morgen, Reverend. Ich denke, das wird Jeremiah selbst erzählen." Aufmunternd und freundlich stupste er Jeremiah leicht an der Schulter an. "Vielleicht gehen wir lieber ein Stück zur Seite. Ich will Mrs. Porter nicht mehr als nötig stören." Terry war völlig klar, dass Jeremiah wohl kaum in Gegenwart Mrs. Porters oder in der Gegenwart von Eli und Clara erzählen würde, was passiert war. Erst jetzt wurde Matt bewusst, dass außer dem Reverend bereits Mrs. Porter an der Orgel saß und Eli und Clara sich in der Nähe des Ofens aufhielten. Mit einem freundlichen Wort begrüßte er Mrs Porter respektvoll und nickte auch Eli und Clara freundlich zu. Sein Gesichtsausdruck machte dabei deutlich, dass er sich schon darüber wunderte, dass die beiden Kinder ohne ihre Mutter da waren. Allerdings ging ihn das nichts an und so wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Jeremiah und dem Reverend zu. Sicher hatte er dafür zu sorgen, dass der Junge vollständig beichtete, aber sollte der Junge seinen Wutanfall nicht erwähnen, würde er ihn sicherlich nicht daran erinnern. Wahrscheinlich hatte Jeremiah ohnehin deswegen bereits ein ganz schlechtes Gefühl im Bauch und das wohl noch länger jedes Mal, wenn er auf ihn, Matt, traf.
Terry mit Eli u Clara (Mrs. Porter an der Orgel), Matt und Jeremiah treten ein
Jerry wippte leicht auf den Fußspitzen, als sein Vater das Wort ergriff und erst einmal Matthew begrüßte. Das Orgelspiel von Mrs. Porter fand an dieser Stelle ein Ende und Jerry fühlte sich sofort beobachtet. Und das lag sicher nicht alleine daran, dass Clara und Eli vor Neugier die ganze Zeit herüber starrten oder an seinem Pa. Nein, Mrs. Porter sah ganz bestimmt auch herüber. Jerry bekam es leider nicht übers Herz aufzusehen und anständig die ältere Dame zu grüßen. Er hatte für solche Details keinen Kopf frei. Dieser war viel zu sehr damit beschäftigt, was er seinem Vater gleich zu sagen hatte und in wie weit er dabei die Wahrheit in Matthews Anwesenheit ein wenig gerade rücken konnte. Seine Chancen rechnete sich Jerry allerdings nicht für sehr groß aus. Mr. McKay hatte ja ausdrücklich darauf bestanden, dass Matthew darauf aufpasste, was Jerry seinem Pa erzählen würde. Da flog jede Lüge doch gleich auf und dann hätte Jerry wirklich schlimmen Ärger zu befürchten. Und selbst wenn er beim einen oder anderem Punkt flunkern konnte, würde es spätestens dann auffliegen, wenn sich Mr. McKay mit seinem Vater nach der Kirche unterhielt. Egal wie es Jerry drehte und wendete, es gab keinen Ausweg für ihn. Er musste zur Abwechslung mit der ganzen Wahrheit herausrücken, auch wenn ihm die Konsequenzen bewusst waren und er nichts lieber getan hätte, als zu lügen, um sich vor der Rute zu drücken. Der kurze Gedanke an die Rute ließ Jerrys Magen mit einem seltsam unangenehmen Gefühl reagieren. So als wäre sein Magen ganz leicht und schwebte im Bauch. Es war schwer zu beschreiben, fand Jerry, aber er erkannte es deutlich als Angst.
Und dann kam auch schon die gefürchtete Frage nach dem Grund seines frühzeitigen Hier seins. Sein Herz fing ein wenig schneller an zu schlagen und er musste heftig Schlucken um nicht einfach in Tränen auszubrechen. Er konnte mutig sein, wenn es darauf ankam, wie vorhin in Bens Gegenwart. Er konnte mutig und vorlaut sein, wenn man ihn direkt erwischte und er alles daran zu setzen hatte, sich zu verteidigen. Und er konnte mutig, vorlaut und dumm sein, wenn es darum ging in den eigenen vier Wänden dem Vater die Rute auszureden. Aber hier in der fremden Kirche, mit den ganzen fremden Menschen, fühlte sich Jerry weit davon entfernt mutig zu sein. Er hatte auch reichlich viel Zeit gehabt, sich viele Gedanken darüber zu machen wie sein Pa reagieren würde und was er zu befürchten hatte. Das alleine war Grund genug sich zu bemitleiden und in Tränen seinen Pa um Verzeihung anzubetteln. Alles, nur nicht schon wieder die Rute, dachte Jerry niedergeschlagen und schluckte natürlich die Tränen herunter. Vor Eli und Matthew würde er jetzt nicht beweisen, dass er in der Tat erst zehn Jahre alt war und durchaus auch die Furcht vor seinem Vater kannte, die er bei Ben nur zu gerne belächelte. Also straffte er die Schultern, hob aber nicht den Blick, als er zu Matthews Worten nickte und dann zur Seite trat. Es war irgendwie nett, dass Bens Bruder so etwas wie Rücksichtsnahme kannte und sie an ihm sogar ausüben wollte. Mrs. Porters neugierigen Ohren musste er nun wirklich nicht Gesprächsstoff liefern. Sein Pa würde es ihm sicher auch ganz schön übel nehmen, wenn er ihn vor Mrs. Porter so blamieren würde, wie gleich vor Matthew.
Aber natürlich wollte es Matthew ihm überlassen, mit dem Reden anzufangen. Das war gemein. Aber was hatte er anderes von einem erwartet, der den eigenen Bruder an den Vater auslieferte und in Kauf nahm, dass dieser Ben schlug? Obwohl... wenn es sich Jerry genauer betrachtete hatte er sicher das größere Übel vor sich als Ben, der mit seinen zwei Tatzen bestimmt leichter davon gekommen war. Auch wenn Jerry noch immer nicht verstand, was genau Mr. McKay bei Ben abgestraft hatte, wusste er, dass er mit seinen Worten zumindest erreicht hatte, dass Ben straffrei ausging. Er hatte den Ball ja nicht geworfen und dummes Zeug geredet hatte er auch nicht. Schon gar nicht hatte er Matthew gegen das Knie getreten... ungewollt lief Jerry ein wenig rot bei diesen Gedanken an und fragte sich wo er nur am besten damit anfing. Die kaputte Scheibe würde seinen Pa vielleicht nicht wütend machen. Das konnte ja passieren. Aber wenn er den Stein im Schneeball erwähnte, bekam er vielleicht gleich hier an Ort und Stelle eine Ohrfeige und die vor Matthew und den anderen wollte er nicht riskieren. Aber den Stein zu verschweigen war natürlich dumm. Mr. McKay oder Mrs. McKay müssten inzwischen nach dem Schaden gesehen haben und den Stein gefunden haben. Dieser würde garantiert zwischen den Vätern zur Sprache kommen. Ach es war zum Verzweifeln. Egal wo Jerry ansetzte um ein Hintertürchen zu finden, stolperte er über seine eigene Dummheit, die ein Lügen unmöglich machte.
Und dann tat er doch, was er immer in solchen Situationen tat... er ging zum Angriff über und verteidigte sich. "Ich hab gar nichts schlimmes gemacht Pa," und damit log er nicht mal wirklich fand Jerry. "Ich wollte mit Ben nur einen Schneemann bauen. Im Garten," dass es ihm genauso untersagt gewesen war wie Ben noch zu spielen, hatte er bereits längst vergessen. Der Ärger vom Morgen war zwar noch immer in seinen Gedanken, auch das unangenehme Gefühl seinen Pa einmal mehr enttäuscht zu haben, aber beherrschten diese nicht mehr. "Und Ben, das Baby, wollte seinen Bruder zum Helfen in den Garten locken. Ich hätte einen Schneemann auch alleine hinbekommen," ja keine Angst zeigen, dachte sich jerry und sah inzwischen seinen Pa wieder an und klang doch ganz selbstsicher in seinen Ohren. Und ohne das er es noch beeinflussen konnte machten sich wie üblich die Worte selbständig, verteidigten ihn, klagten die falschen Personen an und verheimlichte die eigenen Taten. Er klang sichtlich erregt und die Worte kamen schnell über die Lippen, um zu verhintern, dass Matthew ihn unterbrechen konnte. Ben hat dafür Schneebälle an das Zimmerfenster geworfen und ich habe geholfen und dann ist eine Scheibe zerbrochen und Mr. McKay ist deswegen völlig ausgerastet," anklagend streckte er seinem Pa die rechte Hand entgegen, über die sich zwei hässlich rote, bereits geschwollene Striemen zogen.
Terry mit Jeremiah u. Matt, Eli und Clara (Mrs. Porter an der Orgel im Hintergrund
Terry nickte zu Matts Worten und ging ein paar Schritte zur Seite, so dass er mit seinem Sohn außer Hörweite von Mrs. Porter und Erins Kindern sprechen konnte. Auch diese mussten nicht unbedingt zu hören, aber der Gedanke, dass Mrs. Porter womöglich nicht nur jedes Wort verstand, sondern dieses am nächsten Tag spätestens bereits zum Stadtgespräch machte, war für Terry nahezu beängstigend. So viel Umsicht allerdings hatte er Matthew nicht zugetraut, aber wohl auch nicht einem anderen jungen Mann in dem Alter. Die meisten Siebzehnjährigen dachten über derlei Dinge nicht nach. "Das war ein weiser Vorschlag, Matthew. Es reicht wohl, wenn ich mich damit befassen muss. Also?" Fragend sah er nun auf seinen Sohn herab und verdrehte innerlich frustriert die Augen, als Jerry zunächst äußerte, nichts Schlimmes gemacht zu haben. Terry ahnte ungefähr, was kommen würde und sollte Recht behalten, denn wie immer in so einer Situation, begann Jerry damit, die Sache zu vertuschen, zu beschönigen und als allerletzten Strohhalm zu Halbwahrheiten zu greifen. Ganz schlau aus Jeremiahs Schilderung wurde Terry nicht, aber er meinte, Francis McKay schon ein bisschen einschätzen zu können. Dieser erzog seine Kinder zwar mit weit mehr Härte, als er und zog die Grenzen sehr, sehr eng, neigte aber wohl kaum dazu grundlos auszurasten - um Jeremiahs Ausdruck zu benutzen. Dennoch erschien eine steile Zornesfalte auf Terrys Stirn, als Jeremiah ihm die von Stockhieben verletzte Hand zeigte. Wahrscheinlich hatte Mr. McKay einen guten Grund gehabt, um seinem Sohn sofort die Leviten zu lesen, aber dies war Terrys Pflicht, Aufgabe und auch Previleg. Er entschied ob und wann Jeremiah körperliche Züchtigung als legitimes Erziehungsmittel zu ertragen hatte und er war auch derjenige, der eine solche ausführte! Darüber würde er mit dem Nachbarn wohl noch ein ernstes Worte sprechen müssen, aber jetzt galt es, angemessen auf Jeremiah zu reagieren. "Nun, Du wirst die Hiebe wohl verdient haben, mein Sohn. Ich glaube nicht, das Mr. Mckay grundlos ausrastet und hatte ich Dir nicht gesagt, Du mögest mit Ben umgehend zu den McKays gehen?" Terry schrie nicht in seinem Ärger, das hätte auch keinen Sinn, aber die Enttäuschung über den neuerlichen Ungehorsam seines Sohnes war deutlich zu hören. Darüber, dass Jeremiah seinen Freund als Baby darstellte, äußerte er sich nicht. Das war vielleicht nur vor dem anwesenden Matthew so, denn welcher Zehnjährige outete sich schon gerne einem so viel älteren Jungen gegenüber, als sich vor dem Vater ängstigenden Kind! Sicherlich versuchte Jeremiah mal wieder, den Kopf aus der Schlinge zu bekommen, um nicht doch noch ins Arbeitszimmer zu müssen. Jeremiah hielt seine wunde Hand wie anklagend in die Höhe. Terry nahm die Hand sehr vorsichtig in seine und sah sich die Striemen genauer an. Wund waren sie nicht und geblutet schienen die Striemen nicht zu haben, aber sie waren gerötet, ein wenig angeschwollen und Terry ahnte, dass Jeremiah wohl für die nächte Zeit genug davon hatte, mit Schneebällen nach fremden Fenstern zu werfen. "Du warst ungehorsam, Jeremiah - und das weißt Du sehr wohl. Normalerweise würde ich das sofort mit dem Rohrstock ahnden. Dass ich das jetzt nicht tue - hast Du den äußeren Umständen zu verdanken - und ich will zunächst von Ihnen, Matthew, hören, ob es sich so zugetragen hat." Diese Worte waren ernst gemeint und "War das so? Matt?" Terrys Stimme klang ärgerlich und schärfer, als beabsichtigt hatte. Schließlich sprach er mit dem Sohn eines Mannes, der gerade eben an seiner Stelle, seinen Sohn bestraft hatte! Allerdings konnte man Matthew wohl kaum für die Verhaltensweisen seines Vaters verantwortlich machen. Auf dem Gesicht des jungen Menschen erschien ein leichtes Grinsen, dass Terry nicht auf seine Frage bezog. Allerdinngs hatte er dafür zunächst keine Erklärung, so dass Matthew leicht irritiert ansah. Sein Blick warnte Matthew davor, jetzt die Unwahrheit zu sagen oder die Wahrheit zu Jeremiahs Gunsten zu verdrehen.
Matt, Terry u. Jeremiah, Eli u. Clara im Hintergrund, Mrs. Porter an der Orgel
"Ja, Sir - zumindest dem Grunde nach." Matthew seufzte, denn aus seiner Sicht heraus war die Frage des Reverends unfair. Was sollte er denn jetzt antworten? Er würde doch nicht bewusst lügen wollen - und schon gar nicht einen Reverend anlügen! Blieb er bei der Wahrheit, würde er wohl seinen Bruder in ein schlechtes Licht rücken müssen, denn dieser hatte doch genau gewusst, dass er mit seinem Verhalten den Vater nur wieder verärgerte! Ein bisschen irritiert hatte er sich schon gezeigt, als Jeremiah Ben als Baby bezeichnete. Schließlich musste Jerry nicht unbedingt mit Ben rumhängen, wenn er das Gefühl hatte, mit diesem eher ein Baby zu beaufsichtigen, als mit diesem zu spielen und zu lernen - gemeinsam erwachsen werden eben! Außerdem würde er den Reverend wohl noch mehr gegen den Jungen aufbringen und das wollte Matt auch nicht. Zwar hatte Jeremiah das durchaus verdient, aber Matt brachte auch viel Verständnis für den Jungen auf, der ihm so ähnlich war. "Es war wohl ähnlich wie Jeremiah Ihnen berichtet hat. Die Jungs haben offenbar nur einen Schneemann bauen wollen und durch an mein Fenster geworfene Schneebälle versucht, meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Mein Vater hat wohl beobachtet, dass die Scheibe unmittelbar nach einem Wurf Jeremiahs kaputt ging. Ich habe dies nicht beobachten könne - und war auch nicht in meinem Zimmer." Kurz zuckte Matt die Achseln und ging nicht darauf ein, dass er bereits unterwegs gewesen war, um die Jungs zu suchen. Es lag ihm jetzt wirklich fern, dem Reverend darauf zu stoßen, dass seine Eltern den Verdacht hegten, Jeremiah könnte Ben zu Unsinn anstiften - was ja wohl auch der Fall gewesen ist. "Gegenüber meinem Pa hat Jeremiah zugegeben, das sein Wurf für die kaputte Scheibe verantwortlich war." Innerlich wand Matt sich gerade, denn so den Jungen anzuschwärzen war nicht nett. Dieser verstand hoffentlich, dass er nicht anders konnte, denn eine gegenteilige Aussage würde spätestens am Nachmittag durchschaut werden, so sein Pa sich mit Stevenson unterhielt - und das würde dieser! "Jeremiah war mutig und ehrlich genug, um Ben nicht dafür gerade stehen zu lassen. " Matt wandte sich kurz direkt Jeremiah zu. "Allerdings bist Du dabei meinem Vater ins Wort gefallen und hast es ein wenig an Respekt mangeln lassen - das hat ihn Dir gegenüber zum Stock greifen lassen." Dass es außerdem noch darum ging, dass sein Pa fremde Kinder genauso züchtigte, wie die eigenen, und dass Jeremiah die Autorität Pas in Frage gestellt hatte, erwähnte Matt nicht. Das wusste Jeremiah vermutlich selber ganz genau. "Mehr gibt es aus meiner Sicht nicht dazu zu sagen." Matt war sich immer noch nicht sicher, wie das Fenster durch lockeren Schnee hatte zerstört werden können und ob nicht doch der Verbrecher, dem er im Zusammenhang mit Jesse Harding in die Quere gekommen war, dafür verantwortlich gewesen war. Darüber mit dem Reverend zu sprechen, lag ihm jedoch fern und auch den sich gegen ihn gerichteten Wutanfall Jeremiahs erwähnte er nicht. Davon konnten seine Eltern nichts bemerkt haben, so dass das nicht ans Licht gezerrt würde. Matt war froh, dass der Reverend offenbar keine Rückfragen mehr hatte und ihn mit einem freundlichen Nicken aus dem Gespräch entließ. Noch waren seine Eltern nicht da und die Kirche fast leer, so dass er die Hoffnung hegte, Jesse noch vor deren Erscheinen abfangen zu können. Er wollte den Freund unbedingt noch sprechen, einmal um Erlebtes sortieren und verarbeiten zu können, aber auch um seine für Gefühle für Rebeccah klar zu kriegen - soweit Jesse genügend Geduld hatte, das mit ihm auszubaldovern. Er hatte schließlich viel mehr Erfahrung in derlei Dingen, als Matt! Der Siebzehnjährige zog sich ein wenig zurück und setzte sich an den Platz, den er im Gottesdienst üblicherweise einnahm. Sein Vater war im Kirchenrat, so dass es sich für diesen und seine Familie durchaus geziemte, in einer der ersten Reihen von vorne Platz zu nehmen. Matt setzte sich also in die erste Reihe, wandte sich aber dem Mittelgang zwischen den Bankreihen zu, um Jesse so rechtzeitig sehen zu könnne, dass er diesen zumindest auf sich aufmerksam machen konnte, ohne dass sein Vater dieses sofort übel bemerken konnte. Außerdem würde er so weder Joe noch Rebeccah übersehen können. Rebeccah.. Allein der gedachte Klang ihres Namen ließ sein Herz schneller schlagen!