Ben mit Francis auf dem Hof, Molly geht mit Martha in die Wohnung
Den ganzen Weg über hatte Ben kaum den Kopf gehoben, sondern war völlig in Gedanken versunken seinen Eltern und Martha gefolgt. Darüber, dass Matt offenbar eigene Wege ging, war er nicht einmal verwundert, denn das war wohl zu erwarten gewesen. Den Worten des Reverends hatte er kaum zu folgen vermocht, denn einerseits kannte er die Bibel viel zu wenig, um entsprechende Schlüsse zu ziehen und andererseits war er damit beschäftigt gewesen, sich die Strafe auszumalen, die sein Vater sich für ihn überlegt hatte. Erst am Montag hatte er sich der harten Schläge mit dem Rasierleder statt mit dem Rohrstock stellen müssen. Sicherlich wurde es Zeit für dieses gräßliche Paddle, mit dem Matt auch schon bestraft worden war. Für ihn gab es jedoch kein solches und sein Pa machte keine Anstalten, in die Wohnung hinauf zu gehen, um das von Matt zu holen. Hoffnung keimte nun in Ben auf, während er beobachtete, wie seine Ma mit Martha ins Haus ging und die Tür hinter sich schloss. Vielleicht würde sein Pa ihn nicht so hart strafen, denn die Hiebe auf die Finger - die hatte er doch bestimmt nicht vergessen? Jerry hat es gut - und weiß gar nicht, wie gut er es bei seinem Pa hatte. Der hate ihn ja nicht mal wegen seiner Verspätung bestraft..Obwohl Ben sich durchaus geliebt fühlte und wusste, dass sein Pa das Beste für ihn wollte - auch wenn das oft schmerzhafte Hiebe bedeutete - , fühlte er doch Neid in sich aufsteigen. Er hätte sich an Jerry Stelle bestimmt sofort von seinem Pa hinter die Kirche zerren lassen müssen und dort hätte er schon sein Fett weg bekommen. Fest und warm spürte er die Hand des Vaters in seinem Nacken, die ihn nun zum Schuppen zu schieben schien. Ben hatte gar nicht bewusst versucht, Zeit zu schinden, fühlte sich so nun aber doch gedrängt, ein wenig schneller zu gehen. Er wollte doch auch diese Strafe hinter sich bringen - und danach nur noch in Ruhe gelassen werden. Offenbar war es falsch anzunehmen, sein Vater wolle das auch schnellstmöglich hinter sich bringen, denn dieser blieb zu Bens Verwunderung vor dem geöffneten Schuppen stehen und reichte ihm sein Taschenmesser. Damit wusste Ben zunächst noch nicht viel anzufangen, nickte aber zu den Worten seines Vaters. Sicher erinnerte er sich an ihr Gespräch vom Montag und ihm war auch klar, dass wohl nur große Jungen, die wuchsen, mit einem Taschenmesser umgehen durften. Erst die Worte seines Pas, er werde ihn nun härter bestrafen und nicht mehr wie einen kleinen Jungen übers Knie liegen, ließ ihn aufsehen. "Ja, Sir." Mehr brachte er nicht über die Lippen, denn er fürchtete sich nun doch wieder vor dem, was da auf ihn zukommen würde und den Zusammenhang zwischen der nun so anderen Art der Züchtigung und dem Messer verstand er auch erst im zweiten Anlauf. Eine Rute? oh, nein...bitte nicht.. Beinahe hätte Ben seiner Angst in Worten Ausdruck verliehen. Zu genau erinnerte er sich an jenen Nachmittag im August, an dem Matt mit von der Rute zerschlagenen Rücken aus dem Schuppen gekommen war. Das war für ihn ein weit größerer Schrecken gewesen, als er hatte seinen Eltern und Geschwistern gegenüber zu gegeben hatte und noch immer verfolgte ihn diese Erleben ab und zu in seinen Träumen. "Rute - ja Pa." Bens Unterlippe zitterte verdächtig, so das er wie verlegen auf diese biss und sich von seinem Vater abwandte. Seine Angst unterdrückte er genauso wie das plötzliche Verlangen, seine Blase entleeren zu müssen. Das war ihm bereits am Montag schlecht bekommen und würde nur wieder dazu führen, dass er Trost suchend, Hand an sich legen würde - und was das im Ernstfall bedeuten konnte, wollte er sich nicht einmal im Entferntesten ausmalen. Er hatte immer noch nicht den Mut gefunden, Matt danach zu fragen, aber dieser hatte ihm schon berichtet, dass er sich die Rute für die Hiebe mit dieser selber hatte schneiden müssen. Jetzt war Ben ausgesprochen dankbar für die Direktheit und Spontanität seines älteren Bruders, mit der dieser ihm gezeigt hatte, worauf es bei so einer Rute ankam. Ben musste also nicht lange suchen, bis er den Haselstrauch fand, dessen Ruten nach Matts Auskunft gut geeignet waren. Sie waren eben nicht zu klein oder zu dünn, aber auch nicht zu dick, so dass sie gut in der Hand lagen und flexibel waren. Ben nickte zufrieden, als er vor dem Strauch stand, denn auch in einem anderen Punkt hatte Matt Recht behalten: Die Ruten waren in einer Höhe, in der Ben diese bequem schneiden konnte. Zunächst schüttelte er den Schnee ein bisschen herunter, um eine Stelle zu finden, an der er ihn würde abschneiden können. Noch hatte Ben die mahnenden Worte im Ohr, die ihn zu Eile drängten, so dass er bei dem Versuch möglichst schnell zu machen, die Kontrolle über das Messer verlor. Die Klinge rutschte von der Rute ab, so dass sich Ben damit in den Daumen schnitt. Schmerzen tat das nicht, aber es blutete heftig, so dass Ben den Daumen sofort in den Mund nahm und so unbewusst versuchte, die Blutung zu stoppen und die Schmerzen, die nun doch eintraten, zu betäuben. Es dauerte so ein wenig länger als nötig, bis er die Rute ganz abgeschnitten und so vorbereitet hatte, dass sie ihren Zweck erfüllen würden - nämlich auf seinen Allerwertesten herab zu sausen. Der Daumen hatte aufgehört zu bluten, so dass Ben nun mit der Rute in der linken Hand und dem wieder zugeklappten Messer in der anderen, wieder zu seinem Vater trat. "Hier, Sir." Er gab das Messer zurück und reichte dem Vater die Rute, obwohl wer genau wusste, zu welchem Zweck dieser diese haben wollte. Kummer stieg in ihm auf und er ließ den Kopf ein wenig hängen, denn er war vielleicht doch ein bisschen dumm. Er konnte sich gar nicht vorstellen, wie sein Vater ihn damit bestrafen wollte, ohne ihn über das Knie zu legen. Darüber hatte Matt nie gesprochen und die Striemen an dessen Rücken - das war wohl nicht die normale Züchtigung mit der Rute gewesen, oder?! Diese Unsicherheit war es, die Ben gerade mehr Angst machte, als er zugeben wollte, als er sich um den Vater herum in den dämmrigen Schuppen drückte.
Ben mit Francis auf dem Hof, Molly geht mit Martha in die Wohnung
Francis begann die Kälte nun doch deutlicher zu spüren. Das Herumstehen vor dem Schuppen war nicht unbedingt gut für dei Gesundheit. Das bisschen auf der Stelle treten half nicht die Kälte zu vertreiben. Doch in den Schuppen ohne Ben wollte Francis nicht gehen. Zum einen wollte er die Suche nach der passenden Rute überwachen und zum anderen sicher gehen, dass der Junge den unbeobachteten Moment nicht dazu ausnutzte wegzulaufen. Zwar hatte Ben das bislang noch nicht ein einziges Mal gewagt, aber es konnte immer das erste Mal sein. Martha hatte ihnen gerade heute gezeigt, dass man sich auf keines seiner Kinder blind verlassen konnte und durfte. Vertrauen war sicher wichtig, aber Kontrolle bewies sich immer wieder als das bessere Instrument. So schlang Francis ab und an die Arme um den Oberkörper, gegen die Kälte und behielt Ben fest im Auge. Der Junge hatte sich eben doch ein wenig verwundert über das Messer gezeigt und es hatte wohl auch nicht mehr viel zu Tränen gefehlt. Da ging Francis lieber kein Risiko eines Fehlers ein. Dafür bewegte sich Ben aber überraschend selbstsicher auf den Hassenussstrauch zu, als wüsste er ganz genau, was Francis wünschte. Eine gute Wahl, die Francis voll und ganz entgegen kam. Die Ruten waren biegsam, aber hart und robust. Sie brachen nicht schnell und konnten je nach dem wie man sie führte große Schmerzen bereiten, mit bleibenden Spuren. Wenn man allerdings nicht aufpasste oder sich in Wut vergaß.... nein, Francis wollte nicht an den letzten Sommer zurückdenken, als er gar zu unkontrolliert die Hand gegen Matthew erhoben hatte. Das war kein rühmliches Kapitel aus seinem Leben. Zudem hatte Ben das nun wirklich nicht zu befürchten. Der Junge war ungehorsam gewesen und das alleine galt es abzustrafen. Eine klare Angelegenheit, weil es ein klarer Regelbruch darstellte. Für diese Fälle wusste Francis ganz genau wie viele Hiebe angebracht waren. Das Ben sich durch das Drängen irritieren ließ und sich dabei in den Finger schnitt bekam Francis nicht mit. Da Ben sich weder über den Schnitt beklagte, noch ein großes Aufsehen darum machte, fiel Francis die kurze Notlage seines Sohnes nicht weiter auf. Auch nicht, als Ben endlich die Rute brachte und ihm sein Messer zurückgab. Francis nahm beides dem Jungen ab, steckte das Messer zurück in die Hosentasche und dirigierte mit sanftem Druck auf Bens Schulter ausgeübt, den Jungen in den Schuppen hinein. Es war dort drinnen nicht wirklich wärmer als draußen, aber dafür Wind geschützt und es schneite nicht. Dafür war es dunkel und ein wenig feucht. Das Tageslicht, das durch das kleine Fenster fiel reichte immerhin dazu aus, dass Francis die Öllampe fand. Er entzündete sie mit einem Streichholz aus seiner Jackentasche, drehte die Flamme ganz auf, so dass das Licht das gesamte Innere erfassen konnte und hängte sie an den Haken über ihren KÖpfen. Die Rute hatte er dafür auf die Werkbank abgelegt und ließ sie dort auch zunächst.
Jerry vor dem Haus (Auflauf vor der Kirche, dann beim Schuppen der McKays)
Die Kälte des Vormittages empfing Jerry vor dem Portal und er schüttelte sich einmal kräftig. Er hätte wohl doch den Schal und die Handschuhe mitnehmen sollen. Aber er hatte es ja zum Glück nicht weit. Bei dem Gedanken, dass ihm tatsächlich etwas freie Zeit bevorstand, ohne väterliche Aufsicht, musste Jerry erneut fröhlich Lächeln, das ihm aber rasch verging, als er in Freude völlig vergaß, dass er besser daran tat vorsichtig zu laufen. Denn statt mit steifen Gang, war Jerry mit einem großen Sprung von den Stufen hinab in einen Schneeberg gesprungen. Diesen hatte wohl Eli am Morgen beim Räumen geschaufelt. Der Schnee stob herrlich auf und die Landung war eigentlich angenehm weich, aber verflixt noch mal, wenn Pa nur nicht so tief geschlagen hätte... Es tat schon ungewöhnlich mehr schmerzen und Jerry fürchtete sich ein klein wenig davor heute Abend vor dem Schlafengehen nach dem angerichteten Schaden zu schauen. Rasch fuhr er wieder hoch und rieb sich den unteren Teil seiner Kehrseite und fühlte tatsächlich eine tiefe Schamesröte sein Gesicht überziehen. Besorgt, man habe ihn beobachtet, sah sich Jerry vorsichtig um, aber niemand nahm Notiz von ihm. Die meisten Menschen standen sowieso noch immer etwas weiter vorne am Kirchenplatz im Kreis und schienen von dem lauten Gebrüll, das dort stattfand beeindruckt zu sein. Jerry vergaß in Neugier erst einmal Jerry und den Vorsatz auf direkten Weg nach Hause zu gehen und näherte sich der Ansammlung. Irgendetwas spannendes schien dort vor sich zu gehen und Jerry wollte nur zu gerne in Erfahrung bringen, was es dort zu sehen gab. Doch leider ließ man ihn nicht nach vorne. Obwohl er mit Nachdruck versuchte sich zwischen den Erwachsenen hindurch zu zwängen, wurde er mehr als nur einmal wie eine lästige Fliege zur Seite gestoßen oder mit Nachdruck nach hinten gezogen. Einer der anwesenden Männern scheuchte ihn schließlich unwirsch mit einem "Das ist nichts für Kinder" davon. Entmutigt und auch ein bisschen ernüchtert, trollte sich Jerry. Dem Lärm nach war in der Mitte des Kreises eine Prügelei im Gange, aber wusste nicht zwischen wem. Besser war es wohl nach Hause zu gehen, bevor Pa aus der Kirche kam um Ruhe zu stiften und ihn unter den Zuschauern sah. Nein, heute würde Jerry dafür sorgen, dass sich Pa nicht noch einmal über ihn aufregen musste. Es war schon ganz schön viel in nur einer Woche passiert, wenn es sich Jerry genau überlegte. Aber eigentlich auch nicht mehr als üblich. Nur hatte ihn Pa öfters als gewöhnlich ärgerlich und wohl auch ein wenig zornig übers Knie gelegt. Und das war ganz schön gemein. Wo er doch genau wusste, dass sich Jerry stets bemühte. Jeremiah konnte ja nichts dafür, dass manche Vorhaben entweder gründlich schief liefen oder nach Pas Auffassung gefährlich und dumm waren. In seinen Augen war nichts gefährlich und schon gar nicht dumm. Aber darüber mit Pa zu diskutieren war sinnlos. Diese Erfahrung hatte Jerry bereits gemacht, was ihn aber nicht immer davon abhielt. Denn er hatte längst herausgefunden, dass es sehr stark von den Launen seines Pas abhing, wie weit er sich vorwagen konnte und eben nicht. Wenn er es geschickt anfing, so wie heute, dann bekam er meist doch seinen Willen. Gut, der Umweg dazu war reichlich turbulent und auch sehr schmerzhaft gewesen, aber er musste nicht zu diesem lästigen Empfang. Vielleicht, wenn er Mr. McKay dies erklären könnte, dürfte auch Ben zu Hause bleiben und sie konnten diesen Schneemann noch immer bauen? Sein Pa hätte da sicher nichts dagegen... aber wohl Mr. McKay... Nein, die Idee konnte er gleich mal wieder vergessen. Er würde schon irgendetwas finden, um sich die Zeit sinnvoll zu vertreiben. Wenn es nicht anders ging, würde er sogar den Schneemann alleine bauen und dann Kendo Füttern. Das würde Pa bestimmt gefallen, wenn er ein bisschen Verantwortung zeigte. Die Idee gefiel Jerry, und doch blieb er auf dem Weg nach Hause vor dem Haus der McKays stehen. Vor wenigen Minuten hatte er noch Ben hier auf dem Hof gesehen... vor ihm liefen Matthew und Rebeccah aus der Schule. Aber von Ben und seinen Eltern sah Jerry keine Spur. Vielleicht gingen sie ja bis auf Matt gar nicht zum Empfang? Es könnte ja sein, dass ihnen die Predigt nicht gefallen hatte und sie lieber nichts mehr mit seinem Pa zu tun haben wollten? Ach was... das war Blödsinn. Aber vielleicht ging es ja jemanden schlecht? Bei dem Wetter auch kein Wunder. Und ... nein... ach, er würde einfach nachsehen und bei der Gelegenheit Mr. McKay um Entschuldigung bitten. Wenn dieser auf den Empfang ging, konnte er das schon einmal seinem Pa erzählen und Jerry hätte sich gleich noch mehr in ein gutes Licht gerückt. Und Mr. McKay würde ihm dann ganz bestimmt nicht die Bitte ausschlagen können, kurz mit Ben reden zu dürfen. Immerhin musste er ja dem Freund erklären, wieso er nicht auf dem Empfang zu finden war und ganz wichtig.. er musste ihn dringend darüber aufklären, dass er sich in Bezug auf väterliche Liebe irrte... Wenn er ehrlich war, dann wollte er sich auch ein klein bisschen bei Ben ausheulen. Er hatte zwar seine Bestrafung nun endgültig akzeptiert, es war ja auch nichts mehr daran zu ändern, aber ungerecht fand er sie in ein, zwei Punkten noch immer. Ben würde ihn da schon eher verstehen, als sein Pa.
Während all diese Gedanken waren nicht mehr als zwei Sekunden vergangen und Jerry war längst auf den Hof getreten. Unweigerlich zuckte er ein wenig zusammen, als er ein vertrautes, dumpfes Klatschgeräusch hörte und gleich darauf eine helle Jungenstimme, die den körperlichen Schmerz des Schlages, denn das war es eindeutig gewesen, verlauten ließ. Jerry fuhr herum und sah über den Hof in den Garten. Von dort waren die Geräusche gekommen und nach einer kurzen Pause, wiederholten sie sich. Es war Jerry schwer zu sagen, ob das laute Wehgeschrei von Ben stammte. Denn wäre es der Freund, hörte er sich ungewohnt hoch in der Stimme an. Vielleicht war es auch Martha? Denn Jerry konnte sich nicht vorstellen, was Ben in der kurzen Zeit angestellt haben könnte, die vergangen war, seit er ihn hier auf dem Hof gesehen hatte. Bestimmt nicht viel, überlegte Jerry. Bei den McKays schien es ja schon fast ein Verbrechen, wenn man laut lachte, da musste man sich sicher nicht sonderlich daneben benehmen, um verhauen zu werden. Nur wieso hörte er das Wehgeschrei aus dem Garten? Kurz glitt Jerrys Blick zum Haus. Vielleicht hatte Mr. McKay einfach kein Arbeitszimmer? Genau, das war es wohl, stellte Jerry mit einem erleichterten Lächeln fest, hielt es aber doch ziemlich ungemütlich für Ben in einem kalten Schuppen oder Stall seine Prügel einstecken zu müssen. Eine kurze Pause, die er vernahm suggerierte Jerry das Ende der Züchtigung und er lief über den Hof in den Garten. Kurz sah er in eines der Fenster der Brennerei hinein, aber dort drinnen war niemand zu sehen. Jerry dachte nicht einmal darüber nach, was er tat. Er wollte nur schnell Mr. McKay finden und diese lästige Entschuldigung hinter sich bringen und dann mit Ben kurz sprechen. Falls er Ben hier nicht antraf, würde Mr. McKay sicher wissen, wo er ihn finden konnte. Kaum war Jerry im Garten angelangt, und sah vor sich eine herrlich weiße Schneedecke, unterbrochen von Obstbäumen und an der rechten Seite geziert von Gebäuden, setzten die dumpfen Hiebe wieder ein. Jerry fuhr erneut zusammen, dieses Mal nicht weil er damit nicht gerechnet hätte, sondern weil er über die Heftigkeit erschrak, und auch über die nun doch lauteren Schreie, die in Schmerz und wohl auch Angst ausgestoßen wurden. Hier hinten konnte er Mr. McKays ärgerliche Stimme vernehmen und gedämpft die eines Kindes. Es war doch Ben... zumindest glaubte Jerry ihn erkannt zu haben. Oh verflixt, dem ging es aber gerade nicht so gut... wobei Jerry sich wunderte, wie man nach nur drei oder vier Hieben so ein Gebrüll anstellen konnte. Gut er war auch nicht der leiseste und konnte schon empfindlich jammern... aber so doll stellte er sich doch nicht an? Wieder eine Pause und Jerry atmete auf, er wollte schon an der Tür eines Schuppens klopfen, unbefangen, gerade heraus wie er war, als er hinter genau jener Tür wieder einen Hieb hörte und dieses Mal deutlicher Ben. Jerry zuckte vor der Tür zusammen und schluckte heftig. Er konnte nicht anders und musste durch das kleine Fenster an der Seitenfront einen Blick ins Innere werfen, um nachzusehen, ob er sich nicht doch täuschte. Der Anblick, der sich direkt vor seinen Augen, offenbarte, ließ Jerry vor Schreck die Augen aufreißen.....
Wie es seiner Gewohnheit entsprach, war Terry nach dem Aufräumen der Kirche nicht direkt nach Hause oder eben ins Gästehaus gegangen, sondern hatte sich noch einen kurzen Spaziergang rund um den Friedhof gegönnt. Natürlich waren die Wege dort nicht geräumt, so dass er durch den hohen Schnee hatte stapfen müssen. Aber es war angenehm still und lediglich die Fußabdrücke ein paar Besucher des Friedhofs störten den Anblick der unberührten Schneedecke. Kurz wunderte er sich darüber, dass zwei Gräber ganz offensichtlich besucht worden waren, ohne dass es den Besucher in den Gottesdienst gezogen hätte, aber gut - zur Nähe Gottes und Jesu zwingen, konnte er die Menschen auch nicht. Diese wohltuende Ruhe fand kurz vor McKay's Beverages ein jähes Ende, denn aus der darüber liegenden Wohnung drang ein schrilles Weinen an seine Ohren. Sofort musste Terry an Martha denken, und seufzte unbewusst. Martha hatte sich doch in der Kirche vorbildlich verhalten, um nicht zu sagen viel zu still für eine Dreizehn- oder Vierzehnjährige. Die Alternative zu der Vorstellung, sie werde gerade wieder bestraft, für was auch immer, war wohl die eines Unfalles, aber gefallen wollte diese Terry auch nicht besser. Ein paar Meter vor sich sah er Francis McKay mit Ben an der Hand zur Mainstreet hinunter gehen. Es war schwer zu sagen, ob ihn nun die Tatsache, dass diese sich nicht einmal an Marthas Weinen aufhielten ließen, oder die Tatsache, dass Mr. McKay seinen Sohn nahezu mit sich zerrte, irritierte. Marthas Geschrei ebbte ab und Terry ging nun etwas schneller, denn mit Mr. McKay wollte er ohnehin noch ein Wort sprechen. Es ging nicht an, dass dieser seinen Sohn für ihn schlug und so wie die Sache sich darstellte, nun auch Ben für den Unfug, den Jerry angestellt hatte. Ben hatte ganz offensichtlich starke Schmerzen, denn er ging ganz vorsichtig, mit steifen Schritten und wackligen Knien an der Hand des Vaters mit . Terry vermochte es kaum zu fassen, dass sein Nachbar seinen Zwölfjährigen mit sich führte, wie ein bockiges Kleinkind oder einen Hund. Fragt sich, was schlimmer wäre. Er brauchte nur ein paar schnellere Schritte,um die Beiden einzuholen und anzusprechen. "Mr. McKay - auf ein Wort, bitte."
Francis mit Ben an der Hand, Terry stösst vor dem Haus dazu
Francis zeigte sich mit einem wohlwollenden Nicken über Bens Antworten zufrieden und war fest entschlossen nun keine Zeit mehr zu vertrödeln. Denn die Lake Street lag leer vor ihnen und mit einem Blick zurück, offenbarte Francis ein ebenso leergefegter Kirchenplatz. Sah man einmal von Graham ab, der dort scheinbar seiner Arbeit nachging. Zumindest wollte Francis dies annehmen, alles andere wäre doch ein grober Verstoß gegen den heiligen Sonntag gewesen. Es war ihm nicht daran gelegen zu spät ins Gästehaus zu kommen, denn deswegen wie angekündigt mit Ben bei der Rückkehr noch einmal in den Schuppen zu müssen, bereitete ihm alles andere als Spaß und Freude. So nahm er wenig Rücksicht auf Bens Not, noch spürte er dessen Unsicherheit über die Fragen seines Vaters in Bezug über die gelernten Lektionen. Er hatte es schlicht eilig. Im Interesse seines Sohnes. Doch diesem dies zu erklären kam Francis nicht in den Sinn. Begleitet von Marthas Wehgeschrei, das inzwischen eine unerträgliche Lauststärke erreicht hatte, liefen sie am Haus entlang und gerade als sie die Grenze zum Stevenson Grundstück passiert hatten, erklang die Stimme des Reverends überraschend hinter ihnen. Francis blieb abrupt stehen und warf einen missbilligenden Blick auf Ben. Sein Gesicht trug deutlich die Spuren der eben erlittenen Schmerzen und auch wenn Marthas Jammern und Schreien abklang, war nicht zu verbergen, dass im Haus der McKays notwendige Erziehungsarbeit geleistet worden war. Unangenehm war die Francis nicht. Im Gegenteil. Er war auf die geleistete Arbeit stolz und wusste seine Kinder von den Sünden gereinigt und wieder auf den rechten Pfad gewiesen. Es war ihm eher unangenehm, dass der Pfarrer Zeuge der Wehleidigkeit seiner Kinder wurde, an denen Francis maß, wie gut er sie erzogen hatte. MIt einem tiefen Durchatmen, wandte sich Francis schließlich herum und hielt Ben weiterhin an der Hand. Das war besser so, damit der Junge nicht gleich wieder auf dumme Gedanken kam. Er konnte sich lebhaft vorstellen über was der Reverend mit ihm sprechen wollte. Da gab es seit dem Morgen nun wirklich genug. Gewiss ging ihm das Theater von Martha zu weit, oder er wollte sich nur noch einmal für seinen SOhn entschuldigen. Womöglich war er aber auch hier um sich den Schaden am Fenster selbst anszusehen? "Aber gewiss doch, Reverend," ließ Francis freundlich verlauten. "Wir waren gerade auf dem Weg zum Gästehaus. Vielleicht mögen sie uns ein Stück begleiten? Sie sind doch sicher auch hier? Falls sie allerdings auf der Suche nach Jeremiah waren, den habe ich vor wenigen Augenblicken vom Hof gejagt. Müssen sie knapp verpasst haben"
Francis mit Ben an der Hand, Terry stösst vor dem Haus dazu
Ah, ja.. vom Hof gejagt. Terry hob kurz eine Augenbraue, denn das war eine interessante Information. Demnach war Jeremy wohl nicht direkt heim gegangen, sondern hatte noch einen Umweg gemacht. Vielleicht hatte er Ben noch moralischen Beistand leisten wollen. Das war ein netter Zug an Jeremiah und zeigt ihm, dass der Junge schon wusste, dass er den Freund unbeabsichtigt in Schwierigkeiten gebracht hatte. Woher hätte er auch wissen sollen, dass es Ben verboten war, mit Schnee zu spielen? Eine Bemerkung dazu machte er nicht, denn in Anbetracht des soeben gehörten Geschreis und Bens Tränen war Jeremiah vielleicht in einem ausgesprochenen unpassenden Augenblick zu Ben gekommen. Das würde dann schon erklären, warum Mr. McKay ihn vom Hof gejagt hatte. Blieb nur zu hoffen, dass er es tatsächlich beim Fortjagen belassen hatte. Dieser Gedanke erinnerte ihn erneut an den Grund seines Hierseins. "Tatsächlich? Wissen Sie, darüber wollte ich mit Ihnen sprechen." Terry ließ sich von Ben ablenken, der schniefend neben seinem Vater stand und herum druckste. Sein Gesicht zeugte für Terrys Empfinden noch immer von Schmerzen und Spuren von Tränen und Nasenschleim zierten dessen verweines Gesicht, so dass Terry ein herzliches Erbarmen empfand. Kurz ging er in die Knie und reichte dem Jungen eines seiner Taschentücher aus seiner Jacke. Ben nahm dieses mit einem schrägen Blick auf seinen Vater und mit einer gestammelten Entschuldigung entgegen. Er wischte sich das Gesicht ab und als er das Taschentuch zurückgab, bemerkte dieser, es sei schon gut. Terry war nicht der Meinung, dass Ben sich bei ihm zu entschuldigen hatte , so dass sich diesem noch einmal kurz zunickend, wieder aufrichtete und nahtlos das unterbrochene Gespräch fortsetzte. "Ich bedauerte es, so Jeremiah sie eben gestört hat." Er war sich sicher, dass Jeremiah genau das hatte, sah sich aber weder in der Pflicht, das zu entschuldigen oder eine Strafe dafür in Aussicht zu stellen. "Wissen Sie - ich bin eben auch Vater und als ein solcher habe ausschließlich ich die Pflicht, aber auch das unbedingte Recht, meinen Sohn zu gegebenenfalls zu erziehen. Ich werde Ihnen mit Sicherheit nicht das Recht einräumen, meinen Sohn zu züchtigen. Haben wir uns verstanden?" Terry wurde nicht laut, klang auch nicht wütend, sprach aber doch mit genug Nachdruck um deutlich zu machen, dass er in dieser Sache keinen Kompromiss duldete.
Francis mit Ben an der Hand, Terry stösst vor dem Haus dazu
Francis wirkte ein wenig verwirrt, als der Reverend erwähnte, er wäre nicht aus Zufall hier, um mit ihm zu reden. Aber über was genau? Dass er Jeremiah vom Hof gejagt hatte? Hatte sich der Bengel beschwert? Sähe ich ihm wohl gleich. Aber das Haus, der Hof und der Garten gehörten nun einmal ihm und er hatte das Recht jeden den er wollte von seinem Besitz zu verjagen. Bevor der Reverend für Klärung sorgte, ließ er sich sehr zu Francis Missfallen von Bens Schniefen und Schluchzen erweichen und ging vor Benjamin in die Knie um ihm ein Taschentuch zureichen. Das kompromittierte Francis nun doch gewaltig in seiner Vaterrolle und er räusperte sich ein wenig umständlich, um über die Verlegenheit hinweg zu täuschen. Zumindest vergaß Ben nicht, sich angemessen für die Störung der Unterhaltung zu entschuldigen, was Francis ein wenig besänftigte. Mit ernstem Blick sah er zu Stevenson zurück, der sich seinerseits für seinen Sohn entschuldigte. "Ich könnte nicht behaupten, dass ich mich nicht gestört gefühlt habe," ein schräger Blick auf Ben bekundete für den Reverend, dass Francis mit seinen Vaterpflichten beschäftigt gewesen war, sollte aber auch für Francis eine kurze Prüfung seines Sohnes seins, der eben unschön erfahren hatte, dass sein neuer Freund Zeuge seiner Züchtigung geworden war. Ungeduldig erwartete Francis nun endlich Klärung des Anliegens, das Rev. Stevenson zu ihm getrieben hatte. Gott sei Dank hatte entweder Martha ihr Theater eingestellt, oder aber Molly hatte ihre eigene Erziehungsarbeit beendet. Es wäre doch ein wenig zu unangenehm gewesen bei dieser Geräuschekulisse mit dem Reverend zu reden. Na ein paar geschnörkelten Wortwendung kam Stevenson dann auch endlich auf sein Anliegen zu sprechen und Francis verzog das Gesicht zu einem missmutigen Ausdruck. So war das also! Also doch so ein modern eingestellter Vater, der glaubte wenn er die Rute sparsam aber konsequent einsetzte, erreichte er vorbildliches Benehmen. Na das sah man ja wie es in die Hose ging. In seinem Ärger über die vorgetragene Kritik vergaß Francis fast die eigenen Überlegungen wieder, für die er vornehmlich Ben gezüchtigt hatte und wollte gerade dazu ansetzen den Reverend seinerseits in die Schranken zu verweisen. Doch das leise Schniefen seines Sohnes rief ihm sehr bewusst ins Gedächtnis, dass er längst selbst die Sache anders betrachtete und dem Mann vor sich eine Entschuldigung schuldete. Natürlich teilte er nicht unbedingt die Meinung des jungen Reverends und würde wenn nötig jedem Rabauken, der auf seinem Grundstück für Unfug sorgte die dafür notwendige Strafe zukommen lassen, aber in Anbetracht, dass sie Nachbarn waren und sein Gegenüber der Reverend, wollte er in Zukunft in Hinsicht auf Jeremiah doch etwas überlegter vorgehen. "Nun, da haben wir uns vollkommen verstanden, Reverend," zwar noch immer mit ernster Miene sprach Francis seine Worte völlig frei von Groll aus. "Ich wollte ihnen dafür später im Gästehaus sogar meine Entschuldigung anbieten. Und auch ihrem Sohn. Sehen sie, ich habe sichtlich die Angelegenheit von der falschen Seite betrachtet und mich im Ärger hinreißen lassen. Es war sicherlich die Schuld ihres Sohnes, dass die Scheibe kaputt gegangen ist, aber Benjamin hatte klare Anweisungen und als der Älteste die Pflicht darauf aufzupassen, dass Jeremiah keinen Unfug anstellt. Entsprechend habe ich Ben eben dafür gerade stehen lassen. Auch er wird sich angemessen für sein Fehlverhalten bei Jeremiah und ihnen entschuldigen. Ich hoffe damit ist die Sache dann endgültig aus der Welt. Na, hast du mich nicht gehört Junge," Francis zog Ben an der Hand ein Stück nach vorne und ließ ihn los, um ihn mit der frei gewordenen Hand auf den Reverend zu zuschieben. Hier war es doch ein wenig ruhiger und privater und Ben würde es sicherlich leichter fallen, den Reverend um Verzeihung zu bitten. "Vorausgesetzt, sie nehmen meine Entschuldigung an, Reverend."
Ben mit seinem Vater u. Terry auf der der Lakestreet
Obwohl Bens Zehen vor Kälte zu schmerzen begannen, hätte das Gespräch zwischen seinem Pa und dem Reverend Stunden dauern können. So nämlich wurde Ben nicht zu Eile getrieben und seine wunden Pobacken kamen zur Ruhe. Wahrscheinlich kämen sie nun doch später, als gedacht zu diesem blöden Empfang, aber der Reverend eben auch - und damit war man doch wohl wieder pünktlich? Ben seufzte unterdrückt, denn was verstand schon von der komplizierten Welt der Erwachsenen. Im Zweifel war er ohnehin wieder an allem Schuld. Beschämt errötete er, als der Reverend sich an ihn wandte und ihm ein Taschentuch gab, damit er sich die Tränen abwischen konnte. Das war nett von ihm und gar nicht mal Bens Idee und doch hatte dieser sofort ein schlechtes Gewissen. Ohne so genau zu wissen warum, entschuldigte er sich beim Reverend und war fast froh, dass ihm aufging, dass er dessen Gespräch mit seinem Pa wohl gestört hatte. Das war ein guter Grund, sich zu entschuldigen, wenn auch nur unsicher murmelnd. Das Gespräch zwischen den Erwachsenen interessierte Ben nur am Rande, so dass er statt zu zu hören, lieber den Schneeflocken zusah, die vom Himmel herab taumelten. Erst als sein Vater ihn fragte, ob er ihn nicht gehört habe, wurde er hellhörig. Er sollte sich beim Reverend entschuldigen, aber wofür denn noch? Das hatte er doch gerade? Unsicher ließ er seine Hand sinken, als sein Pa ihn endlich losließ und auf den Reverend zu schob. "Entschuldigung, Sir. Es wird nicht mehr vorkommen." Mehr sagte er nicht, denn er war sich immer noch nicht sicher, für was er sich gerade entschuldigt hatte. Dummerweise konnte er seinen Vater kaum danach fragen, denn dann würde er wohl nur eine Ohrfeige bekommen, aber noch immer nicht mehr wissen. Nein, der Zwölfjährige zog es vor, sich gefühlt für nichts zu entschuldigen und war froh, dass der Reverend nicht mehr zu erwarten schien, sondern ihm nur wohlwollend zu nickte. Das war wohl ein gutes Zeichen, fand Ben, der sich langsam wieder zurückzog und sich jetzt suchend umsah. Merkwürdig - obwohl er nun nicht mehr nur den Boden zu seinen Füßen oder den breiten Rücken seines Pa sah, konnte er Jeremiah nirgends entdecken. Ob Jeremiah schon vor gelaufen war? Sicherlich hatte der bereits Spaß mit Clara im Schnee und er würde mal wieder nur zusehen dürfen. Ben fand es ziemlich ungerecht, dass er nie mit den anderen Kindern herumtollen durfte und außerdem würde sicherlich Jeremiah bald nicht mehr mit ihm, sondern mehr mit Clara unternehmen wollen. Dann war er wieder einsam, denn Matt hatte ja jetzt offenbar diesen doofen Freund und war lieber mit dieser stillen Rebeccah unterwegs, als mit ihm. Er hatte sich zwar nichts anmerken lassen, aber er hatte doch gesehen, dass Matt mit dem ihm fremden Mann vertraut zu sein schien und mir Rebeccah hatte er vor dem Gottesdient noch viel vertrauter gesprochen. Er war mal wieder der Dumme, der nur einen Hund seinen Freund nennen konnte. Diesmal waren es stille Tränen der Wut und Eifersucht, die er mit kräftigem Schlucken krampfhaft unterdrückte.
Ohne ihn zu unterbrechen hörte Terry seinem Nachbarn zu, obwohl er mit dessen Worten nicht ganz einverstanden war. Selbstverständlich hätte Ben als der Ältere besser daran getan, Jeremiah davon abzuhalten, Schneebälle nach dem Fenster zu werfen. Andererseits kannte er auch Jeremiah, der sich wohl kaum hätte aufhalten lassen, so er sich was in den Kopf gesetzt hatte. Bens Entschuldigung nahm er mit Wohlwollen auf, denn er mochte den Jungen trotz seiner auffallenden Fahrigkeit und Schusseligkeit ganz gerne. Es war schade, dass er in sehr engen Grenzen erzogen wurde und so kaum Gelegenheit hatte, sein Potenzial zu entfalten. Terry war sicher, dass mehr in dem Jungen steckte, als er zeigte oder von sich selber wusste. "Nun, ich denke beide Jungs haben ihre Lektion gelernt." Terry warf noch einen kurzen Blick auf Ben, der dazu immerhin ein Nicken fand. "Wir haben einander also nichts mehr vorzuwerfen und wollen froh sein, dass nicht mehr zu Bruch ging. Ich bin froh, dass Matthew unverletzt geblieben ist." Terry schmunzelte, denn ganz offfensichtlich war der Siebzehnjährige statt in seinem Zimmer, beim Friseur gewesen. . "Ich nehme Ihre Entschuldigung also gerne an, bestehe aber darauf, die Reparatur des Fensters zu übernehmen. Das hat Jeremiah immerhin selber verbockt." Während Terry sprach, setzte er sich langsam wieder in Bewegung, denn inzwischen hatte er doch kalte Füße bekommen. Gerne wollte er sich mit Mr. McKay unterhalten, denn so man über die unterschiedliche Auffassung von Erziehung hinweg sah, war er ein freundlicher und hilfsbereiter Nachbar und für einen Neuanfang war es nie zu spät. "Ihr Ältester wäre wohl nicht gerade erfreut gewesen, so ihm der Schneeball oder gar Fensterglas um die Ohren geflogen wäre. Stehen ihm übrigens gut - die kürzeren Haare." Terry warf seinem Nachbarn einen freundlichen Blick zu, denn er ging davon aus, dass dieser seinem Sohn die Haare geschnitten hatte.
Mit Bens Worten, die dieser an den Reverend richtete, zufrieden, legte er dem Jungen in einer tröstenden Geste eine Hand auf die Schulter. Das hatte Ben immerhin gut gemacht. Nicht einmal verhaspelt hatte er sich obwohl er bestimmt deswegen sehr aufgeregt gewesen sein musste. Die Unterhaltung, die er jedoch mit dem Reverend führte, lenkte ihn erst einmal von Benjamin ab. So glücklich über deren Verlauf war Francis ganz und gar nicht. Denn direkt Vergebung erteilte ihm der Nachbar nicht. Er räumte nur ein, dass die Sache aus der Welt geschafft wäre und man nicht mehr länger darüber zu reden brauchte. Damit konnte Francis nun wohl anfangen, was er wollte. Er nickte jedoch, ohne sich etwas über die Enttäuschung über die Reaktion von Stevenson anmerken zu lassen. Wenn der Mann nur wüsste, wie schwer Francis die Worte gefallen waren... Mit Erleichterung vernahm Francis nur wenige Augenblicke später doch noch die wichtigen Worte, mit denen seine Entschuldigung angenommen wurden. Ein entsprechendes Lächeln verzog seine Lippen freundlich in die Höhe und er nickte, als Stevenson seine Bereitschaft für den vom eigenen Sohn verursachten Schaden aufzukommen, einmal mehr beteuerte. "Ich lasse ihnen die Rechnung zukommen," erwiderte er darauf und schob Jerry vor sich die Straße ein Stück entlang, als der Reverend den Weg aufnahm. Da Molly und Martha die kurze Verzögerung nicht hatten nutzen können, um zu ihnen zu stossen, nahm Francis an, dass die Bestrafung entweder mehr Zeit in Anspruch nahm oder Molly sich die Zeit nahm Marthas Blessuren zu kühlen. Dieses Privileg hatte Francis Ben vorenthalten müssen, aus lauter Angst zu spät zu kommen, nur um die Hauptperson des Empfangs hier vor dem eigenen Haus zu treffen. Stevenson zeigte sich auffällig besorgt um Matts Wohl, was ihm Francis hoch anrechnete. Bei all dem Theater des heutigen Morgens, war weder Molly noch ihm bis lang die Zeit geblieben darüber näher nachzudenken was alles hätte wirklich passieren können. Entsprechend hielt er den Nachbarn für sehr umsichtig. "Nein dass wäre Matthew bestimmt nicht gewesen. Zum GLück hatte er sich heute Morgen von seiner Schwester die Haare schneiden lassen, als die Jungs im Garten waren. Sagen sie ihm das ruhig selbst, vielleicht glaubt er mir dann endlich, dass er mit kurzen Haaren besser aussieht und lässt sie nicht mehr wachsen. Im übrigen.. das steht ihnen auch gut," er deutet Richtung Glattrasur von Stevenson und grinste ein wenig. "Macht sie etwas jünger." Sein Blick fiel unweigerlich auf die Christrose, die der Reverend gefunden zu haben schien und er nickte auf die Blume in seiner Hand. "Hübsch. Sind selten hier. Wahrscheinlich eine Wilde vom Friedhof? Nicht? Aber eine nette Gester für die fleißigen Damen im Gästehaus."
"Wenn ich die Gelegenheit bekomme, will ich das wohl gerne tun. Ich schulde ihm ohnehin noch meinen Dank." Terry schmunzelte, denn so, wie sich Mr. McKay gerade äußerte, schlug er damit wohl eine Bresche für diesen. Offenbar lag er seinem Ältesten damit schon länger in den Ohren. An Martha erinnerte er sich als ein stilles Mädchen, dass nicht großartig in Erscheinung trat. Mehr noch als in Bezug auf Ben, fragte er sich, womit diese den Unmut des Vaters auf sich gezogen haben könnte. Die verbundenen Hände konnten auch auf einen Unfall hinweisen und auch das gerade eben verklungen schrille Schreien passte durchaus zu einem Unfall. "Hört sich an, als ob das nicht unbedingt seine Idee war. In dem Fall gebührt das Lob wohl Martha?" Fragend sah Terry seinen Nachbarn an, denn so ganz erschlossen sich ihm hinter den Worten seines Nachbarn stehenden Zusammenhänge nicht. Jedenfalls schlummern in dem Mädchen ungeahnte Fähigkeiten.Unbewusst fasste er sich mit einer Hand an sein Kinn und grinste. "Na, hoffentlich nicht um Jahre jünger. So ganz gewöhnt habe ich mich noch nicht daran." Terry schwieg sich bewusst darüber aus, wem der die Rasur am Morgen zu verdanken hatte. Sein Sohn wurde von seinem Nachbarn wohl zu Recht schon kritisch betrachtet. Dafür brauchte der nicht noch zu erfahren, dass Jeremiah mit seinem Schnitzer für diese ungeplante Rasur durchaus verantwortlich gemacht werden konnte. "Oh, ein Grab musste ich nicht plündern. Sie wächst vor der Kirche unweit des Einganges." Hübsch.. Terry betrachtete nachdenklich die Blüte in seiner Hand und nickte. Ja, das wäre wohl eine nette Geste für Miss Farley und ihre Angestellten, so er nicht eine gewisse andere fleißige Dame dafür im Sinn hätte.
"Welchen Dank?", interessiert hörte Francis auf, aber keineswegs lauernd. Er war schlicht neugierig und konnte sich nicht so recht zusammenreimen, welchen Gefallen Matt dem Reverend erwiesen hatte. Zumindest hatte der Junge kaum viel Freizeit gehabt, so sehr wie er ihn im Laden und in der Brennerei eingespannt hatte. Bei der Erwähnung von Marthas Schneidekunst machte der Reverend eine seltsame Bemerkung darüber, dass es wohl nicht unbedingt Matts Idee gewesen war. Ja wessen sonst? Martha würde wohl kaum einfach ihrem Bruder die Haare kürzer schneiden, als er ihr vorgab. Da hätte es ganz schönen Streit gegeben. Womöglich hatte sein Drängen vielleicht endlich etwas erreicht, dann konnte man wohl davon sprechen, dass es nicht Matts Idee gewesen war. So zuckte Francis nur kurz mit den Schultern. "Ich wüsste nicht wessen sonst. Der Junge ist ja jedem guten Vorschlag gegenüber resistent. Da kann man sich den Mund fusslig reden. Allerdings hat sie es gut hinbekommen, dass muss man anerkennen. Was man über ihr Geschick nicht sagen kann?", eher fragender Natur und mit einem Schmunzeln deutete sich Francis an das Kinn, dort wo der Reverend eine Schnittwunde hatte. "Sie können es ja wieder wachen lassen, wenn es i hnen nicht gefällt. Ich wollte gewiss nicht damit andeuten, dass sie jetzt ihre Autorität eingebüßt haben, Reverend. Es steht ihnen, wirklich." Und mehr würde er jetzt dazu nicht mehr sagen. Schließlich waren sie Männer unter sich und da ging es wohl kaum an, dass er dem Mann auch noch ein Kompliment über sein gutes Aussehen machte und ihm gestand, ihn so durchaus sympathischer zu finden. Nun, zum Glück kamen sie auf die Christrose zu sprechen und Francis konnte wieder etwas entspannter und zustimmender nicken. "Ja, an die Wilden habe ich auch gedacht. Die haben sich auf dem gesamten Friedhof ein wenig selbständig gemacht. Sind ja leider zahlreiche Gräber da, wo die halbe Verwandschaft wieder abgewandert ist. Kümmert sich leider keiner drum," Francis betrachtete einen Moment länger die Blume in Stevensons Hand und sah etwas unschlüssig die Straße hinab. Es war schwer eine Unterhaltung in Gang zu bringen, wenn man verlegen war, nur weil man noch vor weniger als zwei Stunden einen Streit über das Fehlverhalten der Söhne geführt hatte. "So, ich hab gehört, sie haben Miss Spencer doch noch gefragt? Also wegen ihrem Haushalt? Das ist bestimmt eine große Hilfe. Ich hätte ja nicht gedacht, dass sie das annimmt, wo ihr Sohn, Reverend, ihr doch solche Scherereien in der Schule gemacht hat. Wo man sie doch sowieso kritisch im Auge hat. Mr. Simones wollte sie sogar gleich gestern wieder vor die Tür setzen. Hätte übrigens Mister Camden auf der Stadtratssitzung am Samstag nicht die Kosten erwähnt, die wir für die ganze verschwendete Tinte aufbringen müssen, hätte ich davon überhaupt nichts mitbekommen. Ben ist nicht sonderlich mitteilsam über die Schule."
Kurz trat ein sehnsüchtiger Ausdruck in die braunen Augen Bens. Die tröstende Geste seines Vaters weckte in ihm den Wunsch, davon mehr zu erfahren. Obwohl er wusste, dass sein Vater ihn nur aus Liebe so hart schlug, fühlte sich diese Geste viel liebevoller an, als die harten Hiebe, deren Folgen er mit jedem Schritt noch qualvoll spürte. Dem Gespräch zwischen seinem Pa und dem Reverend hörte er nur noch mit halbem Ohr zu. Zu sehr war er von dem herrlichen Schnee und allerlei Interessantem am Wegrand abgelenkt. Lediglich Pas Bemerkung über Matt brachte ihn ein bisschen zum Grinsen. Er kannte ja seinen Bruder und wusste, dass dieser von seinen Eltern kaum mehr einen Rat annahm. Lediglich von Martha hatte Matt sich schon mal was sagen lassen und so wunderte er sich nicht über die Worte des Reverends. Er hatte ja gehört, dass Matt seine Schwester darum gebeten hatte, die Haare zu schneiden -und diese hatte ihm bestimmt dazu geraten, diese mehr als ein bisschen zu kürzen. Genaugenommen war das wohl ebenso Matts wie Marthas Einfall gewesen. Hoffentlich musste er sich nun nicht auch noch die Haare schneiden lassen. "oh - es ist nicht ganz so leicht sich in Anwesenheit eines ärgerlichen Kindes zu rasieren." hörte Ben den Reverend sagen und musste ein Kichern unterdrücken. Wahrscheinlich hatte sein Freund den Bart ohnehin noch nie leiden können. Inzwischen ging er immer langsamer, so dass er deutlich hinter seinem Pa her schlich. Jeder Schritt löste erneut heftige Schmerzen aus und die Angst, sie würde seinetwegen nun zu spät ins Gästehaus kommen, saß wie ein dicker Klumpen in seinem Magen. Sein Pa schien der Meinung zu sein, der Bart hätte etwas mit Autorität zu tun, so dass Ben aufmerksamer zu hörte. Das konnte nicht richtig sein, denn sein Pa trug keinen Bart und hatte doch so viel Autorität, wie sonst keiner. Andererseits könnte ein Teil der Autorität doch mit dem Bart zusammenhängen und dann bräuchte man vielleicht weniger Hiebe dafür so man einen Bart trug. Andererseits waren wohl die harten Hiebe doch ein Zeichen für Liebe und weniger für Autorität - was auch immer das eigentlich war. Für Ben war das kaum zu begreifen, so dass er völlig in Gedanken versunken durch den Schnee stapfte. Seine Beine zu heben viel ihm immer schwerer so dass er kurz vor der Mainstreet über zusammengeschobenen Schnee stolperte. Mit den Armen rudernd gelang es ihm, sich an einem Lattenzaun aufzufangen, aber mit der Jacke blieb er an irgendetwas spitzem Hängen. Er fühlte einen Ruck durch die Jacke gehen, als er versuchte einen Sturz zu verhindern und hörte, wie Stoff riß. Auweia.. Bitte nicht... Schon zitterte seine Unterlippe vor Angst, denn dass würde sein Pa auf jeden Fall abstrafen. In seiner Angst zerrte Ben noch zusätzlich an der festhängenden Jacke und mit einem Ruck gelang es ihm schließlich zu befreien, landete durch diesen Ruck aber im Schnee. Mühsam und vor Scham rot geworden rappelte er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder auf. Oh- wenn sein Vater das nur nicht gemerkt hatte! Vielleicht war er ja noch vertieft in das Gespräch mit dem Reverend.
Terry mit Francis u. Ben auf der Lakestreet/Mainstreet
"Er hat statt meiner, nach Jeremy gesehen." Terry ging darauf nicht weiter ein. Er wusste ja nicht, ob überhaupt und wenn ja, was Matthew seinen Eltern als Grund für sein kurzfristiges Verlassen des Gottesdienstes angegeben hatte. Andererseits würde Mr. McKay wohl kaum so entspannt über seinen Ältesten sprechen, so er diesem Etwas vorwarf. Es war wohl ein Zufall, dass Matthew dabei auf seinen Freund gestoßen war. "Dann ist er wohl doch nicht ganz resistent gegen guten Rat." Terry schmunzelte, denn so das Kürzen der Haare Matthews Entscheidung gewesen war, hatte er wohl doch mehr oder minder gewollt, einen Rat angenommen. "oh - es ist nicht ganz so leicht sich in Anwesenheit eines ärgerlichen Kindes zu rasieren." Terry lenkte das Gespräch in eine andere Richtung, denn er wollte nicht in Abwesenheit Matthews über diesen sprechen. Das war zwar über Kinder schon mal unvermeidbar , aber Matthew war eben kein Kind mehr. "Das ist sicherlich ein Ärgernis, dass viele Gräber ungepflegt bleiben. Der Winter ist allerdings auch nicht die Zeit, des Säens und Pflanzens. Ich will das gerne im Auge behalten." Ganz ohne Hintergedanken machte Terry diese Zusage nicht, denn die Arbeit auf dem Friedhof wäre ihm eine Freude, ähnlich der Arbeit im eigenen Garten. Für Jeremiah und andere Ruhestörer im Gottesdienst jedoch, wäre eine halbe Stunde Gartenarbeit statt Hampelei wahrscheinlich eine weit wirksamere Strafe, als das sofortige oder spätere Abstrafen mit dem Rohrstock. "Da haben Sie richtig gehört.. Miss Spencer unterstützt mich stundenweise im Haushalt. Dafür bin ich sehr dankbar." Terry ließ sich nicht dazu hinreißen, Einzelheiten über sein Arrangement mit Erin preiszugeben. Die Leute würden sich früher oder später ohnehin das Maul darüber zerreißen. Vermutlich hatte der Eine oder Andere bereits die wildesten Vorstellungen von dem, was im Hause Stevenson so ablief. "Das war allerdings ein ganz übler Streich. Scherereien ist da eher noch nett ausgedrückt." Obwohl Terry Jeremy für seinen Unfug an seinem Geburtstag konsequent bestraft und ihm diesen vergeben hatte, verspürte er nun doch noch darüber Ärger in sich aufsteigen. So gut Jeremiah das auch gemeint hatte, so dreist war es ausgeführt, denn nach den Vorstellung seines Jungen, hätte ein Anderer den Ärger ausbaden sollen. Gerade wollte er bemerken, dass Simones Erin nicht wegen dieses Streiches vor die Tür setzen wollte, als Ben offenbar ins Stolpern geriet. Der Junge war während des Gespräches immer weiter zurück gefallen. Jetzt versuchte er sich an einem Zaun festzuhalten und obwohl ihm der Junge wirklich leid tat, musste Terry ein Schmunzeln unterdrücken. Sieht so aus, als ob der Zaun den Jungen festhielte.. Natürlich war er versucht, umzukehren und wäre es Jeremiah gewesen, der nun mit einem Ruck in den Schnee fiel und ganz offensichtlich Schmerzen litt, wäre er vermutlich längst an seiner Seite. Da Bens Vater jedoch unmittelbar in der Nähe war und dies Unglück hatte sehen können, hielt Terry sich zurück. Sich darum zu kümmern war nun einmal nicht nur die Pflicht, sondern auch das Vorrecht des Vaters. Außerdem würde er an der Reaktion Mr. McKays auf diese so unglückliche Lage seines Sohnes wohl mehr über seinen Nachbarn erfahren, als bei einem freundschaftlichen Smalltalk.