"So hat er das?", etwas irritiert über diese Aussage brauchte Francis einen Moment ehe er begriff auf was sich der Reverend bezog. "Ach ja... vorhin in der Kirche," er nickte, als ihm dieses Licht aufgegangen war und fühlte sich innerlich doch ein wenig beruhigt, was Matt betraf. Dieses einfach aus dem Gottesdienst verschwinden ohne Molly und ihm Bescheid zu geben, hatte doch ein wenig Zweifel über den Junge zu gelassen. Doch damit hatte sich das kleine Verwirrspiel aufgelöst und Francis war darüber sogar froh. Blieb ihm doch weiterer Ärger mit Matthew erspart. Nur die Meinung des Reverends wollte Francis nicht so ganz teilen, und er brummte nur ein recht unbegeistertes "Ja mhm, scheint so," und war sich nicht so sicher, ob er das nicht nur tat, weil er tief in sich wusste, dass Stevenson recht hatte. Denn ansonsten wären die Haare sicher nicht so kurz geraden.
Über den Bartkommentar zeigte sich Francis etwas erstaunt, aber nachfragen konnte er nicht mehr. Denn die Angelegenheit des verwildertesn Friedhofes lenkte sie beide ab. Francis nahm einfach an, dass ein kleiner Unfall heute Morgen zu dem Schnitt geführt hatte, an dem wohl Jeremiah Schuld trug. Was ihm auch ähnlich gesehen hätte. Er nickte zu Stevensons Versprechen die Gräber im Auge zu behalten. Als Stadtrat und Kirchenältester hatte Francis wohl die Pflicht gehabt den Reverend darauf kurz anzusprechen, hatte dies aber ganz ohne Hintergedanke getan. Es war nur eine Feststellung gewesen, doch wenn Stevenson damit eine Aufgabe verband, war es Francis nur recht.
Die Erwähnung von Jerrys Streit und die damit verbundene finanzielle Pflicht für den Reverend schien Stevenson ungelegen zu kommen. Francis tat das sogar ein bisschen leid, denn er hatte nur versucht ein Thema zu finden, über das man sprechen konnte. Nun zumindest schien sich der Reverend über Miss Spencers Mithilfe in seinem Haushalt zu freuen, auch wenn er ziemlich reserviert bei dieser Angelegenheit blieb. Francis konnte das gut verstehen. Dieser Ort hier hatte überall Ohren und Augen und die Gerüchte waren schnell gestreut. Er selbst hielt sich davon gerne fern, und er nahm es Stevenson nciht krumm, dass er vorsichtig blieb. Er kannte ja seinen Nachbarn kaum und musste erst noch herausfinden, wem er vertrauen konnte und durfte. Am Blick des Reverends konnte Francis erkennen, dass Stevenson die Informationen aus der Stadtratssitzung wohl zum ersten Mal zu hören schien, aber ehe er Francis dazu etwas sagen oder fragen konnte, sah Stevenson auf einmal hinter sich und blieb stehen. Irritiert tat ihm Francis nach und zog eine Braue missmutig in die Höhe, als er sah, was die Aufmerksamkeit des Reverends auf sich gelenkt hatte - Ben. Wie auch immer er das dieses Mal geschafft hatte, aber er hing recht ungeschickt Haltsuchend am Zaun der Stevensons. Francis verdrehte leicht die Augen und seufzte. Verärgerung war ihm zwar nicht anzuhören, aber deutlich anzusehen. Gerade wollte Francis die wenigen Schritte zurück zu seinem Sohn machen, um ihm Halt zu bieten, als dieser mit einem recht vernehmlichen "RATSCH" seine am Lattenzaun gefangene Jacke befreite und haltlos in den Schnee fiel. Das konnte doch nicht wahr sein? War es wirklich so schwer ein bisschen mehr Benehmen an den Tag zu legen und zu gehorchen? Was hatte den Jungen überhaupt geritten zurückzufallen? Nach der eben erst erlittenen Züchtigung konnte sich Ben doch an einer Hand abzählen, was ihn erwarten würde, wenn er sich nicht für Gehorsam bereit zeigte? Es lag ein deutlich verärgerter Ausdruck auf Francis Gesicht, als er Ben die Hand hinhielt um ihn auf die Beine zu helfen. Mit einem abschätzenden Blick vergewisserte sich Francis, dass dem Jungen nichts fehlte und zerrte erst dann ein wenig grob am Kragen der Jacke, so dass Ben kurz ein wenig hin und hergeschüttelt wurde. "Was bist du doch für ein ungeschickter Junge," tadelte er kühl und hielt es für eine angemessene Bestrafung, dass der Junge beim Sturz in den Schnee sicher jeden einzigen Hieb noch einmal gespürt hatte.Natürlich konnte Ben nichts dafür, dass die Jacke sich am Zaun festgefangen hatte. Aber hatte er wirklich daran ziehen müssen? Und wäre das überhaupt passiert, wenn er folgsam und brav neben ihm hergegangen wäre? Wohl nicht. Jetzt hatte Molly erst den zerrissenen Pullover seines Freundes gestopft, und durfte sich die Arbeit mit der Jacke ihres eigenen Jungen machen. Darüber würde sie sicher nicht begeistert sein. Wie er sie kannte würde sie von ihm abverlangen, dass er Ben für seine wiederholte Unachtsamkeit abstrafen würde. Denn irgenwann war die Mehrarbeit duch Bens Schusseligkeit nicht mehr zu tragen. Zumal sie ihm gewöhnlich diese Dingen sowieso nicht durchgehen ließen. "Es vergeht kein Tag, an dem du Mutter und mir nicht unnötig mehr Arbeit bereitest. Jetzt schau dir die Jacke an? Völlig zerrissen und ich muss mit einem Lump zum Empfang gehen. Ich hoffe du bist stolz auf dich," unwirsch ließ Francis Ben wieder los und packte ihn gleich darauf fest an der Hand. "Aber darüber reden wir später in Ruhe, wenn wir wieder zu Hause sind," sein Ton war deutlich kühl und streng, so dass für Ben keine Zweifel darüber aufkamen, was mit 'reden' gemeint war. "So, und wenn du nicht wie ein großer Junge anständig einen Fuß vor den Anderen setzten kannst, muss ich dich eben wie ein Kleinkind wieder an die Hand nehmen. Ich bitte um Entschuldigung, Reverend. Aber manchmal habe ich das Gefühl Benjamin ist auf dem Stand eines Zehnjährigen stehen geblieben. Ich hoffe sie fühlen sich durch sein schlechtes Benehmen nicht gestört."
An der ärgerlichen Miene seines Vaters erkannte Ben sofort, dass dieser mehr verärgert über die kaputte Jacke zu sein schien, als an ihm. Nur ungern ließ er sich von seinem Vater auf die Füße helfen und zog gar den Kopf ein wenig ein. Statt der erwarteten sofortigen Ohrfeige oder die Hiebe auf seinen geschundenen Po fühlte er sich grob am Kragen gepackt und hin und her geschüttelt. Viel angenehmer war das auch nicht, denn die Striemen, die der Stock auf seinem Hintern und unteren Rücken zurückgelassen hatten, brüllten gefühlt auf und ließen Ben die Tränen kommen. Noch schmerzhafter trafen ihn jedoch die harten Worte des Vaters. Er konnte doch nichts dafür, das seine Beine oft nicht so wollten, wie er! Mühsam unterdrückte er sein Weinen und blieb beschämt mit hängendem Kopf stehen. Nein, stolz war er gar nicht auf sich! Warum sollte er auch, wenn er nun einmal so dumm war. Seine Knie wurden weich, denn er wusste nur zu genau, was der Vater mit "Reden" gemeint hatte. Sicher ließe der nur wieder den Stock sprechen und nicht einmal Matt würde das verhindern können. Ein paar Mal schon hatte Matt die Schuld für Bens Schusseligkeiten auf sich nehmen können, aber dieses Mal war er je nicht einmal in der Nähe - und hatte außerdem gesagt, er könne das nicht mehr. Wahrscheinlich lag auch das an dieser dummen Bailey! Matt war so gemein, diese ihm vorzuziehen! In diesen Gedanken von Eifersucht und Ungerechigkeit gefangen, nahm er nur am Rande wahr, dass sein Vater ihn nun wieder fest an die Hand nahm. Es kam ihm gar nicht in den Sinn, sich dagegen aufzulehnen, sondern ließ sich führen. Jetzt gelang es ihm auch, die Füße voreinander zu setzen und er verstand gar nicht, was sein Vater mit seinen Worten dem Reverend sagen wollte. Was hieß das, auf dem Stand eines Zehnjährigen stehen geblieben zu sein? Er war doch gar nicht so klein und was konnte er denn dafür, dass er diesen Schneehaufen viel zu spät gesehen hatte? Hoffentlich nicht, hoffentlich nicht.. Es war ein Stoßgebet Bens, denn fühlte der Reverend sich gestört, würde er sich noch einmal entschuldigen müssen und bekam dafür gewiss noch mehr Hiebe.
"Ganz und gar nicht Mr. McKay. So etwas kann schon mal vorkommen." Terry warf einen Blick auf den Jungen, der nun mit gesenktem Kopf an der Hand des Vaters mittrappelte. Natürlich hatte dessen Sturz das Gespräch gestört und damit wohl auch ihn, aber das war ja keine Frage des Benehmens gewesen. So, wie er die Situation wahrgenommen hatte, war das nichts gewesen, was Benjamin mit schlechtem Benehmen provoziert hatte. Terry hatte Mitgefühl für den Zwölfjährigen, der von seinem Vater nicht nur ausgeschimpft wurde, als sei er eben erst zehn, sondern, sich auch vorwerfen lassen musste, er sei dumm. Erstens vermochte Terry das nicht zu glauben und selbst, wenn er falsch lag und der Junge war wirklich zurückgeblieben, war es doch nicht dessen Schuld! Hier waren Vorwürfe doch nun wirklich fehl am Platze. Im Stillen bedauerte Terry, dass er es nicht geschafft hatte, öfter einzukaufen oder zu anderer Gelegenheit Mr. McKay anzutreffen. Er hatte zwar tatsächlich nun über dessen Erziehung in Erfahrung bringen können, war aber noch lange nicht vertraut genug, ihm in die Erziehung Bens hinein zu sprechen. "Ihr Junge ist sicher mit der Jacke an einem Splitter oder Nagel hängen geblieben. Der Zaun muss wirklich bei nächster Gelegenheit repariert werden. Jeremiah hat neulich so seinen Pullover zerrissen." Terry schüttelte wie bedauernd den Kopf und hoffte, dass sein Nachbar sich von Benjamin ablenken ließ. Es wäre dem Jungen vor den anderen Kindern zu Recht peinlich, so vorgeführt zu werden. Außerdem, und darin sah Terry die langfristigeren Probleme, bestand das Risiko, dass Ben glaubte, was er den Vater sagen hörte. Glauben kam nun einmal vom Hören und in dem Fall würde er von sich selber glauben, er sei ungeschickt und dumm. Von einem Wunder konnte man wohl kaum sprechen, so er sich nach und nach in das Bild verwandelte, was sein Vater von ihm hatte. Nein, kein Wunder - eher sich selbst erfüllende Prophezeiung.Warum der Junge über den Schneehaufen gefallen war, konnte er sich auch nicht erklären, denn man hätte leicht darum herum gehen können. Sollte der Junge ihn nicht gesehen haben, hätte dieser wirklich schlechte Augen. Im Stillen nahm er sich vor, einmal Jeremy oder Erin danach zu fragen, denn vor Allem Letzterer müsste eine Sehschwäche in der Schule schon einmal aufgefallen sein - und mit einem bisschen Glück ließe sich Mr. McKay von ihr in ihrer Eigenschaft als Lehrer eher raten, als von ihm.
Weniger auf seinen Sohn achtend, als auf den Reverend, zeigte sich Francis erleichtert, dass dieser Ben sein Missgeschick nachsah. Allerdings teilte er nicht völlig dessen Meinung. "Nun ja, es kann einmal vorkommen, sicher. Aber Ben passiert es andauernd. Es ist wirklich ein Kreuz mit dem Jungen," und damit erhielt Ben auch gleich als Mahnung einen leichten Genickschlag, ehe Francis wieder fest seine Hand umfasste. "Wenn es nicht die eigenen Füße sind, über die er stolpert, wirft er garantiert bei Tisch Besteck zu Boden oder das Glas um. Man muss sich in einem Fort über sein Benehmen schämen," kurz kniff Francis abschätzend die Augen zusammen und spielte mit dem Gedanken in Stevenson einen Gleichgesinnten zu finden, fühlte sich aber dennoch unsicher über seine nächsten Worte: "Nun ich schätze, sie wissen, was ich meine." Schließlich war es der Pfarrsohn gewesen, der fluchend vor der gesamten Gemeinde den eigenen Vater heute Vormittag dermaßen bloß gestellt hatte. Wäre Ben das passiert, hätte Francis an Stevensons Stelle den Jungen grün und blau geschlagen, um sicher zu stellen, dass so etwas nie wieder passieren würde. Bei der Erwähnung des schlechten Zustandes des Zaunes blieb Francis für einen Moment am Anwesen der Stevenson stehen und betrachtete den Teil des Zaunes, der zwischen Schneehaube und Schneedecke erkennbar war. Nun, er hatte schon bessere Tage gesehen, dass musste Francis zugeben. Niemand hatte sich um das Haus groß gekümmert und seit dem Vorgänger von Rev. Hawkinson hatte auch fast niemand darin gewohnt.
"Hätte er aufgepasst, wäre er nicht am Nagel hängen geblieben," brummte Francis uneinsichtig, nickte dann aber. "Das Frühjahr wird schnell kommen. Wie meist hier oben. Da bleibt ihnen sicher genug Zeit den Zaun auszubessern. Aber wenn sie schon den Pullover erwähnen, den hat übrigens meine Frau ausgebessert. Sie wird ihn bestimmt später mitbringen, wenn sie mit Martha nachkommt."
Terry nickte zu den Worten des Reverend, denn er hatte Ben als unkonzentriert, fahrig und gehemmt erlebt. Das waren alles Eigenschaften, die dazu führten, dass er sich eben ungeschickt verhielt. Kurz warf er einen Blick auf Ben, der unter dem wohl nicht gerade sanften Schlag in den Nacken zusammenfuhr und den Kopf senkte. "Ich denke, ich verstehe." Terry stimmte zu, denn dass Mr. McKay sich für Bens Ungeschicklichkeit schämte, konnte er schon nachvollziehen. Dennoch war es unfair, denn man konnte Ben wohl kaum vorwerfen, mit Vorsatz ungeschickt zu sein. Vermutlich hatte er gar keinen Einfluss auf diese Dinge, die da mehr mit ihm geschahen als durch ihn. Noch hatte er ihn nicht in der Sonntagsschule erlebt und damit auch nicht das Recht, irgendwelche Ratschläge zur Erziehung zu geben. Dennoch würde er am Liebsten seinem Nachbarn die Meinung geigen. Wenn dieser den Jungen jedes Mal abstrafte und als ungeschickt oder Schlimmeres betitelt, brauchte er sich kaum wundern, wenn Ben sich entsprechend verhielt. "Nun, ihr Junge hat sicher auch seine Stärken. Lassen Sie ihm Raum, diese zu entwickeln." Mehr wollte Terry dazu nicht sagen, obwohl es ihm um Ben leid tat. Dieser wirkte auf ihn verängstigt und so gehemmt, dass er sich kaum frei entfalten konnte und das war ein Jammer um das Potential, dass in Ben schlummerte. Dass Terry keine weiteren Ratschläge erteilte war, wohl die richtige Entscheidung gewesen, denn Mr. McKay zeigte sich uneinsichtig, obwohl er zugab, dass der Zaun einer Reparatur bedurfte. Der Themenwechsel allerdings kam auch Terry entgegen, denn er wollte jetzt kein Diskussion über die Erziehung beginnen. "Das ist wirklich sehr freundlich. Obwohl man sein Herz nicht an Dinge hängen sollte, hänge ich doch an diesem Pullover. Es war der Letzte, den Susan, meine Frau, für den Jungen, noch gestrickt hat." Terry konnte nicht verhindern, dass er einen traurigen Zug um den Mund bekamt, denn noch vermisste er Susan jeden Tag. Das war wohl trotz seiner wachsenden Gefühle für Erin nicht verwunderlich und auch kein Verrat an Erin, denn immerhin hatte er lange Jahre mit Susan zusammen gelebt, gelacht und gearbeitet.
Terry mit Francis u. Ben auf der Lakestreet, Ecke Mainstreet
Francis kniff erneut die Augen zusammen und betrachtete den Reverend skeptisch. Ben und Stärken? Nicht eine, wenn er gründlich darüber nachdachte, wollte Francis einfallen. Entsprechend lachte er leise auf und schüttelte eher verwundert als ärgerlich den Kopf. "Ben und Stärken? Oh, da kennen sie meinen Jüngsten noch nicht gut genug. Abgesehen davon, dass er wenn er möchte, sehr folgsam sein kann, wüsste ich nicht was der Junge wirklich gut kann. Er ist vergesslich und tolpatschig, ungeschickt und schusslig. Er lernt schlecht und schreibt in Folge schlechte Noten, er kann sich nichts merken und wenn sie versuchen mit ihm eine Unterhaltung zu führen, wird ihnen ganz schwindlig, weil er keinen Satz gescheit herausbringt. Was er anfasst geht kaputt und ich habe so gut wie keinen Nutzen für den Bengel. Ich hoffe da haben sie wenigstens ein bisschen mehr Glück, wo sie doch nur einen haben," Francis meinte seine Worte weder boshaft noch wollte er provozieren. Nicht einmal Benjamin wollte er damit verletzten. Er war nur wie üblich grundehrlich und nannte die Dinge so beim Namen, wie sie sich für Francis darstellten. Und da sie beim Pullover gelandet waren, erlaubte sich Francis erneut einen Bezug zum Pfarrsohn zu ziehen. Als dieser erwähnte, dass der Pullover ein letztes "Geschenk" seiner Frau an seinen Sohn gewesen war, wurde Francis ernster und kurz schweigsam, während er zur Ecke der Lake Street marschierte und beim Einbiegen auf die Mainstreet kalten Wind im Gesicht verspürte. "Sie wissen ja, Reverend, was immer sie für Hilfe brauchen, wir sind für sie da. Meine Frau wird helfen wo sie kann. Einem Mann, alleine auf sich gestellt, kann man kaum abverlangen, dass er auch noch all die Dinge lernt, die wir unseren Töchtern schon so früh wie möglich beibringen. Und ich bin mir sicher ihr Sohn wird sich darüber freuen, der Pullover sieht aus wie neu."
Terry mit Francis u. Ben auf der Lakestreet, Ecke Mainstreet
"Nun, manchmal muss man wohl danach suchen." Terry schmunzelte, um diesen Worten ihre Schärfe zu nehmen. Auf einen Streit mit seinem Nachbarn wollte er diese Gespräch nicht hinaus laufen lassen. Noch einmal warf er einen Blick auf den vor Scham über diese Worte rot angelaufenen Ben und seufzte innerlich. Es war wirklich mehr als bedauerlich, dass Mr. McKay kein gutes Haar an dem Jungen ließ. Mehr noch ärgerte ihn jedoch der Hinweis, der Junge biete keinerlei Nutzen, denn dafür waren Kinder für sein Dafürhalten nicht gemacht - einen Nutzen zu bieten. Kurz fragte er sich, ob denn Mathew oder Martha einen Nutzen böten. Vermutlich war Marthe inzwischen in der Lage zu kochen, zu waschen oder ihrer Mutter sonst zu helfen, so dass sie tatsächlich einen Nutzen bot, aber Matt? Terry war schon versucht, den Nachbarn darauf hinzuweisen, dass es für diese Problem in der Schule durchaus Gründe geben konnte - Ursachen, die sich beseitig ließen - aber noch genoss er nicht das dafür notwendig Vertrauen. Wundern tat ihn das nicht, denn Jeremiah hatte sich sogar für dessen Verhältnisse unmöglich benommen. "Darauf komme ich gerne zurück, Mr. McKay. Im Frühjahr ist ja immer viel zu tun und damit meine ich nicht nur den Zaun." Terry seufzte gespielt, denn tatsächlich würde er nicht nur den Garten wieder in einen ordentlichen Zustand versetzen müssen, sondern auch der Schuppen, in dem Kendo stand, benötigte dringend eine Renovierung - und Kendo Gesellschaft. "Darüber wird er sich bestimmt freuen. Ich hoffe ,ich bekomme nachher noch die Gelegenheit, mich bei Ihrer Frau dafür zu bedanken."
Terry mit Francis u. Ben auf der Lakestreet, Ecke Mainstreet
Francis behielt seinen skeptischen Blick bei und betrachtete erneut Ben mit einer Mischung aus Unglaube und Amüsement. Bei dem Jungen würde er wohl sehr lange und sehr gründlich suchen müssen. Auf die Schnelle wollte ihm kein Talent einfallen, aber das behielt er dann doch lieber für sich. Er musste kaum mit dem Reverend darüber diskutieren, noch wollte er sich allzu sehr dafür schämen, einen so ungeschickten Sohn zu haben. Also schwieg er lieber darüber. Zumal sie das Thema sowieso gewechselt hatten und Francis nicht von streitsüchtiger Natur war. Ihm kam daher die kurze Unterhaltung über Hilfestellung und Zaun ganz recht. "Wir werden sehen, Reverend, das Haus ist eben nicht mehr das jüngste und war so schlecht bewohnt. Aber wenn's auch nur der Zaun sein soll, dann helfe ich auch dabei und gerne auch bei anderen Dingen. Ihr Städter habt ja meist doch zwei linke Hände," fügte er mit einem liebenwürdigen Zwinkern hinzu. "Und sicher können sie das. Molly kommt selbstverständlich nach. Es gab nun kurz ein paar Dinge zu klären, aber auch den Salat für ihr Büfett zu holen." Sie bogen bei den Worten in die Mainstreet ein, auf der es recht lebhaft zuging. Ganz Camden Village strömte zum Gästehaus. "Das war übrigens ein ganz famoser Einfall von ihnen, Reverend. Also das Einstandsfest, mein eich. Die Leute sind doch sehr neurigier auf ihre Person und natürlich nach dieser gewöhnungsbedürftigen Predigt erst recht. Aber ich kann sie beruhigen, einen Mann der die Nähe seiner Gemeinde sucht, ist hier schon gerne gesehen."
Terry mit Francis u. Ben auf der Mainstreet/Ecke Lakestreet
"Das ist sehr freundlich, vielen Dank." Terry ging auf die Bemerkung seines Nachbarn bezüglich der zwei linken Hände nicht ein. Natürlich kannte derlei Vorurteile gegen Städter zu genüge und es lohnte sich seines Erachtens nicht, sich darüber Gedanken zu machen. So lange solche Bemerkungen mit einem Augenzwinkern fielen, waren diese wohl nicht ernst gemeint. "Ah - dann kann ich mich wohl bei Ihrer Frau bedanken." Terry fragte sich kurz, was diese wohl mit ihrer Tochter noch zu klären hatte. Das ging ihn kaum Etwas an und doch konnte er sich nicht erinnern, dass Martha sich in der Kirche schlecht benommen hatte. Etwas zu klären.. nun, so ließe sich das bitterliche Weinen eben auch erklären.. Terry war sicher, dass Martha von ihrer Mutter gezüchtigt worden war, als er Mr. McKay begegnet war. Kurz warf er einen Blick auf Ben hinüber, der mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern an seines Vaters Hand durch den Schnee stapfte. Noch immer sah Terry sich nicht in der Position zu raten und dennoch würde er seinem Nachbarn am Liebsten die Meinung sagen. Sah dieser denn nicht, dass er aus seinen Kindern gebrochene Erwachsene machte, die blind gehorchten und sich aus Angst vor Strafe kaum mehr Irgendetwas zu trauten? Mr. McKay riss ihn zwar aus den Gedanken mit seiner Bemerkung über den Umtrunk, aber leider waren seine Worte nicht dazu geeignet, das Gespräch in die von Terry gewünschte Richtung zu lenken. "Mein Leben ist wie ein offenes Buch - ich denke, es wird Niemandem möglich sein, mich auf diesem Empfang zu erleben und nichts über mich zu erfahren. Meine zwei linken Hände sind doch sehr beredt." Schmunzelnd zwinkerte Terry dem Älteren zu.
Francis und Ben mit Terry mit Francis auf der Mainstreet/Ecke Lakestreet
"Wobei sie das wirklich nicht müssen, also das Bedanken bei Molly. Sie hat das wirklich gerne getan," natürlich wollte Francis damit weder den Reverend bevormunden, noch Molly einen Dank absprechen. Aber für sie alle war die Nachbarschaftshilfe so selbstverständlich geworden, dass man einfach handelte. Allerdings wollte Francis hoffen, dass der Pfarrsohn sich zu bedanken wusste. Er war schließlich in einem Alter wo man genau diese Dinge noch gründlich zu lernen hatte, um eines Tages genauso auf seine Mitmenschen zu gehen zu können, wie die McKays. Kurz musste Franics erheitert auflachen, als der Reverend so vertrauenselig der Meinung war, es gebe nichts in seinem Leben, was sich zu verstecken lohne und er kein Problem damit hatte der Neugier der Camdener zu begegnen. "Oh Reverend, ihr Wort im wahrsten Sinne des Wortes in Gottes Ohr. Sie kennen die meisten Bürger noch nicht gut genug. Seien sie daher ruhig vor den Waschweibern auf der Hut. Offener Bücher, sind für sie willkommene Jagdbeute," die kurze Anspielung auf seine eigenen Worte von zuvor ließ Francis schmunzeln und er nickte mit schuldbewusster Miene. "Nun jeder das, was er am besten kann," unbewusst und ohne nachzudenken klopfte er dem Reverend dabei freundschaftlich auf die Schulter. "Nicht, Reverend?" Sein Blick wanderte kurz wieder zu Ben und Francis seufzte. "Auch wenn so manch einer leider herzlich wenig Talente besitzt," kurz verstärkte er seinen Griff mit dem er Ben hielt, auch wenn es unbewusst geschah, war es ein deutliches Signal, wen er damit meinte. "Und welche, die große Talente besitzen, wie mein Ältester, werfen sie einfach weg. Aber ich will sie bestimmt nicht mit meinen Problemen langweilen. Sie haben sicher genug eigene." Und damit bezog sich Francis nicht alleine auf Jeremiah. Im Gegenteil er dachte viel mehr an den Umzug, den Verlust der Frau und das Zurechtkommen ohne sie. Für Francis war das durchaus tragischer und vor allem wichtiger, als seine eigenen kleinen Familientragödien.
Terry mit Francis u. Ben auf der Mainstreet/Ecke Lakestreet
"Oh, ich bin sicher, dass das so ist." Terry nickte schmunzelnd, denn so wie er Mrs. McKay einschätzte, erwartete diese von ihm tatsächlich keinen Dank. Dennoch würde er seine Dankbarkeit gegenüber Molly McKay zu Ausdruck bringen, denn dieses schützte ihn vor der irrigen Annahme, derlei Hilfe einfordern zu können. Dankbarkeit war nun einmal ein mögliches Gegenteil zu dem Stolz des Menschen. "Mehr noch schuldet mein Sohn Ihrer Frau Dank - und da Dankbarkeit den Menschen nicht in die Wiege gelegt wurde, sondern mühsam anerzogen werden muss, bin ich in dieser Sache gerne ein gutes Vorbild für Jeremiah." Natürlich war Terry völlig klar, dass sich Jeremiah im Augenblick wohl kaum ein Vorbild an ihm nehmen konnte, da dieser daheim geblieben war. Für ihn ging es jedoch um einen persönlichen Lebenstil und den würde Jeremiah unabhängig von der konkreten Situation sich zum Vorbild nehmen. "Ein authentisches Leben ist eben ein offenes Buch." Terry zuckte die Achseln, denn für sein Dafürhalten gab es in seinem Leben nichts, was sich für diese Waschweiber anbot - abgesehen davon, dass er eine geschiedene Frau mit ihren Kindern in seinen Haushalt ließ. Darüber würde man sich sicher bald die Mäuler zerreißen, aber damit konnte er wohl leben. Terry quittierte die freundschafliche Geste seines Nachbarn mit einem freundlichen Grinsen. "Nun - manchmal muss man lange warten, bis verborgene Talente offenbar werden, aber ein jeder hat seinen Teil in die Wiege gelegt bekommen." Terry verkniff sich eine Bemerkung über ein Talent, von dem er annahm, dass Ben es besäße. Bei aller Ungeschicklichkeit, Fahrigkeit und offensichtlichen Problemen mit dem Lernen, war der Junge doch recht sensibel und das ging meisten mit der Fähigkeit einher, sich gut in andere Menschen oder Tiere hineinversetzen zu können. Das war auch ein Talent, aus dem sich sicherlich die eine oder andere Fähigkeit ableiten ließ. Natürlich nur, wenn man ihm die Freiheit dazu lässt.. "Ich will nicht behaupten, dass es eine Sünde, sei seine Talente zu unterdrücken oder zu verwerfen, aber Gott hat uns immerhin aufgefordert, mit unseren Pfunden zu wuchern." Terry nahm an, dass sein Nachbar über Matthew als seinen Ältesten sprach, obwohl er wohl noch weit ältere Söhne hatte. Diese jedoch lebten soweit Terry wusste nicht mehr daheim und hatten demnach ihre Berufung gefunden. "Was sind es für Talente, von denen Sie annehmen, Ihr Sohn hielte diese zurück?" Interessiert wandte Terry sich nun dem Nachbarn zu. Er hatte sich zwar ein Bild von Matthew ebenso gemacht, wie von Ben oder Martha, aber auch den Eindruck gewonnen, dass die strenge Erziehung diesen gewissermaßen ausbremste. Was auch immer dieser an Talenten und Gaben mit auf den Weg bekommen hatte, konnte dieser vermutlich nicht frei entfalten. Es war also nicht sicher, ob Matthew tatsächlich wissentlich sein Talent verschleuderte. "Keine Angst - Sie langweilen mich damit nicht. " Terry schüttelte dazu schmunzelnd den Kopf. Sicher hatte er ganz andere Probleme zu lösen und Nöte. Dennoch würde er sich immer mit den Nöten seiner Mitmenschen befassen wollen. Einerseits war das Teil seines Auftrages, seines Berufes, und andererseits funktionierte auch in der Beziehung das Prinzip von Saat und Ernte. Wie oft hatte er nicht mit der Lösung eines Problems eines Anderen auch eine Lösung für eines seiner Probleme gefunden! Auch seiner Not war schon abgeholfen worden, so er der Not eines Anderen begegnet war. Es galt eben doch: Der Mensch erntet, was er sät. "Wahrscheinlich habe ich tatsächlich andere Nöte, als sie - aber wird nicht von einem Jeden die eigene Not als schwerwiegend empfunden? Für Gott ist keine Not zu kleine oder zu groß, um sich zu kümmern und so ist es immer wieder spannend zu sehen, wie er einer Not begegnet."
Terry mit Francis u. Ben auf der Mainstreet/Ecke Lakestreet
Francis nahm wohlwollend zu Kenntnis, dass in Bezug auf ein nicht nötiges Danke der Reverend und er sich gänzlich zu verstehen schienen. Noch mehr gefallen tat es Francis, dass Stevenson wohl klare Prinzipien hatte, die er seinem Sohn vorlebte. So würde zumindest Jeremiah Molly angemessen danken und damit würde auch seine Frau völlig zufrieden gestellt sein. Womöglich unterschätzten Molly und er den Reverend ein wenig. Sie maßen ihn dummerweise an dem was heute passiert war und das war nicht unbedingt rechtens, noch Mollys und seine Art. Natürlich war es ärgerlich, dass das Fenster kaputt war und Ben wegen Jerry Unfug gemacht hatte, aber für Marthas Vergehen konnte keiner der Jungs etwas und deswegen die schlechte Laune auf Jeremiah und Ben abzuwälzen war fatal gewesen. Nein, der Reverend klang doch gerade eben ganz vernünftig, mit klaren Ansichten und er hatte wie erwartet an seinem Sohn für sein Vergehen die Vaterpflichten erfüllt. Er mochte ein wenig offener sein, aber das war vielleicht gar nicht so verkehrt. "Das sind weise Worte, Reverend," stimmte Francis entsprechend zu. "Ich hoffe nur ihr Sohn nimmt sich auch ein Vorbild an ihnen. Das kann ich leider nicht von all meinen Söhnen behaupten." Und damit meinte er jetzt nicht unbedingt Ben oder Matt. Aber er wollte nicht dem Reverend gegenüber zu tiefe Einblicke offenbaren und ließ Emmett erst einmal unerwähnt. Ein kleines Schmunzeln begleiteten die Worte von Stevenson, als dieser sich recht gewappnet gegenüber der Tratschgefahr im Ort zeigte. Es war alleine seine Sache wie er mit der Warnung umgehen wollte und Francis schwieg daher auch erst einmal dazu. Ihm machte sowieso die Unterhaltung viel zu viel Kopfzerbrechen, denn es wurde zunehmend schwerer für Francis zu leugnen, dass der Reverend in allem was er bisher gesagt hatte, ein in sich ruhender Mensch zu sein schien, der mit dem Leben wie es war und mit den Fehlern seines Sohnes zufrieden war. Im Gegensatz zu ihm, der in letzter Zeit ein wenig ruhelos war und einen inneren Umtrieb verspürte, sobald das Gespräch auf die Kinder kam. Er hatte viel zu wenig Geduld für sie und er wurde noch viel öfters lauter und womöglich auch ungerecht. Die Gleichbehandlung funktionierte nicht mehr und er musste sich immer wieder zur Ordnung rufen, was auch immer seltener gelang. Etwas war im Umbruch und Francis konnte nichts dagegen tun, noch wusste er woher der Unfriede mit den Kindern kam. Es gefiel ihm jedoch nicht sonderlich, dass der Reverend weiter darauf bestand, dass in jedem Talente schlummerten. In Ben waren diese höchstens in einen Tiefschlaf gefallen. Nein, wenn sie so weiter redeten würde Ben noch auf dumme Gedanken kommen und anfangen Talente zu suchen, wo keine waren. Dann würde er nur wieder unglücklich durch den Tag laufen und womöglich auch noch den einzigen Freund verlieren, den er endlich gefunden hatte. Mit einem Trübsal blasenden Jungen wollten eben die anderen nichts zu tun haben. Der Revernd sprach natürlich gleich eine Frage in Bezug auf Matt aus und Francis kam nicht umhin tief und schwer zu seufzen. Aber da ihm Stevenson die Sorge abnahm, er würde ihn mit seinen Nöten belästigen oder gar langweilen, gab er sich einen Ruck: "Ach der Junge hat einen so regen Vertanden, verstehen sie? Er war immer der beste in der Schule und hatte ein vielversprechende Zukunft vor sich. Er hat einfach abgebrochen, um seinem Traum nachzujagen. Sie wissen schon.. von zu Hause ausbrechen, das eigene Geld verdienen und das als Cowboy," er sprach den Beruf verächtlich aus, bemerkte das aber selbst nicht mehr. "Den Laden sollte er übernehmen. Mit dem Talent mit Geld umgehen zu können, hätte der Junge eine sichere Zukunft in der Stadt und Molly und ich wüssten ihn gut aufgehoben. Aber muss sich ja lieber die Hörner abstossen und das bei diesen unzivilisierten Leuten. Er geht in den Saloon, er trinkt, gibt das wenige Geld meist wieder aus und muss uns um welches anbetteln, weil er keinen Job lang genug halten kann. Was nutzen einem Talente, wenn man sie nicht benutzt. Dann doch lieber einen wie Ben, der kann seine Eltern erst gar nicht damit enttäuschen, weil er nichts besonderes kann, um es am Ende nicht zu nutzen. Man ärgert sich einfach weniger."
Terry mit Francis u. Ben auf der Mainstreet/Ecke Lakestreet
Langsam näherten sie sich dem Brunnenplatz und Terry bliebe einen Augenblick stehen, um sie den Brunnen anzusehen. Jetzt war er eingeschneit und besaß so einen ganz eigenen Zauber, aber in den sonnigeren Monaten war er bestimmt ein beliebter Treffpunkt. "Bewusst vielleicht nicht in Allem - aber mein Lebensstil wird ihn prägen, da bin ich sicher." Terry grinste kurz, denn er erinnerte sich an die Phase seines Lebens, in der er Alles nur nicht so, wie sein Vater, werden wollte, noch ganz gut. Schweigend hörte er über den unter seinen Füßen knirschenden Schnee hinweg seinem Nachbarn zu. Es gefiel ihm zwar nicht, dass dieser so verächtlich über den Berufsstand des Cowboys sprach, schwieg aber dazu. Normalerweise würde er dazu wohl Etwas sagen wollen, darauf hin weisen, dass es keinen Grund gab, Cowboys zu verachten, aber der Inhalt ihres Gespräches fiel mehr ins Gewicht. Terrys Gedanken konzentrierten sich also mehr auf die Worte, die sein Nachbar über Matthew fallen ließ, als auf derlei Nebensächlichkeiten. Erstaunt zog er die Augenbraue in die Höhe, denn er hatte von Matthew nicht angenommen, dass dieser regelmäßig zu viel trank. Hinter den Worten Mr. McKays nahm er dessen Enttäuschung und Sorge wahr, so dass er sein eigenes ganz anderes Bild von dessen Sohn unerwähnt ließ. "Wie alt ist Mathew? Sechzehn? Siebzehn? Er wird sich von Ihnen abgrenzen wollen. Das ist nicht nur normal, sondern für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig." Terry sprach bewusst ruhig auf der Sachebene, denn er meinte auch Unsicherheit im Umgang mit dem Jungen in der Stimme seines Gesprächspartners wahr zu nehmen und wollte diesen nun nicht noch weiter verunsichern. "Ich will Ihnen keinen Rat aufdrängen, aber zwei Fragen drängen sich mir auf." Terry machte bewusst eine Pause. Er wusste ja nicht zu sagen, ob Mr. McKay nur seinen Gefühlen einmal Ausdruck verleihen musste und sich diese von der Seele redete, oder ob dieser wirklich seinen Rat suchte. Letzteres bedurfte wohl eine längeren Gespräches, dass sich nicht so nebenbei führen ließe. "Weiß Matthew, dass Sie ihm dem Grunde nach mehr zutrauen?" Terry war fast sicher, dass er mit dieser Frage möglicherweise Mr. McKay zu nahe trat. Möglicherweise war dieser noch gar nicht auf die Idee gekommen, mit seinem Sohn über das Bild zu sprechen, dass er von diesem hatte, sondern war enttäuscht, dass Matthew diesem nicht entsprach. Dieses Bild zu korrigieren, statt mit Gewalt den Jungen dem Bild anzugleichen, war ein wichtiger Punkt, an dem eine Vater-Sohn-Beziehung leicht kranken konnte. Dem Gegenüber stand Mathew selber, für den der Rat des Vaters wahrscheinlich keine Rolle mehr spielte. Im Jugendalter war Vater als Ratgeber oder Fürsprecher oft abgemeldet und andere übernahmen diese Funktion - sei es zum Guten oder zum Schlechten. Terry schmunzelte, als er hörte, dass der Junge sich offenbar noch nicht auf eine Arbeit festgelegt hatte. "Na, er scheint ja Einiges ausprobiert zu haben. Dadurch sammelt er viele Erfahrungen. Allerdings gebe ich Ihnen Recht. Allmählich sollte er sich verbindlich eine regelmäßige Beschäftigung suchen. Fordern Sie das ruhig von ihm, aber lassen Sie zu, dass er sich die sucht, die ihm entspricht." Terry ahnte, dass sich das einfacher anhörte, als es war. Er hatte jedenfalls. keine Idee, was das sein konnte, nahm sich aber vor, einmal in Ruhe mit Matthew zu sprechen, so sich die Gelegenheit bot. Leicht schüttelte Terry den Kopf zu dem Hinweis, von einem Jungen, wie Ben, sei man wohl weniger enttäuscht, als von Matt, da dieser keine Talente habe, die er vergeuden könne. Das war ein sehr trauriges Bild, dass Mr. McKay von seinem Jüngsten hatte und durch die engen Grenzen, in denen der Junge lebte, würde dieser bald besser in das Bild passen, als es seinen Eltern lieb sein konnte. "Ich kenne Ben ja nicht sehr gut. Meistens erlebe ich ihn als still und ruhig." Mehr wollte Terry dazu eigentlich nicht sagen, denn erstens hatte Mr. McKay eher von seinem Kummer mit Matthew gesprochen, als über den mit Ben und zweitens konnte der an der Hand des Vaters vor sich hin trottende Junge ihre Worte leicht hören und missverstehen. Er hatte ihn tatsächlich als stillen, zurückgezogenen und vor Allem ein wenig gehemmten Jungen erlebt. Daraus ließ sich jedoch nicht ableiten, dass Ben von seiner Umgebung nichts mitbekam oder aber tatsächlich völlig ohne Begabung war. Terry verstand noch immer nicht, warum Ben so gestolpert war, denn der Haufen Schnee war kaum zu übersehen gewesen. Vielleicht sieht er ja wirklich schlecht.. Das würde wohl einige Missgeschicke erklären können, die Mr. McKay so übel aufstießen. Ben wäre auch sicherlich nicht der Erste und auch nicht der Letzte Junge, bei dem eine Sehschwäche jahrelang unentdeckt bliebe. Wäre Ben also sein Sohn, würde er das wohl ausschließen lassen wollen, auch wenn das kaum mehr als ein sehr vager Verdacht war. Terry seufzte innerlich, denn das konnte er dem Vater des Jungen wohl kaum vorschlagen. Er glaubte zwar nicht, dass der Nachbar so zart besaitet war, dass es ihn verletzte, aber er mochte sich doch angefasst fühlen, so man ihn auf einen möglichen Makel seines Sohnes ansprach. Unbewusst war Terry schneller gegangen, so dass sie dem Brunnenplatz und damit auch dem Gästehaus rasch näher kamen. Terry kniff kurz die Augen zusammen und grinste kurz. Er musste sich schon sehr irren, wenn er in den drei Menschen vor ihnen am Brunnenplatz nicht Eric und Sarah erkannt hätte. Wer die junge Frau an der Seite des Freundes war, wusste er nicht, aber sie schien den größten Teil der Aufmerksamkeit Erics zu beanspruchen. Sarah lief vergleichsweise ausgelassen vor den Erwachsenen durch den Schnee und dieser Anblick entlockte dem Reverend ein weiteres Schmunzeln. Anscheinend war die Kleine auf dem besten Weg, den Verlust ihrer Mutter zu überwinden und das wurde für sein Dafürhalten auch Zeit. Ein paar Tage war nach menschlichem Ermessen eine kurze Zeit um Trauer zu überwinden und einen Neubeginn zu wagen, aber Gott hatte da so seine eigene Vorstellung von der Zeit, die derlei Wunden heilte. Am Liebsten hätte er nun Eric eingeholt, denn nicht nur war er gerne in dessen Gesellschaft, sondern er war auch einer der wenigen Menschen, von denen sich Terry raten und korrigieren ließe. Es wäre interessant zu hören, was dieser wohl in Bezug auf Ben riete, vorausgesetzt man schilderte ihm die Angelegenheit kurz. Es kam jedoch für Terry nicht in Frage, Mr. McKay nun stehen zu lassen. Er hatte sicherlich noch genug Raum und Zeit, um mit Eric sprechen zu können. Außerdem brachte ihn dieser Gedanke zurück auf die zweite Frage, die er nun doch noch ansprechen wollte. Es mochte sein, dass Mr. McKay darauf gereizt reagierte, denn es tat weh, zugeben zu müssen, dass sich der väterliche Einfluss allmählich verlor und man als Vater eben nicht mehr so gefragt war. "Vielleicht ist Ihnen die Frage zu direkt, aber.. Von wem ließe Matthew sich korrigieren?" Terrys Frage implizierte, dass es da Jemanden gab, der dem Jungen mit Nachdruck raten konnte, ohne dass dieser dies als persönlichen Angriff oder Ablehnung empfand. Sicher war das allerdings nicht.
Matt nickte Rebeccah zu, während er nach ihr die Tür schloss und ihr erneut seinen Arm bot. Der See alleine war schon sehenswert, aber Matt hoffte, dass er noch ein paar Schritte weiter mit ihr am Ufer des Forest Creek gehen konnte. Dort gab es in den Felsen und Geröll am Hang des Ufers eine Bruchkante, über der fallendes Wasser zu Eis gefroren war. Das war ein besonderes Phänomen, dass er Rebeccah gerne zeigen wollte. "Gib mir fünf Minuten, Rebeccah. Länger brauche ich nicht." Er unterstützte seine Aussage, in dem er seine freie Hand mit gespreizten Fingern kurz in die Höhe hielt. Dichtes Schneegestöber dämpfte ihre Schritte, als sie durch den weichen Neuschnee in die Lakestreet stapften. Eine dünne Schicht Schnee bedeckte bereits wieder die Stufen zur Veranda und diese selbst. Große und kleine Fußabdrücke waren bereits fast wieder zu geschneit und vom Hof führten neuere Fußabdrücke zur Lakestreet. Ob Ben hier war? Hoffentlich. Matt machte sich nun doch Gedanken um den Verbleib seines Bruders, den er im Gästehaus vermisst hatte. Es wäre wohl das erste Mal, dass sein Vater einem von ihnen erlaubt hätte, sich nach einer Züchtigung zunächst daheim zu erholen und dann ins Gästehaus nachzukommen, aber möglich war es doch. Vorsichtig führte Matt Rebeccah die Stufen auf die Veranda hinauf. "Willst Du nicht mit hineinkommen und im Wohnzimmer auf mich warten? Ich brauche echt nicht länger, als fünf Minuten, aber die sind in der Kälte draußen ganz schön lang?" Fragend sah Matt Rebeccah an, während er gleichzeitig den Hausschlüssel aus seiner Jackentasche kramte. Meistens behandelte sein Vater ihn ja doch noch, wie ein Kleinkind und zollte ihm weder Anderkennung oder gar Respekt, aber immerhin besaß er einen Schlüssel.