"Also ich verbringe gerne Zeit mit Dir." Darauf bestand Matt, obwohl er zu Rebeccahs Worten zu diesem Thema vor hin genickt hatte. Für sein Dafürhalten musste er sie nicht erst besser kennen, um zu wissen, dass er gerne mit Rebeccah zusammen wahr - immerhin so gerne, dass er um eben dieses Kennenlernens willen auf einen Ritt verzichtete. Er verstand sich in dem Punkt nicht, war aber auch nicht bereit darüber zu diskutieren. Im Stillen hoffte er allerdings, dass sie bereits jetzt schon wusste, dass sie gerne mit ihm zusammen war - anderenfalls würde sie doch kaum mit ihm gehen - schon gar nicht ohne ihren Ziehvater zu informieren. "IOh ja - ich erinnere mich.". Kurz nur zwinkerte Matt der Fünfzehnjährigen zu, denn auch er legte nur wenig Wert darauf, von einem wütenden Mr. Firth eingeholt zu werden. Rebeccah schien sich im Stall des Geruchs wegen nicht wohl zu fühlen, denn aus dem Augenwinkel heraus, sah Matt, wie sie sich die Hand über die Nase legte und ziemlich schnell, den Stall verließ. Vorwerfen konnte er ihr das nicht, denn für Jemanden, der Stallgeruch nicht gewohnt war, musste dieser Geruch nach Tieren, Tiermist und Futter unangenehm sein. Der Stall seiner Eltern war nicht sehr groß und wurde regelmäßig gereinigt und doch war auch Matt froh, Shy Boy beim Reverend unterstellen zu können. Dort war der Schuppen wohl eher ein Unterstand und das bot ihm die Möglichkeit einer weit artgerechteren Unterbringung und auf der Weide würde auch der Geruch nach Urin, Mist und Pferden nicht so ins Gewicht fallen. "Stimmt - das müsste ich wohl. Ein weiteres Indiz dafür, dass ich gerne Zeit mit Dir verbringe." Matt lachte, währen er Shy Boy hinaus führte und dann Becky seinen linken Arm anbot. So gehörte es sich schließlich und weil Shy Boy an seiner rechten Seite ging, kam er Becky nicht so nah, als dass sie sich erschrecken musste. "Du gehst also zu Schule und übernimmst die Pflichten einer Hausfrau in Gänze? Da hast Du aber wirklich viel um die Ohren." Matt pfiff anerkennend durch die Zähne, denn das war ein Pensum an Arbeit, dass nicht einmal seine Eltern abforderten. Sie hatten Martha ganz aus der Schule genommen, damit sie den Pflichten einer Hausfrau nachkommen konnte und auch von Ben verlangten sie nicht, dass er die Schule besuchte und gleichzeitig einem Beruf nachging. Es war also kein Wunder, dass Becky noch nicht viel von Camden Village gesehen hatte und er freute sich darauf, ihr noch Vieles zeigen zu können. Anscheinend vertraute sie ihm, denn sie zeigte keine Bedenken, mit ihm zur Mündung des Forest Creek zu gehen. "Du magst keine Überraschungen, oder?" Matt schmunzelte amüsiert, denn damit wäre Becky wohl eine Ausnahme. "Dort gibt es ein einmaliges Naturschauspiel - einen glitzernden Regenbogen - warte es nur ab." Inzwischen hatte Matt den Stall längst wieder verschlossen und Becky durch den Garten in die Lake Street geführt. Seine Eltern sah er noch nicht kommen und auch von Ben und Martha war nichts zu sehen. Sie konnten also ohne Weiteres weg, ohne sich erklären oder aber sich Ermahnungen anhören zu müssen. Matt wandte sich zunächst in Richtung der kleinen Kirche. Er würde von dort aus den Bogen zum See schlagen, um die Mainstreet zu umgehen.
"Oh, das sollte keine Klage sein," beeilte sich Rebeccah ihre Worte richtigzustellen, als Matt wohl zu dem Schluss kam, dass der Haushalt und die Schule eine Menge von ihr abverlangten. "Ich mache das wirklich gerne. Ich meine für was sonst sind wir Frauen da? Wir sorgen uns um den Haushalt und man kann gar nicht früh genug damit anfangen. Wir sind ja auch nur zwei Personen und Nicholas ist meist nicht da. Da fällt gar nicht so viel an, wie vielleicht bei euch. Aber das mir Nicholas trotzdem erlaubt die Schule nebenbei zu besuchen... dafür bin ich ihm sehr, sehr dankbar. Es ist... wie soll ich sagen.. eine nette Pause vom Alltag. Etwas, das nur mir gehört. Wenn es mir je zu viel werden sollte, kann ich noch immer abbrechen. Aber ich würde die Freunde und das ganze Wissen und die Bücher sehr missen. Ich glaube ich würde immer einen Weg finden alles unter einen Hut zu bringen. Du musst nämlich wissen, dass mein Vater, mein verstorbener Vater, die Schule für ein Mädchen als einen völlig falschen Ort gehalten hat. Er hat mir zu Hause das Lesen beigebracht und auch das Schreiben, ein wenig Rechnen. Aber nicht mehr. Abgesehen von seinen Bibellehren. Ich habe vor zwei Jahren zum ersten Mal eine Schule betreten. Die Schule zu haben ist für mich ein sehr kostbares Geschenk. Und ich habe mich dort sehr verändert. Noch vor zwei Jahren wäre ich niemals mit dir gegangen, ich hätte dich wahrscheinlich nicht einmal angesehen oder... nun, so viele Worte gefunden," fast verlegen darüber senkte sie ihren Blick und lächelte wobei sie errötete. Hätte Nicholas sie eben gehört, hätte er wohl zurecht angenommen jemand hätte Rebeccah gegen eine Doppelgängerin ausgetauscht. So offen und redselig wie sie sich gerade gab, war sie normalerweise nicht unbedingt. "Es ist ein guter Ort. Vermisst du die Schule denn gar nicht? Du könntest doch selbst noch gehen? Oder Martha? Martha würde es bestimmt gut tun, so ruhig und verschüchtert wie deine Schwester auf alles und jeden reagiert und oh.. entschuldige... das, das geht mich ja eigentlich gar nichts an. Nur du siehst, die Schule ist mir wichtig," sie sah Matt entschuldigend an und seufzte innerlich. Wahrscheinlich redete sie ihm gerade zu viel und dabei wusste sie es doch besser - Männer wollten schweigende Frauen an ihren Seiten, die zu ihnen aufsahen, sie bewunderten und umpflegten. Zumindest hatte ihr Vater das immer gesagt. Eine Frau, die schweigt vornehm und plappert nicht, Kind, hatte er stets gesagt, wenn sie übermütig zu werden drohte und sich im kindlichen Erzähleifer verlieren hatte wollen. So kam ihr die Ablenkung in Form seines Ausflugszieles sehr gelegen, auch wenn sie damit schon wieder etwas mehr von sich Preis geben musste. Sie lachte leise. "Du liegst ganz richtig. Überraschungen sind... nun... ich mag sie einfach nicht. Sie machen mich etwas nervös. Ich weiß gerne woran ich bin. Irgendwann... erzähl ich dir bestimmt einmal wieso das so ist.. nur im Augenblick... ich will den schönen Nachmittag nicht mit schlechten Erinnerungen ruinieren sondern genießen. Glitzernder Regenbogen mitten im Winter klingt aber... verlockend," damit wusste sie nun nicht gerade wirklich was er vorhatte, aber es reichte zu wissen, dass er ihr am Fluss ein Naturschauspiel zeigen wollte. Das gab ihr einen gewissen abgesteckten Rahmen in dem sie sich sicher bewegen konnte.
Inzwischen hatte sie Matt Richtung Kirche geführt und wollte wohl über den kleinen Pfad, der hinter der Kirche am Wald entlang zum See führte aus der Stadt bringen. Ihr war jeder Weg recht, so lange Matt bei ihr war, sie niemanden sonst begegneten, der Fragen stellen konnte und bei Zeiten rasch an den Ort des Schauspiels führte, um später nicht zu viel Zeit mit dem Weg nach Hause zu verlieren. Denn wenn sie schon Nicholas hintergangen hatte, wollte sie ihm nicht auch noch Sorgen bereiten, in dem sie zu lange wegblieb.