ooc: Sorry Justine, ich hatte Dich übergangen, tut mir leid *schäm*
Ava mit Justine Craven bei Dr. Smith und seiner Familie
Adrian blickte erstaunt zu Lady Craven, als diese sich mit erstaunlich fester Stimme doch noch zu Wort meldete. Sie schien geradezu entrüstet, dass er sie nochmal untersuchen wollte. Und es beeindruckte Adrian irgendwie, dass sie sich nicht auf ein Dienstmädchen verließ. Also setzte er sein Arztlächeln auf.
"Nun, Lady Craven, wenn das so ist, werde ich sicherlich nach dem Empfang Zeit für Sie finden. Sie verstehen sicher, dass ich als neuer Bürger dieses beschaulichen Fleckchen Erdes meine Pflicht wahrnehmen und diese Gelegenheit mich öffentlich vorzustellen wahrnehmen muss."
Es war eher eine Feststellung, denn eine wirkliche Frage. Und um diese nicht ganz so harsch erscheinen zu lassen, fügte er hinzu:
"Ich werde mich selbstverständlich sofort nach dem Empfang im Gästehaus zu Ihnen auf den Weg machen." Und auf dem Weg nur schnell meine Tasche mitnehmen. ergänzte er in Gedanken. "Es wird sicherlich nicht allzu lange dauern."
Adrian hatte eine leichte Verbeugung gemacht, die aus reiner Höflichkeit entstanden war. ... Nun ja, ein wenig Respekt war auch dabei.
"Sie dürfen mir gerne schon verraten, welche Medizin Sie benötigen, damit ich nachsehen kann, ob ich Ihnen gleich welche mitbringen kann."
Ich habe einen guten Vorrat an allem Möglichen mitgebracht. Da wird hoffentlich etwas dabei sein.
Hinter ihm begannen die Kinder langsam mit den Zähnen zu klappern und von einem Fuß auf den Anderen zu steigen. Doch Adrian kümmerte das nicht. Sie blieben, wo sie waren, verflixt noch mal. Sie hatten schließlich warme Sachen an. Herrje!
In Jake tobte der Zorn und die Wut, doch viel gegen seine Situation konnte er nicht tun. Der Deputy hielt ihn eisern fest, während er die Schaulustigen vertrieb und sich tatsächlich nach dem Wohlbefinden der Hure erkundigte. Wen interessierte dieses Weib? Der Deputy tat ja gerade so als wäre das eine Lady. Jake spuckte aus, weil er vor Zorn und Wut nicht einmal mehr schlucken konnte und stemmte sich gegen den Griff. Alles was er erreichte war ein hässlicher Schmerz, der durch die gesamte Schulter rann. Er biss die Zähne fest zusammen, um den Schmerzeschrei zu unterdrücken und blinzelte heftig, als ihm kurz schwarz vor den Augen wurde. Ihm wurde tatsächlich schlecht, aber nicht vom Schmerz, nicht vom Griff, nicht von der eingesteckten Prügel, sondern alleine davon wie diese Hure mit dem Deputy sprach. Schien ja ganz wild auf den Bengel zu sein. Darauf spuckte Jake gleich noch einmal und das recht knapp vor ihre Füße, denn sie war näher an Graham herangetreten.
Noch einmal bockte er gegen Graham und bekam es mit einem derben Stoß zwischen die Schulterblätter zurückbezahlt. Der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen, aber er tat Graham nicht den Gefallen vor Schmerz zu schreien. Nicht einmal ein Keuchen verließ seine Lippen. "Lass mich los, Barclay, dann zeig ich dir wer bald genug hat," es konnte ja jeder eine große KLappe riskieren, wenn er den Gegner fest im Griff hielt und keine Gefahr mehr von ihm ausging. Jake war durchaus bereit die Sache mit Graham von Mann zu Mann auszutragen, aber sich abführen zu lassen wie ein Verbrecher stellte für Jake eine recht feige Tat da. Der Deputy war ein feiges Schwein. Und wie eines führte er sich auch vor dieser Hure auf. Mister Großkotz. Sein stoisches Wesen ließ es nicht zu, dass Jake einfach so Folge leistete. Er war es durchaus gewohnt Befehle zu erhalten, er kannte körperlichen Schmerz als Konsequenz von Verweigerung und genauso wie er das alles in seinem bisherigen Leben angenommen und akzeptiert hatte, so sehr hatte er nun angefangen zu akzeptieren, dass er selbst Rechte hatte. Ein Recht auf Nein sagen und ein Recht auf Würde. Eines darauf, dass man ihn akzeptierte und respektierte. Und Graham, Stern hin oder her, handelte nach Jakes Empfinden völlig willkürlich und verstieß damit gegen alles, was sich Jake in den letzten acht oder zehn Wochen hart erkämpft hatte. Schließlich hatte er ihn doch provoziert.... er hatte zig Zeugen, auch wenn Graham diese gerade davon gejagt hatte. Doch wieder musste Jake erkennen, dass andere über ihn Gewalt hatten und er machtlos zusehen musste. Dieses Mal war es ein Tritt in seine Kniekehlen, der ihn einknicken ließ und ihm dabei der Druck auf den Arm einen furchtbaren Schmerz durch den ganzen Körper jagte. Er wollte es nicht, aber er musste leise unter Schmerzen stöhnen. Den einzigen Wiederstand, den er leisten konnte bestand darin es Graham so schwer wie möglich zu machen. Ganz wie angekündigt. Er würde ihn in die Station schleifen müssen. Freiwillig käme er nicht mehr. Egal wie schmerzhaft es für ihn wurde. Ein "Leck mich, Barclay" bis "freige Sau, Barclay" begleiteten dabei ihren Weg und Callahan hatte einen sehr großen, blumigen Wortschatz...
Ava mit Justine Craven bei Dr. Smith und seiner Familie (andere Bürger von Camden Village drum herum)
Ava konnte deutlich spüren, wie Lady Justines kränkliche Gestalt sich anspannte. Obwohl der Doktor ihrer Bitte scheinbar nicht nachkommen wollte, so blieb sie dennoch höflich und wählte ihre Worte mit ausgesuchter Freundlichkeit. Der innere Kampf, der sich im hübschen Kopf der Mrs. abspielen musste, war ihrer Arbeitgeberin kaum anzumerken. Ava war erleichtert, dass Lady Craven sie vorerst nicht dafür rügte, dass sie dem Doktor gegenüber an ihrer Stelle gesprochen hatte. Sie lauschte mit einer nicht zu verhehlenden Bewunderung den Worten, die ihre Dienstherrin an den Mediziner richtete. Mrs. Justine wusste wirklich, wie man den sozialen Umgang pflegte und konnte sich vortrefflich artikulieren. Sie brachte ihre letzten Reserven auf um Dr. Smith gegenüber entschlossen und selbstsicher aufzutreten. Erneut bestand sie darauf Ava nach der Medizin zu senden und das Dienstmädchen hoffte, dass ihre Arbeitgeberin nicht vergaß, dass sie am Nachmittag ihren Vater treffen musste, um diesem ihren Lohn auszuhändigen. Schon allein der Gedanke daran ließ Avas Herz schneller pochen und sie spürte ein unwohles Gefühl im Magen.
Der Arzt schien nicht minder überrascht über Lady Cravens Auftreten, lächelte jedoch professionell und verständnisvoll und versicherte seiner wahrscheinlich ersten Patientin in Camden Village, dass er in diesem speziellen Ausnahmefall gerne bereit sei umgehend nach dem Empfang beim Reverend das Haus in der Lake Street 3 aufzusuchen. Er bat die Mrs. sogar um Verständnis dafür, dass es ihm unumgänglich war diese soziale Einführung zuerst wahrzunehmen, bevor er sich um ihr Wohlbefinden kümmern konnte. Erneut sprang ihr die Geldübergabe ins Gedächtnis. Konnte sie Lady Justine gegebenenfalls mit dem Doktor alleine lassen? Jedenfalls konnte sie ihren Vater auf keinen Fall versetzen! Hinterher würde ihm noch einfallen in die Stadt zu kommen und ihr vor allen Leuten eine Szene zu machen wie damals, als er sie hergezerrt hatte. Nein, es reichte schon wenn Ava seinen Unmut unter vier Augen zu spüren bekam! Aber schickte es sich im Zweifelsfalle die Mrs. mit einem Gentleman alleine zu lassen? Nun, schließlich war Dr. Smith ein Arzt! Man würde also auf seine Professionalität als Mediziner vertrauen müssen. Außerdem war er schließlich Ehemann und Familienvater, auch, wenn das manchen trotzdem nicht von Verfehlungen abhielt...!
Der Doktor verneigte sich leicht vor Lady Craven und erkundigte sich, welche Medizin sie benötigte, damit er sie bei seinem Besuch später direkt mitbringen konnte. Ava war gespannt, ob ihre Dienstherrin dies hier so offen und öffentlich aussprechen würde. Sie bemerkte, dass die Sprösslinge des Arztes allmählich mit den Zähnen zu klappern begannen. Jetzt taten sie dem Dienstmädchen noch mehr leid. Auch Ava hoffte allerdings, dass die Unterredung bald beendet werden möge, denn auch sie selbst spürte, wie ihr die Kälte langsam fies in die Zehen und Fingerspitzen kroch. Ihrer dünnhäutigen Arbeitgeberin Mrs. Justine musste es eigentlich noch schlimmer ergehen. Umso erstaunlicher, dass diese bisher noch nicht am gesamten Körper schlotterte. Dass sie Lady den Drang verspürte sich zum Empfang des Reverends zu begeben war höchst unwahrscheinlich. Dennoch, man konnte bei ihr nie wissen... Den Streit und die beinahe-Prügelei etwas abseits auf dem Kirchplatz hatte Ava wohl bemerkt, konnte dem Ganzen aber keine allzu große Aufmerksamkeit schenken. Einzig dass Jake, der hitzköpfige Junge welcher sie damals in der Gasse überfallen hatte, involviert war bekam sie mit.
ooc: Sorry, aber ich muss mit dem Doc wirklich ins Gästehaus!
Ava mit Justine Craven bei Dr. Smith und seiner Familie (andere Bürger von Camden Village drum herum)
Adrian wurde ungedulgig. Herrje, war es denn so schwer ihm eine einfache ANtwort zu geben? Und zwar bitte heute noch? Das hatte er noch nie leiden können und seine Kinder bekamen regelmäßig den Rohstock zu spüren, wenn sie nicht prompt antworteten.
"Verzeihen Sie, Lady Craven. Ich werde nachher einfach vorbeikommen und dann sehe ich, was ich für Sie tun kann. Aber meine gesellschaftlichen Verpflichtungen dulden keinen weiteren Aufschub. Ich muss nun wirklich ins Gästehaus zu dem Empfang." Er machte eine formvollendete, leichte Verbeugung und lächelte dabei sein charmantes Doctorlächeln. Dann sah er Ava mit einen strengen Blick an, sagte aber nichts.
Schließlich wandte er sich ab und reichte seiner Frau den Arm.
Justine nahm die Kälte kaum wahr, sondern empfand die lähmende Wirkung vielmehr als Starre. Ihr Körper war taub doch das alles schien ihr unwichtig. Wesentlich wichtiger war es im Moment, dass sie ihre Arznei bekam, denn bei dem Wetter konnte sie unmöglich Ava allein nach St. Johns schicken und einen Boten mit dem Geld auszusenden war nicht nur ein hohes Risiko sondern bei den Temperaturen und Aussichten gewiss auch teuer. Angespannt und erstarrt brauchte die Kranke eine Weile die rechten Worte zu finden, doch der Doktor schien es eilig zu haben. Justine konnte dem Mann seine Ungeduldigkeit nicht vorhalten, schließlich stand seine Familie hier frierend auf dem Kirchplatz der sich inzwischen merklich geleert hatte. Er hatte sich bereits verabschiedet, da fand Justine ihre Stimme wieder, denn die Aussicht, dass Dr. Smith sie zu Hause aufsuchen würde schien die perfekte Lösung. Nachdem der Arzt sich formvollendet verabschiedet hatte und sich seiner Frau zuwandte richtete Justine ebenso höfliche Worte an die Familie Smith und erwähnte dann als der Doktor schon im Gehen begriffen war ihr eigentliches Begehren. „Dann bringen sie doch nachher das Laudanum gleich mit, wenn sie mich aufsuchen.“ Sie mühte sich ihre Worte beiläufig klingen zu lassen, doch insgeheim fürchtete sie sich. Was wenn er nichts hat? Oder schlimmer noch mir eine andere Behandlung einreden will? Passiv blieb sie dann stehen und wartete. Ava würde sie gewiss heimbringen, da brauchte es nicht vieler Worte. Justine hatte vorgehabt sich auf dem Empfang zu zeigen, doch nun fühlte sie sich einfach zu ermattet. Auffordernd sah sie ihr Dienstmädchen an.
Sie merkte, wie ihre Worte die Stimmung des Deputys beeinflussten und genoss die Wirkung, die sie auf Graham hatte. Der Gedanke, dass er mit seinem eigenen Verhalten haderte kam Nevada nicht in den Sinn, es schien allzu naheliegend, dass seine Aggressionen sich gegen Callahan richteten. Der Junge hatte von ihr kein Mitleid zu erwarten, doch obwohl es der Mexikanerin gleichgültig war, wie Graham den Jüngeren zurichtete war es doch beruhigend zu sehen, dass sie die richtigen Knöpfe bei dem Gesetzeshüter zu drücken wusste. Er blaffte den Bengel an, doch Nevada war nicht das Lächeln entgangen, mit dem der Ire sie bedacht hatte. Graham machte nun nur noch seinen Job, innerlich schien er wieder vollkommen ruhig und das war auch gut so, denn der Geschlagene dachte gar nicht daran klein bei zu geben. Fluchend und störrisch wie ein Maulesel ließ er sich zur Station schleifen, statt sich wirklich zu fügen. Ihr gefiel der Kampfgeist, auch wenn sie den Jungen selbst nicht mochte. Der Gedanke, dass das Leben ihn mit ziemlicher Gewissheit brechen würde hatte beinahe etwas bitteres, denn es erinnerte auch Nevada daran, warum sie sich verkaufte und das nicht nur, wenn sie im Bett die Beine breit machte. Der Gedanke, nun endlich ihre Habseligkeiten abzuholen warf drängende Fragen auf. Noch wusste sie nicht, ob der Anwalt Graham etwas erzählt oder man sie beschuldigt hatte. Der Deputy mochte die Familie nicht und das beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. Graham hatte eine Seite an sich, die Nevada glauben ließ, er würde das Gesetz, die Moral und seine Pflicht über alles andere stellen, deshalb war sie auch sicher, er würde dem nachgehen, wenn man ihr etwas vorwarf. Die Mexikanerin war nicht naiv, sie glaubte, der Gesetzeshüter wäre ihr gegenüber im besten Fall ambivalent eingestellt. Gern hätte sie versucht mehr heraus zu finden, aber der Callahan Bengel und sein Mundwerk machten eine Unterhaltung unmöglich. Der Protest und Grahams Gegenmaßnahmen waren jedoch ein Schauspiel, welches die junge Frau nicht nur ablenkte, sondern tatsächlich echten Unterhaltungswert hatte. Schweigend und beobachtend folgte sie den Beiden zur Station, achtete dabei jedoch stets darauf dem Flegel nicht nah genug zu kommen, dass er versucht wäre sie anzurempeln oder anzuspucken. Der Knabe hatte ja mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten und vielleicht kam ihm die Hure als Zielscheibe gerade recht, um den Gesetzeshüter weiter zu provozieren.
Man merkte dem Doktor seine Ungeduld allmählich an. Er blieb jedoch höchst professionell und wurde keineswegs ungehalten oder Ähnliches. Schließlich entschuldigte er sich, bestätigte dass er später am Tage für eine Untersuchung vorbeikommen würde und empfahl sich. Höflich verneigte er sich leicht an Lady Craven gewandt mit einem charmanten Lächeln im Gesicht. Bevor er sich jedoch zum Gehen umdrehte hatte Ava den Eindruck, dass er sie noch mal kurz einer gestrengen Musterung unterzog. Dem Dienstmädchen war gar nicht wohl dabei und so versuchte sie den Blick des Mediziners abzuschütteln. Nur den Angehörigen von Mr. Smith, welche dieser beinahe barsch zum Abmarsch aufforderte schenkte sie nochmals ein kurzes, verlegen-freundliches Lächeln und nickte leicht mit dem Kopf. Erst als die kleine Gruppe bereits im Aufbruch begriffen war fand ihre Arbeitgeberin ihre Stimme wieder und bestätigte des Arztes Vorschlag.
Lady Craven erklärte sich damit einverstanden und erwähnte so beiläufig wie nur eben möglich welche Arznei sie benötigte. Ava konnte sich in etwa denken, was in ihrer Dienstherrin vorging. Die Angst, der Doktor könnte das Mittel wohlmöglich nicht da haben, war geradezu spürbar - zumindest für die Magd. Einen Moment lang standen sie auf der Stelle und blickten dem Mediziner und seiner Familie hinterher. Dann blickte Ava Mrs. Justine an, welche sie wiederum regelrecht auffordernd ansah. Natürlich verstand das Dienstmädchen, was sie wollte und festigte noch mal ihren unterstützenden Griff um die Arbeitgeberin. "Kommen Sie Ma'am, gehen wir und bringen Sie ins Warme! Sie werden sich hinlegen und ich werde Ihnen einen schönen, heißen Tee machen. Sie möchten doch nach Hause, nicht wahr?!" Im Grunde genommen war die Frage rein rhetorisch, aber in ihrem Verhältnis gebot es sich dennoch, dass Ava sich vergewisserte auch wenn sie die Antwort schon ahnte. Selbst das Dienstmädchen froh inzwischen erbärmlich und dass die Lady noch zum Empfang des Reverends wollte konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen.
Als ihre Dienstherrin schon kaum mehr in der Lage war ihr auf ihre Frage zu antworten, war für Ava die Sache klar. Beherzt verstärkte sie ihren stützenden Griff um das labile Geschöpf und führte Justine Craven so langsam, Schritt für Schritt, durch die Eiseskälte nach Hause ins Warme. "So ist gut, Ma'am!", "Nur weiter!" und "Wir sind gleich da!", hörte man sie immer wieder sagen. Als sie endlich an der Schwelle zum Haus angelangt waren, erklomm das Dienstmädchen mit ihrer Herrin die Stufen und versuchte sie irgendwie ins Innere des Hauses zu bugsieren. Was für ein Ärger, dass Jericho nicht mehr da war und ihr dabei helfen konnte...!
cf: Mainstreet / Sheriff Station / Vor der Station
Maureen mit Ian und Coleen
Obwohl Maureen die Kinder zur Eile angetrieben hatte, hatte sie selbst immer wieder ihre Schritte verlangsamt und über die Schulter geblickt. Stets auf der Suche nach Jake. Aber natürlich tauchte der Junge nicht einfach so auf der Straße auf und wollte mit ihnen nach Hause fahren. Als sie den Kirchenplatz erreichten lag er verwaist vor ihnen. Der Schnee, der nicht am Morgen geräumt worden war, war unter all den Fuhrwagen, Hufen und Füssen niedergetrampelt worden. Überall waren Spuren und stellenweise konnte man den Schmutz der Straße unter dem Schnee erkennen. Neben ihrer eigenen Kutsche befanden sich noch einige andere hier, deren Besitzer wahrscheinlich auf dem Empfang waren. Coleen jammerte über die Kälte und Maureen, die dafür mehr als Verständnis hatte, trieb die beiden hinüber zur Kutsche. Dort lagen Decken, die sie für die Heimfahrt warm halten würden. Nun ja zumindest würden sie nicht erfrieren müssen. Sie half den beiden hinauf, reichte jedem eine der Wolldecken und sorgte dafür, dass sie sich diese eng um den Körper wickelten. Erst danach band sie die Kutsche los und stieg zu den Kindern hinauf. Sie war geübt im Umgang mit Pferden und der Kutsche und sah sich daher bereits ohne weitere Probleme aus der Stadt hinausrollen. Sie musste nur noch die Bremse lösen und dann... verflucht... sie sah überrascht auf die Bremse hinab. Sie bewegte sich nicht. Nicht einen Millimeter. Sie war doch nicht eingefroren? In diesem Fall würde sie die Kraft eines Mannes benötigen um sie zu lösen und fahren zu können. Seufzend sprang sie wieder hinab in den Schnee und besah sich die Bremse. "Was ist los, Ma," Ian streckte den Kopf etwas hervor und sah zu ihr hinab. "Nichts, nichts..," murmelte Maureen und winkte ab. Die Kinder waren wegen Jakes Verhalten eh schon aufgebracht, da wolle sie ihnen nicht auch noch Angst damit machen, dass sie hier erst einmal festsaßen. Unbewusst betastete sie ihre Lippe, die sich inzwischen geschwollen anfühlte, seufzte erneut und richtete sich wieder auf. Ihr Blick schweifte umher, auf der Suche nach Hilfe...
cf: Mainstreet / Sheriff Station / Vor der Station (zu Fuß lange nach Maureen und Familie)
Jason trifft auf Maureen, Colleen und Ian auf der Kutsche
Jason schlug den Kragen seiner warmen Jacke hoch, so dass dieser den breit um Hals und Kinn gewickelten Schal festhielt. Die breite Krempe schützte ihn weitgehend davor, dass Schneeflocken von oben unter den Schal oder in den Nacken fallen konnten und das war in Anbetracht einer noch in den Knochen befindlichen Erkältung und hartnäckigen Husten gut so. Obwohl sein Gesichtsfeld durch diesen Wetterschutz eingeschränkt war, erkannte er doch ziemlich bald, dass er sich geirrt hatte. Es handelte sich nicht um eine Versammlung Kirchenältester und auch Werkzeug, um die Gräber vom Unkraut zu befreien konnte er in den Händen der Frau nicht entdecken, die neben einer Kutsche stand und eine nachdenkliche Geste mit ihrer Hand machte. Jason fasste kurz die Frau ins Auge, die zwar keine ausgesprochene Schönheit war, aber hässlich war sie auch nicht anzusehen. Auf der Kutsche machte er zwei in Decken gehüllte Gestalten aus. Wahrscheinlich also handelte es sich um eine endlich im Aufbruch befindliche Familie, die wohl nur noch auf den Hausherrn wartete. Das würde wohl erklären, warum sie sich so suchend umsieht. Jason warf kurz einen Blick über die Schulter zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Das war so eine Art Berufskrankheit immer auf der Hut vor sich an ihn heran schleichenden zu achten. Meistens hatte er saß er zwar den Outlaws gegenüber am längeren Hebel, aber es hatte auch schon der eine oder andere versucht, ihn zu überrumpeln, um entkommen zu können. Schon wollte er mit einem kurzen Gruß an der Dame vorüber gehen, als ihm der Gedanke kam, dass ihr Mann womöglich noch auf dem Friedhof zu tun hatte. Womöglich handelte es sich dabei gar um den Reverend, denn Samuel Hawkins hatte sich doch bestimmt inzwischen auf sein Altenteil zurück gezogen. "Guten, Tag, Ma'am, Kinder." Höflich begrüßte er die Mutter der Kinder und tippte zum Gruß an seinen Hut. Den Gestalten, die er jetzt mit ziemlicher Sicherheit als Kinder der Wartenden identifizieren konnte, nickte er kurz zu. "Ich will Sie nicht länger aufhalten, Ma'am, hätte aber eine Frage. Wissen Sie vielleicht ob und gegebenenfalls sich Jemand hier um die Grabpflege bemüht? Meine Eltern liegen hier und es wäre mir wichtig zu wissen, ob sich Jemand in jüngster Zeit noch an diese erinnert oder gar nach dem Grab sieht?" Jason konnte nicht verhindern, dass er leicht errötete. Seine Worte empfand er als aufgesetzt und wie aufgesetzt. Wahrscheinlich höre ich mich nicht gerade glaubwürdig an.. "Mein Name ist Burnett, Jason Burnett." Jason ergänzte seine Worte zögernd um seinen richtigen Namen, der in seinen Ohren so falsch klang. Er selber konnte sich nicht mit Jason identifizieren, erinnerte sich nicht an sein Leben mit diesem Namen, sondern begriff sich als Jase Burnett. Er musste also tatsächlich darüber nachdenken, wie sein echter Vorname lautete, so dieser wichtig wurde. Erst nach seinen ausgesprochenen Worten wurde ihm bewusst, dass er nun den Fragen nach oder einem Gespräch über sein Leben als Jason Burnett kaum mehr würde ausweichen können. Andererseits schien die Frau vor ihm nicht wesentlich älter zu ein, als er selber - also was konnte sie schon von einer Ranch der Burnetts gehört haben.
Jason trifft auf Maureen, Colleen und Ian auf der Kutsche
Maureen versuchte die Ruhe zu bewahren, obwohl Coleen zu jammern anfing und auch Ian nicht unbedingt dazu beitrug, dass ihr geholfen war. "Jetzt reicht es aber," fuhr sie in ihrer Hilflosigkeit die beiden Kleinen an und erntete von Ian einen fragenden Blick und von Coleen ein leises Schluchzen. "Seit still. Ich kann es nicht ändern, dass es länger dauert. Ich kann weder den Schnee vertreiben Coleen, noch Essen herbeizaubern Ian. Und wenn ich jetzt nur noch ein Ton von euch beiden höre, nur einen einzigen, dann könnt ihr zu Hause was erleben," missmutig starrte sie von den Kindern wieder zurück Richtung Stadt und verfluchte im Stillen Jake, der daran Mitschuld trug, dass sie ihren Ärger und ihre Verwirrung an den kleineren Geschwistern ausließ. Sie seufzte leise und rieb die kalten Hände ineinander. Wenn niemand kam, würde sie wohl an den Haustüren klopfen müssen. Es war wirklich ärgerlich, denn gerade vor wenigen Minuten war ein junger Mann mit einem Mädchen am Arm in das große Haus schräg gegenüber gegangen. Aber vielleicht würde sie ja auch dort Hilfe bekommen? Es war der alte, neue General Store, den sie bei ihrer Ankunft in Camden Village noch als reinen Spirituosen-Laden kennengelernt hatte. McKay war der Name, wenn sie sich nicht irrte... ach ja, da stand es ja auch groß auf dem hölzernen Schild über dem Eingang. Wunderbaren Whiskey hatten sie.. ein bisschen teuer, aber seit sie bei Shepard arbeitete konnte sie sich die Flasche gelegentlich leisten. Gerade als sie schweren Herzens die Entscheidung traf die Kinder vom Kutschbock zu scheuen um mit ihnen zu den McKays zu gehen, sah sie durch den Schnee jemand in ihre Richtung kommen. War es Jake? Voller Hoffnung und freudiger Erwartung krampfte sich ihr Magen zusammen. Doch schnell machte sich Enttäuschung in Maureen breit. Es war ein ihr völlig fremder Mann. Aber sichtlich hatte er andere Absichten, denn sein Schritt war sehr zielgerichtet auf die rückwärtige Seite der Kirche gelenkt. Er grüßte höflich und Maureen nickte ihm knapp zu. Sie war es gewöhnt Männern gegenüber misstrauisch zu sein und sich erst einmal zurückhaltend zu benehmen. Gutes hatte sie bislang nur von Major Shepard erfahren, aber das hatte ihre gängige Meinung über Männer nicht sonderlich geändert. Trotzdem überlegte sie sich, ob sie es riskieren könnte ihn um Hilfe zu bitten. Gerade als sie dazu die Lippen öffnete, kam er ihr zuvor und bat sie um eine Frage. Das ließ Maureen doch die Stirn runzeln, aber sie nickte. Es erstaunte sie, dass der Mann von hier war. Fremde kamen öfters in die Stadt, aber die wenigsten hatten ihre Wurzeln hier. Scheinbar war dem Mann seine Frage peinlich, denn er errötete leicht. Viel davon bekam sie unter Schal und aufgeschlagenen Kragen nicht zu sehen, aber der sichtbare Teil seiner Wangen lief an. Log er ihr etwas gerade etwas vor oder war ihm einfach der Umstand peinlich, dass sich schon lange niemand mehr um das Grab gekümmert hatte? Zumindest nannte er ihr seinen Namen, der ihr aber so unvertraut war, wie das freie, süße Leben. "Oh, Mr. Burnett, das tut mir leid," gab Maureen unverblümt zu. "Ich bin nicht von hier. Ich hab' mit'em Friedhof nich's zu schaffen. Ich wollt' ger'd' nach Haus' fahren und wenn diese dumme Bremse nich' eingefroren wär', wär' ich auch schon längst weg. Sie könnten mir nich' vielleicht dabei helfen?", mit einem bittenden Blick trat sie etwas von der Kutsche weg, um Platz an der Bremse zu machen. "Ich bin übrigens Maureen Callahan und das sind Ian und Coleen," sie forderte mit einem stummen Blick die Kinder auf zu grüßen was sie auch artig taten. "Sie können bestimmt den Reverend fragen, was ihr Anliegen betrifft. Oder Mrs. Porter, die tut hier wohl schon seit Jahrzehnten leben. Oder drüben die McKays. Leute, die sich bestimmt noch an sie erinnern tun."
Nein, verdammt noch mal.. das kann ich nicht. Etwas in Jason veranlasste ihn dazu, zunächst auf die Bremse zu starren, als wisse er überhaupt nicht wovon die Frau vor ihm sprach. Dabei war diese so offensichtlich angefroren, dass er sehr genau wusste, worum es ging. Wahrscheinlich würde bereits ein kräftiges Rütteln am Feststellhebel gepaart mit einem gezielten Tritt gegen die Bremsbacke dafür sorgen, dass diese sich löste. Ich kann das nicht.. ach, verdammt - ich bin nicht Jason, sondern Jase! Dies ganze Gespräch fühlte sich für ihn völlig falsch an und Jason, oder eben Jase, wie er sich begriff, wusste auch warum. Er war nicht Jason Burnett, sondern Jase Burnett. Ein Mann ohne Jugend und Familie, denn weder an die Eine noch an die Andere konnte er sich erinnern. Er kannte sich lediglich als Jase Burnett, den einsamen Kopfgeldjäger und das wollte er verdammt noch mal auch bleiben! Da Beste für ihn wäre wohl, er überließe diese Frau und ihre Kinder ihrem Schicksal, suchte das Weite und ließe sich nie wieder in Camden Village blicken. Er wollte nicht über sich sprechen, nicht einmal über das Wenige, dass er von sich wußte. So würde er zwar niemals Etwas über Annas Schicksal erfahren, oder seiner Erinnerungen wieder habhaft werden, aber er war gar nicht sicher, dass er das überhaupt wollte. Sich mit diesem unbekannten Jason zu befassen konnte nicht nur Bedeuten, sich seiner Schuld zu stellen und die Verantwortung dafür zu übernehmen, sondern hätte womöglich mehr Einfluss auf sein Leben - auf Jase, als ihm lieb war. Jason hätte eine Zukunft, die weit über das Leben eines Kopfgeldjägers hinaus ging, denn er war Erbe einer abegebrannten Ranch, aber Jase? Das raue Leben eines Kopfgeldjägers oder Scouts konnte er vielleicht mit viel Glück noch bis zu zehn Jahren führen, aber dann? Innerlich kämpfte Jason mit sich, denn es schien ihm unmöglich, den Bruch zwischen dem Leben Jason Burnett, den Sohn eines Ranchers, und dem Leben des Kopfgeldjägers Jase Bürnett kitten zu können. Er war nicht nur der Erinnerungen und Vergangenheit beraubt worden, sondern seiner Zukunft! Eine Zukunft, die die Kinder noch haben.. Es war der Anblick der frierenden Kinder auf dem Wagen, der ihn schlagartig bewusst werden ließ, dass er die Bitte der Frau nicht ignorieren konnte. Sein Zögern dauerte wohl nur Sekunden und doch war es eine gefühlte Ewigkeit, in der er sich seine Gedanken machte. "Sicher. Machen Sie sich keine Sorgen, Mrs. Callahan." Jason nickte, war aber weniger überzeugt davon, als er nun vorgab. Wahrscheinlich war die Bremse weniger eingefroren, als sie dass durch festgefahrenen und verklumptem Schnee verklemmt war - und das Problem würde bei einer Weiterfahrt wohl alle paar Meter auf Mrs. Callahan zu kommen, falls die Straßen oder genauer gesagt ihr Fahrweg nicht vom Neuschnee geräumt worden war. Das die Kinder nur wenig Lust hatten, durch den zum Teil meterhohen Schnee zu stapfen, verstand er zwar, aber die Räder sanken durch ihre zusätzliches Gewicht in den Schnee ein wenig ein. Das waren nur wenige Zentimeter, aber das konnte würde dazu führen, dass sich immer wieder verklumpter Schnee zwischen die Räder geriete. "Der Reverend - ist das noch Mr.Hawkins?" Jason sah Mrs. Callahann nicht an, sondern gab der Bremse ein, zwei kräftige Fußtritte, worauf hin sich erste Schneeklumpen lösten. "Darf ich?" Jason fragte der Höflichkeit halber nach, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, dass ihm Mrs. Callahan verweigern würde, an ihr vorbei auf den Kutschbock zu steigen. Immerhin musste er vermutlich ein paar Mal kräftig am Festellhebel rütteln, um die Bremse zu lösen - und das ging nun einmal am Besten vom Bock aus. Während er so versuchte, die Bremse zu lösen runzelte er die Stirn und sah hinüber zu McKays Beverages. Er erinnerte sich durchaus an einen Francis McKay, aber war dieser nicht Sheriff gewesen - damals, als sein Elternhaus korrigiere: Jasons Elternhaus abbrannte? Auf jeden Fall würde dieser McKay sich wohl an seine Eltern erinnern können - und vielleicht sogar von Annas Schicksal erfahren haben. Die Marones hatten ihn schließlich jahrelang bei sich aufgenommen, so dass dieser auch von seinem Schicksal Kenntnis hatte - und ihn möglicherweise sogar erkennen würde - nicht als Jason selbstverständlich, aber doch an jenen Jase Burnett der in einer Art inneren Unruhe heraus in die Fremde gegangen war. Ohne sich laut zu äußern, rüttelte Jason mit Nachdruck an dem Hebel und sprang zufrieden vom Bock, als die Bremse sich tatsächlich gelöst hatte. Mit diesem Sprung misshandelte er jedoch sein geprelltes Knie, so dass ihm unbewusste ein kurzer Schmerzenslaut entfuhr. und genau das ist der Grund, warum ich mich nicht länger verstecken darf.. Jase wusste genau, dass er nicht sehr gut mit sich selber umging und genau genommen Raubbau mit seiner Gesundheit betrieb - als ober er nicht davor immer wieder von James, seinem Wahlvater, genau davor gewarnt worden war. "Mrs. Porter sagten Sie?" Jason fragte nach, während er sich nun nach vorne beugte und sich die Räder genauer betrachtete. Mrs. Callahan war vielleicht noch nicht schon ihr halbes Leben lang in Camden Village, aber sie hatte durchaus Recht. Wenn Irgendjemand wusste, ob und wer sich um das Grab seiner korrigiere noch immer : Jasons Eltern kümmerte und ob das womöglich Anna war, würde diese alte Schachtel das nicht nur wissen, sondern mit Freuden Jedem erzählen, den es interessieren könnte - einschließlich ihm. "Sehen Sie? Das ist das Problem und wird wohl alle paar Meter auf sie zu kommen können." Es war genauso, wie Jason befürchtet hatte. Das Rad war ein wenig in den Schnee gesunken, hatte sich wahrscheinlich festgefahren und alle paar Meter würde der Schnee aus den Fahrspuren verklumpen und sich zwischen die Achsen setzen. Weit aus mehr Sorgen machte ihm jedoch, dass der so festgefahrene Schnee sich wohl leicht auch im Fahren in die Bremsvorrichtung setzen konnte und diese damit unbrauchbar würde. "Wie weit haben Sie es denn?" Ein beruhigendes Lächeln huschte über Jasons Gesicht, während er die Kinder musterte. Diesen mochte er eigentlich einen längeren Fußmarsch nicht mehr zumuten wollen, so steif gefroren, wie sie wirkten. Es würde schwierig werden, die Pferde vorwärts zu treiben - und der Himmel erbarme sich über die Familie, so der Schnee höher wurde und die Lenkung blockierte. Nicht gut, gar nicht gut.
Maureen war sich nicht sicher, ob ihre Bitte womöglich falsch aufgefasst wurde, denn Mr. Burnett schwieg einen kurzen Moment, bei dem ein sehr nachdenklicher Blick auf seine Züge trat. Hatte sie zu ungehobelt daher gesprochen? Sie schämte sich meist nicht ihrer einfachen Ausdrucksweise, doch schon oft hatte sie gespürt wie sie damit aneckte. Umso erleichterter war sie, als er nickend zustimmte ihr zu helfen. "Oh sie wissen gar nicht, wie glücklich sie mich damit machen," endlich würden sie nach Hause kommen, wo sie den Kindern etwas ordentliches kochen konnte und ihre aufgeplatzte Lippen versorgen durfte. Sie musste die Spuren von Jakes Schlag unbedingt so gut wie möglich beseitigen, denn Major Shepard würde es nicht entgehen und seine Fragen fürchtete sie bereits jetzt schon. Ja sie war mehr als glücklich Hilfe in Mr Burnett gefunden zu haben.
Bei seiner Frage, die er über den Reverend stellte, beobachtete Maureen genau, was Mr. Burnett mit den Bremsen anstellte und schüttelte den Kopf. "Nein, Reverend Hawkins hat sich vor kurzem zur Ruhe gesetzt. Jetzt iss so ein junger dran. Reverend Stevenson," sie hielt kurz den Atem an, als Mr. Burnett kräftig gegen die Bremse trat. Als er ihr zu verstehen gab, dass er an ihr vorbei wollte, trat sie nach hinten weg und murmelte ein "Ja sicher". Die Kinder rückten etwas zur Seite, als der ihn fremde Mann zu ihnen aufstieg und mit Kraft am Bremshebel rüttelte. Maureen hoffte inständig, dass dies ihnen helfen würde. Sie konnte nicht mit Sicherheit sagen ob Mr. Burnett Erfolge gehabt hatte, aber er sprang nach wenigen Sekunden wieder vom Kutschbock. Sie wollte gerade nachfragen, ob er etwas hatte bewegen können, als dem Mann ein schmerzhafter Laut entwich. Maureen runzelte die Stirn und fühlte sich schuldig, denn scheinbar hatte sich Mr. Burnett beim Absprung etwas geprellt oder verstaucht. Doch ehe sie nachfragen konnte, kam er auf Mrs. Porter zurück und sie nickte. Sie war wohl die einzige verlässliche Quelle. "Geht es ihnen denn gut," fragte sie schließlich ehrlich besorgt und deutete auf die Beine des Mannes, während sie seiner Aufforderung nachkam und näher trat. Er wollte ihr scheinbar etwas zeigen. Bei der Kutsche zeigte er auf das Rad und hielt sich nicht mit breiten Erklärungen auf. Ja was sollte sie damit jetzt anfangen? Da wo sie herkam gab es keinen Schnee, und Major Shepard hatte ihr versichert, dass mit den geräumten Wegen keine Probleme auf sie zukommen würden. Und jetzt schien sie eines zu haben ohne genau zu verstehen welches. "Ehm.. wie weit ich es habe... nun... das iss schwer zu sagen. Bei dem Wetter... gut 'ne Stunde. Ja aber sagen sie, iss die Bremse jetzt frei? Kann ich fahren, oder was genau ist das Problem?"
"Ein neuer Reverend also." Jason wusste nicht zu sagen, ob dies zu seinem Vorteil oder eher zu seinem Nachteil gereichen konnte. Er selber hatte die Kirche so gut wie nie besucht, zumindest nicht, so lange er zurückdenken konnte. "Nein, ehrlich gesagt geht es mir alles Andere als gut. Schätze, ich werd's überleben." Es war der Besorgnis, die Jason in der Stimme Mrs. Callahans hörte, die ihn dazu veranlasste so offen zu antworten. Fremden gegenüber war er sonst weit misstrauischer und er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, niemals über sein Befinden oder seine Person mehr als das Allernötigste zu sagen. Die Bremse löste sich und Jason richtete sie wieder auf. Mrs. Callahan schien seinen Ausführungen entweder nicht zugehört zu haben oder aber hatte diesen nicht folgen können. Jason unterdrückte einen Anflug von Ärger, den er darüber empfand, nicht verstanden worden zu sein. "Die Bremse ist wieder locker - für den Moment. Sie können also fahren." Sich aufrichtend reckte Jason sich und ließ seine Schulter ein wenig kreisen. Diese hatte er sich vor Tagen geprellt und durch eine Schonhaltung war sie noch immer steif. "Auf geräumten Straßen ist fahren wohl weniger das Problem - aber der Neuschnee kann sich immer wieder in der Bremse oder den Achsen festsetzen." Jason zuckte die Achseln, denn es lag weder in seiner Verantwortung noch in seiner Macht, an diesen Umständen etwas zu verändern. Mrs. Callahan würde selbst entscheiden müssen, ob sie dieses Risiko einging, oder sich einen Unterschlupf in Camden Village zu suchen. Er selber würde wohl an ihrer Stelle Letzteres versuchen. Sich vorstellen, dass die öffentlichen Fahrwege und Straßen vom Schnee räumt worden, konnte er nicht - und schon gar nicht an einem Sonntag. "Falls Sie dennoch fahren wollen.. Ich hätte schon Zeit, sie zu begleiten." Welcher Teufel ihn nun gerittten hatte, diesen Vorschlag zu machen, konnte Jason gar nicht mal sagen. Es war ihm einfach so über die Lippen gekommen und er versprach sich nicht viel davon. So viel Selbstlosigkeit kannte er von sich gar nicht und so brauchte er nicht lange, um zu erkennen, dass er doch irgendwo in seinem Unterbewusstsein die Hoffnung hatte, dass Mrs. Callahan eine Farm oder Ranch hatte, die einen Helfer brauchen konnte. Natürlich konnte man auch sonst nicht vorsichtig genug sein, denn nach den Steckbriefen trieben sich hier doch die einen oder anderen Outlaws in der Gegend herum. Sie davor zu warnen, hielt Jason jedoch für unnütz. Mrs. Callahan lebte ja nicht erst seit gestern hier und konnte davon erfahren haben und wahrscheinlich wurde sie von ihrem Mann bereits erwartet.
Weder die Nachricht über den neuen Reverend, noch ihre Sorge um Mr. Burnetts Gesundheit entlockte dem Mann eine sonderlich auffällige Regung. Weder Überraschung oder Unmut noch Dankbarkeit zeigte sich auf seinen Zügen. Maureen kümmerte sich nicht weiter drum, war ihr doch eine gewisse Gleichgültigkeit ihrer Person gegenüber nicht unbekannt. So nickte sie nur, als er etwas kurz angebunden meinte, es wäre nichts, was ihn umbrächte. Das hieß immerhin, dass sie sich nicht weiter zu sorgen hatte und ihr Augenmerk wieder der Bremse zu wenden konnte. Froh darüber, dass Mr Burnett noch einmal erklärte, was sie zuvor nicht verstanden hatte, schenkte sie ihm ein dankbares Lächeln, ohne seinen Ärger hinter den Worten zu spüren. Diesen versteckte er erfolgreich und der Mangel an Feingefühl, das Maureen in den meisten Lebenslagen fehlte, machte es ihr unmöglich feine Nuancen zu erkennen. Zumindest verstand sie nun, was Mr. Burnett ihr bereits zu erklären versucht hatte. Die Bremse würde sie nicht mehr behindern und das, was ihr Major Shepard versichert hatte, war keine Lüge gewesen. Das war schon einmal sehr erleichternd. Aber offensichtlich lag das Problem am Neuschnee, der etwas anderes war, als der alte, festgetretene oder gefahrene Schnee. Das wollte Maureen auch einleuchten, hatte sie doch schon auf ihrer kleinen Odyssee hier herauf die eine oder andere Erfahrung damit gemacht. Nur die Bremsen waren ihr bislang weder eingefroren noch deswegen verklebt gewesen. "Ah, ich verstehe," sagte sie nachdenklich und mit einem Nicken begleitet. Ihr Blick ruhte dabei auf ihren Kindern, die langsam schrecklich zu frieren schienen. Und die Aussicht nicht nach Hause zu kommen war überhaupt nicht verlockend. Ihre Kinder brauchten ein warmes Bett mit einer Bettflasche und warmes Essen. Hinzu kam, dass sie überhaupt nicht wusste, ob der Major heute noch nach Hause kam und in diesem Fall wollte sie doch eine Abendsuppe bereithalten. Nicht auszudenken was er von ihr dachte, wenn sie sich hier im Ort herumtrieb, anstatt ihrer Arbeit nachzugehen. Das bisschen Neuschnee hielt sie sicher nicht davon ab, ihren Pflichten nachzugehen. Sie hatte schon viel schlimmeres ausgehalten, um für Nate Dinge zu tun, deren nicht Erfüllung bei weitem für sie schmerzhafter und schlimmer ausgegangen wäre. Das Angebot von Mr. Burnett erschreckte Maureen jedoch etwas. Er wollte sie begleiten? Einfach so? Wieso? Da Maureen bis auf Major Shepard noch nie einen uneigennützigen Mann kennen gelernt hatte, schrillten alle Alarmglocken auf. Von Hause aus gewohnt Männern gegenüber vorsichtig und misstrauisch zu sein, fiel Maureen daher nicht gleich vor Dankbarkeit Mr. Burnett um den Hals. Im Gegenteil. Sie trat etwas von ihm weg und beäugte ihn misstrauisch. Er wirkte nett, keine Frage, und sicherlich hatte er ein hübsches Gesicht. Er wirkte etwas grau und kränklich, aber das hieß nicht, dass er auch kraftlos und schwach war. Wenn er über sie herfallen wollte, würde sie sich sicherlich kaum wehren können. Vielleicht war es auch wieder nur ein Dieb, der sich dank ihrer Naivität ein Pferd stehlen konnte. Andererseits, wenn sie daran dachte, wie ihre Kinder bibbernd unter ihren Decken dasaßen und sich nach Hause wünschten... sie seufzte schwer.
"Ich muss fahren, Sir, ich hab' keine and're Wahl," das sie hier niemand kannte, der sie aufgenommen hätte, musste sie ja dem Fremden nicht gleich auf die Nase binden. "Ich hab' meine Pflichten zu erfüllen," mit diesen Worten raffte sie ihre Röcke zusammen und griff mit der freien Hand nach dem Griff am Kutschbock, um sich daran in die Höhe zu ziehen. Sie nahm neben ihren Kindern platz, zog die eigene Decke schützend eng um die Schultern und griff nach den Zügeln. "Ihr Angebot iss... nun sehr... nett, Mr. Burnett. Vor allem wenn sie befürchten, dass ich noch mal ihre Hilfe benötigen könnte. Nur, ich sag's ihnen gleich, ich bin nur eine Hausangestellte. Bei mir iss nichts zu holen."