Stevie und Dean, Dean verläßt den Raum am Nebentisch Jonathan und Randall
Als er auf ihre frechen Worte hin in seinem Schritt inne hielt, schluckte Stevie. Sie sollte wirklich einmal lernen den Mund zu halten. Was, wenn er nun zurück kommen würde? Immerhin ärgerte sie hier gerade einen Gesetzeshüter. Als er sich ihr noch einmal zuwandte lag wieder dieses Grinsen auf seinen Lippen und er sprach abermals mit ihr, als wäre sie eine Lady, die ihm nur Komplimente an den Kopf geworfen hatte. Einerseits war es eine Erleichterung zu hören, dass er nicht an jedem Morgen Zeit für sie finden würde. Andererseits betonte er, dass er ihre ‚Einladung’ dazu jedoch nutzen würde, wann immer es ihm möglich sei. Stevie starrte ihn sprachlos an. Er hatte es wieder einmal geschafft alles zu verdrehen und so schnell wie er sich dann abwandte und zur Tür hinaus ging, fiel Stevie keine weitere Entgegnung mehr ein. Dieser Mistkerl! Stevie entließ die unschuldige Tasse ihrem schraubstockartigen Griff, sobald Foster den Raum verlassen hatte. Beunruhigt starrte sie auf ihre Finger, die zitterten und eiskalt waren. Sie hatte die Begegnung überstanden. Irgendwie zumindest. Aber es dämmerte ihr, dass der Deputy in ihr ein gefundenes Fressen sah, an dem er sich ergötzen konnte, wann immer ihm danach sein würde. Stevie legte die Hand vor den Mund und stütze ihren Kopf in die Hand, um wieder aus dem Fenster zu sehen. Einen Moment schloss sie die Augen und wünschte sich nicht hier zu sein. Wieso war nur immer alles so schwierig? Immer brauchte es beinah zu viel Kraft, um ihre Ziele zu erreichen. Und sie hatte das Gefühl, dass das bald nicht mehr ausreichen würde. Sie begann sich hilflos im Kreis zu drehen und ein Ausweg war nicht in Sicht.
Was sie nun brauchte war die Gesellschaft eines Freundes, eines anständigen Menschen, der ihr wieder den Boden unter den Füßen gab, der ihr gerade wegzubrechen drohte. Entschlossen stand sie auf, um ebenfalls schnellst möglichst den Frühstücksraum und anschließend das Haus zu verlassen. Nicht jedoch ohne einen Umweg über ihr Zimmer zu machen, um sich warm in ihrer Jacke einzupacken. Dann war ihr einziger Gedanke nur noch schnellst möglichst zu Cassiel zu kommen. Alles andere nahm sie gar nicht mehr wahr.
(OOC: @Jonathan: Ich denke, ich habe jetzt lange genug auf Dich gewartet..)
Randall u. Jonathan (Dean u. Stevie verlassen den Raum nacheinander)
Jonathan genoss sein Frühstück nun schweigend und auch Randall schwieg. Warum sollte er dem jungen Mann ein Gespräch aufzwingen? Dieser schien ein ausgesprochener Morgenmuffel zu sein und Randall hatte nicht die Absicht, diesen zu verändern noch sich von dessen Laune anstecken zu lassen. Er genoss also schweigend und beobachtend seine Mahlzeit. Der Deputy vom Nachbartisch verließ den Raum alleine und kurze Zeit danach ging auch die Rothaarige ihrer Wege. Randall war bedauerte weder den Abgang des Deputys noch den der Frau in Hosen. Er hielt lieber einen gesunden Abstand zu den Ordnungshütern der Stadt, denn je weniger von ihm diesen in Erinnerung blieben, desto sicherer war er. Das konnte sich noch als wichtig herausstellen, denn immerhin wollte er mit Erin Kontakt aufnehmen und diese wieder mit sich nach Hause nehmen. Diese war schließlich seine Frau und so gehörte sie zu ihm, ob ihr da nun gefiele oder nicht. Das hätte sie sich schließlich vor einer Ehe mit ihm überlegen müssen und die beiden Kinder - nun er war sehr wohl für deren Wohl und Wehe verantwortlich zu machen. Andererseits lebte er sehr wohl dem, was er so auf seinem Weg fand - und dazu gehörte sowohl redlicher Gewinn aus Glücksspiel, allerlei Wetten - aber er bestritt seinen Lebensunterhalt auch aus Diebstählen und allerlei Betrügereien. Bisher war er noch immer ungestraft davon gekommen, aber Vorsicht war besser als Nachsicht. Er wollte schlicht nicht vom Deputy oder der Rothaarigen wiedererkannt werden, so er - selbstverständlich irrtümlich - des Diebstahles beschuldigt wurde. Andererseits hatte er natürlich nicht die Absicht, sich dabei erwischen zu lassen, wie er den Klingelbeutel plünderte. Mit einem bisschen Glück ruhen die Augen der Anwesenden ohnehin ausnahmslos auf dem neuen Reverend oder auf der Hosen tragenden Lady - welch ein Skandal in diesem spießigen Nest! Ein fröhliches Grinsen zeigte sich kurz auf seinem Gesicht, als er seine inzwischen leere Tasse abstellte und sich erhob. "Nun - ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag. Man sieht sich." Er verabschiedete sich kurz und ging noch einmal in sein Zimmer hinauf, um seinen eleganten Mantel und Hut zu holen. Auf dem Wege zog er den Mantel an, schob seine Hände in die Handschuhe, die er in den Manteltaschen gehabt hatte und warf im Vorbeigehen einen Blick auf die Rezeption. Von den Damen des Hauses war im Augenblick nichts zu sehen, so dass sein angedeutetes Grüßen in Verbindung mit dem Aufsetzen des Hutes, wohl vergebliche Mühe war. Keinesfalls wollte er auf Mrs. Cornwell warten, denn es war völlig unklar, ob sie überhaupt Zeit für den Gottesdienst fand und seinem Beuteschema entsprach die Dame auch nicht. Er wollte lieber früh los und sich mit den örtlichen Begebenheiten in der Lakestreet und rund um die Kirche machen. Schließlich konnte er nicht wissen, ob er nicht doch unverhofft das Weite würde suchen müssen. Wie lange bin ich unterwegs - von der Kirche bis zu Simones Weiden? Das herauszufinden, wäre genauso wichtig, wie die Antwort auf die Frage, zu welchen Zeiten genau - Erin im Pfarrhaus mit den Kindern alleine ist. Randall konnte sich nicht vorstellen, dass Erin sich im Gottesdienst sehen lassen würde, denn ihr Ruf hier war wohl nicht der Beste, so dass er zunächst heraus finden wollte, wo er sie am Sichersten zu welcher Zeit antreffen würde. Schließlich konnte er sich nicht vor versammelter Mannschaft mit sich nehmen - das gäbe wieder einen Skandal, der unweigerlich den Sheriff gegen ihn auf den Plan riefe - und darauf konnte Randall mehr als verzichten. Eine gebrochene Nase reichte völlig aus.
Im Vorbeigehen warf er einen Blick in das Gästebuch auf der Rezeption und bedauerte, dass darin nichts Neues stand. Von den Angestellten wusste er nur, dass diese offenbar nicht alle arbeiteten und eines der Zimmer unter dem Dach war wohl bewohnt, denn er hatte von dort schon Geräusche von Schritten wahrgenommen, aber wer dort lebte, war ihm nicht bekannt. Man begegnete einander eben nicht und das machte ihm eigentlich nicht viel aus. Bei Gelegenheit würde er wohl einmal nach oben stiefeln und sehen, wer dort morgens in aller Frühe das Zimmer verließ und dann nicht mehr gesehen wurde - nicht einmal zum Frühstück erschien die Person. Achselzuckend wandte Randall sich nun von der Rezeption ab und der Eingangstür zu und erstarrte. Das war doch Erin, die da auf das Gästehaus zu kam. Randall kniff die Augen zusammen und nickte unbewusst. Und ob das seine Frau war! Er würde sie wohl immer und überall am Schritt erkennen und auch wenn weder Clara noch Eli an ihrer Seite waren, so war sie es eben doch! Randall konnte sich zwar nicht erklären, was sie hier an einem Sonntag morgen zu tun hatte, aber sie hatte eindeutig die Absicht, das Gästehaus zu betreten. Ob sie seinetwegen kam? Möglicherweise hatte Eli ihr von seiner Anwesenheit berichtet. Wollte Sie ihn zur Rede stellen? Randall sah sich bereits nach einer Hintertür um, um einem Donnerwetter Erins zu entgehen , aber da war keine. Nun würde er sich ihr wohl stellen müssen. Egal - früher oder später will ich ja ohnehin mit ihr sprechen. Randall verbot sich jeden weiteren Gedanken an eine Flucht und öffnete nun von innen die Tür zum Hotel. "Je später der Morgen, desto werter die Gäste. Was für eine Freude, Dich zu sehen." Randall machte vor Erin eine Verbeugung, in der er sich den imaginären Hut lüpfend ein wenig zur Seite drehte.
ooc: Da Sophie bis Februar weg ist, post ich mich mal hier hin
Seine Quigley hatte er noch von der Eingangstür geholt und dann mit den geschulterten Satteltaschen den Speiseraum betreten. Angenehme Wärme schlug ihm hier entgegen. Zwei Türen vielen ihm auf, nebst der durch die er gerade geschritten war. Hinter einer waren noch immer die Frauenstimmen zu hören und Arthur schlussfolgerte das dort die Küche sein musste. Die andere und deren Zweck erschloss sich ihm noch nicht. Einige Regale an den Wänden zwischen den Türen und ein kleiner Schrank neben der Küchentür. Dazu eine reihe Tische mit Stühlen daran, rundeten das Bild dieses Speiseraums ab. Im Grunde wie jeder andere Speiseraum auch, aber auf seine eigene Art sehr gemütlich. Arthur suchte sich den freien Tisch aus, welcher der Eingangstür am nächsten war, stellte dort seine Quigley gegen die Wand und seine Satteltaschen davor auf den Boden, zog seinen Mantel aus und hängte ihn über eine der Stuhllehnen. Gemütlich kramte er ein eine kleine Mappe hervor und entnahm eines der darin befindlichen Briefpapiere, legte beides auf den Tisch vor sich, bevor er sich die Handschuhe auszog und diese unter den Waffengürtel klemmte. Den Hut nahm er ebenfalls ab, hängte ihn über den Eckpfosten der Rücklehne am Stuhl neben ihm, wo auch der Mantel über der Lehne hing und streckte sich erstmal im Stuhl. Das befreiende knacken der Muskeln erschien ihm überlaut aber es tat gut, besonders die Wärme die langsam wieder in seine Glieder kroch. Es war einfach entspannend.
Ein kurzer Blick zur Küchentür, hinter dem immer noch die Stimmen zu hören waren, jedoch nicht verständlich was sie sprachen. Früher oder später würde die Rezeptionistin schon irgendwie bescheid geben oder eine der Angestellten hier in den Speiseraum kommen. Er hatte keine Eile, konnte eine Weile warten. Keine festen Termine die er einzuhalten hatte. Arthur holte seinen Schreibstift hervor und zog sich das Stück Papier vor ihm zurecht, setzte an und began in Ruhe einen Biref an Patricia zu schreiben, sowie den Rest seiner Familie. Diese regelmässigen Briefe waren sein einziger Kontakt und da er selber herumreiste für seine Familie der einzige Weg Kontakt zu halten. Ein kurzer Bericht, wo er nun war, wie es ihm ging, die besten Wünsche für die Familie, die üblichen Fragen wie es einem jeden ging, fanden ihren Weg auf das Blatt Papier vor ihm, das er am Ende zusammen faltete und in die Innentasche seiner Weste steckte. Ein erneuter Blick zur Küchentür, aber noch regte sich nichts von dort. Naja, er würde sich gedulden. Sonntage waren immer ein wenig hektisch für die Menschen, mit den Kirchenpflichten neben den normalen, alltäglichen Pflichten.
Natürlich klopfte Erins Herz ein wenig schneller in ihrer Brust. Sie hatte sich erschrocken, keine Frage, aber so sehr auch wieder nicht um Miss Hunter deswegen einen Vorwurf zu machen. Es wäre nur schade um die Teller gewesen. Entsprechend war sie noch ein wenig aufgeregt als sie mit den Tellern in den Speiseraum trat. Sie wähnte sich hier alleine, da die Küche bereits geschlossen hatte und man im Ort darüber Bescheid wusste, dass im Gästehaus für das Fest alles vorbereitet wurde. So war es verständlich, dass Erin überrascht im Schritt inne hielt, als sie einen ihr fremden Mann an einem der Tische sitzen sah. Jung, gutaussehend und verwegen, wie sie zugeben musste, aber leider auch viel zu entspannt, um die Hoffnung zu hegen, den vermeindlichen Gast höflich hinaus zu bitten. Dass er erst angekommen sein musste erkannte Erin im selben Augenblick, als ihr Blick auf die Satteltasche und das Gewehr fiel. Ein Hausgast war es wohl nicht. Vielleicht wollte er ein Zimmer? Aber hatte Miss Hunter nicht gerade Miss Farley erklärt, dass Sophie an der Rezeption saß und die Gäste abfertigte? Obwohl seit dem Vorfall mit Thunder Wochen und sogar Monate vergangen waren, empfand Erin Fremden gegenüber eine unnatürliche Scheu, die ihr selbst missfiel, deren Herkunft sie sich aber erklären konnte, nur daran nichts zu ändern vermochte. Schreckhaft war sie dazu geworden und mehr als gesundes Misstrauen verfolgte sie jedes Mal, wenn ein ihr fremder Mann auf sie zukam, und selbst wenn er nur an ihr vorbeischritt. Jetzt würde sie sich sogar mit einem Fremden auseinandersetzen müssen. Sie holte einmal tief und sichtbar Luft, straffte den Rücken und stellte dann die Teller erst einmal auf einen Tisch, ehe sie mit langsamen Schritten auf den Fremden zuging. Er hatte einen Stift in der Hand und schien zu schreiben. Ein nicht unbedingt alltäglicher Anblick in diesen verlassenen Gegenden des Landes. Er schien gerade damit fertig zu sein, denn er verstaute ein Blatt Papier in seiner Innentasche der Weste und warf einen Blick zur Küchentür. Etwas, das Erin noch einmal tief durchatmen ließ, um sich ein Lächeln abzuringen. "Guten Morgen, Sir... Ich... also...," hilfesuchend blickte Erin hinter sich, doch die Küchentür blieb verschlossen. "Also ich arbeite hier nicht. Nicht fest, ich helfe heute nur aus. Falls sie ein Zimmer wollen hole ich ihnen aber gerne die Chefin? Denn, also eigentlich haben wir schon geschlossen. In der Küche meine ich."
Arthur hatte schon ein wenig befürchtet hier auf seinem Stuhl Spinnweben anzusetzen, bevor ein anderes menschlisches Gesicht zu sehen bekam, in Erwägung gezogen nochmal zur Rezeption zu gehen und mit der Rothaarigen zu sprechen deren Namen er nichtmal erfragt hatte, wie im gerade auffiel. Doch genau da öffnete sich die Küchentür und ein Stapel Teller kam herein, mit einem Kleid und einer darin steckenden Frau dahinter. Arthur blickte wieder zur Küchentür, schaute zu der Lady die soeben eingetreten war. Arty schätzte sie auf sein eigenes Alter. Das sie nur knapp 20 Tage auseinander lagen war wohl ein lustiger Zufall, ein ansprechendes Gesicht, das auch hervorragend in die höheren Gesellschaften des Südens gepasst hätte, statt hier in diesem Kuhkaff zu versauern. Helles Haar, wohl frisiert und in ein Kleid gehüllt das auf seine Art schlicht und doch elegant wirkte. Einen guten Geschamck für Kleidung hatte die attraktive Frau also auch, auch wenn das Kleid kein bisschen aussah wie etwas, das man zur Arbeit in einem Gästehaus trug. Sie holte tief Luft, straffte sich zu einer eleganteren Haltung und kam auf seinen Tisch, nachdem sie die Teller abgestellt hatte. All das passierte während er sein Schreibzeug verstaute. Er schenkte der apparten Lady ein freundliches Lächeln und schaute zu ihr hoch, machte die Geste die er normalerweise machen würde, hätte er einen Hut auf.
Stockend begrüsste sie ihn, sah hilfesuchend zu der Küchentür. Wie erwartet, keine Angestellte. Eine Freundin des Besitzers, oder in diesem Fall sogar Besitzerin? Egal, es war nciht wichtig. Mit der Lady machte der Ort schon mal einen sehr hübschen ersten Eindruck wie Arthur fand. "Danke Miss, Ihnen auch, ...den Guten Morgen meine ich. Die Angelegenheit des Zimmers wurde bereits geregelt, ich warte nur das es frei wird. " erklärte Arthur auf Erins ersten Einwurf, aber die Gute hatte auch davon gesprochen das das Gästehaus, beziehungsweise die Küche heute geschlossen war. Das wäre ja sehr grosses Pech. "Geschlossen?" die Enttäuschung darüber das er nun doch kein vernünftiges Frühstück bekommen würde stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. " Das ist bedauerlich. Ein besonderer Anlass?" Arthur deutete an Erin vorbei auf den Stapel Teller.
Natürlich war es irgendein Anlass, irgend eine dörfische Sitte oder so was, warum sonst sollte man die Kúche eines Gästehauses schliessen und trotz allem Teller verteilen? Ein privater Empfang? Nachdem Erin ihm geantwortet hatte lächelte Arthur lächelnd. "Waltham, Arthur Waltham." Stellte er sich freundlich vor. "Kann ich ihnen zu Hand gehen? Ich denke es wäre fúr sie genauso seltsam von mir bei der Arbeit beobachtet zu werden wie es das für mich ist und solange Miss Bennett das Zimmer nicht geräumt hat und es zum Einzug freigegeben ist, muss ich wohl warten. Bevor ich hier rumsitze und an meinem Hut knabber, könnte ich mich auch nützlich machen. Aber das ist etwas, das vielleicht die Chefin entscheiden sollte." Arthur zwinkerte Erin verschmitzt und freundlich, keineswegs anzüglich zu. Eine Lady in dem Alter war ja sicherlich in festen Händen
Emily mit Kate, dann Erin in den Speiseraum folgend
Heute war Emily einfach nicht sie selbst. Die Übermüdung wegen ihrer Alpträume, die Angst vor der unvermeidlichen Aussprache, die John anstreben würde, und dann noch Sophie, die sie mehr aus dem Konzept gebracht hatte, als gut für die kleine, an feste Rituale gewöhnte Haushälterin war: Es kam alles zusammen und ließ sie so nervös und unbeholfen wie ein junger Backfisch agieren. Nicht daß die mollige Britin viel mehr Erfahrung außerhalb ihrer kleinen häuslichen Welt gehabt hätte, als ein junges Mädchen in diesem so viel weniger geordneten und traditionell eingestellten Land haben würde. Doch immerhin hatte sie gelernt, ein gewisse Würde zu wahren, stolz zu sein auf ihre Karriere – vom Dienstmädchen zur Haushälterin, das war quasi der Gipfel dessen, was zuhause in London eine junge Frau ihrer Herkunft anstreben konnte – kurz gesagt, mit dem Maß an Selbstsicherheit zu agieren, das für eine ehrlich arbeitende, gottesfürchtige Frau angemessen war. Von dieser Selbstsicherheit war im Moment jedoch kaum mehr etwas übrig. Und das hatte einen aktuellen Grund in dem Streß der letzten Tage und speziell des heutigen Morgens, doch es gab auch noch weiter zurückliegende Ereignisse, die sie verunsicherten.
Ganz besonders war da natürlich ihre Entführung, die ihr immer noch in den Knochen steckte und sie zutiefst verängstigt hatte. Anständig, doch auch ein wenig naiv, war sie bis vor wenigen Tagen stets davon ausgegangen, daß es niemals einem Mann einfallen konnte, sich an einer wehrlosen Frau zu vergreifen. Von diesem Irrtum war sie durch die Waltonbande sehr jäh geheilt worden. Nicht nur, daß man sie entführt und bedroht, ja, ihr körperliche Gewalt angetan hatte! Nun, zumindest hatten die gewissenlosen Halunken sie sehr grob angepackt und sie endlich gar auf einen Stuhl gefesselt, und das war in ihren Augen mehr als genug an Gewalt. Nicht zu vergessen der Knebel, der ihr minutenlang die scheußliche Angst des Erstickens bereitet hatte. Doch nein, als wäre das noch nicht genug gewesen, hatte ihr der brutalste und widerlichste von ihnen auch noch unter den Rock gegriffen, und wäre John nicht rechtzeitig erschienen, um sie zu retten... mittlerweile hatte Emily gezwungenermaßen so viel über die Dinge zwischen Mann und Frau gelernt, daß selbst ihre Fantasie ausreichte, sich auszumalen, was die Männer mit ihr angestellt hätten, vermutlich einer nach dem anderen. Sie war bei der Erkenntnis angelangt, daß der natürliche Schutz einer Frau – eben ihre Wehrlosigkeit, gepaart mit dem Anstand eines aufrechten Mannes – angesichts solch gewissenloser Menschen sehr schnell seine Wirkung verlieren konnte.
Noch mehr als das Bewußtsein um die Gefahren, die ihr in diesem rauen Land immer wieder drohen mochten, wog aber ihr Gewissen. Es quälte sie, und der Herrgott schien ihr die Sünde der Fleischeslust nicht vergeben zu wollen, denn Miss Farley beraubte sie mit wenigen Worten auch ihrer letzten Ausflucht, den Kirchbesuch und damit den Sheriff zu meiden. Die kleine Frau wußte nicht woher, doch ihr unruhig klopfendes Herz sagte ihr, daß Clayton sie heute nicht wieder mit einer Ausflucht davonkommen lassen würde. So wie er es in den letzten Tagen getan hatte, wenn Emily mit gesenkten Kopf mäuschenstill durch seine Wohnung geeilt war: immer dienstbeflissen, ja, seiner Tochter Cassidy gegenüber sogar betont aufmerksam, doch ungewöhnlich still, geradezu untypisch für die redefreudige junge Britin. All dies, die Fahrigkeit durch den Schlafmangel, die Furcht vor jedem fremden Mann, den sie sah, wie auch ihr unruhiges Gewissen, brachten Emily ganz aus der Bahn. So brauchte sie auch nach Miss Farleys Antwort einige Momente, ehe sie nicken und sich eilig daran machen konnte, deren Aufforderung zu folgen. Fast schon hastig ging sie zu dem Tisch, auf dem das Besteck lag, nahm mit einer Hand die Zipfel ihrer frischen, blütenweißen Schürze zusammen und legte mit der anderen Gabeln, Löffel und Messer in die so entstehende praktische Tragetasche.
Dann beeilte sie sich, in den Speiseraum zu gehen, wohin Miss Spencer bereits verschwunden war. Diese stand zu ihrer Überraschung nur wenige Schritte vom Durchgang entfernt, statt bereits die Teller auf den Tischen zu verteilen. Einen Moment später sah sie dann auch den Grund für das Zögern Erins. Ein Gast saß da, ein durchaus stattlicher Mann, auch wenn er angesichts des Tages nicht gerade sehr fein daherkam. Dennoch, er war ein Gast wie jeder andere, auch wenn ihn Emily noch nicht im Gästehaus gesehen hatte. Er mußte also erst angekommen sein, hatte also vielleicht noch keine Zeit gehabt, sich von seiner gewiß beschwerlichen Anreise zu erholen und sein Äußeres in eine gottgefälligere Form zu bringen. Dieses Land war ja weiß Gott rau und verlangte seinen Bewohnern viel ab. Da sie nicht viel von der Unterhaltung der beiden mitbekommen hatte, beschloß sie die fruchtlosen Überlegungen jedoch fürs erste einzustellen, denn ihre übliche Neugier hatte unter ihrem momentanen seelischen Zustand ebenfalls gelitten.
Sie nickte dem Fremden daher zu und deutete einen Knicks an, der vom leisen Klirren des Bestecks in ihrer Schürze begleitet wurde – nur einen kleinen Knicks allerdings, wie für bloße Gäste angemessen. Ein tiefer Knicks war für den Sheriff als ihren Arbeitgeber, den Reverend, das Betreten der Kirche oder allenfalls noch für einige der älteren, ehrwürdigen Damen ihres Nähkreises vorbehalten. "Guten Tag, Sir." Damit hielt die kleine Haushälterin schräg hinter Miss Spencer an und sah fragend zwischen ihr und dem Mann hin und her, unsicher, was die beiden besprochen hatten. Weder dem Fremden noch Miss Spencer gegenüber wollte sie sich nämlich aus der Deckung wagen. Der Himmel mochte wissen, wer der Mann war, und was Miss Spencer anging... Emily hatte den Gedanken an sie seit ihrer Begegnung in Johns Wohnung ausgeblendet. Doch nun, da sie vor ihr stand, fiel das ungleich schwerer. Sie wußte nicht, wie sie sich ihr gegenüber verhalten sollte, angesichts des delikat zu nennenden Verhältnisses zwischen beiden Frauen und Clayton. Der Blick der jungen Frau irrte rasch von Miss Spencer fort, kaum daß diese ihn erwiderte.
Erin atmete aus zweierlei Gründen auf. Zum einen schien der Mann trotz seines herben Erscheinungbildes gute Manieren zu besitzen und zum anderen hatte er wohl bei Sophie bereits ein Zimmer gemietet. Ersteres ersparte ihr eine unangenehme Situation und letzteres entließ sie aus der Pflicht. Etwas entspannter wirkte daher ihr Lächeln, dass sie dem Fremden nun schenkte. "Oh, das ... wusste ich nicht. Fühlen sie sich bitte nicht gestört." Da sie nicht wusste, ob Sophie nicht am Ende den Gast gar in das Speisezimmer gebeten hatte, wollte sich Erin nicht weiter damit aufhalten. Sie war hier um für das Mittagessen auszuhelfen, alles andere überließ sie nur zu gerne dem Personal. Dass der Mann jedoch über die Information enttäuscht wirkte, dass er im Moment nichts aus der Küche erwarten konnte, blieb ihr nicht verborgen. Im Gegenzug schien er anhand der Teller sich selbst den Grund dafür zusammenreimen zu können. Erneut etwas, das Erin aufatmen ließ, denn so blieb ihr eine lange Erklärung erspart. "Ganz recht," bestätigte sie daher. "Unser neuer Reverend hält heute seinen Einstand," mit diesen Worten wandte sich Erin ein wenig von dem Mann ab, um den von Miss Farley beschriebenen Platz zu suchen, aber auch um ihr weiches Lächeln beim Gedanken an Terry zu verbergen. Sie konnte nicht anders und wusste dass ihr Mienenspiel sie überall verraten würde, selbst einem Fremden gegenüber. Also dort hinten sollten die Tische stehen... Nicht viel Arbeit, wie sie vermutete und daher wollte sie dem Gast gerade anbieten, in der Küche nachzufragen, ob die Möglichkeit bestand für einen Hausgast etwas aufzutragen. Das würde kaum viel Zeit in Anspruch nehmen. Doch der Mann kam ihr mit seiner Vorstellung und dem Angebot zu helfen zuvor. Seine Worte brachten sie jedoch dazu leise und amüsiert zu lachen. Sich beobachtet fühlen... wenn Mister Waltham wüsste... der ganze Ort sah ihr seit dieser Woche bei der Arbeit zu, bei jedem Schritt den sie machte, bei jeder Bewegung, selbst jeder Atemzug wurde garantiert beobachtet. Man wartete sicherlich auf einen Fehltritt, auf eine Unachtsamkeit, um sie aus der Stadt zu jagen.
"Entschuldigen sie, Mister Waltham. Ich lache nicht über sie," mit mühe beruhigte sich Erin wieder, räusperte sich leise und zwang sich wieder ernster zu werden. "Es ist nur so, ich bin hier am Ort die Lehrerin und werde täglich von gut 30 bis 40 Augenpaare beobachtet. Für mich ist das nichts sonderbares," damit wich sie der unbequemen Wahrheit aus und log dabei nicht einmal sonderlich über den Grund ihrer Heiterkeit. Denn dass sie Mister Waltham eine Erklärung hatte geben müssen, gebot die Höflichkeit. "Oh, entschuldigen sie, ich habe völlig vergessen mich vorzustellen... Spencer, Erin Spencer," holte Erin rasch der Höflichkeit wegen nach und verfluchte die zarte Röte ihrer Wangen, die ihre Verlegenheit verriet. Um darüber hinwegzutäuschen fügte sie rasch hinzu: "Aber ihr Angebot ist dennoch sehr großzügig. Wir müssen die Tische dort hinten an der Wand zu einer langen Tafel schieben, um das Büffet vorzubereiten. Ich schätze dafür muss ich Miss Farley nicht erst aus der Küche bitten. Wenn sie also wirklich wollen, hätte ich nichts einzuwenden," sie schenkte Mister Waltham ein dankbares Lächeln und schritt zur Zimmerseite, die sie meinte und zeigte Mister Waltham die besagte Stelle. Im selben Moment öffnete sich die Küchentür erneut und Miss Hunter kam mit dem Besteck aus der Küche. Sie wirkte überrascht, als sie Mister Waltham erblickte, grüßte aber höflich und ließ Erin sich im selben Augenblick fest auf die Unterlippe beißen, als sich erneut Heiterkeit einstellen wollte... Miss Hunter knickste. Sie musste zugeben, dass es für sie natürlich kein sonderbarer Anblick war. Natürlich hielt sie Clara stets an im Beisein von entsprechenden Autoritätsperson den erwarteten Knicks zu vollführen, ihr selbst war er anerzogen worden, aber in einem gewissen Alter war er in Vergessenheit geraten, wohl auch ihrem Stand angemessen für nicht mehr allzu wichtig betrachtet worden. Viel anders würde es bei Clara auch nicht sein. Hier im Gästehaus erwartete sie solch ein Benehmen vom Dienstpersonal, aber niemals wäre ihr selbst in den Sinn gekommen wie Miss Hunter Mister Waltham gegenüber aufzutreten. Sie war keine Angestellte des Gästehauses. Zudem sah es drollig aus, wie die kleine keineswegs zierliche Person sich darum bemühte Würde auszustrahlen. Fast war Erin versucht sich vorzustellen, wie es wohl aussehen müsste, wenn Miss Hunter einen viel tieferen Knicks vollführte. Ob sie von alleine wieder hoch kam? Woher kamen nur diese Gedanken? Erin rügte sich im Stillen für ihre boshaften Überlegungen und wollte den einzigen Gedanken dazu nicht zu lassen - eine tiefe Eifersucht auf die Frau, die nun das Herz von John besaß, die sie einfach so ersetzt hatte, wo es doch scheinbar nach ihr nichts für John gegeben hatte, außer die Flucht in den Alkohol. Nein, so etwas stand ihr nicht zu und wenn sie ihre Gefühle richtig deutete, empfand sie doch selbst für einen neuen Mann sehr angenehme Gefühle. Und dennoch.. ach es war zum Verrücktwerden....jetzt fragte sich sich bereits, was John nur an ihr fand. Wenn sie sich beide einmal kritisch verglich, dann war... nun gut, sie hatte ein hübsches Gesicht und sie war jung. Sehr jung. Männer, am Ende waren sie alle gleich, wenn sie ihr Ego gestreichelt bekamen... Erin verdrehte ungewollt ein wenig die Augen und wandte sich herum, als sie Miss Hunter hinter sich spürte.
"Mister Waltham hier war so freundlich seine Hilfe anzubieten. Ich habe sie angenommen, alleine schon wegen den schweren Tischen. Die bekämen wir wohl kaum alleine rasch gerichtet," ihr Blick huschte zur Uhr. Sie würde so oder so zu spät in den Gottesdienst kommen. Gott alleine wusste, wieso er sie ausgerechnet heute einen so seltsamen Weg gehen ließ - die Kinder bei Terry, ihr Versprechen pünktlich zu sein, die Verspätung... sie wollte gar nicht daran denken, was das wieder für ein Gerede im Ort erzeugen würde....
Gabriel Marlowe & Thomas Whedon durchqueren den Speiseraum und treffen kurz auf Erin, Arthur und Emily
Gabriel ging voran, er kannte sich ja schon aus hier im Gästehaus. Er und Thomas sahen dann die anderen Menschen im Gästehaus. Ein Mann, der an einem Tisch saß und zwei Frauen, von denen Gabriel sich nicht sicher war, ob er sie kannte. Da sie sich aber gerade unterhielten, wollte Gabriel nicht stören. Er nickte einfach allen freundlich zum Gruss zu, wie wohl auch Thomas, der aber auch gerade dabei war, ihm von den Neuigkeiten hier aus Camden Village zu erzählen, wenn er wohl auch kurz innehielt.
Edit: Doch dann stockte Gabriel: MOMENT. Die eine Frau kam ihm dann urplötzlich doch bekannt vor. Er hatte sie einmal kennengelernt durch seine Halbschwester Emma. Sie waar eine Freundin von ihr. Edin Spencer oder so. Sie hatte damals ihre Kinder bei dem Treffen dabei, nun erinnerte sich Gabriel auf einmal genau. Also lächelte er der Frau erst recht freundlich zu. Er hätte sie auch gerne angesprochen, aber sie schien zu sehr beschäftigt. Hoffentlich aber, so hoffte Gabriel, erkannte auch sie ihn. Was machte sie wohl hier? Arbeitete sie hier? Jedenfalls zeigte Gabriel erst unsicherer Blick, dass er sie nun erkannt hatte ...
Erin mit Arthur und Emily, Gabriel und Thomas erobern die Bar
"Fühlen sie sich bitte nicht gestört." Erwiderte die Dame auf Arthurs Anmerkung, das er hier nur auf sein Zimmer wartete. Den kleinen Fehler in den Buchungen, davon ahnte er ja nichts. Im Grunde hätte er also auch direkt sein Zimmer beziehen können, ohne auf die junge Dame zu warten, bis diese ihre Sachen gepackt hatte. "Wie könnte ich." Antwortete Arthur mit einem freundlichen Lächeln. Die Dame wirkte ein wenig verlegen und unsicher, verbarg an verschiedensten Stellen der Unterhaltung ihr Gesicht, indem sie sich abwand. Meist gekonnt überspielt durch die Arbeit die sie verrichtete. Arthur hörte Aufmerksam zu, als Erin ihm berichtete das dies hier ein Empfang für den Einstand des Reverend werden würde. Berufsbedingt fragte sich Arthur was wohl mit dem alten Reverend passiert sein mochte, zumal es ja Gerüchte gab das es hier eine Bande gab, welche ihr Unwesen trieb. Als er meinte es wäre ihm unangenehm, sie bei der Arbeit zu beobachten, kicherte die Frau verhalten. Offenbar hatte er etwas unbewusst amüsantes von sich gegeben, was Erin auch kurz darauf erklärte, wohl um nicht unhöflich zu wirken. Lehrerin also. Schön und gebildet, eine nicht ganz oft vertretene Kombination, wie er innerlich feststellte. Dreissig bis 40 Augenpaare empfand er zwar als übertrieben, aber er verstand was die Frau damit ausdrücken wollte. Nach fünfzehn bis 20 Familien mit jeweils mindestens zwei Kindern sah das Nest hier nun wirklich nicht aus, obwohl es für einen Provinzort hier im fernen Westen und soweit im Norden schon eine recht beachtliche Grösse aufwies.
"Ja, das ist dann verständlich. " lachte er kurz mit bevor er fortfuhr. "Mir wäre es aber sehr unangenehm." Hätte er etwas zu trinken oder gar zu essen, läge die Sachlage anders. Dann hätte er eine Beschäftigung, könnte die Frau bei ihrer Arbeit leicht ignorieren aber da er mit dem Brief fertig war hatte er nichts dergleichen. Als einzige Ablenkung hätte er dann, Erin bei der Arbeit zu beobachten, was äusserts unhöflich gewesen wäre und vermutlich wie starren gewirkt hätte. Kein guter erster Eindruck.
"Aber ihr Angebot ist dennoch sehr großzügig. Wir müssen die Tische dort hinten an der Wand zu einer langen Tafel schieben, um das Büffet vorzubereiten. Ich schätze dafür muss ich Miss Farley nicht erst aus der Küche bitten. Wenn sie also wirklich wollen, hätte ich nichts einzuwenden," nahm Erin sein Hilfsangebot an, schritt zur Zimmerseite und zeigte auf die Stelle. Diesen Moment nutzte eine weitere Dame den Raum zu betreten, so wie zuvor auch Erin, durch die Verbindungstür zur Küche. Arthur stellte für sich fest, das dieses Nest durchaus Glück hatte was die Frauen anging, zumindest was er bisher gesehen hatte. Alle vier Exemplare, die er bisher getroffen hatte, waren durchaus ansprechend und höflich. Während Erin eher die schlanke, elegante Stadtlady vermittelte, hochgewachsen mit scharf geschnittenen aber denoch femininen Gesichtszügen, war die neue ein gutes Stück kleiner, in sich pummeliger, aber auf eine weibliche Art. Breite Hüften, einen Oberkörper der wohl körperliche Arbeit gewohnt war und, wie man im Volksmund so gerne sagte, gut Holz vor der Hütte. Beide Frauen für sich, in ihrer Klasse und Gattung, wahrlich zum anbeissen. Wer auch immer sie sich geangelt hatte war gewiss ein glücklicher Mann. Die kleine knickste und wünschte ihm einen guten Tag, was Arthur mit freundlichem Lächen und einem angedeuteten lüpfen des nicht vorhandenen Hutes erwiderte. "Guten Tag auch Ihnen Ma'am" er wandte seine Aufmerksamkeit gerade wieder Erin zu, als zwei Männer den Schankraum betraten und direkt durchgingen zur Bar. Der Vordere so ein Zottelbär mit langen Haaren, der mit einer vernünftigen Frisur gewiss ein sehr adretter Mann sein könnte, denn sein Gesicht war genau das auf das viele, gerade junge Frauen flogen. Der Mann, den Locke im Schlepptau hatte stand dem in nichts nach, nur das der die Bedeutung einer richtigen Frisur erkannt hatte und die Haar kurz trug. Arthur beäugte beide, beobachtete das Bewegungsmuster der Männer. Ihnen fehlte der eierige Gang von Cowboys oder das betont lässige und provokante von Gunslingern und Arthur tat sie erstmal als nicht gefährlich ab. Dadurch verpasste er auch das kleine Blickgespräch zwischen Erin und Emily.
"Mister Waltham hier war so freundlich seine Hilfe anzubieten. Ich habe sie angenommen, alleine schon wegen den schweren Tischen. Die bekämen wir wohl kaum alleine rasch gerichtet," warf Errin ein und Arthur nahm das als sein Stichwort, erhob sich und durchschritt den Raum. Neben den Tischen blieb er stehen und schaute sich an worauf er sich da eingelassen hatte. "Wie hätten sie die Tische denn gern angeordnet?" fragte er eher beiläufig winkte aber ab "Ach ich schnapp sie mir einfach und sie sagen mir wo sie den jeweiligen Tisch hinhaben wollen." Lächelte er Errin zu, faltete die Hände wie zum Gebet und streckte dann die Arme durch, Handflächen nach aussen, bevor er sich an den ersten Tisch machte. "Ist der Empfang eine geschlossene Gesellschaft? Wenn nicht, ich kann mich auch gedulden mit dem Frühstück. " grinste er Errin zu und hob den ersten Tisch an.
Erin mit Arthur und Emily Gabriel und Thomas auf dem Weg an die Bar
Mit Genugtuung sah Emily die Reaktion des Fremden auf ihren Knicks. Ja, der Mann sah aus, als habe er eine strapaziöse Reise hinter sich. Und wer konnte ihm da verdenken, daß er nicht geschniegelt und in vollem Sonntagsstaat erschien? Immerhin schien er jedenfalls das Benehmen eines Gentlemans zu haben. Und auch wenn die kleine Britin absolut nichts ungewöhnliches daran fand, die kleinen höflichen Gesten weiter zu verwenden, die sie als Dienstmädchen gelernt hatte, so begann sie sich doch zunehmend als eine Frau zu fühlen, die den Gästen in Miss Farleys Haus quasi gleichgestellt war. Und als solche nahm sie sehr wohl wahr, wenn ihr jemand ebenfalls höflich begegnete. Emily war zeit ihres Lebens gewohnt gewesen, sich anderen unterzuordnen. Ihr Ego reagierte aber auf Streicheleinheiten nicht anders als das eines anderen Menschen. Der Gruß und die begleitende Geste nahmen sie daher für den Mann ein, und sie lächelte ihm mit einem wohlwollenden Nicken zu. Indem sie sich Miss Spencer zuwandte, erfuhr sie auch den Namen des Mannes. Waltham. Ein schöner Name, wie sie fand – er hätte damit durchaus aus London stammen können, der höfliche Fremde.
Mit einem weiteren Nicken reagierte sie auf die Erklärung Miss Spencers. "Das ist aber sehr freundlich von Ihnen, Sir!" In der Tat, die Tische waren schwer, und ein kräftiges Mannsbild konnte da wohl besser anpacken. Erneut stieg Waltham in ihrer Achtung ein wenig an. Ein Mann, der nicht zögerte, einer Dame seine Hilfe anzubieten! Sie selbst nahm sich vor, auch zu helfen, denn sie war klein, aber durchaus kräftig. Daher ging sie zu einem der Tische und ließ ihre Last an Besteck aus ihrer emporgehobenen Schürze behutsam auf die Tischplatte gleiten. Daraufhin wandte sie sich Miss Spencer und Mister Waltham zu, der bereits Miene machte, den beiden Frauen tatkräftig zur Seite zu stehen. Ohne darüber nachzudenken, glättete sie ihre gestärkte Schürze, Zeichen ihrer beruflichen Würde, dabei mit den gewohnten sorgfältigen, weiten Handbewegungen. Noch ehe sie jedoch dazu gekommen war, sich den beiden anzuschließen, betraten zwei weitere Männer den Raum.
Den einen hatte sie bereits gesehen, er war wohl Gelegenheitsarbeiter oder Träger – keine sehr hochstehende Persönlichkeit, doch nach Ansicht der kleinen Haushälterin zählte ohnehin mehr, ob ein Mann fleißig und gottesfürchtig war, als die Höhe seines Einkommens oder ob er lesen, schreiben und was der Dinge mehr waren gelernt hatte. Der zweite kam ihr nicht bekannt vor, obwohl sein Äußeres in der Tat auffällig genug war. Ohne es zu wissen, beurteilte sie seine Frisur ganz ähnlich wie Mister Waltham. Nein, so lange Haare, das war doch nichts für einen Mann! Und dann war er zwar nicht ärmlich, aber doch irgendwie recht unkonservativ gekleidet. Ein kurzer, aber routinierter Blick auf seine Hände verriet Emily, daß er sein Geld gewiß nicht mit körperlicher Arbeit verdiente. Hätte er den Eindruck eines adligen Gentlemans gemacht, ihr Respekt vor ihm wäre sicherlich groß gewesen. Den machte er jedoch nicht, und überhaupt gab es ja hier in diesem Land gar kein richtig edles Blut! Sie nickte ihm daher nur zu, höflich zwar, aber doch mit einem leichten Ausdruck der Mißbilligung in ihrem Blick. Der junge Mann an seiner Seite, dessen Name ihr im Moment nicht einfallen wollte, erhielt ebenfalls ein grüßendes Nicken. Er fand in ihren Augen eher Gnade, gehörte aber als einfacher Arbeiter derselben Schicht an wie sie selbst. Und als britische Haushälterin wußte sie ihre Höflichkeitsgesten sehr genau abzustufen, je nachdem, wie respektgebietend und ehrwürdig ihr Gegenüber war.
Nicht daß die amerikanischen Grobiane für gewöhnlich überhaupt etwas von diesen feinen Unterschieden bemerkten. Sie waren eben einfach kein Volk mit einer gewachsenen Tradition, einer Hierarchie von armen Arbeitern, Bürgern bis hin zu Fabrikanten, Würdenträgern und Adeligen. Ihre Umgangsformen waren möglicherweise herzlich, aber mitunter doch erschreckend grob und nachlässig. Insofern fühlte sich die kleine Frau als Botschafterin britischer Etikette und achtete um so mehr darauf, sich in der Öffentlichkeit stets vorbildlich zu verhalten. Jetzt jedoch wurde sie erst einmal unsicher, was zu tun war, denn die beiden Männer wandten sich in Richtung der Bar, würden also wohl Bedienung erwarten, zumindest der eine mit dem ungewöhnlichen Aussehen. Gleichzeitig warteten aber auch Miss Spencer und der höfliche Mister Waltham – schließlich hatte es Emily übernommen, beim Decken der Tische zu helfen. Sie blickte daher unschlüssig hin und her. Sollte sie den beiden Männern nacheilen und sie nach ihren Wünschen fragen, oder doch lieber dafür sorgen, daß die Tische so rasch wie möglich fertig gedeckt waren? Beides würde wohl im Interesse Miss Farleys liegen.
Erin mit Arthur und Emily, Gabriel und Thomas kommen vorbei, Jerry stösst dazu
Erin blieb bei einem unverbindlichen Lächeln und Nicken, als Mr. Waltham auf ihre Heiterkeit hin nicht erbost reagierte, sondern selbst kurz lachen musste. Dass es für ihn nach wie vor unangenehm blieb verstand Erin voll und ganz. Wenn er jetzt aber tatsächlich mit anpacken und später mit der halben Stadt speisen würde, bekämen sie beide, was sie wollten. Sie ihre Hilfe, Mister Waltham eine Mahlzeit, ohne dass er sich dabei beobachtete fühlen oder gar andere bei der Arbeit zusehen musste. Seltsam stimmte Erin dieses Verhalten nicht. Im Gegenteil. Sie hielt es für ausgesprochen ehrlich wie Mister Waltham mit der Situation umging und auch sehr höflich. Attribute die Erin stets an einem Mitmenschen zu schätzen wusste. Ehe Mister Waltham jedoch eine Antwort geben konnte, traten zwei Männer in den Speiseraum und Erin sah mit einem leisen Seufzern zu ihnen. Noch mehr Gäste. Miss Farley sollte dringend ein Schild an die Speisetür hängen oder Sophie bitten, die Gäste abzufangen. Jetzt würde sie wieder die schlechte Nachricht überbringen müssen, dass bis auf die Bar, die Räumlichkeiten im Moment geschlossen waren. Da die beiden Männer jedoch direkten Weges auf die Bar im Nebenzimmer zusteuerten, sah sich Erin einer Verantwortung weniger gegenüber. Sie atmete erleichtert auf und stellte mit etwas Verspätung fest, dass der Blonde ein vertrautes Gesicht hatte. Emmas Bruder. Meine Güte... sie hatte an Mister Marlowe nicht mehr gedacht, seit sie aus der Stadt geflüchtet war. Aber es war schön zu sehen, dass er noch immer hier war, oder vielleicht wieder da war. Sie hatte nicht mitbekommen, was nach Emmas Tod noch alles passiert war. Zu sehr hatte sie das eigene Schicksal im Griff gehabt. Den anderen, dunkelhaarigen, Mann kannte Erin flüchtig. Sie hatte ihn ein paar Mal im Ort gesehen und am Bahnhof bei der Arbeit. Scheinbar ein Stadtbewohner, der Mister Marlowe behilflich war. Sie nickte den beiden grüßend zu und schenkte Mister Marlowe ein warmes Lächeln, ehe sie sich wieder Mister Waltham und Emily zuwandte. Der erstere war so freundlich seine Hilfe tatsächlich in Taten umwandeln zu wollen und letztere schien über die Hilfe genauso erleichtert zu sein wie Erin. Dass Mister Waltham dazu auch noch auf ein kleines Frühstück verzichten wollte, war erfreulich zu nennen. "Oh, es ist eine offene Gesellschaft, Mister Waltham," gab sie dem Mann zunächst auf seine letzte Frage hin zur Antwort. "Der ganze Ort ist dazu eingeladen. Ich schätze das gilt auch für die Gäste des Hauses und für jeden Reisenden, der ein wenig länger bleibt. Sie bleiben doch sicher bei diesem Wetter eine Weile?", bei ihrer Frage schritt Erin nach hinten an die lange Wand, neben der sich der Durchgang zur Bar befand und nahm Augenmaß, während sie Mister Waltham Zeit zum Antworten gab. Erst danach zeigte sie auf die freie Stelle und merkte an: "Ich denke drei Tische sollten reichen, um ein Büfett zu errichten. Wenn die Tische stehen....", erneut wurde Erin von der Ankunft eines weiteren Gastes unterbrochen. Sie hatte die Bewegung an der Tür bemerkt und ihren Kopf in die Richtung gedreht, nur um große Augen zu machen. Sie hatte mit einem Erwachsenen gerechnet, der ein spätes Frühstück wollte oder vielleicht eine weitere Hilfskraft. Ganz bestimmt hatte sie nicht mit dem Jungen gerechnet, der mit verlegenem Blick auf der Türschwelle stand. Bei seinem Anblick zog sich ein merkwürdig enger Ring um ihr Herz und Angst und Sorge machte sich in ihr breit. Sie vergaß darüber ganz die Tische und Tischdecken und die Anwesenheit von Miss Hunter und Mister Waltham. Nein, Jeremiah war sicher nicht ohne Grund hier im Gästehaus, anstatt bei seinem Vater in der Kirche. Der Gottesdienst hatte doch sicher schon längst angefangen. So zerzaust wie der Junge aussah, wie einer der gerade durch Wald und Flur gestrolcht war, anstatt wie erwartet in der Kirche zu sitzen, kam nicht ohne Grund. War etwas mit den Kindern oder gar mit Terry geschehen? Der Junge suchte sofort nach ihr und wirkte gleich noch eine Spur verlegener, als sich ihre Blicke fingen. Erins Sorgen waren damit kurzfristig beruhigte, denn im Moment sah der Junge eher nach dem Strolch aus, der etwas ausgeheckt hatte und den sie am Donnerstagmorgen kennengelernt hatte. Jeremiah hatte zwar ein sehr gesundes Selbstbewusstsein, wie sie wusste, aber wenn er tatsächlich etwas angestellt hatte, konnte er sehr kleinlaut werden. Im Moment fühlte sie sich an den üblen Tintenstreich erinnert und an den überführten Jungen, dem sehr daran gelegen gewesen war, dass Terry nichts davon erfuhr. Trotzdem blieb noch immer ein wenig Sorge übrig, denn Jeremiah sah mit den Resten von Gestrüpp an seiner Mütze, dem Schmutz an den Knien und im Gesicht nicht mehr so ordentlich aus, wie sie ihm am frühen Morgen in seiner Küche begegnet war. Die Sache schrie nach Aufklärung.
"Entschuldigen sie einen Moment," wandte sich Erin an Mister Waltham. "Ich muss mich kurz um den Jungen kümmern. Ein Schüler von mir," mit diesen Worten log sie nicht einmal, auch wenn sie natürlich mehr bewegte Jeremiah nach seinem Hier sein zu fragen. "Miss Hunter, würden sie sich bitte um die Tische kurz kümmern," mit der Bitte raffte sie ihre Röcke ein Stück nach oben, um schneller zu Jeremiah an die Tür eilen zu können. Sie musste ganz schnell erfahren, was passiert war um sich hoffentlich wieder beruhigen zu können. "Jerry.. Jeremiah, um Himmelswillen ist etwas passiert? Wie siehst du nur aus... Ist etwas mit deinem Vater? Wieso bist du nicht in der Kirche..."
Jerry kommt herein Erin mit Arthur und Emily, dann Erin bei Jerry an der Tür
Jeremiah hatte sich erst in das Gästehaus gewagt, als die Männer an der Rezeption verschwunden waren. Leise war er in das Haus geschlüpft, hatte dem rothaarigen Mädchen einen schüchternen Gruß zugeworfen und war dann hastig an die Tür zum Speisezimmer gelaufen. Zum Glück hatte ihn dort Miss Spencer gleich wahrgenommen. Dass sie sein Erscheinen erschrecken würde, hatte Jerry geahnt, dass sie ihn aber mit so vielen Fragen überschüttete, machte Jerry ein wenig hilflos. Am liebsten wäre er mit ihr nach draußen gegangen, denn die anwesenden Erwachsenen machten Jerry nervöser als ihm lieb war. Doch 'draußen' saß jemand an der Rezeption und im Freien war es viel zu kalt, um sich zu erklären. Da würde ihm Miss Spencer erst gar nicht richtig zuhören wollen. So sah er erst einmal kurz aber sichtlich verwundert an sich herab, als Miss Spencer sich über sein Aussehen wunderte und stellte schmutzige Hosen und nasse Stiefel fest. Die von Mister McKay geschlagene Hand, die er nicht wieder in den Handschuh gesteckt hatte, hatte ebenfalls sichtlich viel Schmutz abbekommen, wie er feststellen musste, als er sie drehte und sie sich besah. Er fühlte sich augenblicklich an der Hand genommen, als Erin die geschwollenen Striemen entsetzt entdecken hatte müssen. Vorsichtig hob sie seine Hand an, um sich die Verletzung genauer zu besehen. "Wer hat das getan," fragte sie ohne Umwege, zwar sanft, aber doch sehr fordernd. Dabei sah sie Jerry forschend an. Sie wollte nicht glauben, dass Terry einen Anlass dafür gehabt hatte, aber sie wusste zu wenig über den Reverend, um ihn sofort von jeder Schuld freizusprechen. Sie hoffte es jedoch inständig, denn an den falschen Mann wollte sie nicht ihr Herz verschenken. Wenn sie das überhaupt tun würde. Ihre Gefühle waren stark, aber im Moment hatte sie genug Probleme in ihrem Leben und wollte diese nicht durch eine Beziehung zum Reverend noch verkomplizieren. Sie musste ihre Gefühle leugnen, auch wenn ihr das Tag um Tag schwerer fiel. Als sie jedoch spürte, dass sie Jerry mit all ihren Fragen zu überfordern schien und sich auch an den unangenehmen Morgen erinnert fühlte, an dem ihr Jerry zuvor nicht sonderlich freundlich gesinnt gewesen war, ruderte sie erst einmal zurück und ging vor dem Jungen in die Knie. Das hatte schon heute Morgen Wirkung erzielt und Erin wusste aus Erfahrung, dass sie auf einer Ebene mit dem Jungen mehr herausbekam, als wenn sie von oben herab auf ihn einredete. "Bist du denn deswegen hier?", fragte sie viel sanfter und überlegte, wie sie Jerry helfen könnte. Er hatte die Hand wohl kaum geschont so schmutzig wie sie war. Sie würden sie auswaschen und kühlen müssen. Jerry schüttelte den Kopf und entzog ihr die Hand, die er hinter seinem Rücken versteckt und dann noch einmal den Kopf schüttelte. "Nein. N-nein, das, nein." Jerry seufzte. Jetzt fing das Stottern wieder an. Dabei musste er dringend in die Kirche, um das Schlimmste erst noch zu verhindern. Er musste das Miss Spencer irgendwie erklären, aber all ihre Fragen verlangten Antworten. Er kannte die Erwachsenen gut genug. Miss Spencer war da keine Ausnahme. Sie würde auf Antworten drängen. Besser er gab sie ihr gleich und kam dann ohne Umschweif auf sein Anliegen zu sprechen. "Mister McKay," sagte er schließlich ein wenig verlegen und sah auf die Schuhspitzen. "Er war das, a-a-Eh... a-aber, es ist nichts passiert. I-ich meine, Pa ist in der Kirche. Eli und Clara a-auch... i-ich, ich... muss auch in die Kirche. Ganz dringend. Gehen sie später dort auch hin? Ich meine wenn sie hier fertig sind, Miss Spencer?"
Erin mit Arthur und Emily, dann bei Jerry an der Tür Gabriel und Thomas an der Bar[/size]
Emily wurde aus ihren Überlegungen geschreckt, als Miss Spencer sich für einen Moment versteifte. Das war nicht schwer zu bemerken, auch wenn sie ihr die Seite zuwandte. Die Plötzlichkeit, mit der jenes typische Rascheln von Röcken verstummte, das jede Frau beinahe permanent begleitete – sie mußte aus irgendeinem Grund ganz plötzlich innegehalten haben. Daher drehte sich die kleine Haushälterin zu ihr um, folgte ihrem Blick und entdeckte ebenfalls den kleinen Jungen an der Tür. Sein Anblick ließ sie innerhalb eines Herzschlags ihre eigenen Sorgen erst einmal vergessen. Wie sah das arme Lämmchen nur aus..?! Was war dem kleinen Kerl zugestoßen? Er stand da, als wolle er eigentlich lieber in irgendeinem Mauseloch verschwinden. Gesicht und Kleidung sahen aus, als habe er sich mit jemandem gerauft. Oder war ihm etwas anderes passiert..? Emilys mütterlicher Beschützerinstinkt flammte auf. Doch bei allem Drang, sich sofort um den Jungen zu kümmern: Sie sah seinen Blick, musterte Miss Spencer kurz und fühlte eine Art engerer Beziehung zwischen der Frau und dem Knaben. Das gab ihr einen leichten Stich ins Herz. Doch indem sie sich auf die Lippen biß, verkniff sich die rundliche kleine Britin ihren Wunsch, loszueilen. Statt dessen nickte sie nur stumm auf Miss Spencers Bitte, sie solle sich um die Tische kümmern.
Ihre Augen ruhten noch kurz mit einer Mischung aus Besorgnis und Mitgefühl auf dem kleinen Mann, dann wandte sie sich mit gespielter Fröhlichkeit Mister Waltham zu, um ihren Teil an der Arbeit zu verrichten. Er war gewiß viel stärker als sie, aber der berufliche Stolz der kleinen Frau ließ es nicht zu, ihm das gesamte Tischerücken allein zu überlassen. Auch wenn er so wirkte, als wäre ihm das nicht weiter unangenehm. Eifrig machte sie sich also über einen der Tische her und hob ihn an einer Seite mit einer Kraft an, die man einer solch kleinen, pummeligen Person kaum zugetraut hätte. Dennoch kam sie mit ihrer Last weit weniger leicht und schnell voran als Waltham, schleifte sie mehr, als sie zu tragen, denn den Tisch mit ihren kurzen Armen ganz anzuheben, das schaffte die resolute Britin doch nicht ganz. Immerhin hielt sie sich recht wacker – Emily war stolz darauf, seit ihrer frühesten Kindheit eine hart arbeitende Frau zu sein. Daß sie ihre Last zwischendurch absetzte, lag daher auch weniger daran, daß ihr die Puste ausgegangen wäre. Vielmehr nutzte sie die kleine Pause, um noch einen besorgten – oder sehnsüchtigen? – Blick in Richtung von Miss Spencer und dem kleinen Jungen zu werfen und ihre Ohren zu spitzen. Sie wollte beiden gewiß nichts böses, doch es reizte sie gar zu sehr, ein wenig von dem zu erfahren, was der Knabe zu erzählen hatte.
Viel bekam sie jedoch zu ihrem Leidwesen nicht mit, so daß sie sich endlich wieder der Arbeit widmete, wobei sie dem unerwarteten Helfer ein dankbares Lächeln und ein Nicken schenkte. Wirklich, ein Gentleman! Wenn er länger hier blieb, würde sie persönlich darauf achten, daß er jeden Morgen einen extrastarken Kaffee und eine ordentliche Portion Frühstück erhielt. Kaum etwas war ihr mehr zuwider als arbeitsscheue Menschen, weshalb sein rasches Hilfsangebot auf sie einen denkbar guten Eindruck gemacht hatte. Ja, es war immer gut, ein Mannsbild im Hause zu haben, denn wirklich schwere Arbeiten... dabei fiel ihr ein, daß ja noch die beiden anderen Neuankömmlinge da waren und vermutlich an der Bar warteten. Himmel, noch eine Verzögerung, wo sie ohnehin schon sehr spät in die Kirche kommen würde – sie mußte ja auch noch die Arbeitskleider ausziehen und sich angemessen kleiden! Und ihre Haare, die konnte sie auch nicht so lassen, diese wirren Strähnen konnte keine Haube verbergen! Ehe sie sich aber recht in ihre aufkommende Panik hineinsteigern konnte, sah sie mit einem dankbaren Seufzer den Barkeeper Jimmy auf dem Weg zu den beiden Männern. Ein Glück, wenigstens eine Sorge, die ihr abgenommen war! Vielleicht konnte sie es ja doch noch einigermaßen rechtzeitig zum Gottesdienst schaffen? Und womöglich begleitete Miss Spencer sie ja und minderte damit die Peinlichkeit, zu spät UND allein dort anzugelangen... Ranhalten mußte sie sich aber in jedem Fall! Mit einigen energischen Bewegungen ihre Schürze glättend blickte sie sich um und erfaßte, was noch zu tun war, bis die Tische fertig gedeckt sein würden.
[size=85][@Arthur: Ich hoffe, es ist ok, die Postreihenfolge in diesem Fall leicht zu verändern - ich wollte den beiden Herren an der Bar eine Bedienung schicken ]
Erin mit Arthur und Emily, dann bei Jerry an der Tür Gabriel und Thomas an der Bar
"Oh, es ist eine offene Gesellschaft, Mister Waltham," hörte Arthur Emily sagen, was ihn natürlich sehr freute. Einerseits hiess das billigeres Essen, wenn nicht sogar von dem Reverend an die Gemeinde ausgegeben, was natürlich immer willkommen war, zum anderen bot es eine sehr einfache und interessante Möglichkeit diese Gemeinde kennenzulernen. Die Gesichter der Gottesfürchtigen und höchstwahrscheinlich ehrlichen Bürger zu sehen und sich einzuprägen. Wenn man die Gesichter kannte war es immer einfacher die Galgenvögel zu identifizieren, besonders jene die neu in die Stadt kamen.
"Sie bleiben doch sicher bei diesem Wetter eine Weile?", bei ihrer Frage schritt Erin nach hinten an die lange Wand, neben der sich der Durchgang zur Bar befand und nahm Augenmaß, während sie Mister Waltham Zeit zum Antworten gab. Die liess dieser sich auch nicht nehmen. "Nun, das hängt ganz davon ab wie die Situation hier ist und ob meine Fähigkeiten gebraucht werden, aber ich denke schon. Wie man hört soll es hier ja im Moment Bedarf geben an Gesetzeshütern." erklärte der ehemalige Ranger aus dem Süden und schaute zu Erin, deren Blick zwischen den Tischen und einem freien Platz im Gastraum hin und her wanderte. "Texas Ranger Ma'am. Ich hatte gehofft hier vielleicht als Deputy unterzukommen. Wenn das gelingt, dann ja, dann werde ich eine Weile bleiben. " lächelte er der Lehrerin zu, die zu der Entscheidung kam, das drei Tische reichten sollten. Sein Blick folgte dem der Lehrerin, welche nun plötzlich zur Tür schaute und auch Arthur entdeckte den Jungen, nahm aber nichts ungewöhnliches wahr. Er hatte Zweige an der Mütze, Schmutz an den Knien und Händen sowie im Gesicht, also alles ganz normal für einen Jungen dieses Alters. Arty schätzte ihn auf etwa 10, vielleicht 11 Jahre ein. Das einzig ungewöhnliche wäre, das er nicht in der Kirch war, woraus der Ranger schlussfolgerte, das der Dreikäsehoch zu Erin oder der Besitzerin des Gasthauses gehörte. Für die kleine Dame mit dem britischen Akzent war er zu alt, oder besser sie zu jung. "Entschuldigen sie einen Moment," wandte sich Erin an Arthur und der nickte verständig. Statt der Lehrerin legte nun die Britin mit Hand an.
Die stellte sich allerdings als entweder zu klein, oder zu schwach, im ungünstigsten Fall beides heraus, als er mit ihr den ersten Tisch platzierte. Sie schleifte ihn mehr als das sie ihn trug und Arthur beschloss die beiden anderen Tische selber zu tragen. Die hatten sich als leichter erwiesen als sie aussahen. Unhandlich würden sie werden, aber es würde der Britin Last abnehmen. Besonders da sie wohl schon im Geiste die Teller sortierte für das Büffett. "Wissen sie was Miss? Ich kümmer mich um die Tische, fangen sie doch ruhig schon mit dem decken an." lächelte er ihr aufmunternd zu. "Sehr freundlich von Mrs Spencer ihnen zu helfen. Wo ist der Rest der Belegschaft?" fragte er Emily, hatte er sich doch vorhin schon gewundert das die Lehrerin hier half. Emily hatte dieses typische Gebaren einer Frau die gewohnt war zu servieren und Arty hielt sich damit für einen Teil der Belegschaft. Das e damit daneben lag, ahnte er nicht. Der Rotschopf an der Rezeption wirkte krank und hatte wohl deswegen die realtiv leichte, körperlich nicht belastende Arbeit an der Rezeption. Dieses Haus aber nur mit, wie es aussah, drei Frauen zu führen, das dürfte ganz schön belastend sein.
Erin mit Arthur und Emily, dann bei Jerry an der Tür
Erins Sorge galt natürlich alleine Jerry, aber nach wie vor fühlte sie sich in Bezug auf ihre Kinder und auch Terry unsicher. Jerry hatte zwar versichert alles sei bestens, aber wieso war er dann hier? Etwa wegen Mister McKay? Aber natürlich. Terry stand vor der Gemeinde und war für Jerry unerreichbar, um sich über die barbarische Behandlung zu beschweren. Und dann war er ausgerechnet zu dir gelaufen, fragte ihre zynische innere Stimme, während die viel leisere in ihr versuchte ihr einzureden, dass sie sich darauf durchaus etwas einbilden durfte. Immerhin hatte der Junge heute Morgen seine Abneigung klar zum Ausdruck gebracht. Und doch war er hier... Vergessen war die Neugier über Mister Waltham, der sich interessiert an einer Anstellung als Gesetzeshüter gezeigt hatte. Gerne hätte sie ihn an John verwiesen, der erst am Dienstag ihr gegenüber erwähnt hatte, dass er noch immer zu wenig Männer zur Verfügung hatte. Sobald sie geklärt hätte, was Jerry von ihr wollte, würde sie Mister Waltham dennoch auf John ansprechen. Hinter ihr wurden inzwischen die Tische gerückt und die Unterhaltung fortgesetzt, doch Erin hatte im Moment kein Ohr dafür. "Ja sicher gehe ich noch in die Kirche, Jeremiah. Das habe ich deinem Vater doch versprochen. Und Eli und Clara warten auch auf mich. Aber wieso bist du hier und nicht bei deinem Pa? Der würde bestimmt gerne wissen wollen, was Mister McKay getan hat," sie nickte zu der versteckten Hand und bekam auf einmal das untrügliche Gefühl, der Junge wäre daran nicht ganz unschuldig. Wieso sonst sollte er sie verlegen verbergen?
"Der eh, Pa, Pa w-weiß schon," Jerry senkte den Blick und zog mit der Stiefelspitze einen kleinen Kreis vor sich auf den Boden. "Deswegen bin ich auch hier. Ich, ich m-m-mein, deswegen bin ich n-n-nicht in der Kirche. Wir hatten.. also... ich... "
"Shhh, Jerry, hol einmal tief Luft und dann denk erst einmal nach und versuch es mir dann zu sagen, ja?", mit diesen Worten unterbrach Erin Jerry erst einmal und tat absichtlich so, als hielte sie sein Stottern für Aufregung. Natürlich wussten sie beide, dass sie durch die Schule besser Bescheid wusste, aber zu ihrer großen Freude und Erleichterung konnte Jerry ein wenig lächeln und folgte sogar ihren Worten. Jerry glaubte zwar nicht eine Sekunde lang daran, dass Erins Vorschlag helfen würde, aber es war zur Abwechslung sehr angenehm nicht auf sein Stottern hin angesprochen zu werden oder gar getadelt zu werden. Überraschenderweise fühlte er sich durch das Durchatmen und das Verständnis ein wenig beruhigter und konnte die nächsten Worte besser finden. Er stotterte sogar fast nicht mehr. "Ich, ich, ich habe mit Ben Blödsinn gemacht. Vor der Kirche. Und Mr. Mckay wollte Ben die Schuld an allem geben. Aber ich war Schuld. Und das hab' ich ihm gesagt. Und da wurde er böse und hat m-mich geschlagen. Und Pa war wütend, weil ich Blödsinn gemacht habe. Wir haben n-nicht gestritten, aber ich war... da war Mr. McKay und ich war ungezogen. Und da bin ich lieber weggelaufen," so jetzt war es raus. Wenn auch in stark verkürzter Form. Er konnte an dem leichten Stirnrunzeln von Miss Spencer erkennen, dass sie ihm nicht so gänzlich folgen konnte. Wahrscheinlich hätte er besser erklären müssen, wieso er weggelaufen war, aber das war ihm zu peinlich und auch viel zu kompliziert. Es ging auch Miss Spencer überhaupt nichts an, dass er sich vor einer Strafe fürchtete, die er im Grunde sehr wohl verdient hatte. Vielleicht konnte es sich Miss Spencer ja auch schon längst selbst erklären und ersparte ihm ein paar Fragen.
"So, du bist also weggelaufen und jetzt bist du hier und hoffst, dass ich dir zur Seite stehe, richtig?"
Oh, verflixt. Sie konnte es sich sogar besser erklären, als Jeremiah lieb war. Er wurde ungewohnt rot und zog einen weiteren Kreis auf dem Boden. Nickte aber. "Ja," flüsterte er und seufzte. "Auch wenn sie sicher wegen heute Morgen böse auf mich sind. Das.. da wollte ich nicht... da war ich auch schon wütend auf Pa und sie haben's abbekommen," Jerry schluckte. Sie würde jetzt bestimmt lachen und seine Entschuldigung nicht wollen. Sie würde bestimmt auch schimpfen oder sich aufregen und ihn dann wegschicken... Er wurde jedoch angenehm überrascht, als Erin ihn mit sanften Griff nach seinem Kinn dazu zwang wieder aufzusehen und er dabei einem Schmunzeln in ihrem Gesicht begegnete. Das Schmunzeln wurde noch etwas breiter, als sie Jerrys Verwirrung erkannte. Dann wollte sie ihn mal darüber aufklären, wieso sie sich ganz bestimmt für ihn untypisch verhielt.... "Weißt du, ich finde das gut. Wirklich. Immerhin zeigt das, dass du eingesehen hast, dass du falsch gehandelt hast und es besser für dich ist, den Gottesdienst zu besuchen. Vielleicht stimmt das deinen Pa etwas milder, nicht? Das hoffst du doch? Ich kann dich mit dorthin nehmen und später deinem Pa auch gerne davon berichten, dass du mich um Hilfe gefragt hast. Aber den Rest wirst du alleine durchstehen müssen," sie gab Jerrys Kinn wieder frei und richtete sich auf. MIt sanftem Griff nach seiner Schulter drehte sie Jerry Richtung Küche. "Es steht mir nämlich nicht zu, deinem Pa in die Erziehung reinzureden. Und ich weiß auch gar nicht, was ihr beredet habt. Da kann, da darf ich mich nicht einmischen. Ich hoffe das verstehst du. Aber eines weiß ich ganz bestimmt - in diesem Aufzug kannst du unmöglich in die Kirche gehen. Wir waschen jetzt erst einmal deine Hand aus und schauen mal wie wir dich wieder säubern können. Einverstanden?" Sie sah durchaus die Enttäuschung in Jerrys Blick, aber nichts von dem was sie gesagt hatte, diente dazu, sich vor einer Hilfe zu drücken. Es war wie sie gesagt hatte. Terry würde es sicherlich nicht begrüßen, wenn sie mit Vermutungen über Jerrys Absichten versuchen würde ihn darin umzustimmen, seinen Sohn für seinen Ungehorsam nicht zu bestrafen. Wenn es stimmte, dass er sich Ärger eingehandetl hatte, musste er dafür auch gerade stehen. Gerade wegen der Tinte vom Donnerstag sollte Jerry eigentlich wissen, dass sie ihre Worte ernst meinte und auch davon überzeugt war, dass jeder die selbst eingebrockte Suppe auslöffeln musste. Zumal sie ja nicht einmal wusste, ob Terry das vorhatte. Aber Jerry nickte und das war ihr Antwort genug. Sie bugsierte ihn zur Tür und wandte sich noch einmal kurz an Miss Hunter und Mister Waltham.
"Ich bin kurz in der Küche mit dem Jungen. Wenn sie fertig sind Miss Hunter.. ich habe vor gleich zur Kirche aufzubrechen. Wenn sie sich uns anschließen wollen? Oder sie Mister Waltham?" Sie wartete kurz eine Antwort ab und ging dann mit Jerry in die Küche.