Selina huschte ein ganz kleines Lächeln über die Lippen, als Gabriels Blick sie streifte und er es ihr wohl nicht übel zu nehmen schien, dass sie im ersten Moment das Antworten übernommen hatte. Wie Gabriel eben war… Doch zu seinem Charakter gehörte auch dazu, dass er von vornerein alle möglichen Missstände klären wollte. An für sich nichts Falsches, doch in diesem Moment war dieser eigentlich recht gute Charakterzug etwas fehl am Platze. Auf der anderen Seite glaubte die Schmiedin aber auch, dass Warren entweder weiter nachgebohrt hätte, bis er die gewünschte Antwort erhalten hätte, oder auf anderen Wegen daran gelangt wäre. Also vielleicht war es gar nicht so verkehrt, von vornerein mit offenen Karten zu spielen. Was ihr Schwager sich nun dabei dachte, dass Emma und Gabriel 'nur' Halbgeschwister waren, konnte Selina natürlich nicht wissen. Allerdings ging sie reflexartig davon aus, dass es nichts Gutes war. Prüfend musterte sie den Rancher, in dessen Kopf es nach Gabriels abschließenden Worten deutlich zu rattern schien. Diese unterschwellige Botschaft hatte Warren scheinbar nur zu gut verstanden. Auf dessen Worte verengte Selina leicht die Augen und an ihrer Skepsis änderte sich auch nichts, als Warren schließlich meinte, dass ihn das Ganze auch eigentlich nichts anging. Recht hatte er ja schon, es ging ihn wirklich nichts an. Aber das hatte ihn doch noch nie davon abgehalten, so friedlich einzustecken?
Ihr Schwager fand jedoch mit dem Themenwechsel auf Scarlett einen beinahe nahtlosen Übergang, und auch wenn die Schmiedin nach wie vor skeptisch blieb, was Warrens Verhalten betraf, war sie doch auf etwaige Neuigkeiten von ihrer Schwester gespannt. Leider konnte deren werter Ehemann mit nichts Neuem auftrumpfen, was Selina insgeheim doch ziemlich beunruhigte. Ihr letzter Brief von Scarlett war ebenfalls zu Weihnachten gekommen und das war nun schon einen Monat her. Sie schob es zwar auf das Wetter, und dass die Postkutsche einfach keine Möglichkeit fand, sich durch den Schnee zu wälzen – oder dass ein erneuter Brief womöglich in diesem Wetterchaos auf seiner Reise verloren ging. Doch selbst diese logisch klingenden Optionen halfen Selina nicht dabei, ihre Sorge abzuschalten. Was, wenn doch irgendetwas passiert war? Warren schien das Ganze ja eher weniger zu beeindrucken. War aber auch typisch für ihn. Obwohl Selina glaubte, dass er in dieser Hinsicht einfach nur gut schauspielerte. Es ging ja immerhin nicht nur um Scarlett – Mary und das Neugeborene waren ja ebenfalls dort. Weit ab von der Heimat. Das ließ selbst Warren nicht kalt.
„Du gibst doch Bescheid, wenn du etwas Neues hörst?“, entgegnete die Dunkelhaarige schließlich und sah Warren fragend an. Vielleicht hätte sie ihm doch kurz danken sollen? Ach, wofür! Er hatte ihr immerhin nichts Neues erzählen können. Außerdem hätte er sich umgekehrt keineswegs anders verhalten. Ihr Blick ging einmal kurz zu Gabriel, dem sie ein beruhigendes Lächeln zuwarf. Immerhin hatten sie es jetzt geschafft und Gabriel hatte – zumindest fürs Erste – seine Ruhe vor Warren. Der war im Endeffekt doch sowieso nur wie ein bellender Hund – er biss nie zu. Viel Geschwätz um nichts. Glaubte Selina zumindest immer noch…
Auf die Frage von dem Rancher, ob es sich um Emma Thompson, die Lehrerin handelte, erwiderte Gabriel gar nichts mehr, denn es gab sicherlich nicht so viele mit dem Namen Emma hier und schon gar nicht, so wie Selina den Namen ausgesprochen hatte. Gabriel hatte also diesbezüglich nicht reagiert, im Gegenteil, er hatte ja mehr von sich preisgegeben, als er wollte. Und dann deutlich klar gemacht, dass er nun über das Thema nicht mehr reden wollte. Einerseits, weil es ihm nahe ging, auch wenn er es nicht zeigte und anderseits, weil es den Mann wirklich weiter nichts anging. Zumindest nicht deshalb, weil er sich ja wirklich nicht gerade als umgänglicher oder höflicher Mensch herausgestellt hatte. Läge das anders, hatte sich Gabriel vielleicht auf ein Gespräch eingelassen. So aber nicht. Der Mann war einfach unangenehm, das hatte er selbst gezeigt. Da brauchte es nicht einmal Selinas Meinung, denn Gabriel machte sich auch gerne selber eine. Und dennoch konnte man hier zum Glück keine Gedanken lesen. Nur eines wurde wohl beiden Männern klar: Da gab es keinerlei gegenseitige Sympathie. Und wenn der Herr meinte, dass dennoch nichts beantwortet war, was der Mann aber nicht zeigte, wäre es Gabriel auch egal gewesen. In sofern verstand Gabriel dessen steile Falte nicht und das Kopfschütteln nicht. Was war daran falsch zu verstehen, was Gabriel offen gesagt hatte? Er war der Halbbruder von Emma. Punkt. Mehr ging diesen selbstherrlichen Kerl einfach nicht an. Und dabei bemühte sich Gabriel wahrlich, neutral zu bleiben, obwohl Mr. Simones mit den leichten Anfeindungen begonnen hatte. Aber der Mann interessierte ihn so wenig wie ein Sack Reis, der vielleicht gerade in Asien umfiel. Immerhin schien er Gabriel letzte Aussage zu akzeptieren, denn es kam kein Protest, mit dem Gabriel fast gerechnet hätte. Aber anscheinend hatte der Mann doch mehr Anstand oder Manieren, als wie er einem erst glauben machen wollte. Sicher war er hier der Leithengst oder zeigte es allen deutlich, aber da setzte er bei Gabriel auf das falsche Pferd. Gabriel war weder angetan noch beeindruckt von dem Mann. Und da der Mann sich zurückhielt, konnte Gabriel auch nicht merken, dass der Mann ihm vielleicht gerne die Leviten gelesen hätte, wer hier das Sagen hatte. Und selbst wenn. Gabriel hatte seine eigenen Probleme und seine eigene Welt. Und so interessierte auch Gabriel nicht das dünne Lächeln oder sonst welche Mimik. Statt dessen nickte er nur leicht, als der Mann dann selber bestätigte, dass ihn weiteres eben nicht anging und Gabriel war froh, dass er dann die Dinge mit Selina ansprach, denn sie schien ja sehr auf eine Antwort zu hoffen.
Dennoch hatte er Selina immer wieder angeschaut, auch wenn er ihre anfängliche Sorge nicht erkannt hatte. Er wusste sich schon zu wehren und sei es nur mit Worten. Und was bitte sprach dagegen, jemanden freundlich und mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass es nun auch gut war? Eine andere Sprache verstand der Mann doch sonst vielleicht nicht, wirkte er doch selber so, dass er sich diesen verbalen und mimischen Dingen bediente. Und so hielt sich Gabriel selber auch zurück und stand nur dabei, während Selina Mr. Simones zuhörte und ihn dann um etwas bat. Es war selbstverständlich für ihn, bei Selina zu bleiben, aber kurz schaute er auch einfach mal so über die Gäste und machte sich ein Bild, wen er evetuell noch kannte, denn einige hatten den Raum inzwischen verlassen.
Eric und Sarah am Buffet Eli und Clara nähern sich
Unscheinbar an der Seite ihres Onkels stehend hatte Sarah den kurzen Wortwechsel Erics mit der älteren Dame überstanden und war zu ihrer Erleichterung nicht angesprochen worden. Sie mochte es nämlich ganz und gar nicht, im Mittelpunkt des Interesses älterer Damen zu stehen. Die meisten von ihnen liebten es, ihr über den Kopf zu streicheln und ihr unzählige Löcher in den Bauch zu fragen, ganz so, als hätten sie noch nie ein kleines Mädchen gesehen. Vorsichtig schaute sie der Fremden nach, bis sie, aus Sarahs Sicht, hinter einem Wall von Körpern verschwunden war, offenkundig leicht beleidigt. Onkel Eric schien wieder dieses seltsame Kopfweh zu haben, über das er nie sprach, sonst hätte er der Dame wahrscheinlich niemals eine so schnelle Abfuhr erteilt. Er besaß sonst eine unendliche und Sarah völlig unbegreifliche Geduld in derlei Dingen. Ihm schien es, wenn er sich wohlfühlte, nichts auszumachen, mit Fremden zu reden. Doch gerade jetzt war da etwas in seinem Verhalten, das ihr sagte, ihr fühle sich eben nicht wohler als seine Nichte, wenn auch aus anderen Gründen. Da sie seinen Problemen hilflos gegenüberstand, stocherte sie ohne viel Enthusiasmus in dem Klecks Kartoffelsalat auf ihrem Teller herum. Doch als er sie fragte, ob es ihr denn auch schmecke, steckte sie rasch einen Bissen in den Mund und nickte eifrig. Nicht mit zuviel Eifer, sondern, wie sie hoffte, einigermaßen überzeugend. Wenn es ihm ohnehin schon schlecht ging, wollte sie ihrem Vormund nicht noch eine zusätzliche Sorge sein. Vielmehr galt es, ihm zuliebe tapfer zu sein und die Feierlichkeiten lächelnd zu überstehen.
Sie widmete sich also mit aufkeimendem Pflichtbewußtsein ihrem Teller und hatte sich gerade zu dem Entschluß durchgerungen, noch eine zweite Portion zu nehmen, damit Onkel Eric sah, daß er sich heute wirklich keine Gedanken um sie machen mußte, da schreckte Elis Stimme sie aus ihrem Gefecht mit dem Essen auf. Beinahe hätte sie sich vor Schreck verschluckt. Der Junge und seine Schwester waren für Sarahs Begriffe wie aus dem Nichts aufgetaucht und standen plötzlich da. Und seltsamerweise waren sie für das Mädchen weitaus präsenter als die so viel größeren Erwachsenen rundum. Das mochte daran liegen, daß sie ihre Gesichter sehen konnte, ohne den Kopf in den Nacken zu legen. Halb noch in ihrem Schrecken gefangen, halb unentschlossen sah sie zu Eric hoch. Als sie den Blick schüchtern wieder zu den beiden Kindern wenden wollte, hatte sich Eli bereits wieder verabschiedet und – typisch Junge – durch die dicht beisammen stehenden Erwachsenen gedrängt. Sarahs Blick wanderte zu Clara. Verlegen lächelte sie und murmelte so etwas wie ein leises "Hallo". Natürlich war ihr vor einem anderen Mädchen nicht so bange wie vor Jungs, aber sie fühlte sich doch etwas gehemmt, zumal die andere Schüchternheit nicht zu kennen schien. Sie sprach höflich, wie es sich nun mal für Kinder gegenüber Erwachsenen gehörte, aber sichtlich selbstbewußt mit Onkel Eric. Obwohl der für sie doch auch ein Fremder sein mußte. Sarah selbst hätte zu so etwas nie den Mut gefunden! Sie senkte ihren Blick auf ihren fast leeren Teller, dann schielte sie verstohlen seitwärts zu Clara. Irgendwie verspürte sie einen Anflug von Neid. Es mußte sicherlich alles sehr leicht fallen, wenn man so selbstbewußt war...
Luka alleine nicht unweit vom Buffet Mal unauffällig zu Holly schauend, dann zu Kate, dann zu Eric und den Kindern
Luka hatte noch das freundliche Abwinken auf seinen Dank von der Hotelbesitzerin mitbekommen und dieser einfach auch nur einen freundlichen Blick gesandt.
Luka stand nun wieder etwas abseits. Er schaute immer wieder zu Holly, deren Namen er ja nun kannte und musste zugeben, dass er die junge Frau irgendwie wirklich interessant fand. Hübsch war sie natürlich auch und dann gab es da noch eine Note an ihr, die er sich erst nicht erklären konnte. Es war so eine Art von Traurigkeit, eben etwas seltsames, auch wenn es gerade nicht zu merken war, half sie doch den Gästen, sich wohl zu fühlen. Einmal wohl schaute sie auch zu ihm und schenkte ihm ein kleines Lächeln. Oder bildete er es sich nur ein? Doch dann war sie auch schon wieder zwischen all den Menschen verschwunden, obwohl gerade Luka durch seine Größe kein Problem hatte, ihren Blondschopf immer wieder zu erkennen. Aber dann überlegte er doch, ob er nicht einfach zurück in den Saloon gehen sollte, wo doch im Moment keiner war und fragte sich auch, was er sich von dem Besuch hier im Gästehaus eigentlich versprochen hatte. Denn er kannte kaum wen hier und auch sonst schienen sich alle irgendwie zu kennen oder zumindest zu unterhalten. Eigentlich kannte Luka nur Mr. Firth und seine Tochter, die gerade mit dem jungen Matt das Gästehaus verliess. Und Mr. Firth war auch in ein Gespräch vertieft. Kurz schaute Luka sich weiter um, erkannte aber niemanden, der alleine stand. Und sich in fremde Gespräche wollte sich der Kroate dann auch nicht einmischen, dafür war er zu höflich. Ebenso erging es ihm mit dem Buffet. Es sah deutlich danach aus, dass es von vielen aus der Gemeinde zusammen getragen wurde. Luka kannte das aus seinem kroatischen Heimatdorf: Bei großen Feiern brachte einfach jeder etwas mit. Und Luka hatte hier nichts zu beigetragen, also würde er sich auch nicht bedienen, dass stand für ihn fest, so lecker einiges auch aussah. Die Dame, die Besitzerin hatte inzwischen auch einiges zu tun und so überlegte Luka weiter: Hier einfach nur dumm rumstehen mochte er nicht mehr. Es gab nun drei Optionen: Jemanden ansprechen, das Gästehaus verlassen um in den Saloon zurück zukehren oder seine Hilfe anzubieten. Letzteres konnte hier aber vielleicht auch falsch aufgenommen werden? Er selber hätte kein Problem damit gehabt. Aber wahrscheinlich würde das aufdringlich wirken oder eben einfach seltsam, dass ein fremder Gast seine Hilfe anbot beim Zusammenräumen von gebrauchten Geschirr oder sonst was. Bei Luka war es nur einfach so, dass er nicht gerne einfach sinnlos herum stand. Und dann kam natürlich auch hinzu, dass er gerne Holly ein wenig besser kennengelernt hätte und so etwas würde sich dann vielleicht ergeben?
Aber nein. Es war eine unsinnige Idee. Außerdem, so schalt sich Luka, war er doch gar nicht aus, eine Frau kennen zu lernen. Nicht selten träumte er immer noch von seiner Frau und den Kindern und seufzte er innerlich ein wenig. Oder sollte er sich dem neuen Arzt vorstellen? Das dieser ihn rufen würde können, wenn er mal Hilfe benötigte? Ach was, wofür? Hier würde es kein Zugunglück geben, nicht wie damals in Wien ... außerdem hatte Luka sich geschworen, nie wieder als Arzt tätig zu sein.
Er sollte vielleicht wirklich einfach zurück in den Saloon gehen ... aber noch war sich der große Kroate unschlüssig. Und so beobachtete er noch für diesen Moment ein wenig die Menschen und ihm fiel eine Gruppe auf, die gar nicht weit weg stand und wo neben einem Mann drei Kinder standen. Sofort wurde Luka sich bewusst, wie er seine eigenen Kinder vermisste und schaute unauffällig und leicht melancholisch zu ihnen, so, dass sie es hoffentlich nicht bemerkten.
Eric mit Sarah, kurz Terry und Eli, dann mit Clara
Eric stand nun mit Sarah etwas abseits der reich gedeckten Tafel, um so auch anderen Gästen zu ermöglichen, sich zu bedienen- Er selber aber verspürte momentan keinen Appetit, sehr bedingt wegen der pochenden Kopfschmerzen. Aber er hatte Sarah angelächelt, als sie sich einen Bissen in den Mund geschoben und dann auf seine Frage genickt hatte, nicht so eifrig wie sonst. Aber Sarah würde wohl selbst dann nicken, wenn ihr das gerade probierte Essen nicht schmecken würde, denn bevor Sarah ein Widerwort von sich gab, würde es eher eine Mondfinsternis geben. Dennoch lächelte er, wenn auch ein wenig anders und nicht ganz so entspannt. Wie er diese Kopfschmerzen hasste. Und der Zeitpunkt war eigentlich auch egal, denn es gab einfach keinen günstigen oder ungünstigen Zeitpunkt dafür. Aber natürlich riss er sich zusammen, denn er erinnerte sich dadurch auch daran, dass er froh sein konnte, dass er noch lebte. Und so liess er Sarah erst einmal essen und sprach sie nicht an, da er gerade eh nichts wusste. Immerhin glaubte er mitbekommen zu haben, dass sie erleichtert war, dass er die ältere Dame schnell wieder losgeworden war. Es stimmte schon, normalerweise hätte er natürlichen einen kleinen Smalltalk begonnen, aus reiner Höflichkeit, schliesslich musste er sich ja erst noch irgendwie in diesem Ort "beweisen" Aber wenn ihm gerade nicht danach war, dann war Eric eben auch mehr als nur direkt. Er mochte sehr geduldig sein, aber es gab auch Grenzen abzustecken ...
Schliesslich bahnte sich Terry dann einen Weg zu ihnen, aber er sprach Eric und Sarah nicht sogleich an. Terry selber hatte sich dann selbst einen Teller gefüllt und wünschte Eric und Sarah dann einen guten Appetit und Eric hatte es zurückgegeben, aber auch nicht mit mehr Worten. Sicherlich war das für Terry hier alles aufregend und anstrengend. Und doch hätte sich Eric schon gefreut, sich mit Terry ein wenig zu unterhalten, denn Eric kannte hier ja niemanden, auch wenn er sich mal gewissen Leuten vorher vorgestellt hatte. Aber wann nur würde er seine erste Zeitung rausbringen? Dafür bedarf es Informationen. Aber einen Arzt oder einen Reverend brauchte eine solch kleine Gemeinde eher, als eine Zeitung. Hoffentlich hatte sich Eric nicht verschätzt und würde vielleicht nie einen richtigen Fuss fassen, denn hier gab es sicherlich Mundpropaganda ... aber darüber wollte er sich nun keine Gedanken machen. Er hatte genug gespart, dass Sarah und ich nicht darben mussten. Und dann verabschiedete sich Terry auch schon wieder, was Eric zwar etwas wunderlich fand, aber dann innerlich nur die Schultern zückte, denn sein Freund gab ihm eh keine Möglichkeit, Einspruch einzulegen. So hatte Eric nur genickt. Wenn Terry glaubte, sich um etwas kümmern zu müssen, war es wohl wichtig, da kannte Eric Terry. Aber er hatte sonst nichts mitbekommen.
Kurz darauf aber standen dann zwei Kinder vor ihnen und Eric schenkte ihnen seine Aufmerksamkeit. Es waren sie Kinder, die vorhin noch bei der Lehrerin gewesen waren. Erst sprach der Junge und es sah aus, als würde er für seine Schwester sprechen, die er dann ein wenig nach vorne schubste. Er fragte dann um Erlaubnis und erklärte, dass ihre Eltern dann auch gleich zum Buffet kommen würden und er ihnen nur noch rasch Bescheid sagen wolle. Irgendetwas kam Eric dabei sehr seltsam vor, aber er hatte nur wohlwollend genickt, denn ähnlich wie Sarah war er fast ein wenig überrumpelt. Dann war der Junge auch schon wieder in der Menge verschwunden. Hätte er doch nur nicht solche Kopfschmerzen, er würde sicherlich mehr mitbekommen und so mehr verstehen. Aber so nickte er nur, hatte den Kindern gegrüsst und schaute nun das Mädchen an. Und kurz zu Sarah, die seltsam wirkte. War es wieder ihre Schüchternheit? Das der Junge so schnell weg war, zeigte nicht gerade von Höflichkeit, denn er hatte nicht einmal Erics Antwort abgewartet. Hätte Eric nicht solche Kopfschmerzen, hätte er den Jungen vielleicht auch aufgehalten, aber so war es zu spät. Innerlich seufzte Eric. Doch immerhin fragte dann das Mädchen noch einmal, ob es ok wäre und es war selbstverständlich in Ordnung für Eric, wenn jemand mit Sarah reden wollte. Wenn sie denn wollte. Und so versuchte Eric milde zu lächeln und nickte beiden Mädchen zu: »Clara. Freut mich, dich kennen zulernen. Natürlich geht es in Ordnung. Wenn Sarah es denn auch möchte?!« Und von Sarah war dann auch ein, wenn auch dünnes "Hallo" gekommen und Eric schaute kurz zu Sarah hinab. Eric selber freute sich. Sarah kannte hier doch kaum wen und auch wenn sie bereits in die Schule ging. Und so wollte Eric Clara erst loben, liess es dann aber. Stattdessen versuchte er zu lachen und grinste: »Jaja, Jungs ... "
Auch Eric fiel auf, wie selbstbewusst Clara im Gegensatz zu Sarah war und hoffte nur, dass sich Sarah irgendwie dennoch freute, dass Clara mit Sarah reden wollte, auch wenn es seltsam klang aus dem Mund von Clara, ob sie denn bei Sarah bleiben dürfte. Und wie würde das nun wohl wirken, was er Clara gesagt hatte. Aber für ihn war das einfach ein Ding zwischen den Mädchen. Und dennoch hatte er das ja dann auch angesprochen, ob Sarah das denn auch wollte und innerlich ärgerte er sich fast darüber. Warum nur musste er so modern denken? Aber so war er nun mal. Und wenn er ehrlich war, würde es ihn wirklich freuen, wenn Sarah mal mehr Kontakte zu den anderen Kindern pflegte. Und so lächelte er einfach den beiden Mädchen zu und ohne von Sarahs Seite zu weichen, schaute er sich dennoch so um, als würde ihn etwas anderes mehr interessieren. Denn er wollte möglichst eine Atmosphäre schaffen, dass sich Sarah nicht beobachtet fühlte. Dennoch wäre es für Eric undenkbar, sie alleine zu lassen. Aber dann erblickte Eric erneut Selina, wenn auch weiter weg. Und trotz seiner Kopfschmerzen lächelte er innerlich. Diese Frau faszinierte ihn. Scheinbar aber sah sie für einen kurzen Moment gar nicht so glücklich aus. Doch dann änderte es sich wohl und Eric musste sich eingestehen, dass er einfach noch viel zu wenig von der Frau wusste, welche da gerade mit zwei Männern zusammen stand. Moment Mal, den einen glaubte Eric sogar irgendwie zu kennen. So wie er vorhin schon in der Kirche jemanden glaubte zu kennen ... die Welt war verrückt oder aber einfach zu klein und so grübelte er erneut nach ... und überliess die Mädchen erst einmal sich selber, ohne natürlich von Sarahs Seite zu weichen, denn ihm war schon bewusst, wie ängstlich sie war und schüchtern.
Molly wirkte erleichtert, als sie erkannte, dass es sich um ein Mißverständnis gehandelt hatte. Es wäre auch wirklich seltsam gewesen, so eine verheiratete junge Frau noch in die Schule ginge. Trotzdem sah sie Francis, der sehr zufrieden wirkte, noch kurz nachdenklich an. Immerhin hatte er darauf bestanden, Martha bereits aus der Schule zu nehmen und diese war jünger als Rebeccah. Von einem frühzeitigen Abbruch der Schule Rebeccahs konnte also wohl in keinem Fall die Rede sein. Molly sagte jedoch nichts, sondern nickte nur zu den Worten ihres Mannes. Ja, er scheint doch sehr um Rebeccah bemüht zu sein. Aber dennoch - in so jungen Jahren sich die Verantwortung für ein völlig fremdes Mädchen.. Molly konnte es drehen und wenden sie wollte - es blieb ihr rätselhaft. Sicher, mancher Mann von Anfang zwanzig war verheiratet und gar schon Vater geworden, aber wuchs doch an der Verantwortung für seine Familie. Dass so ein junger Mann eine fast Erwachsene an Kindes statt annahm, und dann noch ohne Frau, war mehr als ungewöhnlich. Den Einfall ihres Mannes, Rebeccah könne bei ihr noch etwas lernen, gefiel ihr immer besser, je länger sie über derlei Dinge nachdachte. Es würde Rebeccah gut tun, mit ihr und ihrem lebendigen Haushalt zu tun zu bekommen. Es war kein Wunder, dass Rebeccah stets still, zurückgezogen und ständig wie in Trauer wirkte. Mit wem sollte sie auch sprechen und sich über Dinge, die für sie interessant waren, austauschen? Mit Mr. Firth doch wohl nicht! "Ach, ja - der Nähkreis. Es spricht nichts dagegen, so Rebeccah Darüberhinaus nachmittag kommt und von mir lernt." Molly war unsicher, ob ihre Wortwahl passend war. Sicherlich würde Rebeccah sehr viel über einen Haushalt lernen können, so sie ihr zusah und half. Andererseits war sie dann aber auch ihr ein Hilfe, wie ein Hausmädchen. Sie würden wohl beide davon profitieren, denn ihr vielen inzwischen zahlreiche Arbeiten deutlich schwerer, als noch vor ihrer Schwangerschaft. Rebeccah als Hausmädchen war durchaus eine Vorstellung, die ihr gefiel. Darüberhinaus konnte sie Rebeccah kennenlernen und sehen, ob diese für Matthew eine gute Ehefrau werden konnte. Der Junge schien ernsthaft in diese verschossen zu sein und für ihr Dafürhalten wurde es Zeit, dass der charmante Matt sich allmählich auf eine Frau festlegte. Auch würde Rebeccahs Anwesenheit Matthew Freizeitgestaltung prägen können, so dass dieser nicht mehr so oft im Saloon oder anderswo herum hing. Mit wem Matthew in den letzten Monaten seine Freizeit außer Haus verbracht hatte wollte Molly nicht unbedingt wissen. "Besprechen Sie es nur in Ruhe mit Ihrer Tochter, Mr. Firth." Molly würde das Gespräch am Liebsten beenden. Francis war zum Buffet gegangen und sie fühlte sich alleine mit Mr. Firth ausgesprochen unwohl. Hilfesuchend sah sich nach ihren Kindern um, ob nicht Eines davon gerade ihre Aufmerksamkeit benötigte. Mr. Firth einfach stehen lassen verbot ihr die Etikette. Zu ihrem Bedauern konnte sie weder Ben noch Martha entdecken. Von Matthew wusste sie ungefähr, was dieser gerade trieb, aber die Abwesenheit Marthas und Bens konnte sie sich nicht erklären. Normalerweise verschwanden ihre Kinder nämlich nicht einfach ohne Absprache. Andererseits hatten beide Schmerzen und wollten sicherlich nicht durch ein Stören ihrer Unterhaltung neuen Unmut auf sich ziehen. Wahrscheinlich sind sie schon daheim - würde ich am Liebsten auch hin.. Gerade schien sich der Reverend zurück zu ziehen und auch der Tisch, an dem vorhin noch Mrs. Spencer mit ihren Kindern gesessen hatte, war leer. Dieses Fest ging also allmählich dem Ende entgegen, so dass man sich durchaus nun auch höflich verabschieden konnte. Das wäre ihr ganz recht, denn lange würde sie nicht mehr stehen können. In ihrem Alter noch mit dem achten Kind schwanger zu sein, war keine Kleinigkeit und eine Fehlgeburt wollte sie um der Etikette willen, nicht riskieren. "Entschuldigung, Mr. Firth. Ich muss mich einen Augenblick setzen, bevor mein Mann so weit ist, dass wir heim gehen. Ich erwarte Rebeccah spätestens wie gewohnt zu unserem Nähkreis. Ihnen noch einen schönen Sonntag." Freundlich gab sie dem Araber die Hand zum Abschied.
Die Unterhaltung näherte sich dem Ende. Mister Mac Kay wandte sich dem Buffet zu und wurde von einem jungen Mann angesprochen. Und Mrs. Mac Kay schien es unangenehm zu sein alleine mit ihm zu sprechen. Also nahm er höflich die Hand von der Frau, verbeugte sich leicht und antwortete:
"Ich danke Ihnen nochmal sehr, dass Sie sich ein wenig um Rebeccah kümmern möchten. Das ist mir wirklich eine Hilfe." sagte er lächelnd und ließ die Hand los. "Da ich noch einiges zu erledigen habe, verabschiede ich mich und werde Rebeccah zu Ihnen schicken." sagte er.
Nochmal eine kurze Verbeugung, dann entfernte er sich bedächtig. er nickte in alle Richtungen höflich lächelnd und schob sich langsam durch die Menschen Richtung Ausgang. Es war ihm eh zu voll hier und so war es ihm nur Recht, dass er gehen konnte.
Francis hatte sich gerade mit einem leichten Nicken in Crowes Richtung wieder der Unterhaltung mit Mr. Firth zuwenden wollen, als ihm bewusst wurde, dass der junge Mann ein bestimmtes Ziel hatte und das war offensichtlich er. Zumindest sah ihn Crowe direkt an und bahnte sich seinen Weg auf ihn zu. Irritiert blieb Francis daher am Büffet stehen und sah dem jungen Crowe gespannt entgegen. Er hielt sich auch gar nicht lange damit auf nach Worten zu suchen, sondern sprach ihn sofort an, als er ihn erreicht hatte. Francis nickte zunächst zum Gruß, schüttelte dann aber gleich darauf den Kopf. Gestört fühlte er sich nicht, dennoch nahm er Mr. Crowes Höflichkeit wohlwollend zur Kenntnis. Gedulden musste sich Francis dann doch, denn der junge Mann grüßte erst noch rasch Molly und Mr. Firth ehe er enthüllte, was ihn hier her trieb. Das geschäftliche wie es aussah, denn Miss Farley hatte ihn geschickt. Wie es schien hatte der Engpass an Lebensmittel auch den Alkoholstand des Gästehauses eingeholt und man versprach sich durch Francis Abhilfe. Es widerstrebte Francis zwar an einem Sonntag zu arbeiten und dabei auch noch am heiligen Tag des Herrn Alkohol zu verkaufen, doch andererseits musste er sowieso wegen dem Major in den Laden und würde arbeiten müssen. Da kam es auf einen kleinen Gefallen mehr oder weniger sicher nicht an. Alkohol hin oder her, damit verdiente er nun einmal seit dem Ruhestand sein Geld und Molly würde einmal darüber hinweg sehen können. So hoffte Francis. Zudem würde er ja für den Reverend arbeiten, denn ohne Bier ein solches Fest zu feiern wäre eher abträglich. Er schielte kurz nach Molly, die sich gerade von Mr. Firth verabschiedete, der sich gleich darauf durch die Menge Richtung Ausgang begab. Das war zwar bedauerlich, weil Francis noch die eine oder andere Frage gehabt hätte, aber andererseits konnte er nun mit Molly gemeinsam gleich den Heimweg antreten und Mr. Crowe behilflich sein. Mit Absicht machte Francis erst einmal ein etwas skeptisches Gesicht, das dann einen nachdenklichen Ausdruck annahm. Er war Geschäftsmann und entsprechend versprach er sich einen kleinen Extraverdienst. Aber diese Überlegungen sollte man ihm nicht sofort ansehen.
"Nun, Mr. Crowe," sagte Francis etwas gedehnt. "Sie und Miss Farley haben echtes Glück. Ich habe in der Tat noch ein paar Fässer in meinem Keller lagern. Sicherlich nicht so viele, wie ihre normale Bestellung ausmacht, aber doch genug um ihnen aus der Not zu helfen. Ich wollte sowieso gerade meine Familie einsammeln um den Weg Nachhause einzuschlagen. Falls sie mich gleich begleiten wollen? Ein, zwei Fässer sollten möglich sein." Über den Preis sprach Francis absichtlich nicht. Die Rechnung würde er Miss Farley einfach in den nächsten Tagen durch Ben vorbeibringen lassen. "Der Blizzard, ja... der macht uns allen ganz schöne Probleme," fügte er noch hinzu und lächelte Mr. Crowe zu. "Wir können im Grund gleich los. Wie es aussieht hat meine Frau ihre Unterhaltung gerade beendet," er sah zu Molly und winkte sie herbei. Nur Martha konnte er noch immer nicht in der Menge ausmachen und das Ben verschwunden geblieben ist, machte ihn unruhig. Aber auch wütend und ungehalten. Eigentlich hätten Martha und Ben heute ihre Lektionen gelernt haben sollen, aber wie es aussah würde er heute noch einmal mit Nachdruck seinen Standpunkt den beiden erklären müssen. Das trübte doch sehr seine gute Laune.
Warrens Miene nahm einen ungewohnt ernsten Ausdruck an, bei dem es in seinen Augen vor Besorgnis funkelte. Denn Selinas Worte auf seine Mitteilung über Scarlett ließ leider vermuten, dass Scarlett wohl doch keinen Kontakt zur Familie hatte. Das war.. nun höchst erstaunlich. Sobald das Wetter nachlassen würde, würde er wohl ein paar Männer nach Frisco schicken, um nach Scarlett zu suchen. Und falls sie nicht fündig wurden, würde er tiefer in die Tasche greifen müssen, um einen dieser Detektive zu beauftragen. Wobei, wenn er ehrlich zu sich selbst war, war er mehr an seinen Sohn interessiert und an Marys Auffinden, als an Scarlett. Sie war nur seine Trophäe und als solche hatte sie ihren Platz an seiner Seite. Sollte ihr etwas zugestoßen sein oder gar zustoßen, wäre es sicherlich für Warren mit der Zeit zu verschmerzen. Trophäen fand man überall.
"Ja, ich gebe Bescheid, darauf kannst du dich verlassen," Warrens Ton war zur Abwechslung frei von jeder Boshaftigkeit und Feindschaft. Er meinte seine Worte in der Tat aufrichtig und hatte nicht im geringsten vor Selina oder den Schwiegereltern etwas vorzuenthalten.
Da der Geiger nichts mehr zu sagen hatte und auch Warrens Bedarf an small talk mit der Familie für heute gedeckt war, griff er sich an den Hut, den er nicht abgenommen hatte und zog ihn zum Abschiedsgruß etwas tiefer. "Nun, dann möchte ich nicht mehr länger stören. Mr. Marlowe? Es war interessant sie kennenzulernen. Selina? Grüße an die Schwiegereltern," mit ihnen wollte er nun wirklich nicht auch noch reden müssen und da er einen jungen Mann bei Richard stehen sah verschob er seine Pläne auf später. Richard lief ihm ja nicht weg. Nun Meredith wohl auch nicht, aber so lange halb Camden hier im Gästehaus war, war Meredith bestimmt frei und damit für ihn Beute. Die kurze Begegnung mit Selina hatte die Gedanken und die Sorgen um Scarlett erneut entfacht und in Warren machte sich zunehmend Wut und Hilflosigkeit mit rasanter Geschwindigkeit breit. Er war ein Mann der Tat. Aber Scarlett verdonnerte ihn zum Herumsitzen und Warten. So etwas brauchte ein Ventil. Wo er das fand, war nun kein Geheimnis.
Wenn er jetzt nur den Reverend noch einmal wieder gesehen hätte... am Tisch mit MIss Spencer saß er nicht mehr. Das war ärgerlich. Doch auch ihn konnte er später zu Hause aufsuchen und ein paar Worte wechseln. Fürs erste hatte er neue Pläne und die ließen ihn rasch das Gästehaus wieder verlassen.
Ohne Zögern griff Mr Camden nach seiner Hand und als der schon ältere Mann ihm ein Lächeln schenkte, fiel seine innere Anspannung zumindest zu einem kleinen Teil von ihm ab. "Auch Ihnen einen guten Tag, Mrs Camden", grüßte er die offensichtliche Frau des Bürgermeisters, die ihm erst jetzt wirklich auffiel. "Vielen Dank, Mr Camden", gab er freundlich zurück. "… Und natürlich auch Mrs Camden", wandte er sich noch einmal an die Frau des Bürgermeisters, bevor er diesem folgte. Er hoffte wirklich, dass er nicht gerade störte, wobei es bestimmt eine bessere Möglichkeit gäbe, über sein Problem zu verhandeln, als eine Feier zu Ehren des neuen Reverends. Joe wollte die Sache eigentlich einfach nur noch vom Tisch haben. Der Grund reichte ihm aus, um eben genau diese Feier hier und jetzt zu nutzen. In der abgelegenen Zimmerecke ließ sich die Angelegenheit zwar vermutlich besser bereden, den letzten Rest seiner Nervosität nahm es Joe jedoch nicht, nun vollkommen unter vier Augen mit Camden dazustehen. "Sie müssen wissen, ich bin erst seit gut einer Woche in der Stadt. Wie ich inzwischen allerdings erfahren habe, könnten die Leute hier einen neuen Sattler gebrauchen", begann Joe und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. "Ich habe lange in der Werkstatt meines Vaters gelernt und könnte die Arbeit übernehmen, aber ich muss gestehen, dass ich das Geld für eine Werkstatt noch nicht aufbringen kann. Ich hatte gehofft, dass irgendein Kompromiss möglich wäre, damit ich die alte Sattlerei trotzdem übernehmen kann." Joe blickte den Bürgermeister kurz abwartend an, um vielleicht irgendeine Reaktion aus dessen Gesicht lesen zu können. Er war eigentlich ganz zufrieden damit, wie er seine Situation geschildert hatte, wenn nicht sogar schon etwas stolz und schließlich gab er sich immer noch Mühe, seine freundliche Miene zu behalten und das ungute Gefühl, das ihn in letzter Zeit so häufig beschlich zurückzuhalten. Er wartete noch einen Moment ab, bevor er fortsetzte. "Sie müssen wissen, Sir, was ich auch an Schulden mache, werde ich zurückzahlen, darauf haben Sie mein Wort." Mein Wort, wiederholte Joe noch einmal in Gedanken. Was zählte schon sein Wort? Er hatte lange genug in einem Betrieb gearbeitet, um zu wissen, dass man als Geschäftsmann nicht viel auf das bloße Wort seines Gegenübers geben sollte. Andererseits wollte Joe vor allem guten Willen zeigen. Musste er auch, wenn er hier weiterkommen wollte. Immerhin kam es ihm so vor, als wäre sein Wort zumindest besser als gar nichts.
"Gerne, Mr. Firth. Ich wünsche noch einen schönen Sonntag." Mr. Firths Worte mit denen Mr. Firth sich nun verabschiedete, irritierten Molly. Was hatte man wohl auf einem heiligen Sonntag zu erledigen? Im Stillen hoffte sie, dass er nicht nach Matt und Rebeccah suchen wollte. Die beiden schienen einander sehr zugetan zu sein und so eine Liebe gedieh nun einmal am Besten ungestört. Da er es aber nicht eilig zu haben schien, sprach Molly ihn auch nicht darauf an, dass ihre beiden Kinder sich gefunden zu haben schienen. Wer weiß - vielleicht wird in diesem unseligen Saloon gearbeitet. Das würde auch die Abwesenheit Mr. Hardings und seiner.. Hure? erklären. Die beiden alleine im Saloon - da hätte ich wohl auch ein ungutes Gefühl. Der kurze Gruß des Barkeepers riß sie aus ihren Gedanken. Sie grüßte ihn höflich zurück und hielt erneut Ausschau nach Martha und Ben. Matthew war fast erwachsen, so dass sie ihm schon zugestanden, eigene Wege zu gehen, aber Ben war noch ein halbes Kind und Martha als junges Mädchen sollte sich auch nicht alleine in Camden Village aufhalten. In zwei bis drei Stunden spätestens wurde es dunkel und wer wusste schon, was für Gesindel gerade in Camden Village unterwegs war. Clayton brauchte offenbar dringend Verstärkung. Anders ließ es sich kaum erklären, dass so fragwürdige Wesen, wie dies wilde schwarze Tier, einfach hatte in den Laden kommen und ihre Martha bedrängen können. Gut für Matty. Aus dem Vorfall hatte Martha wohl gelernt, so dass sie wahrscheinlich nach Hause gegangen war. Natürlich hätte sie Bescheid sagen müssen, vor Allem da sie scheinbar Ben mit genommen hatte, aber das war die einzige Erklärung für die Abwesenheit der Beiden, die Molly gefallen würde. Alles andere wäre beängstigend. Francis beendete gerade ein Gespräch mit dem jungen Mr. Crowe, so dass sie nun wieder an die Seite ihres Mannes treten konnte, ohne ein Gespräch zu stören. Wider Erwarten blieb Mr. Crowe jedoch wo er war. Molly hatte nicht hören können, was die beiden Männer zu besprechen hatten, sah aber, dass Francis ihr winkte. Nur ein Senken ihres Kopfes deutete an, dass sie die Aufforderung ihres Mannes verstanden hatte, während sie nun mit schnelleren Schritten an seine seine Seite trat. Aufmerksam und fragend sah sie ihn an. Irgendetwas wollte Crowe doch von ihrem Mann, nur was?
Clara lächelte ungetrübt Sarah mit all ihrem Optimismus, den sie besaß an, und versuchte so den eher etwas schlechten Eindruck zu verjagen, den Eli gemacht hatte. Denn irgendwie hatte Eli wohl Sarah ein klein wenig verschreckt und auch Mr. Malone sah ihrem Bruder nicht gerade sonderlich begeistert hinter her. Obwohl Clara auf eine Antwort von Sarahs Onkel wartete, war sie zuversichtlich, was ihre Pläne betraf, denn immerhin hatte sie ja den Auftrag von Mommy, und die war die Lehrerin, das hatte Eli ja nicht versäumt zu erwähnen. Die Lehrerin meinte es schließlich immer gut mit ihren Schülern und das sollte Mr. Malone auch wissen. Nun ja, zumindest hoffte es Clara. Denn die Erfahrung mit Katie Goren und ihren Eltern war ihr noch immer sehr schmerzlich in Erinnerung. Doch Mr. Malone war neu in der Stadt und wusste Gott sei Dank so gut wie nichts über ihre Mutter oder ihren Bruder. Er hatte keine Gründe Sarah den Umgang mit Clara zu verbieten, wie die Goren es ihrer Tochter Katie verboten hatten. Nur wegen einigen dummen Gerüchten.
Claras Lächeln wanderte in die Höhe, als Sarah das 'Hallo' erwiderte, wenn auch sehr leise und ein bisschen verlegen. Aber anders kannte sie das Mädchen aus der Schule auch nicht. Sie war schüchtern und sehr leise und noch viel mehr zurückhaltender. Da würde sie sich wohl an den Onkel halten müssen und darauf hoffen, er würde es erlauben. Denn streng genommen war der Empfang nach Claras Geschmack ein klein wenig zu langweilig. Man konnte nur herumstehen oder sitzen, essen und den Erwachsenen bei ihren Gesprächen zu hören. Aber ob Sarah mit ihr viel reden würde? Oder gar spielen wollte? Als Mr. Malone schließlich zu lächeln anfing, fiel Clara ein großer Stein vom Herzen. Ein lächelnder Erwachsener in dieser Situation bedeutete in der Regel eine Zustimmung. Trotzdem blieb sie innerlich gespannt wie ein Flitzebogen und hing Mr. Malone an den Lippen, als er zu einer Antwort ansetzte. Wunderschön, er erlaubte es. Clara konnte wieder breit Lächeln, ohne Anspannung und zuckte eher nebensächlich mit den Schultern, als Mr. Malone andeutete, dass er Eli schon in seiner ungestümen Art verstand. Er grinste sogar darüber ein wenig. Also nahm er ihm nichts krumm.
"Das ist sehr freundlich von ihnen," bedankte sich Clara so höflich wie sie erzogen war bei Mr. Malone und wippte erneut ein wenig auf den Zehenspitzen, denn ob Sarah nun etwas von ihr wollte oder nicht, hing weiterhin noch in der Schwebe. Sie lächelte aber unverwandt tapfer Sarah an und in ihren Augen lag eine stumme Aufforderung. "Wir bleiben bestimmt auch artig und in ihrer Nähe," fügte Clara wieder an Mr. Malone gewandt hinzu. Zum einen weil sie glaubte oder besser gesagt hoffte, dass dies Sarah etwas mehr Vertrauen in die Situation gab, zum anderen aber auch um Mr. Malone wissen zu lassen, dass sie nicht schlimmes geplant hatte. Das hätte sie auch niemals unter anderen Umständen getan, denn sie hatte erst im Herbst ihrer Mommy versprochen nie wieder Unfug anzustellen. Sie hatte nur ein einziges Mal in ihrem Leben etwas Dummes getan und das war hier im Gästehaus gewesen. Mit Oliver und den anderen Kindern. Eine Kissenschlacht in einem der Gästezimmer... daran nur zu denken trieb ihr die Röte ein wenig in die Wangen. "Vielleicht.. ja ehm... vielleicht kann mir Sarah auch zeigen was sich zu essen lohnt? Ich hab noch gar nichts abbekommen..."
Warren schaffte es tatsächlich, die Schmiedin für einen kurzen Moment in Verwunderung zu versetzen. Keine Stichelei zum Abschluss? Die Unwissenheit über Scarlett und die Kinder schien ihm doch näher zu gehen, als er zugeben wollte. Allerdings musste Selina gestehen, dass sie diese Seite an ihrem Schwager fast schon 'mochte'. Es machte ihn einfach menschlich. Daher entschied sie sich letztendlich doch zu einem knappen, aber dafür ehrlichen „Danke.“ auf seine Worte. Warren wollte dann aber auch wieder aufbrechen – man sollte ja bekanntlich dann aufhören, wenn es am schönsten war, nicht wahr? Selina nickte bezüglich der Grüße an ihre Eltern und setzte ein kurzes „Mach's gut.“ hinterher, ehe sie sich wieder an Gabriel wandte. Er hatte sich gegen Ende der kleinen Konversation sehr schweigsam verhalten. Wahrscheinlich war Warren ihm doch ein wenig auf die Füße getreten, aber das stand ja an der Tagesordnung.
„Tja, nun hast du auch mal das schwarze Schaf meiner Familie kennen gelernt.“, lenkte die Schmiedin in leicht scherzendem Ton ein, „Obwohl Warren gerne dasselbe von mir behauptet.“ Nun ließ auch Selina kurz ihren Blick durch den Raum schweifen und stellte dabei fest, dass mittlerweile einige Personen die kleine Veranstaltung bereits wieder verlassen hatten – inklusive dem Gastgeber selbst, denn Reverend Stevenson war ebenfalls nirgendwo zu sehen. „Wollen wir noch etwas essen? Wie es aussieht, gibt es ja noch ein paar Happen.“, meinte die Schmiedin dann an Gabriel gewandt, als ihr Blick das Buffet streifte, wo Eric mit Sarah und den beiden Spencer-Kindern stand. Naja… die guten Sachen waren wahrscheinlich schon alle leer geputzt, aber dann konnte man es sich wenigstens sparen, sich irgendwelche scheinheiligen Komplimente über den grandiosen Kartoffelsalat einer Molly McKay aus den Rippen zu leiern.
[size=85]ooc: Tut mir Leid dass es so kurz geworden ist, aber ich wollte dich nicht noch länger warten lassen
Vorsichtig schielte Sarah zu ihrem Vormund hinauf. Ihr wäre es nicht in den Sinn gekommen, selbst zu antworten, solange er direkt neben ihr stand. Sie hatte noch nie gern einfach drauflos geredet, so wie Clara. Es fiel ihr schwer, immer hatte sie das Gefühl, alle Blicke damit auf sich zu ziehen und sich auf unangenehme Weise in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken. Doch glücklicherweise schienen Onkel Erics Kopfschmerzen nicht gar so schlimm zu sein, wie sie gedacht hatte. Er ergriff das Wort, wie sie es erwartet hatte, und sie brauchte nur noch erleichtert zu nicken, als er sie fragte, ob sie einverstanden sei. Es war eine wunderbare Sache, wenn er gelegentlich vorwegnahm, was sie dachte, und sie nur noch stumm bestätigen mußte. Ein vorsichtiges Lächeln tauchte auf ihrem Gesicht auf, als sie das andere Mädchen von unten herauf durch ihre Wimpern hindurch musterte. Die Begrüßung war quasi durch Clara und Eric abgehakt, weshalb dieser erste, für sie immer so schwierige Schritt nicht mehr im Wege stand. Trotzdem war sie noch ein wenig unschlüssig, wie nun weiter zu verfahren sei. Auch wenn sie den Gedanken tatsächlich schön fand, mit einer Gleichaltrigen spielen zu können. Sie war es gewohnt, sich allein zu beschäftigen und einfach in den Tag hinein zu träumen, doch andere Kinder, Mädchen zumindest, stellten nun einmal einen besonderen Reiz dar, den Reiz, zu einer Gruppe dazu zu gehören, Freunde zu haben, mit denen man lachen und spielen konnte. Es fiel ihr nur schrecklich schwer, richtige Freunde zu finden... zumal sie manchmal auch die Einsamkeit vorzog, besonders wenn die Erinnerung an Mama so furchtbar weh tat.
Jetzt jedoch verspürte sie eher Neugier auf das andere Mädchen. Ihre übliche Zurückhaltung ließ sich allerdings schwer überwinden, weshalb sie darauf hoffte, Clara würde auch weiterhin die Führung bei diesem seltsamen Kennenlernen übernehmen. Sarah selbst wußte gar nicht, mit welchen Worten sie hätte beginnen sollen. Das war eigenartig, denn sie konnte sich sehr gut ausdrücken, wußte sogar die Bedeutung mancher schwieriger Worte, die selbst ältere Kinder nicht kannten. Doch wenn es darum ging, auf andere zuzugehen, hörten sich alle Sätze, die ihr einfielen, in ihren eigenen Ohren so ungelenk an, daß sie im allgemeinen lieber den Mund hielt. Einzig das Lächeln der anderen erwiderte sie nach und nach etwas deutlicher. Verlegen schlang sie ihre Finger ineinander, nachdem sie ihren Teller vorsichtig auf einem freien Platz des Buffets abgestellt hatte. Sie legte den Kopf ein wenig schräg, als auf Claras Wangen eine leichte Röte aufschien. Dabei war doch nichts passiert, das sie hätte verlegen machen können? Oder war sie am Ende auch so befangen wie Sarah selbst und suchte das nur zu verbergen, indem sie sich zu einem selbstbewußten Auftreten zwang..? Der Gedanke an eine mögliche Leidensgenossin machte ihr die Tochter der Lehrerin gleich etwas sympathischer. Wenn man nicht mehr allein wäre mit der Angst, sich zu äußern, sich zu blamieren, das wäre einfach wundervoll! Sie schaute noch einmal zu Eric hoch und machte dann ein kleines Schrittchen auf Clara zu. Auf deren Frage nach dem Essen – seltsam, genauso vage und an niemanden genau gerichtet, wie Sarah selbst sie in den Raum hinein gestellt hätte – drehte sie ihren Kopf daher automatisch zu den Speisen, die so zahlreich knapp unterhalb ihrer Kopfhöhe aufgereiht waren, und ließ ihren Blick schweifen.
Sie war zwar keine gute Wahl, wenn es darum ging, eine Empfehlung für die leckersten Bissen zu bekommen, doch wollte sie sich zumindest bemühen, einer möglichen Spielgefährtin behilflich zu sein. Also stellte sie sich auf die Zehenspitzen und deutete auf die kleine Pyramide mit Gebäck, die sie selbst so gereizt hatte, aber außerhalb ihrer Reichweite lag. "Da, die schmecken bestimmt gut" piepste sie leise und drehte sich zu Clara, um zu sehen, wie die darauf reagierte. Dann fiel ihr siedendheiß ein, daß Mama ihr stets beigebracht hatte, man dürfe nicht mit dem Finger auf etwas zeigen, das sei unartig und vul... wie hieß doch gleich das Wort? Vulgär, ja! Das hieß soviel wie ungezogen, glaubte sie. Ganz sicher war sie nicht, aber etwas in dieser Art. Schuldbewußt ließ sie daher ihre Hände auf dem Rücken verschwinden und linste in Erics Richtung, ob der etwas mitbekommen haben konnte. Dann begann sie ganz leicht auf den Füßen zu wippen, wie sie es von Clara gesehen hatte, ohne sich dessen bewußt zu werden. Ihr Blick wanderte vorsichtig zu dem Mädchen zurück.
Richard führte Mr. Leery ein gutes Stück abseits. Egal welches Anliegen dieser junge Mann auch hatte, er musste es nicht unbedingt ganz Camden Village unfreiwillig präsentieren. Da er mit ihm, dem Bürgermeister sprach, hatte er gewiss ein paar neugierige Blick auf sich ruhen und das eine oder andere Paar Ohren, das in ihre Richtung gedreht wurde. Die Neugier der Bürger war in dieser Hinsicht völlig natürlich, aber gewiss störend. Dort angekommen lauschte er erst einmal auf die Worte von Mr. Leery. Er war gespannt auf das, was er zu sagen hatte und zog völlig ungeniert erstaunt die Brauen in die Höhe. Mit einem Sattler hatte er nämlich nun wirklich nicht gerechnet. Schon gar nicht mit so einem jungen, der sich selbständig machen wollte. Dennoch nickte Richard, denn Mr. Leery lag ganz recht in seiner Annahme. Eine Werkstatt gab es inzwischen in der Stadt, aber sie war verwaist. Ein Sattler war dringend gesucht. Wie dringend wurde Richard erst bewusst, als er Mr. Leerys Angebot ernsthaft zu überdenken begann und nach einer Lösung dessen finanziellen Problems suchte. Rasch verdrängte er diese Gedanken wieder, denn zunächst würde er mehr über Mr. Leery erfahren müssen, um zu wissen, ob er sich auf sein Wort verlassen konnte. Aber generell galt hier draußen ein Handschlag und ein Wort mehr, als tausend Verträge. Richard zögerte mit seiner Antwort, denn er wusste wirklich nicht, was im Augenblick die richtige Erwiderung gewesen wäre. "Nun ja, also...," Richard überging seine Ratslosigkeit mit einem charmanten Lächeln, ehe ihm die rettende Idee kam. "Sie müssen die Werkstatt ja nicht gleich kaufen. Wir finden sicherlich eine passable Lösung für alle. Die Werkstatt lässt sich sicherlich auch Pachten, falls ihnen das entgegenkäme. Und natürlich sollten sie sich die Werkstatt auch erst einmal in Ruhe ansehen. Sie steht schon lange leer und entsprechend dürfte es dort aussehen. Wir hatten zwar kürzlich einen Interessenten, aber er verließ die Stadt ohne eine Nachricht. Entsprechend wurde nichts am Haus geändert. Und dann sprechen wir über den Preis?", daran ob der Mann sein Handwerk verstand oder nicht, war Richard weniger interessiert. Er gab jedem in seiner Stadt eine faire Chance. Wenn er etwas taugte würde er bestehen und bleiben, wenn nicht jagten ihn schon die Bürger vor die Stadtgrenze. Dieses Risiko trug jeder für sich alleine.