Die Schmiedin lachte kurz auf Gabriel’s Worte auf, als dieser meinte, der Reitunfall wäre ja eine gute Ausrede. „Ja, und gar nicht mal so abwegig, mein Lieber.“ Der Musiker setzte dann noch knapp nach, dass es wohl nichts Ernstes sei und Selina nickte verstehend. Das war ja schon einmal beruhigend, also würde er nach Verheilen des Bruches wieder ganz normal spielen können. Vielleicht bot sich zu gegebener Zeit ja noch einmal die Möglichkeit, die genauen Ursachen seiner Verletzung zu hinterfragen, doch da Gabriel von sich aus nichts weiter dazu sagte, hakte Selina auch nicht weiter nach. Stattdessen erzählte er, was ihn nach Camden verschlagen hatte – nicht unbedingt positive Gründe, aber vielleicht hatte der Geiger ja Recht und ihm tat die Ruhe eines solches Dorfes ganz gut. Naja, was man hier eben als Ruhe bezeichnen konnte. Es mochte nicht allzu viel Trubel wie in so mancher Großstadt herrschen, doch selbst hier wussten gewisse Leute, wie sie die ganze Nachbarschaft in Aufruhr versetzen konnten. „Ich besuche Emma oft.“, meinte Selina dann in ernstem, aber sehr liebevollem Ton, fügte ihren Worten jedoch gleich ein: „Schön, dass du ein paar Tage bleiben wirst.“ hinzu, um die Stimmung nicht kippen zu lassen. Das war wirklich weder der richtige Ort, noch die richtige Zeit, um in Melancholie abzurutschen.
Das Thema schwenkte dann kurz auf sein Buch um und die Schmiedin machte einen Moment große Augen, als Gabriel meinte, er würde in der Tat schon an einem neuen Werk sitzen. „Wirklich? Ein Abenteuerroman? Worum soll es gehen?“, fragte sie natürlich sofort neugierig nach. „Aber jetzt wäre doch genau der richtige Moment zum Schreiben, wenn du nicht spielen kannst, oder nicht?“ Die Frage erschien Selina logisch, denn sicher brachte Gabriel seine Ideen doch erst einmal zu Papier, bevor er sich an die Schreibmaschine setzte, oder? Auf die nächste Frage des Geigers verzog die Schmiedin in spielerischer Manier die Mundwinkel, grinste aber gleich wieder, als sie zum Konter ansetzte. „Dasselbe könnte ich dich fragen. Oder versteckst du deine große Liebe vor der Öffentlichkeit?“ Natürlich waren ihre Worte bloß im Scherz gemeint, wohl ebenso wie Gabriels Frage zuvor auch. In der Hinsicht waren sie sich wohl recht ähnlich, sie hatten beide auf ihre Weise Schwierigkeiten, eine Beziehung einzugehen. Bei Gabriel waren es vor allem die vielen Reisen und der Trubel, den seine Berühmtheit mit sich brachte. Selina hingegen hatte einfach wenig Zeit und abgesehen davon war eine Frau, die in einem Männerberuf arbeitete, für die meisten Männer auch nicht gerade die erste Wahl. Und obgleich sie heute Morgen ein seltsames, neues Gefühl empfunden hatte, als sie sich so wunderbar mit Eric und dessen Nichte unterhalten hatte, fand die Schmiedin es einfach viel zu früh, darüber zu reden. Höchstens Emma hätte sie davon berichtet, aber auch nur, weil ihre verstorbene beste Freundin einfach sofort gemerkt hätte, dass da irgendetwas war, das Selina ihr verheimlichen wollte. Umgekehrt war es ja nicht anders gewesen, damals bei… dem Mann, in den sich Emma verliebt hatte und der sie dann erschossen hatte. Selina schluckte bei dem Gedanken daran einmal schwer und konzentrierte sich lieber auf Gabriel, als dieser weiterredete.
„Bell macht sich gut.“, setzte die Schmiedin an, „Sie kennt ja zum Glück mich und auch Black Jack gut, ich nehme sie meistens als Handpferd mit. Aber ich denke, wenn das Wetter wieder besser ist, werde ich sie auch mal unter den Sattel nehmen. Jack wird zwar eifersüchtig werden, aber da muss der Herr durch.“, erklärte sie schmunzelnd. Bell war ein schönes, aber äußerst sensibles Tier. Es war wirklich von Vorteil, dass sie Selina durch die Ausritte mit Emma kannte, denn auch so musste genug Arbeit in die Stute gesteckt werden. Doch das war ja etwas, das die Schmiedin gern tat, auch wenn es ihr eigentlich ein wenig an Zeit mangelte. Selina wollte Gabriel eigentlich noch nach seiner Diva fragen (die ihrem Namen ja stets alle Ehre machte), doch dann zog Mr. McKay mit dem Sohn des Reverends im Schlepptau die Aufmerksamkeit des kleinen Speiseraums auf sich. Ein wenig skeptisch zog Selina die Augenbraue in die Höhe, waren ihr Mr. und Mrs. McKay doch sowieso nicht gerade sympathisch (was durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte), doch das hier war ja schon fast peinlich. Francis konnte nicht einfach so das Kind eines anderen durch den Raum zerren und vor all den Leuten dem Reverend eine Predigt halten (oh, die Redewendung hatte in diesem Zusammenhang ja sogar eine gewisse Ironie!). Gabriel traf es mit seinem 'Ups' ziemlich passend und Selina wandte sich mit einem Schulterzucken von dem Trubel ab, suchte stattdessen Gabriels Blick. „Zum Glück haben wir solche Probleme nicht, hm?“, fragte sie dann ein wenig scherzend nach, auf die scheinbare Ungezogenheit des Jungen anspielend.
Richard Camden bei Adrian Smith viele andere drum herum
Adrian nickte dankend, als Mister Camden die Kinder lobte. Selbstverständlich waren sie vorbildlich, herrje! Ganz im Gegensatz zu dem Mann, der sich nun durch die Menge drängte, dabei einen Jungen am Ohr hinter sich her schleifte und ziemlich laut den ... REVEREND!? ... anschnauzte. Adrian runzelte missbilligend die Stirn. Der Mann hatte vielleicht Nerven! Egal, was er dem Jungen vorwarf, das machte man doch nicht in der Öffentlichkeit!
Doch schnell wandte er sich wieder dem Bürgermeister zu, der ihm promt eine ganze Reihe Hilfsbedüftiger aufzählte. Das war ja eine ganze Menge und was die nicht alles hatten! "Ja, ich werde die Kinder morgen persönlich in die Schule bringen. Und dann werde ich die Gelegenheit nutzen den Ort in Ruhe zu besichtigen. Das mit dem Nähkreis ist wirklich eine wundervolle Idee, vielen Dank."
Elisabeth Smith lächelte brav. Ja, sie mochte das Nähen und freute sich, dass sie schnell Anschluß finden würde.
"Verzeihen Sie mir, ich traf den Sheriff bereits vor Ihnen und bin daher im Bilde über dessen Verletzung. Ich habe ihn bereits zu mit beordert." sagte er charmant und lächelte höflich. Das war keine Belehrung oder Abwertung. "Wenn Sie möchten, schaue ich mir Ihre Frau noch heute einmal an. Ich bin gerne bereit mich gleich nach meiner ersten Patientin Ihnen zu widmen." bot er dann an. Was allerdings nur eine Höflichkeitsfloskel war. Denn gerne war Adrian dazu nicht bereit; zumindest nicht am heiligen Sonntag. Doch mit dem Bürgermeister musste man sich gutstellen und da er sowieso schon unterwegs war, würde das nun auch keinen Unterschied mehr machen. "Zwei Mädchen sind unterkühlt? Auch das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wie mir scheint, ist hier meine Hilfe wirklich dringend nötig." Den Pianospieler ließ Adrian außen vor. Ein Saloonmitarbeiter! Der würde es schonnoch schaffen selbst zu ihm zu kommen, wenn er seine Hilfe brauchte. Die Mühe würde er sich nicht machen.
Adrian überlegte einen Augenblick. "Bürgermeister Camden, Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn ich in der Tat nachher nach Ihrer Frau sehen dürfte. Villeicht können Sie mir ein wenig mehr berichten, wozu hier vielleicht der falsche Ort ist." bat er schließlich und zuckte leicht entschuldigend mit den Schultern.
Martin, Jesse, Megan und Cassiel viele andere drumherum, inkl. kleiner Aufstand
Cassiel grinste spitzbübisch. "Habe ich Sie etwa schon verheiratet, MISS Foster? Oh, wie ungeschickt. Ich bitte untertänigst um Vergebung." zwinkerte er vergnügt und versuchte um seinen Fehler rum zu schiffen.
Dann gab es einen kleinen Aufruhr und Cassiel stellte erstaunt fest, dass der Gemischtwarenhändler einen Jungen am Ohre gpackt hatte und nun durch den Raum schleifete und den Reverend anfuhr. Aus Reflex schlug Cassiel ein kleines Kreuz auf der Brust. "Der hat ja Nerven!" murmelte er leie.
Doch dann wandte er sich wieder den Dreien zu. "Mister Tanner, guten Tag. Oh, ich fürchte da müssen Sie nur für den Schaden aufkommen, dann ist die Missetat eines Pferdes wieder bereinigt. Einen Anwalt werde Sie dabei schwerlich bruchen." grinste er.
"Ich würde die Angelegenheit wirklich gerne unter sechs Augen besprechen, Mister Harding. Mister Marlowe war so freundlich mir den Tipp zu geben, dass Sie mir eventuell helfen könnten." Damit hoffte Cassiel dem für seinen Geschmack etwas zu neugierigen Mr. Tanner verdeutlicht zu haben, dass es ihn nichts anging, was er mit Mister Harding und MISS Foster zu besprechen hatte. Cassiel blieb weiterhin charmant und höflich.
Richard Camden bei Adrian Smith viele andere drum herum
Richard schenkte kurz Mrs. Smith ein freundliches Lächeln, als ihr Mann den Nähkreis als eine 'wundervolle Idee' beschrieb und sah zufrieden ihren erfreuten Gesichtsausdruck darüber. Es war doch überall das gleich - wenn man neu in einer Stadt war, war man für jede freundliche Aufnahme dankbar. Auch das die beiden kleinen Smith-Kinder die Schule besuchen würden, war sehr erfreulich. Wenn sie noch ein paar Kinder mehr über die nächsten Jahre erhielten, würde vielleicht ein Ausbau der Schule erforderlich werden. Und das war etwas, dass Richard schon seit ein, zwei Jahre fest im Auge hatte. Eine größere Schule bedeutete auch mehr Zuwendung und Geld für Schulmaterial. Und das war etwas, das ihre Schule dringend nötig hatte.
"Falls sie die Gelegenheit nutzen wollen," Richard zeigte zu dem Tisch mit Reverend Stevenson hinüber. "Diese junge Frau, beim Reverend, ist unsere Schullehrerin, Miss Spencer." Vielleicht kannte der Doktor auch diese bereits, auszuschließen war es nicht, aber Richard hielt es für seine Pflicht als Bürgermeister Dr. Smith auf die wichtigsten Persönlichkeiten im Ort hinzuweisen. Das er bereits den Sheriff kennengelernt hatte, hatte sich natürlich seinem Wissen entzogen, hielt er aber nicht für weiter schlimm. Er konnte sogar das charmante Lächeln mit einem Schmunzeln erwidern, denn John sah wirklich alles andere als gut aus. Obwohl er sich erst am Dienstag noch von Dr. Leigh hatte behandeln lassen. Dass Dr. Smith jedoch auch heute noch Linda untersuchen wollte hielt Richard für nicht unbedingt notwendig. Es war ein nett gemeintes Angebot, ohne Zweifel, aber Dr. Smith hatte erstens selbst Familie und zweitens wohl besseres an einem Sonntag zu tun, als zu arbeiten. Wäre es jetzt ein Notfall, dann wäre es sicherlich etwas anderes. Richard hatte gerade dazu den Kopf geschüttelt, doch ehe er mit Worten höflich ablehnen konnte, bat ihn Dr. Smith regelrecht darum Linda sehen zu dürfen. Ihm war durchaus bewusst, um was ihn der Arzt gerade bat und sah auch ein, dass er gewisse Neugier auf die Menschen hier im Ort hatte. Womöglich plagten ihn auch angesichts der vielen Verletzten Fragen, die zu persönlich waren um sie in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Richard zog kurz die Stirn ein wenig kraus, nickte dann aber langsam und sagte: "Nun, wenn sie darauf bestehen, Dr. Smith, dann werde ich nicht Nein sagen. Aber nur wenn es ihnen keine Umstände bereitet und ihre Familie sie am einzigen freien Tag der Woche entbehren kann," fast schon entschuldigend blickte Richard Mrs. Smith und die Kinder an. "Dafür werde ich sie sicherlich auch mit den erhofften Informationen belohnen können."
Martin, Jesse, Megan und Cassiel viele andere drumherum, inkl. kleiner Aufstand
Auch Jesse verschluckte sich bei Mr Tanners Frage, was dem ganzen einen sehr peinlichen Touch gab. Hätte nur sie sich verschluckt, man hätte es Zufall nennen können, aber nun... jeder Trottel würde erkennen das Megan und Jesse die Frage irgendwie unangenehm war und wie ein Trottel wirkte Mr Tanner nun wirklich nicht.
Den kleinen Aufstand den Mr McKay veranstaltete und mit einer Portion Nerven und Missachtung von Sitte und Anstand, die sie dem Bigotten Spiritousenhändler niemals zugetraut hätte, beachtete Megan nur einen Augenblick und schüttelte ungläubig den Kopf. Der sollte sich mal trauen ihr in der Zukunft irgendwelche Benimmtips zu geben oder sonstige Hinweise, wie sich ein aufrichtiges Mitglied einer christlichen Gemeinde zu verhalten hätte. Auslachen würde sie ihn und stehen lassen. Mr Brown umschiffte seinen kleinen Faus pax mit charme, wie üblich. "Ein klein wenig." schmunzelte sie mit einem vergnügten aufblitzen in den Augen, dem Anwalt zu. Auch die eventuelle Neugierde von Mr Tanner, um was es wohl gehen mochte, hielt der Anwalt sehr geschickt im Zaum indem er betonte, das die Angelegenheit unbedingt unter 6 Augen zu besprechen war.
Jesse, Martin, Cassiel, Megan (auch Post-Reihenfolge) viele andere drumherum
Insgeheim war Jesse richtig gespannt darauf, wie der neue Reverend, den er recht symphatisch fand, wohl auf die Attacke von Mr. McKay in der Öffentlichkeit reagieren würde, also warf er immer wieder einen verstohlenen Blick dahin und versuchte, neben dem Gespräch hier, etwas mitzubekommen. Weniger, weil er ein neugieriges Tratschweib war, sondern weil es wohl nicht nur ihm so ging, dass sich der Sirituosenhändler reichlich daneben benahm.
Der Anwalt glättete dann charmant seinen kleinen Ausrutscher bei Megan, den er aber nicht weiter schlimm fand und Jesse grinste ein wenig: »Sie liegen gar nicht mal so falsch, Mr. Brown. Megan und ich sind verlobt ...« Dies sagte Jesse mit einem mit leicht vorgestreckter Brust sehr stolz. Der Anwalt war dann noch auf den Scherz von Mr. Tanner eingegangen und wandte sich dann wieder an Megan und Jesse und dieser nickte verstehend, auch wenn er keine Ahnung hatte, worum es ging. Noch mehr Termine ... schoss es Jesse leicht genervt durch den Kopf. Er wollte eigentlich nur noch nach Hause und sich mit Megan vor dem Kamin kuscheln. Denn längst war Jesse noch nicht auf der Höhe und man sah ihm auch an, dass er noch ziemlich angeschlagen war. Eine ganze Woche hatte er nach der Entführung das Bett gehütet mit hohen Fieber und Entzugserscheinungen und heute war der erste Tag, wo er mal wieder richtig lange auf den Beinen war. »Selbstverständlich, Mr. Brown. Wir kommen gern ...« nickte Jesse und blickte zu Megan hinunter, um auch von ihr ein ok zu hören, wovon er aber ausging. Außerdem hiess das ja nun dann noch einen Bürger, der freundlich ihnen gegenüber war, denn inzwischen führte Jesse geistig eine Strichliste. »Ach, und Mr. Marlowe?« kam es dann über Jesses Lippen. »Ja, hatte ihn irgendwie kurz ausgemacht.« Jesse nickte und blickte sich erneut kurz um. Nun erkannte er den Musiker und Miss Tucker und nickte in die Richtung, falls einer der beiden zufällig hersah. »Schau Mal, Schatz, Gabriel ist in der Stadt ...« hatte er dann noch schnell und etwas leiser zu Megan geflüstert.
Da Mr. Tanner gerade etwas aussen vor stand, allerdings den Eindruck machte, als sei er interessiert an dem Gespräch, sprach Jesse noch: »Wenn Sie einen guten Schmied brauchen, Mr. Tanner, für Ihr Pferd, dann empfehle ich Ihnen Miss Tucker. Sie kennt sich mit Pferden und der Schmiederei aus.« Und er nickte in Richtung Miss Tucker, obwohl es vielleicht schwer war, sie unter den, für Mr. Tanner , fremden Leuten auszumachen. Aber immerhin. Nun wusste Mr. Tanner schon eine Menge über wer, wer war. Sheriff, Reverend, Bürgermeister, Anwalt und Schmiedin.
Terry mit Erin, Clara u. Eli am Tisch, Francis kommt mir Jeremia dazu
Terrys Blick traf den der lächelnden Erin. Sie schien ebenso erleichtert zu sein, wie er selber, weil Eli nun offenbar Ruhe gab. Noch traute Terry diesem Frieden zwar nicht, aber seine Erklärung für Clara sorgte zumindest dafür, dass dieser mit Eli geführte unschöne Wortwechsel nicht eskalierte. Clara schien keine weiteren Fragen, so dass Terry sich wieder entspannte. Von Mr. Bowman war ohnehin nichts zu entdecken und auch am Buffet selber konnte er diesen nicht entdecken. Dort standen gerade der Vater des Mädchens, mit dem Matt gerade wieder zu flirten schien und dessen Freund. Auch den Ehemann des Mädchens sah er kurz. Merkwürdig schien ihm, dass dieser sich offenbar nichts daraus machte, dass Matthew mit dessen noch so junger Frau zu flirten schien. Gerade wollte er seiner Irritation darüber Ausdruck verleihen, als lautes Wehgeschrei ihn die Stirnrunzeln ließ. Das war eindeutig Jeremys Stimme - so eindeutig, dass Terry sich in die Richtung wandte, aus der das Wehgeschrei zu hören war. Überrascht aber auch mit ärgerlich zusammengezogenen Augenbrauen musterte er Mr. McKay, der es wagte, seinen Jungen am Ohr zu ziehen und diesem dadurch erhebliche Schmerzen zuzufügen. Was auch immer Jeremiah sich nach Meinung eines Mr. McKays hatte zu Schulden kommen lassen, berechtigte diesen nicht, dem Jungen weh zu tun! Terry war zwar über Jeremiahs Anwesenheit überrascht, wähnte er ihn doch daheim, aber auch sehr ärgerlich über Mr. McKays Auftreten, so dass nicht einmal der Versuch Erins, ihn aufzumuntern, ihn aufzuheitern vermochte. Finster sah er dem Gemischtwarenhändler und seinem Sohn entgegen, der nun vor ihm stand und sich das gerötete Ohr hielt. Terry war kurz davor, seinen Unmut kund zu tun, aber Mr. McKay ließ ihn nicht zu Wort kommen. Der Mann überfuhr Terry mit diversen Vorwürfen, die Terry blass vor Zorn werden ließ. Abgesehen davon, dass er nun diese zu entkräften sucht, war ihm diese Szene in aller Öffentlichkeit mehr als unangenehm. Ihm war klar, dass sein Verhalten und seine Reaktion sehr genau beobachtet wurde und nun galt es wohl, dem von ihm gepredigten Evangelium entsprechend zu reagieren. Was also würde Jesus tun? Auf jeden Fall nicht den Gefühlen nachgeben, die Terry gerade hatte. Am Liebsten hätte dieser nämlich nicht nur seinem Zorn um Jeremys Willen freien Lauf gelassen, sondern diesem Mr. McKay mehr als gründlich die Meinung gegeigt.Dieser tat ja gerade so, als sei sein Sohn im Gegensatz zu Jeremy der reinste Engel und das hörte sich unterwegs noch ganz anders an! Terry Augen verengten sich, während er zunächst Luft holte. "Korrigieren Sie mich, falls ich mich irre. Bezichtigen sie mich gerade einer Lüge? Natürlich wähnte ich Jeremy bis jetzt zu Hause." Fragend, aber nicht vorwurfsvoll sah er nun Jeremy an. Warum auch immer dieser das Pfarrhaus verlassen haben mochte -auf Streit war er sicherlich nicht aus. Den Vorwurf, Jeremy triebe sich mit Ben im Garten herum, wolllte Terry weder auf sich noch auf seinem Sohn sitzen lassen. "Mäßigen Sie sich, Sir. Ich bin sicher es gibt eine einleuchtende Erklärung, warum Jeremy nun doch gekommen ist - gemusst hat er das nämlich nicht." Terry war sicher, dass Jeremiah nicht von Ben hatte hinunter gezerrt werden müssen. Anzunehmen, dass anderenfalls Schlimmeres passiert wäre, wäre wohl die Übertreibung des Jahrhunderts gewesen. "So? Ist das so?" Terrys Frage war rhetorisch, denn er ahnte natürlich, was Jeremy Ben über das in der Kirche geführte Gespräch erzählt haben mochte. Allerdings konnte er wohl auch mit Fug und Recht behaupten, Mr. McKay erzähle Ben Abenteuerliches über die väterliche Liebe, denn nur durch die Gespräche mit diesem konnte Jeremia überhaupt auf den Einfall kommen, ein Vater liebe seine Kinder umsomehr dieser sie für jede Kleinigkeit mit Stock, Rute oder Riemen abstrafte. "Ich bin sicher, dass es sich um ein Missverständnis handelt, Sir. Genau so sicher bin ich, dass dieses Gespräch nicht an die Öffentlichkeit gehört." Terrys Ton war zwar nicht sehr laut, aber machte doch deutlich, dass er mehr als ärgerlich war. "Ich pflege mich aus den Streitigkeiten Jeremiahs herauszuhalten. Das sollten die Jungs besser untereinander regeln." Terry sprach nun laut genug, um von den Umstehenden gehört zu werden. Das war auch seine Absicht, denn nur so konnte er wohl verhindern, dass über ihn und seine angebliche Reaktion Mutmaßungen angestellt wurden, die nur zu Tratsch führten. Für sein Dafürhalten gab es nichts, dass den Nachbarn berechtigte, seinen Sohn als Früchtchen zu bezeichnen und diesen vorzuführen - schon gar nicht auf so eine schmerzhafte Art und Weise. Die Aufforderung, in seinem Haus für Ordnung zu sorgen, empfand der Reverend als eine Unverschämtheit aus dem Munde des Nachbarn. Schließlich hatte dieser ihn in Bezug auf Matthew um Hilfe gebeten und damit zugeben, mit diesem nicht zu Recht zu kommen und ganz offensichtlich wusste er auch nicht, wo Ben war oder warum, dieser sich mit Jeremy gestritten hatte. Terry war kurz davor, dem Nachbarn deutlich zu sagen, wohin sich dieser das geplante Gespräch mit Matthew schieben konnte, als er aus dem Augenwinkel heraus sah, dass diesem der Auftritt des Vaters offenbar unangenehm war. Terry sah jedoch davon ab, seine Hilfe in dieser Angelegenheit zurück zu ziehen, denn mit dieser half er vermutlich in erster Linie dem Siebzehnjährigen und der konnte schließlich nichts für das unhöfliche Gebahren seines Vaters. "Sir - ich habe mich vorhin vielleicht unklar ausgedrückt - deswegen noch einmal zum Mitschreiben. Es ist vorrangig die Pflicht und das Vorrecht der Eltern, ihre Kinder zu erziehen. Ich würde es sehr bedauern, den Sheriff mit derlei Form der Körperverletzung an einem Sonntag stören zu müssen." Terrys scharfe Worte enthielten durchaus eine Warnung, denn noch einmal würde er nicht tatenlos zusehen, wie seinem Sohn übelst weh getan wurde. Das Recht, diesen zu züchtigen im Sinne einer Strafe war ausschließlich seines - und das durfte sich kein Anderer anmaßen, meinte er es auch noch so gut. "Oh, darin sind wir uns fast einig: Unruhestifter kann Niemand brauchen." Terrys Worte und Gesichtsausdruck ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, wen er hier für den eigentlichen Unruhestifter hielt, bevor er sich nun an Jeremy wandte. "Na,mein Junge. Wolltest Du nicht ursprünglich daheim bleiben? Was ist passiert?" Freundlich lächelnd sah Terry seinen Jungen an, der sich immer noch verlegen die gerötete Ohrmuschel rieb.
Samuel betritt den Speisesaal, begibt sich zu Francis und Terry
Den Ritt über hatte sich Sam Gedanken um die Situation im Fort und Reservat gemacht, was seiner Laune nicht gerade positive Schübe verpasst hatte. Seine Freunde sassen tief in der Scheisse und er selber war, wenn sich keine Lösung fand, der Arsch, der das Urteil vollstrecken würde. Zumindest in gewisser Hinsicht. Die Schwierigkeiten, in denen Sanuye und Anovaoo'o gerade steckten, schien den beiden nichtmal wirklich bewusst zu sein. Der ganze Umgfang der Situation entging beiden, was ebenfalls zu Sams Frust beitrug. Irgendwie musste er die gesammte Geschichte bekommen, nur so konnte er wirklich helfen aber die verstockten Weiber dachten ja nichtmal daran den Mund aufzumachen und sich ihm anzuvertrauen. Was es wohl noch alles kosten mochte ihr Vertrauen zu erlangen. Echtes Vertrauen.
Er stieg von Wallenstein ab, als er das Gasthaus erreicht hatte. Der Reverend gab heute einen Empfang hier, darüber hinaus war Sonntag und das gutbürgerliche Volk schlug sich da drinnen gewiss ganz gottesfürchtig den Magen voll. Wie ein Neuling im Ort es geschafft hatte die dahinschmelzenden Vorräte für so einen gesellschaftlichen Kasperkram abzuzweigen wollte Sam lieber nicht wissen. Es half sowohl dem neuen Reverend als auch auch der Gemeinde, wurde diese so doch mal wieder zusammen geführt. Nach all den Ereignissen der letzten Zeit sicherlich nicht das schlechteste. Er zog seinen Hut und klopfte sich den Schnee von dem Uniformmantel, bevor er den Hut wieder aufsetzte und in die Jackentasche griff um sich eine seiner Zigarren zu nehmen, die er sich mit dem Feuerzeug anzündete. Mit dem Glimmstengel im Mundwinkel bestieg er die zwei Stufen und öffnete die Tür zum Twin Falls. Etwas verwundert betrachtete er die verwaiste Rezeption und ging durch zum Speiseraum. Schade, er hatte gehofft ein oder zwei Worte mit Miss Garner wechseln zu können, sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. So würde das wohl auf später verschoben werden müssen.
Geräuschvoll stiess Sam die Tür auf, blickte in Richtung von Mr Camden, tippe sich grüssend an die Hutkrempe und schritt dann auf Mr. McKay zu. Der Ladenbesitzer gehörte zum Stadtrat und war ideal für den kleinen Plan, den Sam heute umzusetzen gedachte und der in der letzten Ratssitzung ja zumindest schonmal Erwähnung gefunden hatte. Er würde die Wagenladung Nahrung verkaufen können und den Erlös der Stadtkasse zukommen lassen können. Ein Privileg mit dem der ehemalige Sheriff wohl im Moment nicht rechnete, denn er befand sich in, wie Sam es beurteilte, Streitgespräch mit einem Fremden. Mit einen lauten und vernehmlichen "GUTEN MORGEN LIEBE GEMEINDE" kündigte sich Sam an, zog seinen Hut als er zwei Schritte hinter McKay stehen blieb und räusperte sich.
"Mister McKay, einen gesegneten guten Morgen. Kann ich sie einen Moment entführen bevor ich mich auf die Suche nach dem Reverend begebe?" fragte Sam mit seinem typischen, neutral bis bärbeissigen Gesichtsausdruck und nickte dem Reverend, von dem er nicht wusste das er es war, grüssend zu.
Jesse, Martin, Cassiel, Megan viele andere drumherum
Martin hörte das Gespräch weiterhin zu. Mr. Brown wollte diese Angelegenheit unter 6 Augen besprechen. Was für Martin bedeutete, er war außen vor. Typisch Anwälte waren seine Gedanken. Ein gewisser Mr. Marlowe gab wohl Mr. Brown den Tipp, dass Mr. Harding und Ms. Foster ihn helfen könnten. Marlowe? Irgendwo hatte Martin diesen Namen schon mal gehört. Aber woher hatte Martin keine Ahnung. Mr. Harding schaute sich kurz und flüsterte Ms. Foster irgendwas zu, dann sprach Mr. Harding Martin an. Falls Martin einen Schmied brauchen sollte, empfahl Mr. Harding eine gewisse Ms. Tucker, die sich gut mit Pferden und der Schmiederei auskannte. Er nickte zu dessen Richtung, Martin sah kurz zu der Richtung aber unter den vielen Leuten war es schwer sie zu finden. Aber Moment mal, eine Frau die in einer Schmeiderei arbeitete und sich dazu mit Pferden auskannte, sowas hatte Martin noch nie gesehen. Schmied zu sein war ein reiner Männerberuf aber eine Frau als Schmied, das war was ganz neues. Immer mehr gefiel Martin Camden Village. ''Danke für den Tipp, Mr. Harding. Ich schau dort die nächsten Tage dann mal vorbei. Eine Schmiede ist ja nicht leicht zu übersehen.'' betonte Martin freundlich.
Dann aber schrie jemand laut im Speiseraum. Martin erschreckte sich und schaute sich um. Er sah einen Soldaten, genauer gesagt einen Offizier so wie er es einst war. Aus Reflex begann Martin zu salutieren. In der Regel salutiere der Unterrangige zuerst, auch Offiziere mussten dies tun, wenn ein hochrangiger Offizier vor ihnen stand. Und so wie der Mann aussah war er wohl höher gestellt als Martin damals.
Martin wollte doch dabei seine Vergangenheit begraben und nun stand er als Zivilist in einen Raum voller anderen fremden Menschen und salutierte. Als Martin klar wurde was er tat, schaute er sich um, nahm seine Hand runter und drehte sich Richtung Buffet, ging aber nicht dahin sondern stand nur da.
Verdammt, wieso hast du das getan. Du bist doch kein Soldat mehr.
''Ich... glaube... habe da etwas... noch zu erklären, aber... nicht hier... vor allen Leuten.'' Stammelte Martin und versuchte sich selbst zu beruhigen und nahm deshalb sein Essen im Mund. Er hatte dies nun acht Jahre lang für sich behalten und sprach nur mit wenigen davon. Aber jetzt musste er es endgültig los werden.
Auch Gabriel lachte leicht, als Selina meinte, dass es gar nicht mal so abwegig wäre, wenn er sich den Arm bei einem Reitunfall gebrochen hätte, denn Gabriel war ein denkbar schlechter Reiter. Sehr viel mehr freute ihn allerdings irgendwie, dass sie ihn ihren Lieben nannte. Selina war dennoch nur eine gute Freundin und das war auch gut so. Sie ging dann zum Glück nicht weiter darauf ein, warum er sich den Arm gebrochen hatte, denn Gabriel würde ihr sicherlich die Geschichte erzählen, aber nicht hier. Stattdessen sprachen sie dann über Emma. Oder über die Besuche an ihrem Grab und Gabriel seufzte leicht, aber merkte, dass auch Selina ernst wurde bei dem Thema. Sie vermissten beide Emma, jeder auf seine Weise, aber Selina sicherlich noch sehr viel mehr, war Emma doch ihre beste Freundin gewesen und Gabriel hatte seine Halbschwester leider viel zu kurz kennen gelernt. Und so nickte er nur kurz. Und Selina schaffte es tatsächlich mit ihrer Freude, dass Gabriel ein paar Tage bleiben würde, dass sie beide nicht in eine melancholische Stimmung rutschten.
Das Selina sich dafür interessierte, was er wohl für einen Abenteuerroman, passte sehr gut zu der fröhlichen und interessierten Frau und Gabriel grinste leicht, auch, als sie meinte, dass es doch jetzt der richtige Zeitpunkt wäre, da er doch nicht Geige spielen könne. Er nickte und antwortete: »Er handelt von einem Jungen, der an der Ostküste aufgewachsen ist, aber mit 12 Jahren Waise wird und dann in den Westen reisen will zu seinen Verwandten. Unterwegs wird er ziemlich viel erleben. Unteranderen auf einen Indianerstamm treffen, der ihm das Leben rettet. So wie es bei mir mal der Fall war ...« Gabriel grinste.
Aber viel wichtiger war in seinen Ohren Selinas Antwort, ob sie denn noch keinen Mann gefunden hatte. Er liebte es an Selina, dass sie darüber so offen und unbeschwert sich austauschen konnten. Und natürlich gab sie die Frage zurück, mit viel Humor. »Nein, leider gibt es niemanden in meinem Leben ...« kam dann nicht mal sehr traurig über seine Lippen. Noch war er vielleicht gar nicht bereit, sich fest zu binden, denn noch war sein Leben die Musik. »Ich bin mit Lolita verheiratet, Selina, das weisst du doch ...« lachte er. Lolita war seine Geige.
Zu der Stute Bell und ihrem Hengst Black Jack sagte Gabriel dann nichts mehr, nickte nur, denn dann wurden sie auch schon durch den kleinen Tumult unterbrochen und nach Gabriels "Ups" hatte Selina gemeint, dass sie zum Glück beide nicht solche Probleme hätten und Gabriel nickte nur bestätigend.
»Nein, zum Glück nicht.« Da Gabriel beide Menschen nicht kannte, weder den Erwachsenen, noch den Jungen, interessierte es ihn dann allerdings auch nicht weiter und auch wenn einige Leute erst verstummten und dann doch weiterredeten, tat es Gabriel ihnen gleich. Wie der Reverend dann antwortete, bekam Gabriel nicht wirklich mit, da er zu weit weg stand. Aber er schien irgendwelche Widerworte zu leisten. Irgendwie kam es Gabriel so vor, als wäre er hier gerade Zeuge eines eines kleinen gesellschaftlichen Skandals geworden. Aber das interessierte ihn nicht, er hatte selber seine großen Skandale erlebt, und dann auch noch einen Armbruch erlitten ... und so wandte er sich an Selina: »Ach Selina, ich freue mich wirklich, dich zu sehen. Es ist einfach erfrischend. Schade, dass das Wetter so schrecklich ist, gerne wäre ich mal mit dir ausgeritten ...« Da musste Gabriel zwar lachen, weil er ja ein so schlechter Reiter war, aber er meinte es ernst.
Und dann auf einmal bahnte sich ein weiterer Mann den Weg durch die versammelte Gemeinde und unschwer war zu erkennen, dass es sich um einen Offizier der Armee handelte. Zuerst erkannte Gabriel ihn nicht, doch als er sich dann irgendwie drehte und der Gemeinde einen guten Morgen wünschte, erkannte der Musiker Major Shepard und Gabriel versteifte sich unwillkürlich. Das war der Major, der ihm im Sommer gebeichtet hatte, am Tod von Emma Schuld zu sein. Auf einmal erinnerte sich Gabriel, als wäre es gerade gestern gewesen. Der Mann hatte es natürlich damals nicht bewusst getan, aber die Schuld auf sich genommen und Gabriel hatte es ihm verziehen, war es doch eine wilde Jagd nach diesem Tunder gewissen, wo Emma in die Fronten geriet, ob als Geisel oder freiwillig ... dennoch wurde Gabriel schlagartig ernst und so bekam er gar nicht mit, wie einer der Gäste beim Anblick des Majors salutierte. Er drehte sich irgendwie so zu Selina, dass er den Major und alle anderen aus seinem Blickfeld ausschloss. Doch Selina gegenüber wollte er auch nichts zeigen, es war also nicht ganz so einfach. Also lehnte er seinen Gipsarm einfach gegen die Wand, da er mit Selina ja am Rande stand und murmelte: »Sorry, ist verdammt anstrengend mit so einem Gilsaarm ...« und tat dann so, als müsse er sich etwas ausruhen, in dem er das Gewicht des Gips an die Wand lehnte.
Die Schmiedin hörte neugierig zu, als Gabriel weitere Details von seinem anstehenden Abenteuerroman preisgab und grinste bei seinen Worten immer breiter. Na das kam ihr doch bekannt vor, was er da schilderte. „Wird also eher eine abenteuerliche Autobiographie, was?“, fragte sie mit verschmitztem Lächeln, „Und das Kapitel über seinen ersten Ritt sollte nicht fehlen. Ist schließlich immer wieder ein Abenteuer für sich, sobald du auf ein Pferd steigst.“ Gabriel konnte vieles gut, allen voran sei dabei sein wundervolles Geigenspiel erwähnt, doch reiterlich war er wirklich eine absolute Niete. Dennoch war es immer wieder lustig mit anzusehen, wie Diva unter ihm ihrem Namen alle Ehre machte und die Geduld ihres Besitzers auf die Probe stellte. Oh, wenn Selina so ein Pferd hätte, sie hätte es vermutlich schon in Grund und Boden geflucht. Aber naja, dafür hätte sie auch alles daran gelegt, sich bloß nicht von dem blöden Vieh abwerfen zu lassen. Wäre ja noch schöner! Aber Gabriel war ja zu seinem Glück auch nicht zwingend auf das Tier angewiesen. Daher konnte die Schmiedin auch verstehen, dass sich seine Motivation, auf diesem Gebiet besser zu werden, durchaus in Grenzen hielt. Zumal ein Reitunfall durchaus gefährlich für seine weitere Karriere werden konnte und das war etwas, womit er nun wirklich nicht spaßen sollte.
„Ah, Lolita. Wie könnte ich diese hübsche Dame vergessen.“, meinte Selina dann mit einem Augenzwinkern. Natürlich wusste sie, dass Gabriel von seiner Geige sprach. Sie fand es toll, dass er dem Instrument einen Namen gegeben hatte. An für sich war es zwar einfach nur ein Gegenstand, doch wenn Gabriel darauf spielte, erweckte er die Geige auf seine ganz eigene Art zum Leben. Wie sie laut und leise werden konnte, sanft und bedrohlich. Selina hatte zeitweilen wirklich das Gefühl gehabt, die Geige würde ein Eigenleben entwickeln, da es unvorstellbar war, dass ein Mensch solche Töne erzeugen konnte. Außerdem spielte Gabriel mit solch einer Hingabe, dass es so wirkte, als würde er nicht bloß auf, sondern mit seiner Lolita spielen. Zu schade, dass er bei seinem jetzigen Besuch gar kein Geigenspiel zum Besten geben konnte. Doch auch so war Selina über seine Anwesenheit natürlich mehr als froh. Sie wusste ja, dass die Dauer von Gabriels Besuch begrenzt war, doch das war nicht schlimm. Sie würde die Zeit dann eben umso mehr genießen und wer weiß, vielleicht kam er ja bei der nächsten Tournee auf der Durchreise mal wieder vorbei. Außerdem hatten sie ja immernoch die Briefe, über die sie miteinander in Kontakt bleiben konnten, auch wenn das natürlich längst nicht so schön war, wie den Freund direkt vor sich zu haben.
Selina kam nicht umhin, Mr. McKay skeptisch zu mustern, wie er über den Sohn des Reverends wetterte, doch sie entschied, dass es wohl besser war, sich dort rauszuhalten. Es lagen so schon genügend neugierige Augenpaare auf dem neuen Reverend, der an für sich schon mit der ersten Predigt und dem heutigen Empfang alle Hände voll zu tun hatte. Da konnte er es sicher nicht gebrauchen, wenn ihm einer wie Francis auf diese Weise noch eins auswischen wollte. Aber das war typisch… die McKays regten sich ja über alles auf, was ihre oder auch andere Kinder taten. Vielleicht hätten sie sich lieber ein paar Hunde anschaffen sollen, die konnte man auch noch an die Kette legen oder ganz zur Not einfach irgendwo aussetzen. Die Schmiedin schüttelte kurz den Kopf und war ganz froh darüber, dass Gabriel dem kleinen Tumult wohl auch keine weitere Aufmerksamkeit schenken wollte. „Was denn, mit dem Arm wolltest du freiwillig eine Runde reiten gehen?!“, fragte die Schmiedin neckend nach. Das kaufte sie ihm nicht ab, auch wenn sie das Bild gerne mal gesehen hätte. „Dann musst du wohl im Sommer nochmal wieder kommen und wir holen das nach. Bis dahin habe ich auch Bell soweit.“ Selina grinste leicht, war das doch nicht bloß ein Angebot, sondern schon fast eine kleiner Aufforderung. Natürlich in freundschaftlicher Hinsicht, denn sie konnte und wollte Gabriel ja zu gar nichts zwingen. Doch der Freund würde wissen, wie sie es meinte.
Die Aufmerksamkeit im Speiseraum wurde dann kurzzeitig vom frisch hereingeschneiten Major in Beschlag genommen, als dieser sich mit einem nicht zu überhörenden Guten Morgen ankündigte. Die Schmiedin schüttelte kurz grinsend den Kopf, war es doch so typisch für Camden, dass hier keine öffentliche Veranstaltung einfach mal reibungslos vonstattengehen musste. Hier hatte es ja schon mit diversen kleineren Zwischenfällen in der Kirche angefangen, doch der Empfang entwickelte sich langsam schon zu einem kleinen Chaos. Nicht, dass die Schmiedin das sonderlich schlimm fand, sie konnte sich über so etwas herrlich amüsieren – man musste ja nicht immer alles so grottenernst nehmen. „Home Sweet Home.“, merkte sie dann nur mit einem süffisanten Lächeln an und sah wieder zu Gabriel zurück, dessen Miene jedoch plötzlich so ernst wirkte. Er entschuldigte sich zwar damit, dass ihn der Gipsarm einfach ein wenig auf Trab hielt, doch Selina war sich nicht sicher, ob das alles war. Daher setzte sie mit etwas leiserer Stimme ein „Alles in Ordnung bei dir?“ nach.
»Ja, der Reitunfall gehört eigentlich dazu, aber mein kleiner Held wird besser reiten können als ich ...« scherzte der Musiker dann noch. Und auch auf Selinas Einwand wegen dem Ausritt hatte er noch grinsend geantwortet: »Oh, du hast Recht. Für einen Moment hatte er seinen Gipsarm einfach vergessen. Zu dumm auch. Aber dafür hatte er noch gegrinst, als Selina meinte, dass sie sich an die hübsche Dame Lolita bestens erinnerte. Ja, Gabriel hatte schon einen seltsamen Hang, Namen zu vergeben. Lolita für die Geige, Diva für seine Stute. Er mochte das Tier eigentlich dennoch. Er passte einfach nicht zu ihr und umgekehrt.
Doch dann kam eben die Sache mit dem Major und Gabriel versuchte, wirklich nicht daran zu denken, aber Selina fiel es dann doch auf, das etwas mit ihm nicht stimmte. Und da er Selina vertraute seufzte er tief. Sollte er es ihr sagen? Nein, die Wahrheit niemals, denn was passiert war, war passiert. Und vielleicht hatte der Major ja auch nur die Schuld auf sich genommen. In so einer wilden Schiesserei flogen die Kugeln sicherlich so ungelenk durcheinander, eigentlich hätte Emma von jedem getroffen werden ... dennoch kam GAbriel nicht umhin, daran zu denken. Aber er wollte Selina dann doch nicht beunruhigen und schob alles auf seinen gebrochenen Arm. »Ja, alles in Ordnung, der Arm macht mir nur ab und an zu schaffen ... aber alles ok ...« Er lächelte, wenn auch nicht ganz ehrlich. Und so lenkte er ab und fragte: »Meinst du, dass ich Bell irgendwann besser reiten kann als Diva? Ich meine, du kennst dich mit Pferden aus. Oder bin ich einfach ein hoffnungsloser Fall, was das Reiten angeht?«
Selina kam nicht umhin, auf Gabriels Anmerkung bezüglich des reiterlichen Könnens seines Romanhelden kurz aufzulachen. „Natürlich. Seine eigenen Schwächen kann man in so einem Buch wunderbar kaschieren.“, entgegnete sie ihm zwinkernd. Ach, sie fand es gar nicht schlimm, dass Gabriel das Reiten nicht so lag. Es wäre ja schlimm, wenn er in allen Dingen so gut wäre wie im Gegenspiel! Nein, gerade diese Schwäche zeigte, wie menschlich er war. Und das machte ihn noch sehr viel sympathischer, als er sowieso schon war. Ebenso wie die Tatsache, dass er für den Moment wirklich vergessen zu haben schien, dass sein Arm ja eingegipst war. Selina schmunzelte mit leichtem Kopfschütteln. Gabriel war schon ein Fall für sich – doch sie würde die gute Freundschaft für kein Geld der Welt missen wollen.
Die Stimmung war dann jedoch in eine gewisse Ernsthaftigkeit umgeschlagen, doch als Gabriel auf Selinas Nachfrage meinte, es läge wirklich nur an seinem Arm, nickte die Schmiedin verstehend. Es war wohl auch ganz gut, dass Gabriel ihr nicht die Wahrheit sagte. Das wäre zu viel des Guten gewesen, zumal Emmas Tod so schon schlimm genug für sie war, selbst heute noch. Stattdessen lenkte der Geiger das Thema noch einmal zu den Pferden zurück und Selina zuckte leicht mit den Schultern, schob dann nachdenklich die Unterlippe ein wenig vor. „Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert. Hopfen und Malz ist noch nicht bei dir verloren, denke ich.“ Gegen Ende ihrer Worte schmunzelte sie dem Geiger aufmunternd entgegen. „Bell ist ein sehr sensibles Tier. Wenn du ihr ruhig und gelassen begegnest, wirst du sicher gut mit ihr klarkommen. Sie hat zwar Angst vor Männern, aber mit ein wenig Geduld kriegen wir das sicher aus ihr heraus. Emma hat sehr gute Vorarbeit geleistet.“
Gabriel war wirklich froh, dass er gerade noch die Kurve eingeschlagen hatte und Selina nicht sagte, was ihm durch den Kopf ging. Denn er wollte sie nicht traurig sehen, liebte er es doch so an ihr, wenn sie ausgelassen war. Was nicht bedeutete, dass er nicht für sie da wäre, wenn es ihr mal schlecht ging. Und jedem Menschen ging es doch mal schlecht. Aber das mit dem Major war einfach nicht wichtig. Emma war tot. Und sie sollte in ihrer beiden Gedanken weiter leben, wie sie war. Da war es doch eigentlich egal, wie sie zu Tode kam. Zumal ja nicht mal wirklich geklärt worden konnte, ob sie freiwillig mit Thunder mitgegangen war oder als Geisel. Natürlich beschäftigte das Gabriel immer wieder. Aber er hatte Thunder kennengelernt. Damals noch unter dem Namen Tom Finn. Und er hatte den Mann zwar eher schweigsam, aber sogar nett gefunden ... innerlich seufzte Gabriel.
Dann aber ging Selina auf das Reiten ein und auf Bell und ihren Charakter und dann lächelte Gabriel wieder ein wenig. »So, so, sie mag keine Männer und ist sensibel. Na danke ... ne, ich verzichte, auf ihr zu reiten. Auch wenn Emma da gute Vorarbeit geleistet hat ...« Nun hatten sie beiden den Namen des geliebten, aber toten Menschen angesprochen und Gabriel blickte Selina seltsam an. Nicht traurig, aber auch nicht voller Freude. Sein Blick war eher mitfühlend. Mit sich, aber eben auch mit Selina. Einen geliebten Menschen zu verlieren war einfach grausam. Und auch wenn Selina wirkte, als wäre sie gut drauf, beschlich den Musiker das Gefühl, dass auch sie an Emma gerade dachte und ihren unsinnigen Tod. »Du vermisst sie sehr, nicht?« fragte er einfach. Vielleicht war es ja doch mal gut, über den Verlust, den man teilte zu reden.
„Feigling.“, war alles, was Selina noch neckend auf Gabriels Worte von sich gab. So schlimm war Bell nun auch nicht, der Stallbursche Adam konnte sich ihr ja auch ohne Probleme nähern. Das war sowieso stets eine gute Übung, denn er brachte der Stute Futter, ließ sie auf die Koppel und holte sie wieder rein – so war Bell automatisch jeden Tag in Kontakt mit einem Mann und lernte von Tag zu Tag mehr, ihre Scheu abzulegen. Gabriel als gefühlsbetonter Mensch hätte mit ihr sicher keine Probleme und im Notfall hätte Selina ihn einfach auf Jack gesetzt. Ihr Paint würde sie dann zwar die nächsten Tage mit Ignoranz strafen, aber da mussten sie beide dann eben durch.
Das Lächeln der Schmiedin schwand langsam, als Gabriel sie so ansah, und als er die Stimme wieder erhob, war es gänzlich verschwunden und hatte stattdessen einem ernsten Gesichtsausdruck Platz geschaffen. Natürlich wurde sie bei der Erinnerung an Emma traurig, doch sie konnte auch stets mit einem Lächeln an ihre Freundin zurückdenken. Sie hatten einfach so viel zusammen durchgemacht, dass Selina nicht nur den Tod der besten Freundin vor Augen haben konnte. Sie musste auch immer an die vielen Jahre zuvor denken.
„Jeden Tag ein bisschen mehr.“, gestand Selina schließlich und bemühte sich um ein tapferes Lächeln, bei dem Gabriel jedoch sicherlich erkennen würde, wie schwer es der Schmiedin fiel. Emma war wie eine zweite Schwester für sie gewesen, sie waren von Kindesbeinen an immer zusammen. Und dass sie dann auch noch erschossen wurde, machte ihren Tod nur noch grausamer, als er sowieso schon war. „Ich fühle mich vor allem deswegen schlecht, weil ich mich nie von ihr verabschieden konnte.“ Sie senkte den Blick ein wenig, musste sie sich bei diesem Gedanken doch immer wieder zusammen reißen. „Ich war nicht da, weil ich mein eigenes Leben einfach nicht auf die Reihe bekam. Das war schwachsinnig. Wäre ich in Camden gewesen… ich weiß auch nicht. Vielleicht hätte ich etwas tun können. Ich denke so oft daran…“